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659 Nachrichten aus der Chemie| 62 | Juni 2014 | www.gdch.de/nachrichten BJournalV Fortgeschrittene Strukturchemie Symmetriebeziehungen zwischen ver- wandten Kristallstrukturen. Von Ulrich Müller. Vieweg+Teubner, Wiesbaden, 2012. 368 Seiten, brosch. 49,95 Euro. ISBN 978–3–8348–1799–0 Symmetry Relationships between Crystal Structures: Applications of Crystallographic Group Theory in Crystal Chemistry. Oxford University Press, Oxford, 2013. 360 Seiten, geb. Zirka 63,– Euro. ISBN 978–0–1996–6995–0 Auch auf Spanisch erschienen. b Das Erscheinen des Buchs Sym- metriebeziehungen zwischen ver- wandten Kristallstrukturen von Ul- rich ller, Marburg, ist ein Ereignis r die Strukturchemie. Der Autor ist vielen Chemikern und Strukturfor- schern durch seine Tätigkeit als Lehr- buchautor gut bekannt: Er hat den „Mortimerzu einem der erfolg- reichsten deutschsprachigen Lehrbü- cher in der Chemie gemacht, und seine Monographie „Anorganische Strukturchemiewurde mehrfach ausgezeichnet. Inhaltlich beruht sein neues Buch auf einem Forschungsartikel von Hartmut Bärnighausen, der Müllers Habilitation betreute und dem ne- ben Hans Wondraschek das Buch ge- widmet ist. Neben der deutschspra- chigen Ausgabe ist eine in englischer Sprache erschienen. Der Stil des Buchs ist auf sprachli- che Präzision angelegt und erfüllt Rezensionen diesen Anspruch sehr gut. Der für die kristallographische Beschreibung besonders geeignete Text- und For- melsatz mit LaTeX und dessen Sym- bolik sind zudem ein Hobby des Au- tors. Das Buch ist in zwei T eile mit ins- gesamt neunzehn Kapiteln unter- teilt. Die ersten sechs Kapitel vermit- teln dem Leser ausreichende kristal- lographische Grundlagen, bevor in den Kapiteln sieben bis neun fortge- schrittene Themen zu Raumgruppen behandelt werden. Die Beschäfti- gung mit dem ersten Teil nützt nicht nur anorganischen Chemikern, son- dern allen Wissenschaftler , die sich mit Strukturanalyse befassen. Im zweiten Teil geht es dann um das ei- gentlichen Thema des Buchs, den Gruppe-Untergruppe-Beziehungen zwischen verwandten Kristallstruk - turen. Diese Inhalte gehören zu den schwierigeren Themen der mathe- matischen Kristallographie. Der Le- ser hat aber das Glück, dass durch die Zusammenarbeit der von Hans Wondraschek mit einer Arbeitsgrup- pe in Bilbao ein Webserver heute die Arbeit erleichtert (www.cryst.ehu. es). Er bietet umfangreiche Funktio- nen zu Raumgruppen und erlaubt es unter anderem, Gruppe-Untergrup- pe-Beziehungen zu analysieren. Die jeweiligen Kapitel enthalten Übungsaufgaben, sodass der Leser sein Verständnis und seinen Kennt- nisstand selbstkritisch überprüfen oder die Ergebnisse des Servers nachvollziehen kann. Auch für Chemiker, die sich hauptsächlich mit Molekülen und deren Kristallstrukturen beschäfti- gen bietet der zweite Teil des Buchs grundlegend wichtige Inhalte, die für aktuelle Themen der Strukturfor- schung relevant sind: zum Beispiel Kristallstrukturvorhersage, Untersu- chung von Polymorphismus und von Phasenumwandlungen. Als Kritikpunkt ist anzumerken, dass das Buch zwar auch Einstei- gern in Kristallographie und Struk- turanalyse viel zu bieten hat, unge- schulten Lesern aber vergleichs- weise viel abverlangt. Das wird spätestens im zweiten Teil des Bu- ches deutlich und macht die Lek- re anspruchsvoll. Dies ändert nichts an meinem positiven Urteil über das Buch. Im Gegenteil bietet das Buch die gewissenhafte Ausar- beitung von Inhalten, wie sie von einem Nachschlagewerk zu erwar- ten ist, und gleichzeitig den Stil ei- nes Lehrbuchs. Dieses Buch wird seine Aktualität lange nicht verlie- ren. Birger Dittrich, Hamburg Zu den Wurzeln Chemoinformatics for Drug Discovery. Hrsg. von Jürgen Bajorat. John Wiley & Sons, Hoboken/NJ, USA, 2014. 415 Seiten, geb. 109,– Euro. ISBN 978–1–118–13910–3 b Die Chemoinformatik setzt Algo- rithmen und Computermethoden ein, die oft aus der Informatik stam- men. Sie organisieren, prozessieren und analysieren chemische Daten, sagen Struktur-Eigenschafts-Bezie- hungen kleiner Moleküle voraus und designen Verbindungen. Der Begriff Chemoinformatik tauchte erstmals im Jahr 1998 im Zusammenhang mit der Medikamentenentwicklung auf , diese ist auch heute noch ein wichti- ges Anwendungsgebiet. In diesem b Das Erscheinen des Buchs Sy b Die Chemoinformatik setzt

