Dubbel || Statik starrer Körper
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B 2 Mechanik – B1 Statik starrer Körper
B1 Statik starrer Körper
J. Lackmann, Berlin; J. Villwock, Berlin
B1.1 Allgemeines
Statik ist die Lehre vom Gleichgewicht am starren Körper oderan Systemen von starren Körpern. Gleichgewicht herrscht,wenn sich ein Gebilde in Ruhe oder in gleichförmiger ge-radliniger Bewegung befindet. Starre Körper im Sinne derStatik sind Gebilde, deren Deformationen so klein sind, dassdie Kraftangriffspunkte vernachlässigbar kleine Verschiebun-gen erfahren.Kräfte sind linienflüchtige, auf ihrer Wirkungslinie verschieb-bare Vektoren (http://www.dubbel.de), die Bewegungs- oderFormänderungen von Körpern bewirken. Ihre Bestimmungs-stücke sind Größe, Richtung und Lage (Bild 1 a).
F DF x CF y CF z DFx ex CFyey CFzez
D.F cos˛/ex C.F cosˇ/ey C.F cos�/ez ;(1)
wobeiF DjF jD
qF 2
x CF 2y CF 2
z : (2)
Für die Richtungskosinusse der Kraft gilt cos˛ D Fx=F ,cosˇ D Fy=F , cos� D Fz=F sowie cos2˛ C cos2ˇ Ccos2�D1.Es gibt eingeprägte Kräfte und Reaktionskräfte sowie äußereund innere Kräfte. Äußere Kräfte sind alle von außen auf einenfreigemachten Körper (s. B 1.5) einwirkende Kräfte (Belastun-gen und Auflagerkräfte). Innere Kräfte sind alle im Innereneines Systems auftretende Schnitt- und Verbindungskräfte.Momente oder Kräftepaare bestehen aus zwei gleich großen,entgegengesetzt gerichteten Kräften mit parallelen Wirkungsli-nien (Bild 1 b) oder einem Vektor, der auf ihrer Wirkungsebenesenkrecht steht. Dabei bilden r , F , M eine Rechtsschraube(Rechtssystem). Kräftepaare sind in ihrer Wirkungsebene undsenkrecht zu dieser beliebig verschiebbar, d. h. der Momenten-vektor ist ein freier Vektor, festgelegt durch das Vektorprodukt
M Dr �F DM x CM y CM z
DMx ex CMyey CMzez
D.M cos˛�/ex C.M cosˇ�/ey C.M cos��/ez :
(3)
M DjM jDjr j � jF j �sin'DFhDqM 2
x CM 2y CM 2
z : (4)
Bild 1. Vektordarstellung. a Kraft; b Kräftepaar; c Moment
Bild 2. Kraft und Moment. a und b Kraftversetzung; c Moment in derEbene
M heißt Größe oder Betrag des Moments und bedeutet an-schaulich den Flächeninhalt des von r und F gebildetenParallelogramms. Dabei ist h der senkrecht zu F stehende He-belarm. Für die Richtungskosinusse gilt (Bild 1 c) cos ˛� DMx=M , cosˇ� DMy=M , cos�� DMz=M :
Moment einer Kraft bezüglich eines Punktes (Versetzungs-moment). Die Wirkung einer Einzelkraft mit beliebigemAngriffspunkt bezüglich eines Punkts O wird mit dem Hinzu-fügen eines Nullvektors, d. h. zweier gleich großer, entgegen-gesetzt gerichteter Kräfte F und �F im Punkt O (Bild 2 a)deutlich. Es ergibt sich eine Einzelkraft F im Punkt O undein Kräftepaar bzw. Moment M (Versetzungsmoment), dessenVektor auf der von r und F gebildeten Ebene senkrecht steht.Sind r und F in Komponenten x, y, z bzw. Fx , Fy , Fz gegeben(Bild 2 b), so gilt
M Dr �F D
ˇˇˇˇ
ex ey ez
x y z
Fx Fy Fz
ˇˇˇˇ
D.Fzy�Fyz/ex C.Fxz�Fzx/ey C.Fyx�Fxy/ez
DMxex CMyey CMzez :
(5)Für die Komponenten, den Betrag des Momentenvektors unddie Richtungskosinusse gilt
Mx DFzy�Fyz ; My DFxz�Fzx ;
Mz DFyx�Fxy IM DjM jDjr j � jF j �sin'DFh
DqM 2
x CM 2y CM 2
z Icos˛� DMx=M ; cosˇ� DMy=M ; cos�� DMz=M :
Liegt der Kraftvektor in der x, y-Ebene, d. h., sind z und Fz
gleich null, so folgt (Bild 2 c)
M DM z D.Fyx�Fxy/ez IM DjM jDMz DFyx�FxyDF r sin'DF h:
B1.2 Zusammensetzen und Zerlegen vonKräften mit gemeinsamem Angriffspunkt
B1.2.1 Ebene Kräftegruppe
Zusammensetzen von Kräften zu einer Resultierenden.Kräfte werden geometrisch (vektoriell) addiert, und zwar
K.-H. Grote, J. Feldhusen (Hrsg.), Dubbel, 24. Aufl., DOI 10.1007/978-3-642-38891-0_4, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014
B1.2 Zusammensetzen und Zerlegen von Kräften mit gemeinsamem Angriffspunkt B 3
B
zwei Kräfte mit dem Kräfteparallelogramm oder Kräftedreieck(Bild 3), mehrere Kräfte mit dem Kräftepolygon oder Krafteck(Bild 4, Kräftemaßstab 1 cm OD~N).Die rechnerische Lösung lautet
F R DnX
iD1
F i DnX
iD1
Fixex CnX
iD1
Fiyey
DFRx ex CFRyey
(6)
mit Fix DFi cos˛i ; Fiy DFi sin˛i . Größe und Richtung derResultierenden:
FR DqF 2
Rx CF 2Ry ; tan ˛R DFRy=FRx : (7)
Zerlegen einer Kraft ist in der Ebene eindeutig nur nach zweiRichtungen möglich, nach drei und mehr Richtungen ist dieLösung vieldeutig (statisch unbestimmt). Graphische Lösungs. Bild 5 a, b.Rechnerische Lösung (Bild 5 c): F DF 1 CF 2 bzw. in Kom-ponenten
F cos˛DF1 cos˛1 CF2 cos˛2 ;
F sin˛DF1 sin˛1 CF2sin˛2 Id. h. F2 D.F sin˛�F1 sin˛1/=sin˛2 und somit
F cos˛DF1 cos˛1 Ccos˛2.F sin˛�F1 sin˛1/=sin˛2 :
F cos˛ sin˛2 �F sin˛ cos˛2
DF1 cos˛1 sin˛2 �F1 sin˛1 cos˛2 ;
also F1 DF sin.˛2 �˛/=sin.˛2 �˛1/ und entsprechend F2 DF sin.˛1 �˛/=sin.˛1 �˛2/.
Bild 3. Zusammensetzen zweier Kräfte in der Ebene. a Mit Kräftepar-allelogramm; b mit Kräftedreieck
Bild 4. Zusammensetzen mehrerer Kräfte in der Ebene. a Lageplan;b Kräftepolygon
Bild 5. Zerlegen einer Kraft in der Ebene. a In zwei Richtungen (ein-deutig); b in drei Richtungen (vieldeutig); c rechnerisch
B1.2.2 Räumliche Kräftegruppe
Zusammensetzen von Kräften zu einer Resultierenden.Die rechnerische Lösung lautet
F R DnX
iD1
F i DnX
iD1
Fixex CnX
iD1
Fiyey CnX
iD1
Fizez
DFRxex CFRyey CFRzez I(8)
mit Fix DFi cos˛i , Fiy DFi cosˇi , Fiz DFi cos�i . Größe undRichtung der Resultierenden:
FR DqF 2
Rx CF 2Ry CF 2
Rz Icos˛R DFRx=FR; cosˇR DFRy=FR; cos�R DFRz=FR :
(9)
Zerlegen einer Kraft ist im Raum eindeutig nur nach dreiRichtungen möglich; nach vier und mehr Richtungen ist dieLösung vieldeutig (statisch unbestimmt).Die rechnerische Lösung lautet F 1 CF 2 CF 3 D F I F1x CF2x CF3x DFx ; F1yCF2yCF3y DFy ; F1zCF2zCF3z DFz .Gemäß Bild 6 gilt für die Richtungskosinusse der drei gegebe-nen Richtungen
cos˛i Dxi=
qx2
i Cy2i Cz2
i ;
cosˇi Dyi =
qx2
i Cy2i Cz2
i ;
cos�i Dzi =
qx2
i Cy2i Cz2
i :
Damit folgt
F1 cos˛1 CF2 cos˛2 CF3 cos˛3 DF cos˛;
F1 cosˇ1 CF2 cosˇ2 CF3 cosˇ3 DF cosˇ;
F1 cos�1 CF2 cos�2 CF3 cos�3 DF cos� :
Diese drei linearen Gleichungen für die drei unbekannten Kräf-te F1, F2 und F3 haben nur dann eine eindeutige Lösung, wennihre Systemdeterminante nicht null wird (http://www.dubbel.de), d. h., wenn die drei Richtungsvektoren nicht in einer Ebe-ne liegen. Gemäß Bild 6 gilt F1e1 CF2e2 CF3e3 D F undnach Multiplikation mit e2 �e3
F1e1.e2�e3/CF2e2.e2�e3/CF3e3.e2�e3/DF .e2�e3/:
B 4 Mechanik – B1 Statik starrer Körper
Bild 6. Rechnerische Zerlegung einer Kraft im Raum
Da der Vektor .e2 �e3/ sowohl auf e2 als auch auf e3 senk-recht steht, werden die Skalarprodukte null, und es folgt
F1e1.e2 �e3/DF .e2 �e3/ bzw.