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Nachrichten aus der Chemie| 62 | Juni 2014 | www.gdch.de/nachrichten

BJournalV

Fortgeschrittene Strukturchemie

Symmetriebeziehungen zwischen ver-

wandten Kristallstrukturen.

Von Ulrich Müller. Vieweg+Teubner,

Wiesbaden, 2012. 368 Seiten, brosch.

49,95 Euro. ISBN 978–3–8348–1799–0

Symmetry Relationships between

Crystal Structures: Applications of

Crystallographic Group Theory in

Crystal Chemistry.

Oxford University Press, Oxford, 2013.

360 Seiten, geb. Zirka 63,– Euro.

ISBN 978–0–1996–6995–0

Auch auf Spanisch erschienen.

b Das Erscheinen des Buchs Sym-

metriebeziehungen zwischen ver-

wandten Kristallstrukturen von Ul-

rich Müller, Marburg, ist ein Ereignis

für die Strukturchemie. Der Autor ist

vielen Chemikern und Strukturfor-

schern durch seine Tätigkeit als Lehr-

buchautor gut bekannt: Er hat den

„Mortimer“ zu einem der erfolg-

reichsten deutschsprachigen Lehrbü-

cher in der Chemie gemacht, und

seine Monographie „Anorganische

Strukturchemie“ wurde mehrfach

ausgezeichnet.

Inhaltlich beruht sein neues Buch

auf einem Forschungsartikel von

Hartmut Bärnighausen, der Müllers

Habilitation betreute und dem ne-

ben Hans Wondraschek das Buch ge-

widmet ist. Neben der deutschspra-

chigen Ausgabe ist eine in englischer

Sprache erschienen.

Der Stil des Buchs ist auf sprachli-

che Präzision angelegt und erfüllt

Rezensionendiesen Anspruch sehr gut. Der für

die kristallographische Beschreibung

besonders geeignete Text- und For-

melsatz mit LaTeX und dessen Sym-

bolik sind zudem ein Hobby des Au-

tors.

Das Buch ist in zwei Teile mit ins-

gesamt neunzehn Kapiteln unter-

teilt. Die ersten sechs Kapitel vermit-

teln dem Leser ausreichende kristal-

lographische Grundlagen, bevor in

den Kapiteln sieben bis neun fortge-

schrittene Themen zu Raumgruppen

behandelt werden. Die Beschäfti-

gung mit dem ersten Teil nützt nicht

nur anorganischen Chemikern, son-

dern allen Wissenschaftler, die sich

mit Strukturanalyse befassen. Im

zweiten Teil geht es dann um das ei-

gentlichen Thema des Buchs, den

Gruppe-Untergruppe-Beziehungen

zwischen verwandten Kristallstruk-

turen. Diese Inhalte gehören zu den

schwierigeren Themen der mathe-

matischen Kristallographie. Der Le-

ser hat aber das Glück, dass durch

die Zusammenarbeit der von Hans

Wondraschek mit einer Arbeitsgrup-

pe in Bilbao ein Webserver heute die

Arbeit erleichtert (www.cryst.ehu.

es). Er bietet umfangreiche Funktio-

nen zu Raumgruppen und erlaubt es

unter anderem, Gruppe-Untergrup-

pe-Beziehungen zu analysieren.

Die jeweiligen Kapitel enthalten

Übungsaufgaben, sodass der Leser

sein Verständnis und seinen Kennt-

nisstand selbstkritisch überprüfen

oder die Ergebnisse des Servers

nachvollziehen kann.

Auch für Chemiker, die sich

hauptsächlich mit Molekülen und

deren Kristallstrukturen beschäfti-

gen bietet der zweite Teil des Buchs

grundlegend wichtige Inhalte, die

für aktuelle Themen der Strukturfor-

schung relevant sind: zum Beispiel

Kristallstrukturvorhersage, Untersu-

chung von Polymorphismus und von

Phasenumwandlungen.