F1 DF e2e3=.e1e2e3/;
F2 De1F e3=.e1e2e3/;
F3 De1e2F =.e1e2e3/:
(10)
F e2e3; e1e2e3 usw. sind Spatprodukte, d. h. Skalare, de-ren Größe der Rauminhalt des von drei Vektoren gebildetenSpats festlegt. Die Lösung ist eindeutig, wenn das Spatprodukte1e2e3 6D 0 ist, d. h., die drei Vektoren dürfen nicht in einerEbene liegen (http://www.dubbel.de).Mit e i Dcos˛i ex Ccosˇi ey Ccos�i ez wird
F1 D
ˇˇˇˇ
F cos˛ cos˛2 cos˛3
F cosˇ cosˇ2 cosˇ3
F cos� cos�2 cos�3
ˇˇˇˇW
ˇˇˇˇ
cos˛1 cos˛2 cos˛3
cosˇ1 cosˇ2 cosˇ3
cos�1 cos�2 cos�3
ˇˇˇˇ:
(11)Entsprechend F2 und F3.
B1.3 Zusammensetzen und Zerlegen vonKräften mit verschiedenenAngriffspunkten
B1.3.1 Kräfte in der Ebene
Zusammensetzen mehrerer Kräfte zu einer Resultieren-den. Rechnerisches Verfahren: Bezüglich des Nullpunktsergibt die ebene Kräftegruppe eine resultierende Kraft und einresultierendes (Versetzungs-)Moment (Bild 7 a)
F R DnX
iD1
F i ; MR DnX
iD1
M i bzw. FRx DnX
iD1
Fix ;
FRy DnX
iD1
Fiy ;MR DnX
iD1
.Fiyxi �Fixyi /DnX
iD1
Fihi :
Für einen beliebigen Punkt ist die Wirkung der Kräftegruppegleich der ihrer Resultierenden. Wird die Resultierende parallelaus dem Nullpunkt soweit verschoben, dass MR null wird, sofolgt für ihre Lage aus MR DFRhR usw. (Bild 7 b)
hR DMR=FR bzw. xR DMR=FRy bzw.
yR D�MR=FRx :
Zerlegen einer Kraft. Die Zerlegung einer Kraft ist in derEbene eindeutig möglich nach drei gegebenen Richtungen, diesich nicht in einem Punkt schneiden und von denen höchstenszwei parallel sein dürfen.
Bild 7. Resultierende von Kräften in der Ebene
Bild 8. Zerlegen einer Kraft in der Ebene
Die rechnerische Lösung folgt aus der Bedingung, dass Kraft-und Momentenwirkung der Einzelkräfte F i und der Kraft F
bezüglich des Nullpunktes gleich sein müssen (Bild 8):
nXiD1
F i DF ;
nXiD1
.r i �F i /Dr �F ; d: h:
F1cos˛1 CF2 cos˛2 CF3 cos˛3 DF cos˛;
F1sin˛1 CF2 sin˛2 CF3 sin˛3 DF sin˛ IF1.x1sin˛1 �y1 cos˛1/CF2.x2sin˛2 �y2 cos˛2/
CF3.x3sin˛3 �y3cos˛3/DF.xsin˛�ycos˛/
oder an Stelle der letzten Gleichung F1h1 CF2h2 CF3h3 DFh, wobei entgegen dem Uhrzeigersinn drehende Momentepositiv sind. Das sind drei Gleichungen für die drei Unbekann-ten F1, F2, F3.
B1.3.2 Kräfte im Raum
Kräftezusammenfassung (Reduktion). Eine räum-liche Kräftegruppe, bestehend aus den Kräften F i D.Fix I Fiy I Fiz/, deren Angriffspunkte durch die Radiusvek-toren r i D .xi I yi I zi / gegeben sind, kann bezüglich einesbeliebigen Punkts zu einer resultierenden Kraft F R und zu ei-nem resultierenden Moment M R zusammengefasst (reduziert)werden. Die rechnerische Lösung (Bild 9) lautet, bezogen aufden Nullpunkt
F R DnX
iD1
F i ;
M R DnX
iD1
.r i �F i /DnX
iD1
ˇˇˇˇ
ex ey ez
xi yi zi
Fix Fiy Fiz
ˇˇˇˇ:
Kraftschraube oder Dyname. Eine weitere Vereinfachungdes reduzierten Kräftesystems ist insofern möglich, als es eineAchse mit bestimmter Lage gibt, auf der Kraftvektor und Mo-mentvektor parallel zueinander liegen (Bild 10). Diese Achseheißt Zentralachse. Sie ergibt sich durch Zerlegen von M R inder durch M R und F R gebildeten Ebene E in die Kompo-nenten MF DMR cos' (parallel zu F R) und MS DMR sin'(senkrecht zu F R). Hierbei folgt ' aus dem SkalarproduktM R �F R DMRFR cos', d. h. cos' D M R �F R=.MRFR/. An-schließend wird MS durch Versetzen von F R senkrecht zur
B1.4 Gleichgewicht und Gleichgewichtsbedingungen B 5
B
Bild 9. Räumliche Kräftereduktion
Bild 10. Kraftschraube (Dyname)
Ebene E um den Betrag a D MS=FR zu null gemacht. Derdazu gehörige Vektor ist a D .F R �M R/=F
2R , da sein Betrag
jaj D aDFRMR sin'=F 2R DMS=FR ist. Die Vektorgleichung
der Zentralachse, in deren Richtung F R und MF wirken, lau-tet dann mit t als Parameter r.t /DaCF R � t .Kraftzerlegung im Raum. Eine Kraft lässt sich im Raumnach sechs gegebenen Richtungen eindeutig zerlegen. Sind dieRichtungen durch ihre Richtungskosinusse gegeben und hei-ßen die Kräfte F 1 :::F 6, so gilt
6XiD1
Fi cos˛i DF cos˛;6X
iD1
Fi cosˇi DF cosˇ;
6XiD1
Fi cos�i DF cos� I
6XiD1
Fi .yi cos�i �zi cosˇi /DF.ycos��zcosˇ/;
6XiD1
Fi .zi cos˛i �xi cos�i /DF.zcos˛�xcos�/;
6XiD1
Fi .xi cosˇi �yi cos˛i /DF.xcosˇ�ycos˛/:
Aus diesen sechs linearen Gleichungen erhält man eine ein-deutige Lösung, wenn die Nennerdeterminante ungleich nullist (http://www.dubbel.de).
B1.4 Gleichgewicht undGleichgewichtsbedingungen
Ein Körper ist im Gleichgewicht, wenn er sich in Ruhe oder ingleichförmiger geradliniger Bewegung befindet. Da dann alleBeschleunigungen null sind, folgt aus den Grundgesetzen derDynamik, dass am Körper keine resultierende Kraft und keinresultierendes Moment auftreten.