Als Kritikpunkt ist anzumerken,

dass das Buch zwar auch Einstei-

gern in Kristallographie und Struk-

turanalyse viel zu bieten hat, unge-

schulten Lesern aber vergleichs-

weise viel abverlangt. Das wird

spätestens im zweiten Teil des Bu-

ches deutlich und macht die Lektü-

re anspruchsvoll. Dies ändert

nichts an meinem positiven Urteil

über das Buch. Im Gegenteil bietet

das Buch die gewissenhafte Ausar-

beitung von Inhalten, wie sie von

einem Nachschlagewerk zu erwar-

ten ist, und gleichzeitig den Stil ei-

nes Lehrbuchs. Dieses Buch wird

seine Aktualität lange nicht verlie-

ren.

Birger Dittrich, Hamburg

Zu den Wurzeln

Chemoinformatics for Drug Discovery.

Hrsg. von Jürgen Bajorat. John Wiley

& Sons, Hoboken/NJ, USA, 2014.

415 Seiten, geb. 109,– Euro.

ISBN 978–1–118–13910–3

b Die Chemoinformatik setzt Algo-

rithmen und Computermethoden

ein, die oft aus der Informatik stam-

men. Sie organisieren, prozessieren

und analysieren chemische Daten,

sagen Struktur-Eigenschafts-Bezie-

hungen kleiner Moleküle voraus und

designen Verbindungen. Der Begriff

Chemoinformatik tauchte erstmals

im Jahr 1998 im Zusammenhang mit

der Medikamentenentwicklung auf,

diese ist auch heute noch ein wichti-

ges Anwendungsgebiet. In diesem

b Das Erscheinen des Buchs Sy

b Die Chemoinformatik setzt

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660 BJournalV Bücher

Buch geht es daher hauptsächlich um

Methoden und Modelle der Chemoin-

formatik bei pharmazeutischen An-

wendungen.

Die ersten sieben von insgesamt

fünfzehn Kapiteln beschreiben vor-

wiegend Ansätze, die aktive Verbin-

dungen identifizieren und charakteri-

sieren. Meist anhand von Fallbeispie-

len, behandeln diese Kapitel unter an-

derem Vorhersagemodelle, QSAR,

Klassifikations- und multivariate sta-

tistische Methoden (PLS), Ähnlich-

keitsanalysen (Fingerprints) und das

virtuelle Screening.

Die weiteren fünf Kapitel gehen

auf Strategien ein, welche die aktiven

Moleküle im Prozess der Medikamen-

tenentwicklung zur Leitstruktursuche

und Leitstrukturoptimierung unter-

stützen. Dazu gehören Modelle zur

Vorhersage von Verbindungseigen-

schaften, unter anderem ADMET (T ab-

sorption, distribution, metabolism

and excretion – toxicity).

Die beiden folgenden Kapitel be-

handeln teilweise historisch die

schwierige Gestaltung und Umset-

zung der EDV-Infrastruktur und Infor-

mationssysteme in zwei Pharmaun-

ternehmen. Die Anwender können

eben nur dann erfolgreich sein, wenn

beispielsweise die Datenbanklösun-

gen zuverlässig funktionieren und in-

tuitiv zu bedienen sind.

Der letzte Abschnitt, der das Buch

mit einem Überblick an Methoden

zur Ähnlichkeitsanalyse von Molekü-

len schließt, hätte besser bereits in

den ersten Block gepasst.

Das Interessante an diesem Buch-

projekt ist vor allem, dass viele nam-

hafte Wissenschaftler aus der phar-

mazeutischen Industrie in den Beiträ-

gen ihre Erfahrungen und praktischen

Ratschläge weitergeben. Sie schildern,

welche Methoden sich für bestimmte

Aufgaben am besten eignen und wo

die Fallstricke sind. Hervorzuheben

sind auch die anschaulichen Fallstudi-

en und Beispiele.

Zusammenfassend ist das Buch

vor allem Anwendern und Experten

auf dem Gebiet sehr zu empfehlen,

aber auch allen anderen, die sich für

Chemoinformatik interessieren.

Thomas Engel, München

Der Titel passt

Der Schattensammler.

Von Carl Djerassi. Haymon-Verlag,

Wien, Innsbruck, 2013. 477 Seiten,

geb. 24.90 Euro.