B1.4.1 Kräftesystem im Raum
Die Gleichgewichtsbedingungen lauten
F R DX
F i D0 und MR DX
M i D0 (12)
bzw. in Komponenten
XFix D0;
XFiy D0;
XFiz D0 I
XMix D0;
XMiy D0;
XMiz D0:
(13)
Jede der drei Gleichgewichtsbedingungen für die Kräfte kanndurch eine weitere für die Momente um eine beliebige ande-re Achse, die nicht durch den Ursprung O gehen darf, ersetztwerden.Aus den sechs Gleichgewichtsbedingungen lassen sich sechsunbekannte Größen (Kräfte oder Momente) berechnen. Sindmehr als sechs Unbekannte vorhanden, nennt man das Problemstatisch unbestimmt. Seine Lösung ist nur unter Heranzie-hung der Verformungen möglich (s. C 2.7). Liegen Kräfte mitgemeinsamem Angriffspunkt vor, so sind die Momentenbedin-gungen von Gl. (13) bezüglich des Schnittpunkts (und damitauch für alle anderen Punkte, da MR ein freier Vektor ist)identisch erfüllt. Dann gelten nur die Kräftegleichgewichts-bedingungen von Gl. (13), aus denen drei unbekannte Kräfteermittelt werden können.
B1.4.2 Kräftesystem in der Ebene
Das Gleichungssystem (13) reduziert sich auf drei Gleichge-wichtsbedingungen:
XFix D0;
XFiy D0;
XMiz D0: (14)
Die beiden Kräftegleichgewichtsbedingungen können durchzwei weitere Momentenbedingungen ersetzt werden. Die dreiBezugspunkte für die drei Momentengleichungen dürfen nichtauf einer Geraden liegen. Aus den drei Gleichgewichtsbedin-gungen der Ebene lassen sich drei unbekannte Größen (Kräfteoder Momente) ermitteln. Sind mehr Unbekannte vorhanden,so ist das ebene Problem statisch unbestimmt.Für Kräfte mit gemeinsamem Angriffspunkt in der Ebene ist dieMomentenbedingung in Gl. (14) identisch erfüllt, es bleibennur die beiden Kräftebedingungen
XFix D0;
XFiy D0: (15)
B1.4.3 Prinzip der virtuellen Arbeiten
Das Prinzip tritt an die Stelle der Gleichgewichtsbedingungenund lautet: Erteilt man einem starren Körper eine mit seinengeometrischen Bindungen verträgliche kleine (virtuelle) Ver-rückung, und ist der Körper im Gleichgewicht (Bild 11), soist die virtuelle Gesamtarbeit aller eingeprägten äußeren Kräfteund Momente – durch (e) hochgestellt gekennzeichnet – gleichnull:
•W .e/ DX
F.e/i •r i C
XM
.e/i •'i D0 (16)
bzw. in Komponenten
•W .e/ DX�
F.e/ix •xi CF .e/
iy •yi CF .e/iz •zi
�
CX�
M.e/ix •'ix CM .e/
iy •'iy CM .e/iz •'iz
�D0 I
r i D .xi I yi I zi / Ortsvektoren zu den Kraftangriffspunkten;•r i D .•xi I•yi I•zi / Variationen (mathematisch ausgedrücktVektordifferentiale) der Ortsvektoren, die sich durch Bildungder ersten Ableitung ergeben; •'i Drehwinkeldifferentiale derVerdrehungen 'i .In natürlichen Koordinaten nimmt das Prinzip die Form
•W .e/ DX
F.e/is •si C
XM
.e/i' •'i D0 (17)
an, wobei F .e/is die in die Richtung der Verschiebung zeigenden
Kraftkomponenten undM .e/i' die um die Drehachse wirksamen
B 6 Mechanik – B1 Statik starrer Körper
Bild 11. Prinzip virtueller Verrückungen
Bild 12. Zeichenmaschine
Komponenten der Momente sind. Das Prinzip dient unter an-derem in der Statik zur Untersuchung des Gleichgewichts anverschieblichen Systemen und zur Berechnung des Einflussesvon Wanderlasten auf Schnitt- und Auflagerkräfte (Einflussli-nien).
B1.4.4 Arten des Gleichgewichts
Beispiel: Bei einer Zeichenmaschine sind Gegengewicht FQ und seinHebelarm l so zu bestimmen, dass sich die Zeichenmaschine vom Ei-gengewicht FG in jeder Lage im Gleichgewicht befindet (Bild 12). –Das System hat zwei verschiedene Freiheitsgrade ' und .
rG D .�c sin'Cbsin I bcos �ccos'/;
rQ D .l sin'�asin I �acos Cl cos'/;
•rG D .�ccos' •'Cbcos • I �bsin • Cc sin' •'/;
•rQ D .l cos' •'�acos • I asin • �l sin' •'/:
Mit F G D .0I�FG/ und F Q D .0I�FQ/ wird
•W .e/ DX
F.e/
i•r i D�FG.�bsin • Cc sin' •'/
�FQ.asin • �l sin' •'/
D sin • .FGb�FQa/Csin' •'.�FGcCFQl/:
Aus •W .e/ D0 folgt wegen der Beliebigkeit von ' und
FGb�FQaD0 und �FGcCFQlD0
und damit
FQ DFGb=a und lDc FG=FQ Dca=b :
Ferner wird
•2W .e/ Dcos • 2.FGb�FQa/Ccos' •'2.�FGcCFQl/:
Hieraus folgt mit den ermittelten Lösungswerten •2W .e/ D0, d. h., esliegt indifferentes Gleichgewicht vor.
Man unterscheidet stabiles, labiles und indifferentes Gleichge-wicht (s. Bild 13). Stabiles Gleichgewicht herrscht, wenn einKörper bei einer mit seinen geometrischen Bindungen verträg-lichen Verschiebung in seine Ausgangslage zurückzukehrentrachtet, labiles Gleichgewicht, wenn er sie zu verlassen sucht,und indifferentes Gleichgewicht, wenn jede benachbarte Lageeine neue Gleichgewichtslage ist. Wird entsprechend B 1.4.3die kleine Verschiebung als virtuelle aufgefasst, so gilt nachdem Prinzip der virtuellen Arbeiten für die Gleichgewichtsla-ge •W .e/ D 0. Bewegt man den Körper gemäß Bild 13 a aus
Bild 13. Gleichgewichtsarten. a Stabil; b labil; c indifferent
Bild 14. Standsicherheit
einer Lage 1 in eine Lage 2 über die Gleichgewichtslage 0 hin-weg, so ist im Bereich 1 bis 0 die Arbeit •W .e/ DFs•s > 0,d. h. positiv, im Bereich 0 bis 2 •W .e/ <0, d. h. negativ. Ausder Funktion •W .e/ Df .s/ geht hervor, dass die Steigung von•W .e/ negativ ist, d. h. •2W .e/ < 0, wenn stabiles Gleichge-wicht. Allgemein gilt für das Gleichgewicht: stabil •2W .e/<0,labil •2W .e/>0, indifferent •2W .e/ D0.Handelt es sich um Probleme, bei denen nur Gewichtskräfteeine Rolle spielen, dann gilt mit dem Potential U DFGz bzw.•U DFG•z
•W .e/ DF .e/•r D.0I 0I �FG/.•xI •yI •z/D�FG•zD�•U
und •2W .e/ D �•2U , d. h., bei stabilem Gleichgewicht ist•2U > 0 und somit die potentielle Energie U ein Minimum,bei labilem Gleichgewicht •2U <0 und die potentielle Energieein Maximum.
B1.4.5 Standsicherheit
Bei Körpern, deren Auflagerungen nur Druckkräfte aufnehmenkönnen, besteht die Gefahr des Umkippens. Es wird verhindert,wenn um die möglichen Kippkanten A oder B (Bild 14) dieSumme der Standmomente größer ist als die Summe der Kipp-momente, d. h., wenn die Resultierende des Kräftesystemsinnerhalb der Kippkanten die Standfläche schneidet. Stand-sicherheit ist das Verhältnis der Summe aller Standmomentezur Summe aller Kippmomente bezüglich einer Kippkante:S D P
MS=PMK. Für S � 1 herrscht Standsicherheit und
Gleichgewicht.
B1.6 Auflagerreaktionen an Körpern B 7
B
B1.5 Lagerungsarten, Freimachungsprinzip
Körper werden durch sog. Lager abgestützt. Die Stützkräf-te wirken als Reaktionskräfte zu den äußeren eingeprägtenKräften auf den Körper. Je nach Bauart der Lager können imräumlichen Fall maximal drei Kräfte und maximal drei Mo-mente übertragen werden. Die Reaktionskräfte und -momentewerden durch das sogenannte „Freimachen“ eines Körpers zuäußeren Kräften. Ein Körper wird freigemacht, indem man ihnmittels eines geschlossenen Schnitts durch alle Lager von sei-ner Umgebung trennt und die Lagerkräfte als äußere Kräfteam Körper anbringt (Bild 15, Freimachungsprinzip). Auf dieLager wirken dann nach „actio D reactio“ (3. Newton’schesAxiom) gleich große, entgegengesetzt gerichtete Kräfte. Jenach Bauart und Anzahl der Reaktionsgrößen eines Lagers un-terscheidet man ein- bis sechswertige Lager (Bild 16).
Bild 15. Freimachungsprinzip. a Gestützter Körper mit geschlossenerSchnittlinie; b freigemachter Körper
Bild 16. Lagerungsarten
B1.6 Auflagerreaktionen an Körpern
B1.6.1 Körper in der Ebene
In der Ebene hat ein Körper drei Freiheitsgrade hinsichtlichseiner Bewegungsmöglichkeiten (Verschiebung in x- und y-Richtung, Drehung um die z-Achse). Er benötigt daher eineinsgesamt 3wertige Lagerung für eine stabile und statischbestimmte Festhaltung. Diese kann aus einer festen Einspan-nung oder aus einem Fest- und einem Loslager oder aus dreiLoslagern (Gleitlagern) bestehen (im letzten Fall dürfen sichdie drei Wirkungslinien der Reaktionskräfte nicht in einemPunkt schneiden). Ist die Lagerung n-wertig (n > 3), so istdas System (n�3)fach statisch unbestimmt gelagert. Ist dieLagerung weniger als 3wertig, so ist das System statisch un-terbestimmt, d. h. instabil und beweglich. Die Berechnung derAuflagerreaktionen erfolgt durch Freimachen und Ansetzender Gleichgewichtsbedingungen.
Beispiel: Welle (Bild 17 a). Gesucht werden die Auflagerkräfte in Aund B infolge der gegebenen Kräfte F 1 und F 2 .Rechnerische Lösung: An der freigemachten Welle (Bild 17 b) gilt
XMiA D0D�F1 aCFB l�F2.lCc/ also
FB D ŒF1 aCF2.lCc/�= l IX
MiB D0D�FAy lCF1 b�F2 c ; also
FAy D .F1 b�F2 c/= l IX
Fix D0DFAx :
Die GleichgewichtsbedingungPFiy D 0 muss ebenfalls erfüllt sein
und kann als Kontrollgleichung benutzt werden.
XFiy DFAy �F1 CFB �F2
D .F1b�F2c/= l�F1 CŒF1aCF2.lCc/�= l�F2
DF1.aCb�l/= lCF2.�cClCc�l/= lD0:
Beispiel: Abgewinkelter Träger (Bild 18 a). Für den durch zwei Ein-zelkräfte F 1 und F 2 und die konstante Streckenlast q belastetenabgewinkelten Träger ist die Auflagerkraft im Festlager A und die Kraftim Pendelstab bei B zu bestimmen.
Rechnerische Lösung: Mit der Resultierenden der StreckenlastFq Dqc
wird (Bild 18 b)
XMiA D0D�F1 sin˛1a�qc.aCbCc=2/
�F2eCFS cos˛SlCFS sin˛Sh
und daraus
FS D ŒF1 sin˛1aCqc.aCbCc=2/CF2e�=.l cos˛S Chsin˛S/:
AusX
Fix D0DFAx CF1 cos˛1 CF2 �FS sin˛S undX
Fiy D0DFAy �F1 sin˛1 �qcCFS cos˛S
folgenFAx D�F1 cos˛1 �F2 CFS sin˛S und
FAy DF1 sin˛1 Cqc�FS cos˛S ;
wobei der vorstehend errechnete Wert für FS einzusetzen ist.
Bild 17. Welle. a System; b Freimachung
B 8 Mechanik – B1 Statik starrer Körper
Bild 18. Abgewinkelter Träger. a System; b Freimachung
Bild 19. Wagen auf schiefer Ebene. a System; b Freimachung
Beispiel: Wagen auf schiefer Ebene (Bild 19 a, b). Der durch die Ge-wichtskraft F G und die Anhängerzugkraft F Z belastete Wagen wirdvon einer Seilwinde auf der schiefen Ebene im Gleichgewicht gehal-ten. Zu bestimmen sind die Zugkraft im Halteseil sowie die Stützkräftean den Rädern, wobei Reibkräfte außer acht gelassen werden sollen.Rechnerische Lösung: Am freigemachten Wagen (Bild 19 b) ergebendie Gleichgewichtsbedingungen
XFix D0D�FZ �FG sin˛CFS cos˛; also
FS DFG tan˛CFZ=cos˛ IX
MiA D0DFZh=4CFG.h=2/sin˛�FGbcos˛C2Fn2b
�FS.h=2/cos˛�FS.aC2b/sin˛ IX
MiB D0DFZh=4�2Fn1bCFG.h=2/sin˛CFGbcos˛
�FS.h=2/cos˛�FSasin˛:
Hieraus folgen
Fn2 D�FZh=.8b/�FG Œ.h=2/sin˛�bcos˛�=.2b/
CFSŒ.h=2/cos˛C.aC2b/sin˛�=.2b/ und
Fn1 DFZh=.8b/CFGŒ.h=2/sin˛Cbcos˛�=.2b/
�FSŒ.h=2/cos˛Casin˛�=.2b/;
wobei der errechnete Wert von FS einzusetzen ist. Die BedingungPFiy D 0DFn1 CFn2 �FG cos˛�FS sin˛ kann dann als Kontroll-
gleichung benutzt werden.
B1.6.2 Körper im Raum
Im Raum hat ein Körper sechs Freiheitsgrade (drei Verschie-bungen und drei Drehungen). Er benötigt daher für eine stabileFesthaltung eine insgesamt 6wertige Lagerung. Ist die Lage-rung n-wertig (n > 6), so ist das System (n�6)fach statischunbestimmt gelagert. Ist n<6, so ist es statisch unterbestimmt,also beweglich und instabil.
Beispiel: Welle mit Schrägverzahnung (Bild 20). Die Auflagerkräfteder Welle sind zu berechnen. – Die Welle kann sich um die x-Achse
Bild 20. Welle mit Schrägverzahnung
drehen, d. h.PMix D 0 entfällt. Die restlichen fünf Gleichgewichts-
bedingungen lauten:
XFix D0 ergibt FAx DF1x �F2x I
XMiBz D0 ergibt FAy D�.F1xr1 CF1yb
CF2x r2 CF2yc/= l IX
MiBy D0 ergibt FAz D .F1zb�F2zc/= l IX
MiAz D0 ergibt FBy D ŒF1xr1 �F1yaCF2x r2
CF2y .lCc/�= l IX
MiAy D0 ergibt FBz D ŒF1zaCF2z .lCc/�= l :
Die BedingungenPFiy D 0 und
PFiz D 0 können als Kontrollen
verwendet werden.
B1.7 Systeme starrer Körper
Sie bestehen aus mehreren Körpern, die durch Verbindungs-elemente, d. h. Gelenke a oder Führungen b oder auch durchgelenkig angeschlossene Führungen c, miteinander verbundensind (Bild 21). Ein Gelenk überträgt Kräfte in zwei Richtun-gen, aber kein Moment; eine Führung überträgt eine Kraftquer zur Führung und ein Moment, aber keine Kraft parallelzur Führung; eine gelenkige Führung überträgt eine Kraft querzur Führung, aber keine Kraft parallel zur Führung und keinMoment. Man spricht daher von zweiwertigen oder einwerti-gen Verbindungselementen. Ist i die Summe der Wertigkeitender Auflager und j die Summe der Wertigkeiten der Verbin-dungselemente, so muss bei einem System aus k Körpern mit3k Gleichgewichtsbedingungen in der Ebene die BedingungiCj D 3 k erfüllt sein, wenn ein stabiles System statisch be-stimmt sein soll.Ist iCj > 3 k, so ist das System statisch unbestimmt, d. h.,wenn iCj D 3 kCn, ist es n-fach statisch unbestimmt. IstiCj <3 k, so ist das System statisch unterbestimmt und auf je-den Fall labil. Für das stabile System nach Bild 21 ist iCj D7C5D 12 und 3 kD 3 �4D 12, d. h., das System ist statischbestimmt. Bei statisch bestimmten Systemen werden die Auf-lagerreaktionen und Reaktionen in den Verbindungselementenermittelt, indem die Gleichgewichtsbedingungen für die frei-gemachten Einzelkörper erfüllt werden.