ISBN 978–3–85218–720–4

b Carl Djerassi, emeritierter Profes-

sor der Universität Stanford, hat

nach „Die Mutter der Pille“ von 1992

und zwei weiteren Autobiografien

nun seine – so schreibt er im Unter-

titel – allerletzte vorgelegt.

Djerassi, im Jahr 1923 in Wien

geboren, flieht 1938 über Bulgarien

in die USA. Er studiert Chemie und

nimmt 1949 eine Stelle beim Phar-

maunternehmens Syntex in Mexico

City an. Dort stellt ein junger mexi-

kanischer Chemiker unter Djerassis

Anleitung das erste synthetische

orale Kontrazeptivum her, das Ste-

roidhormon Norethisteron. Ab

1959 lehrt und forscht Djerassi in

Stanford. Mitte der 1980er Jahre

beginnt er, Kurzgeschichten, Roma-

ne und Theaterstücke zu schreiben,

in denen er den Wissenschaftsbe-

trieb mit seinen Konflikten und Ver-

strickungen thematisiert – sience

in fiction. Er erhält unzählige Preise

und Auszeichnungen, darunter die

Priestly-Medaille, das Große Ver-

dienstkreuz der Bundesrepublik

Deutschland sowie 32 Ehrendokto-

rate.

Er muss viel zu erzählen haben,

dachte ich und stürzte mich in die

Lektüre, kaum dass ich das Buch in

den Händen hielt. Den ersten Satz

hätte ich ernster nehmen müssen:

„Der Leser möge sich hüten“, auch

zwischendrin warnt der Autor den

Leser vor einem „Sturzbach an Kla-

gen“. Djerassis Autobiografie ist

schwer zu lesen. Die behäbige Spra-

che ist sicher der Übersetzung an-

zulasten. Aber auch das, was er

schreibt, ermüdet.

Djerassi beschreibt sein Leben

nicht vom Anfang bis heute, son-

P i tl M d ill d G ß V

VCI-Präsident Karl-Ludwig Kley (Mitte) hat in Frankfurt sein Buch

„Deutschland braucht Chemie“ vorgestellt. Zum Thema diskutierten mit

Kley der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (rechts) sowie

GDCh-Vizepräsidentin Barbara Albert und Uwe Lahl von der Technischen

Universität Darmstadt. Kley will mit seinem Buch die Chemie aus der

„Silo-Mentalität“ herausführen. (VCI-Foto: Mendel)

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661Bücher BJournalV

dern springt: Er beginnt mit einer

fiktiven Meldung über seinen

Selbstmord im Jahr 2023, den

Selbstmorddrohungen seiner Mut-

ter und erwähnt den Freitod seiner

Tochter mit Verweis auf eine ande-

re Stelle im Buch. Im nächsten Ka-

pitel geht er ausführlich auf die Pil-

le, ihre Entstehungsgeschichte und

ihre Folgen ein, soweit sie ihn be-

treffen. Er beschreibt seine Schei-

dungen, die Orte seiner Heimatlo-

sigkeit, von San Francisco über sei-

nen Landsitz am Pazifik bis London

und schließlich Wien. Er reflektiert

sein Verhältnis zum Judentum, zum

Professorenberuf und schildert sei-

nen Weg zum Schriftsteller. Dabei

zitiert er seitenweise Passagen aus

seinen früheren Autobiographien

und aus seinen Theaterstücken.

Der rote Faden, an dem sich die

Kompilation mehr schlecht als

recht entlanghangelt, sind die Ent-

täuschungen und Kränkungen, die

Djerassi immer und überall erlebt,

erlitten und nicht vergessen hat. Im

Zusammenhang mit der Pille ist

dies die mangelnde Anerkennung

für die Chemie im Allgemeinen und

für seine wissenschaftliche Leis-

tung im Besonderen. Die Universi-

tät Stanford verpasste es, ihm zu

seiner Emeritierung eine offizielle

Verabschiedung auszurichten.

Freunde in England spendeten

nicht für seine Stiftung zum Geden-

ken an seine verstorbene Frau. Ein

Architekt ignorierte Djerassis Vor-

stellungen von dem Einfamilien-

haus eines Gelehrten. Ein österrei-

chischer Postler erkannte Djerassis

Porträt auf der Briefmarke nicht

und verlangte einen Lichtbildaus-

weis, bevor er das Einschreiben he-

rausrückte.

Dass der Autor dem Leser emp-

fiehlt, sich mit einem „Regenman-

tel“ gegen den Sturzbach aus Kla-

gen zu wappnen, trägt nicht zur

Freude am Lesen bei. Aber immer-

hin versteht auch der Begriffsstut-

zigste, warum das Buch „Der Schat-

tensammler“ heißt.