Bild 21. System aus starren Körpern
B1.8 Fachwerke B 9
B
Bild 22. Dreigelenkrahmen. a System; b Freimachung
Beispiel: Dreigelenkrahmen oder Dreigelenkbogen (Bild 22 a).Rechnerische Lösung: Nach Freimachen der beiden Einzelkörper(Bild 22 b) Gleichgewichtsbedingungen für Körper I:
XFix D0 ergibt FAx DFCx �F1x I (18a)
XFiy D0 ergibt FAy DF1y CF2 �FCy I (18b)
XMiA D0DFCxHCFCya�F1xy1 �F1yx1 �F2x2 I (18c)
und für Körper II:
XFix D0 ergibt FBx DFCx �F3x I (18d)
XFiy D0 ergibt FBy DFCy CF3y I (18e)
XMiB D0D�FCxhCFCybCF3x Œy3 �.H �h/�
CF3y .l�x3/: (18f)
Aus den Gln. (18c und f) ergeben sich die Gelenkkräfte FCx und FCy ,eingesetzt in die Gln. (18a, b, d und e) dann die Auflagerkräfte FAx ,FAy , FBx , FBy . Zur Kontrolle verwendet man
PMiC D0 am Gesamt-
system.
B1.8 Fachwerke
B1.8.1 Ebene Fachwerke
Fachwerke bestehen aus Stäben, die in den Knotenpunkten alsgelenkig miteinander verbunden angesehen werden. Die Ge-lenke werden als reibungsfrei angenommen, d. h., es werdennur Kräfte in Stabrichtung übertragen. Die in Wirklichkeit inden Knotenpunkten vorhandenen Reibungsmomente und bie-gesteifen Anschlüsse führen zu Nebenspannungen, die in derRegel vernachlässigbar sind. Die äußeren Kräfte greifen in denKnotenpunkten an oder werden nach dem Hebelgesetz am Stabauf diese verteilt.Hat ein Fachwerk n Knoten und s Stäbe und ist es äußerlichstatisch bestimmt mit drei Auflagerkräften gelagert, so gilt,da es für jeden Knoten zwei Gleichgewichtsbedingungen gibt,für ein statisch bestimmtes und stabiles Fachwerk (Bild 23 a)2nD sC3, sD 2n�3, d. h., aus den 2n�3 Gleichgewichts-bedingungen sind s unbekannte Stabkräfte berechenbar. EinFachwerk mit s<2n�3 Stäben ist statisch unterbestimmt undkinematisch instabil (Bild 23 b), ein Fachwerk mit s > 2n�3Stäben ist innerlich statisch unbestimmt (Bild 23 c). Für dieBildung statisch bestimmter und stabiler Fachwerke gelten fol-gende Bildungsgesetze:– Ausgehend von einem stabilen Grunddreieck werden nach-
einander neue Knotenpunkte mit zwei Stäben angeschlos-sen Bilder 23 a, 24 a.
– Aus zwei statisch bestimmten Fachwerken wird ein neuesgebildet durch drei Verbindungsstäbe, deren Wirkungslini-en keinen gemeinsamen Schnittpunkt haben (Bild 24 b).Dabei können zwei Stäbe durch einen den beiden Fach-werken gemeinsamen Knoten ersetzt werden (Bild 24 b,rechts).
– Durch Stabvertauschung kann jedes nach diesen Regeln ge-bildete Fachwerk in ein anderes statisch bestimmtes undstabiles umgebildet werden, wenn der Tauschstab zwischen
Bild 23. Fachwerk. a Statisch bestimmt; b statisch unterbestimmt;c statisch unbestimmt
Bild 24. Fachwerke. a bis d zum 1. bis 4. Bildungsgesetz
zwei Punkte eingebaut wird, die sich nach seiner Entfer-nung gegeneinander bewegen könnten (Bild 24 c).
– Aus mehreren stabilen Fachwerken können nach den Re-geln der Starrkörpersysteme gemäß B 1.7 neue stabile Fach-werksysteme gebildet werden (Bild 24 d).
Ermittlung der Stabkräfte
Knotenschnittverfahren. Allgemein ergeben sich die s Stab-kräfte und die drei Auflagerkräfte für ein statisch bestimm-tes Fachwerk nach Aufstellen der GleichgewichtsbedingungenPFix D 0 und
PFiy D 0 an allen durch Rundschnitt freige-
machten n Knoten. Man erhält 2n lineare Gleichungen. Ist dieNennerdeterminante des Gleichungssystems ungleich null, soist das Fachwerk stabil, ist sie gleich null, so ist es instabil(verschieblich) [1]. Häufig gibt es (z. B. nachdem man vor-her die Auflagerkräfte aus den Gleichgewichtsbedingungen amGesamtsystem ermittelt) einen Ausgangsknoten mit nur zweiunbekannten Stabkräften, dem sich weitere Knoten mit nurjeweils zwei Unbekannten anschließen, so dass sie nachein-ander aus den Gleichgewichtsbedingungen berechnet werdenkönnen, ohne ein Gleichungssystem lösen zu müssen.
Ritter’sches Schnittverfahren. Ein analytisches Verfahren,bei dem durch Schnitt dreier Stäbe ein ganzer Fachwerkteilfreigemacht wird und nach Ansatz der drei Gleichgewichts-bedingungen für diesen Teil die drei unbekannten Stabkräfteberechnet werden (s. Beispiel).
Einflusslinien infolge von Wanderlasten
Die Berechnung einer Stabkraft FSials Funktion von x infol-
ge einer Wanderlast F D 1 liefert die Einflussfunktion �(x);ihre graphische Darstellung heißt Einflusslinie. Die Auswer-
B 10 Mechanik – B1 Statik starrer Körper
tung für mehrere Einzellasten Fj liefert die Stabkraft FSiDP
Fj �.xj / (s. Beispiel).
Beispiel: Fachwerkausleger (Bild 25 a). Gegeben: F1 D 5 kN, F2 D10 kN, F3 D 20 kN, aD 2m, bD 3m, hD 2m, ˛D 45ı, ˇD 33;69ı.Gesucht: Stabkräfte.
Knotenschnittverfahren. Die unbekannten Stabkräfte FSiwerden als
Zugkräfte positiv angesetzt (Bild 25 b).Für Knoten E gilt:
XFiy D0 ergibt FS2 D�F2=sin˛D�14;14 kN; also Druck ;
XFix D0 ergibt FS1 DF1 �FS2 cos˛DC15;00 kN; also Zug:
Für Knoten C gilt:
XFix D0 ergibt FS4
DFS1DC15;00 kN (Zug)I
XFiy D0 ergibt FS3
D�F3 D�20;00kN (Druck):
Für Knoten D gilt:
XFiy D0 ergibt FS5
D�.FS2sin˛CFS3
/=sinˇ
DC54;08 kN(Zug)IX
Fix D0 ergibt FS6DFS2
cos˛�FS5cosˇ
D�55;00 kN(Druck):
Für Knoten B gilt:
XFiy D0 ergibt FS7
D0 IX
Fix D0 ergibt FB D�FS6D55;00 kN:
Für Knoten A gilt:
XFix D0 ergibt FAx DFS4
CFS5cosˇD60;00 kNI
XFiy D0 ergibt FAy DFS5
sinˇCFS7D30;00 kN:
Diese Auflagerkräfte folgen auch aus den Gleichgewichtsbedingungenam (ungeschnittenen) Gesamtsystem.Ritter’scher Schnitt. Die Stabkräfte FS4
; FS5und FS6
werden durcheinen Ritter’schen Schnitt (Bild 25 c) ermittelt.
XMiD D0 ergibt FS4
D .F2aCF1h/=hDC15;00 kNX
MiA D0 ergibt FS6D�ŒF2.aCb/CF3b�=hD�55;00 kN
XFiy D0 ergibt FS5
D .F2 CF3/=sinˇDC54;08 kN
Einflusslinie für Stabkraft FS6. Untersucht wird der Einfluss einer ver-
tikalen Wanderlast Fy (in beliebiger Stellung x auf dem Obergurt) aufdie Stabkraft FS6
(Bild 25 d). Aus
XMiA D0DFy.aCb�x/CFS6
h
Bild 25. Fachwerkausleger. a System; b Knotenschnitte; c Ritter’scher Schnitt; d Wanderlast; e Einflusslinie
folgt mit Fy D1
�.x/D�1 �.aCb�x/=hD�5=2Cx=.2m/
also eine Gerade (Bild 25 e). Ihre Auswertung für die gegebenen Lastenliefert, da F1 keinen Einfluss auf FS6
hat (s.PMiA D0),
FS6DF2�.xD0/CF3�.xDa/
D10 kN.�5=2/C20 kN.�3=2/D�55 kN:
B1.8.2 Räumliche Fachwerke
Da im Raum pro Knoten drei Gleichgewichtsbedingungen be-stehen und sechs Lagerkräfte zur stabilen, statisch bestimmtenLagerung des Gesamtfachwerks erforderlich sind, gilt das Ab-zählkriterium 3nD sC6 bzw. sD 3n�6. Im Übrigen geltenden ebenen Fachwerken analoge Methoden für die Stabkraft-berechnung usw. [2].
B1.9 Seile und Ketten
Seile und Ketten werden als biegeweich angesehen, d. h.,sie können nur Zugkräfte übertragen. Vernachlässigt man dieLängsdehnungen der einzelnen Elemente (Theorie 1. Ord-nung), so folgt für das ebene Problem infolge vertikaler Stre-ckenlast aus den Gleichgewichtsbedingungen am Seilelement(Bild 26 a)bei gegebener Belastung q(s):PFix D 0, d. h. dFH D 0,
PFiy D 0, d. h. FV D
q.s/ ds; also FH D const und dFV=ds D q.s/. GemäßBild 26 a gilt ferner tan' D y0 D FV=FH;d. h. FV DFHy
0 bzw. F 0V DdFV=dxDFHy
00 .Mit dsDp
1Cy0 2 dx wird hieraus
dFV=dsD.dFV=dx/.dx=ds/DFHy00=
p1Cy0 2 Dq.s/:
Folglich isty00 D Œq.s/=FH�
p1Cy0 2 I (19)
bei gegebener Belastung q(x): gemäß Bild 26 a gilt q.s/ dsDq.x/ dx, d. h.
q.s/Dq.x/ dx=dsDq.x/cos'Dq.x/=p1Cy0 2
und damit nach Gl. (19)
y00 Dq.x/=FH : (20)
Die Lösungen dieser Differentialgleichungen ergeben die Seil-kurve y(x). Die dabei auftretenden zwei Integrationskonstantensowie der unbekannte (konstante) HorizontalzugFH folgen ausden Randbedingungen y.xDx1/Dy1 und y.xDx2/Dy2 so-wie aus der gegebenen Seillänge LDR
dsDR p1Cy02 dx.
B1.9 Seile und Ketten B 11
B
Bild 26. Seil. a Element; b Seil unter Eigengewicht; c Seil unter Ein-zellast
B1.9.1 Seil unter Eigengewicht (Kettenlinie)
Für ein Seil konstanten Querschnitts folgt mit q.s/DconstDqaus Gl. (19) mit aDFH=q nach Trennung der Variablen und In-tegration arsinhy0 D .x�x0/=a bzw. y0.x/D sinhŒ.x�x0/=a�
mit y.x/DRsinhŒ.x�x0/=a�dxCy0 die Kettenlinie
y.x/Dy0 CacoshŒ.x�x0/=a�: (21)
Der Extremwert von y(x) folgt aus y0 D0 an der Stelle xDx0
zu ymin Dy0 Ca. Die unbekannten Konstanten x0; y0 und aDFH=q ergeben sich aus den drei Bedingungen (Bild 26 b)
y.x1 D0/D0Dy0 Cacosh.x0=a/;
y.xDx2/Dy2 Dy0 CacoshŒ.x2 �x0/=a�;
LDx2Z
xD0
q1Csinh2Œ.x�x0/=a�dx
DasinhŒ.x2 �x0/=a�Casinh.x0=a/:
Hieraus ergeben sich
y0 D�acosh.x0=a/; x0 Dx2=2�aartanh.y2=L/ und
sinh.x2=2a/DqL2 �y2
2=.2a/:
Aus der letzten (transzendenten) Gleichung kann a, anschlie-ßend können x0 und y0 berechnet werden. Der maximaleDurchhang f gegenüber der Sehne folgt an der Stelle xm Dx0Caarsinh.y2=x2/ zu f Dy2xm=x2�y.xm/. Für die Kräftegilt
FH DaqDconst; FV.x/DFHy0.x/; (22)
FS.x/DqF 2
H CF 2V .x/:
Die größte Seilkraft tritt an der Stelle auf, wo y0 zum Maxi-mum wird, d. h. in einem der Befestigungspunkte.
Beispiel: Kettenlinie. Befestigungspunkte P1 (0; 0) und P2 (300 m;�50m). Seillänge L D 340m, Belastung q.s/ D 30N=m. – Ausder transzendenten Gleichung ergibt sich nach iterativer Rechnunga D 179;2m und damit x0 D 176;5m und y0 D �273;4m, womitnach Gl. (21) die Kettenlinie bestimmt ist. Der maximale Durch-hang gegenüber der Sehne tritt an der Stelle xm D 146;8m auf undhat die Größe f D 67;3m. Der Horizontalzug beträgt FH D aq D5;375 kND const. Die größte Seilkraft tritt im Punkt P1 auf: FV.xD0/ D FH � jy0.x D 0/j D 6;192 kN und somit FS; max D FS.x D 0/
D8;20 kN.
B1.9.2 Seil unter konstanter Streckenlast
Hierunter fallen neben Seilen mit angehängter konstanterStreckenlast q.x/ D const auch solche mit flachem Durch-hang unter Eigengewicht, da bei q.s/ D q0 D const wegenq.s/
p1Cy02 D q0=cos' D q.x/ mit cos' � cos˛ D const
auch q.x/ D const D q wird. Zweimalige Integration derGl. (20) liefert y.x/D .q=FH/x
2=2CC1xCC2; Randbedin-gungen mit gegebenem Durchhang f in der Mitte: y.x1 D0/D0, y.xDx2/Dy2 , y.xDx2=2/Dy2=2�f .Hieraus C2 D 0, C1 D .y2 �4f /=x2, FH Dqx2
2=.8f / und da-mit y.x/D.y2=x2/x�.4f=x2
2/.x2x�x2/D.y2=x2/x�f .x/,wobei f (x) der Durchhang gegenüber der Sehne ist (Bild 26 b).
Ferner gilt FV.x/ D FHy0.x/ und FS.x/ D
qF 2
H CF 2V .x/;
FS; max an der Stelle der maximalen Steigung.Die Länge L des Seils folgt ausLDR x2
xD0
p1Cy02 dx mit aD
FH=q zu
LD.a=2/".C1 Cx2=a/
p1C.C1 Cx2=a/2
Cln�C1 Cx2=aC
p1C.C1 Cx2=a/2
�
�C1
q1CC 2
1 � ln
�C1 C
q1CC 2
1
�#:
Für Seile mit flachem Durchhang gilt mit der Sehnenlänge lDqx2
2 Cy22 die Näherungsformel
L� l �1C8x22f
2=.3l4/�: (23)
Beispiel: Seil mit flachem Durchhang. Das Beispiel aus B 1.9.1 werdenäherungsweise als flach durchhängendes Seil berechnet. Gegeben: P1
(0; 0), P2 (300 m; �50 m), f D67;3m, q0 D30N=m. –Aus tan˛D �50=300 folgt ˛ D �9;46ı und cos˛D 0;9864, so dassq � q0=cos˛D 30;41N=m wird. Es folgen C1 D �1;064 und FH D5;083 kN. Somit ist die Seillinie
y.x/D�0;1667 �x�0;003m�1.300m �x�x2/
D�1;064 �xC0;003m�1 �x2 :
An der Stelle x D 0 wird y0
max D jy0.0/j D 1;064, also FV; max DFHy
0
max D5;408 kN und somit FS; max D7;42 kN.Die Näherungsformel Gl. (23) für die Seillänge liefert dann mitl D 304;1m den Wert L� 342;7m. Die Ergebnisse zeigen, dass dieNäherungslösung von den exakten Werten (B 1.9.1) nicht erheblich ab-weicht, obwohl der „flache“ Durchhang hier nur in geringem Maßezutrifft.