Frauke Zbikowski, Frankfurt am Main

Erste Orientierung

Stoffliche Nutzung nachwachsender

Rohstoffe. Grundlagen – Werkstoffe –

Anwendungen.

Von Oliver Türk. Springer-Vieweg,

Wiesbaden, 2014. 563 Seiten, brosch.

49,99 Euro.

ISBN 978–3–8348–1763–1

b Die Rohstoffbasis für die chemi-

sche Industrie verändert sich fort-

schreitend. Daher eignet sich das auf

Deutsch verfasste Buch dazu, sich ei-

nen grundlegenden Überblick über

nachwachsende Rohstoffe wie Holz,

Kohlenhydrate sowie Fette und Öle

und ihre stoffliche Nutzung zu ver-

schaffen. Es stellt die Vielfalt nach-

wachsender Rohstoffe und ihre Um-

setzung insbesondere zu polymeren

Werkstoffen und Endprodukten dar,

und das in allgemein verständlicher

Form. Teilweise ist es allerdings et-

was langatmig, und einiges wieder-

holt sich. Anschaulich wird der In-

halt durch viele Abbildungen und

chemische Formelschemata.

Das Buch richtet sich an „prakti-

sche Anwender aus allen Bereichen

von Entwicklung, Anwendungstech-

nik bis zum Vertrieb sowie an Stu-

denten an Fachhochschulen und Uni-

versitäten“. Diesem Anspruch wird es

leider nicht ganz gerecht. Da das

Buch in dem vorliegendem Umfang

zu den zahlreichen Stoffklassen und

Themen nur einen ersten Einblick ge-

ben kann, ist zu erwarten, dass die

zitierte Literatur aktuell ist und Ver-

weise auf weiterführende (Über-

sichts-)Artikel enthält. Leider sind

aber zahlreiche Aussagen gar nicht

mit Zitaten belegt. So enthalten zum

Beispiel im Buch (S. 484) Triglyceride

„… ca. 97 % Dreifachester, bis zu 3 %

Zweifachester und bis zu 1 % Einfa-

chester ...“ ohne Verweis auf die Lite-

ratur. Und auch für die chemische

Umsetzung von Glycerin zu Acrolein

und weiterhin zu Acrylsäure (Kapitel

10.2, S. 428) ist kein Zitat angegeben.

Andere Zitate sind unvollständig, Ka-

pitel- und Seitenangaben fehlen.

Zudem handelt es sich bei dem

als katalytische Dehydratisierung be-

zeichneten zweiten Reaktionsschritt

zweifelsohne um eine Oxidation.

Weitere gravierende Fehler sind die

falsch dargestellten Strukturformeln

der Inhaltsstoffe des Cashew-Nuss-

schalenöls (S. 467, Bild 305; die Dop-

pelbindungen sind nicht wie abgebil-

det trans- sondern cis-konfiguriert),

oder die als Öl-, Linol- und Linolen-

säure bezeichneten Verbindungen

(S. 484, Bild 316) sind als die entspre-

chenden Methylester dargestellt.

Dies sind nur einige Beispiele, da-

her ist es fraglich, ob das vorliegende

Buch Studenten zu empfehlen ist.

Trotz allem zeigt das Buch das

große Potenzial nachwachsender

Rohstoffe und macht deutlich, dass

die Substitution fossiler Rohstoffe

durch nachwachsende in vielen in-

dustriellen Bereichen möglich ist. Es

bietet dem Leser eine erste Orientie-

rung auf dem umfangreichen Gebiet

nachwachsender Rohstoffe und ihrer

stofflichen Nutzung.

Ursula Biermann, Oldenburg

b Kurz vorgestellt

Medikamente, Gifte, Gewürze

Chemische Leckerbissen.

Von Klaus Roth. Wiley-VCH, Weinheim, 2014.

217 Seiten, geb. 29,90 Euro.

ISBN 978–3–5274–33739–2

Anders als der Titel vermuten lässt, geht es in die-

ser Aufsatzsammlung nicht um Lebensmittel, son-

dern um Wirkstoffe, Gewürze, zudem um Wasser,

die Photosynthese und Süßstoffe. Einige waren be-

reits in „Chemie in unserer Zeit“ erschienen, darun-

ter der Beitrag über „Die Pille“, den Carj Djerassi in

seiner allerletzten Autobiografie [s. linke Seite] als

„giftiges Geschwafel“ bezeichnet. Alle Kapitel sind

im Layout der Zeitschrift gestaltet.