B1.9.3 Seil mit Einzellast
Betrachtet wird nur das Seil mit flachen Durchhängen gegen-über den Sehnen (Bild 26 c, links). Sind x2, y2, x3, y3 gegeben,
B 12 Mechanik – B1 Statik starrer Körper
Bild 27. Schwerpunkt eines Körpers (a) und eines Trägerquer-schnitts (b)
so gelten mit FHI DFHII DFH die Beziehungen
q1 Dq0=cos˛I ; qII Dq0=cos˛II ;
fI DqIx22=.8FH/; fII DqII Nx2
2=.8FH/;
y.x/D.y2=x2/x�.qI=2FH/�x2x�x2
;
Ny. Nx/D. Ny2= Nx2/ Nx�.qII=2FH/� Nx2 Nx� Nx2
;
y0.x/D.y2=x2/�.qI=2FH/.x2 �2x/;Ny0. Nx/D. Ny2= Nx2/�.qII=2FH/. Nx2 �2 Nx/:
Aus der GleichgewichtsbedingungPFiy D0DFVl CF �FVr
am Knoten P2 (Bild 26 c, rechts) folgt mit FV DFH � jy0j unterBeachtung, dass Ny0 negativ ist und somit jy0jD�y0 ,
FHy2=x2 CqIx2=2CF CFH Ny2= Nx2 CqII Nx2=2D0; d: h:
FH D Œ�qIx2 �qII Nx2 �2F �=Œ2.y2=x2 C Ny2= Nx2/�:
Hiermit können fI und fII , wie angegeben, FV.x/ und FS.x/
nach Gl. (22) sowieLI undLII nach Gl. (23) berechnet werden.
B1.10 Schwerpunkt (Massenmittelpunkt)
An einem Körper der Masse m wirken an den Massenelemen-ten dm die Gewichtskräfte dF G D dmg, die alle zueinanderparallel sind. Den Angriffspunkt ihrer Resultierenden F G DR
dF G nennt man den Schwerpunkt (Bild 27 a). Seine Lage istfestgelegt durch die Bedingung, dass das Moment der Resul-tierenden gleich dem der Einzelkräfte sein muss, d. h.
rS �F G DZ
r �dF G bzw. mit dF G DdFGe
�rSFG �
Zr dFG
��e D0; d: h:
rS D�Z
r dFG
�=FG bzw. in Komponenten
xS D.1=FG/
Zx dFG ; yS D.1=FG/
Zy dFG ;
zS D.1=FG/
Zz dFG :
(24)
Analog gilt bei konstanter Fallbeschleunigung g für denMassenmittelpunkt, bei konstanter Dichte % für den Volu-menschwerpunkt sowie für den Flächen- und Linienschwer-punkt in vektorieller Form
rS D.1=m/Z
r dmI rS D.1=V /Z
r dV I
rS D.1=A/Z
r dA und
rS D.1=s/Z
r ds :
(25)
Bestehen die Gebilde aus endlich vielen Teilen mit bekanntenTeilschwerpunkten, so gilt in Komponenten z. B. für den Flä-chenschwerpunkt
xS D.1=A/X
xiAi IyS D.1=A/
XyiAi I
zS D.1=A/X
ziAi :
(26)
Die GrößenRx dA bzw.
PxiAi usw. bezeichnet man als sta-
tische Momente. Sind sie null, so folgt auch xS D 0 usw.,d. h., das statische Moment bezüglich einer Achse durch denSchwerpunkt (Schwerlinie) ist stets gleich null. Alle Sym-metrieachsen erfüllen diese Bedingung, d. h., sie sind stetsSchwerlinien.Die durch Integration ermittelten Schwerpunkte von homoge-nen Körpern sowie von Flächen und Linien sind in den Tab. 1–3 angegeben.
Beispiel: Schwerpunkt eines Trägerquerschnitts. Für den zusammen-gesetzten Trägerquerschnitt ist der Flächenschwerpunkt zu ermitteln(Bild 27 b). – Der Schwerpunkt liegt auf der Symmetrieachse. Er-mittlung von yS tabellarisch, wobei die Bohrung als negative Flächeangesetzt wird.
Fläche Ai cm2 yi cm yiAi cm3
1) U 300 58,8 38,30 2252,0
2) 2L 100 × 14 2 × 26,2 37,02 1939,8
3) 400 × 20 80,0 20,00 1600,0
4) 2L 150 × 100 × 14 2 × 33,2 4,97 330,0
5) Bohrung ¿25 �12,0 7,50 �90,0P245;6
P6031;8
yS D6031;8 cm3=245;6 cm2 D24;56 cm
B1.11 Haftung und Reibung
Haftung. Bleibt ein Körper unter Einwirkung einer resultie-renden Kraft F, die ihn gegen eine Unterlage presst, in Ruhe,so liegt Haftung vor (Bild 28). Die Verteilung der Flächenpres-sung zwischen Körper und Unterlage ist meist unbekannt undwird durch die Reaktionskraft Fn ersetzt. Aus Gleichgewichts-gründen ist Fn D Fs D F cos˛ und Fr D Ft D F sin˛, d. h.Fr DFn tan˛. Der Körper bleibt so lange in Ruhe, bis die Reak-tionskraft Fr den Grenzwert Fr0 DFn tan%0 DFn�0 erreicht,d. h. solange F – räumlich betrachtet – innerhalb des sogenann-ten Reibungskegels mit dem Öffnungswinkel 2%0 liegt. Für dieReaktionskraft Fr gilt die Ungleichung
Fr 5Fn tan%0 DFn�0 : (27)
Die Haftzahl �0 hängt ab von den aneinander gepress-ten Werkstoffen, deren Oberflächenbeschaffenheit, von einer
B1.11 Haftung und Reibung B 13
B
Tabelle 1. Schwerpunkte von homogenen Körpern
Prisma, Zylinder(gerade oder schief)
zs Dh=2
abgeschrägter Kreiszylinder
xs D r2 tan˛=.4h/zs Dh=2Cr2 tan2˛=.8h/
Kegel, Pyramide(gerade oder schief)
zs Dh=4
Pyramiden- bzw. Kegelstumpf
zs D h4
� A1C2p
A1A2C3A2
A1C
pA1A2CA2
bzw. zs D h4
� r21
C2r1r2C3r22
r21
Cr1r2Cr22
Keil
zs D h2
� a1Ca22a1 Ca2
Keilstumpf
zs D h2
�a1b1Ca1 b2Ca2 b1C3a2 b2
2a1b1Ca1b2Ca2b1C2a2 b2
Zylinderhuf
xs D3�r=16
zs D3�h=32
Kugelabschnitt
zs D 34
� .2r�h/2
.3r�h/
Halbkugel
zs D3r=8
halbe Hohlkugel:
zs D 38
� r4a �r4
ir3
a �r3i
Kugelausschnitt
zs D3r .1Ccos˛/=8D3.2r�h/=8
Rotationsparaboloid
zs Dh=3
Ellipsoid
zs D3h=8
Bild 28. Haftung
Fremdschicht (Schmierschicht), von Temperatur und Feuchtig-keit, von der Flächenpressung und von der Größe der Normal-kraft; �0 schwankt daher zwischen bestimmten Grenzen undist gegebenenfalls experimentell zu bestimmen [3]. Anhalts-werte für �0 s. Tab. 4.
Gleitreibung (Reibung der Bewegung). Wird die Haftungüberwunden, und setzt sich der Körper in Bewegung, so gilt fürdie Reibkraft das Coulomb’sche Gleitreibungsgesetz (Bild 29)
Fr=Fn DconstD tan %D� bzw. Fr D�Fn : (28)
Die Gleitreibungskraft ist eine eingeprägte Kraft, die demGeschwindigkeits- bzw. Verschiebungsvektor entgegengesetztgerichtet ist. Der Gleitreibungskoeffizient � (bzw. Gleitrei-bungswinkel %) hängt neben den unter Haftung beschriebenenEinflüssen vornehmlich von den Schmierungsverhältnissen(Trockenreibung, Mischreibung, Flüssigkeitsreibung; s. E 5.1)
Bild 29. Gleitreibung
ab, zum Teil aber auch von der Gleitgeschwindigkeit [4, 5].Anhaltswerte für � s. Tab. 4.
B1.11.1 Anwendungen zur Haftung und Gleitreibung
Reibung am Keil. Gesucht wird die Kraft F, die zum Hebenund Senken einer Last mit konstanter Geschwindigkeit erfor-derlich ist. Die Lösung folgt am einfachsten aus dem Sinussatzam Krafteck, z. B. für das Heben der Last nach Bild 30
F2
FQD sin.90ı C%3/
sinŒ90ı �.˛C%2 C%3/�;
F
F2
D sin.˛C%1 C%2/
sin.90ı �%1/I
hieraus
F DFQtan.˛C%2/Ctan%1
1� tan.˛C%2/tan%3
: Entsprechend
F DFQtan.˛�%2/� tan%1
1Ctan.˛�%2/tan%3
(29)
B 14 Mechanik – B1 Statik starrer Körper
Tabelle 2. Schwerpunkte von Flächen
ebene Flächen
Dreieck
ys Dh=3
Parallelogramm
ys Dh=2
Trapez
ys D h3
� aC2baCb
Kreisausschnitt
ys D2r sin˛=.3˛/D2rl=.3b/
Halbkreisfläche: ys D4r=.3�/
Kreisabschnitt
ys D 23
� r sin3 ˛˛�sin˛cos˛
Halbkreisfläche: ys D4r=.3�/
Kreisringstück
ys D 23
��r3
a �r3i
�sin˛�
r2a �r2
i
�˛
Parabelflächen
xs1 D3a=8 ys1 D2h=5
xs2 D3a=4 ys2 D3h=10
Parabelabschnitt
ys D2h=5
räumliche Oberflächen
Ellipsenabschnitt
ys D 23
� bsin3 ˛˛�sin˛cos˛
Kugelzone bzw. -haube
zs D .r=2/.cos˛1 Ccos˛2/Dh0 Ch=2bzw.zs D .r=2/.1Ccos˛2/D .h0 Cr/=2
Mantel von Pyramideund Kegel
zs Dh=3
Mantel von Kreiskegelstumpf
zs D h3
� r1C2r2r1Cr2
Tabelle 3. Schwerpunkte von Linien
Dreieckumfang
ys D h2
� bCcaCbCc
Kreisbogen
ys D r sin˛˛
D r �lb
Halbkreisbogen: ys D2r=�
beliebiger flacher Bogen
ys �2h=3
Bild 30. Reibung am Keil
für das Senken der Last. Wird F � 0, so tritt Selbsthemmungauf; dann ist
tan.˛�%2/5 tan%1 bzw. ˛5%1 C%2 :
Der Keil muss dann herausgezogen bzw. von der anderen Seitehinausgedrückt werden. Der Wirkungsgrad des Keilgetriebesbeim Heben der Last ist �DF0=F ; hierbei ist F0 DFQ � tan˛die erforderliche Kraft ohne Reibung.Für %1 D%2 D%3 D% gilt F DFQ tan.˛˙2%/; Selbsthemmungfür a� 2 %, Wirkungsgrad �D tan˛=tan.˛C2%/. Bei Selbst-hemmung wird �D tan2%=tan4%D0;5�0;5tan22%<0;5.
B1.11.2 Schraube (Bewegungsschraube)
Rechteckgewinde (flachgängige Schraube). (Bild 31 a) Ge-sucht ist das Drehmoment M zum gleichförmigen Heben undSenken der Last.
XFiz D0D
ZdF cos.˛C%/�FQ ;
B1.11 Haftung und Reibung B 15
B
Tabelle 4. Haft- und Gleitreibungswerte
Stoffpaar Haftzahl �0 Gleitreibungszahl �
trocken geschmiert trocken geschmiert
Eisen-Eisen 1,0
Kupfer-Kupfer 0,60. . . 1,0
Stahl-Stahl 0,45. . . 0,80 0,10 0,40. . . 0,70 0,10
Chrom-Chrom 0,41
Nickel-Nickel 0,39. . . 0,70
Aluminiumlegierung-Aluminiumlegierung
0,15. . . 0,60
S 235 poliert 0,15
Stahl-Grauguss 0,18. . . 0,24 0,10 0,17. . . 0,24 0,02. . . 0,21
Stahl-Weißmetall
0,21
Stahl-Blei 0,50
Stahl-Zinn 0,60
Stahl-Kupfer 0,23. . . 0,29
Bremsbelag-Stahl
0,50. . . 0,60 0,20. . . 0,50
Lederdichtung-Metall
0,60 0,20 0,20. . . 0,25 0,12
Stahl-Polyetra-fluoräthylen(PTFE)
0,04. . . 0,22
Stahl-Polyamid 0,32. . . 0,45 0,10
Holz-Metall 0,50. . . 0,65 0,10 0,20. . . 0,50 0,02. . . 0,10
Holz-Holz 0,40. . . 0,65 0,10. . . 0,20 0,20. . . 0,40 0,04. . . 0,16
Stahl-Eis 0,027 0,014
F DFQ=cos.˛C%/;X
Miz D0DM �Z
dF sin.˛C%/rm ;
M DFQrm tan.˛C%/Wirkungsgrad beim Heben � D M0=M D tan˛=tan.˛C%/;M0 erforderliches Moment ohne Reibung. Beim Senken tritt�% an Stelle von %; M DFQrm tan.˛�%/. Selbsthemmung fürM 5 0, d. h. tan.˛�%/50; also ˛5%. Dann ist zum Senken derLast ein negatives Moment erforderlich. Für ˛D % folgt �Dtan%=tan2%D0;5�0;5tan2%<0;5.
Trapez- und Dreieckgewinde (scharfgängige Schraube).(Bild 31 b). Es gelten dieselben Gleichungen wie fürRechteckgewinde, wenn anstelle von � D tan% die Reib-zahl �0 D tan%0 D �=cos.ˇ=2/, d. h. anstelle von % derReibwinkel %0 D arctanŒ�=cos.ˇ=2/� eingesetzt wird. Be-
Bild 31. Reibung an a flachgängiger und b scharfgängiger Schraube
Bild 32. Seilreibung. a Kräfte; b Element; c Schiffspoller
weis gemäß Bild 31 b, da anstelle von dFn die KraftdF 0
n D dFn=cos.ˇ=2/ und anstelle von dFr D� dFn die KraftdF 0
r D� dF 0n D Œ�=cos.ˇ=2/�dFn D�0dFn tritt. Hierbei ist ˇ
der Flankenwinkel des Gewindes. Bemerkung: Für Befesti-gungsschrauben ist Selbsthemmung, d. h. ˛5%0
0, erforderlich.
Seilreibung (Haftung zwischen Seil und Seilrolle) (Bild 32).Gleitreibung tritt auf bei relativer Bewegung zwischen Seilund Scheibe (Bandbremse, Schiffspoller bei laufendem Seil).Bei Haftung zwischen Seil und Scheibe (Riementrieb, Band-bremse als Haltebremse, Schiffspoller bei ruhendem Seil) trittGleichgewicht in Normal- und Tangentialrichtung am Seilele-ment auf. Damit ergibt sich dFn DFSd', dFS DdFr ; mit dFr D�0 dFn folgt dFS D�0FSd'. Nach Integration über den Um-schlingungswinkel ˛ folgt die Euler’sche Seilreibungsformel:FS2
DFS1e�0 a bzw. FS2
=FS1D e�0 a . Die Haftkraft ergibt
sich aus Fr DFS2�FS1
und das Haftmoment aus Mr DFrr .Bei nicht vernachlässigbarer Geschwindigkeit des Seiles (z. B.beim Riementrieb) treten Fliehkräfte qF Dm�2=r (m: Massepro Längeneinheit des Seiles) am Seil auf. Dann ist FS durchFS �m�2 zu ersetzen. Beim Schiffspoller (Bild 32 c) mit ˛D2� und �0 D0;1 ergibt sich ein Verhältnis FS2
=FS1�1;87.
B1.11.3 Rollwiderstand
Rollt ein zylindrischer o.ä. Körper auf einer Unterlage(Bild 33 a), so ergibt sich wegen der Verformung der Unterla-ge und des Körpers eine schräg gerichtete Resultierende, derenHorizontalkomponente die Widerstandskraft Fw ist. Ihr mussbei gleichförmiger Bewegung die Antriebskraft Fa das Gleich-gewicht halten. Mit Fn DFQ und f � r , d. h. tan˛� sin˛Df=r , folgt
Fw DFQf=rDFQ�r
und als sog. Moment der rollenden Reibung Mw D Fwr D�rFQr D FQf , wobei �r D f=r der Koeffizient der Rollrei-bung ist. Der Hebelarm f der Rollreibung ist empirisch zuermitteln. Für Stahlräder auf Schienen ist f � 0;05 cm, fürWälzlager f �0;0005:::0;001 cm.Als Fahrwiderstand (Bild 33 b) bezeichnet man die Summeaus Rollwiderstand und Lagerreibungswiderstand,
Fw; ges D.FQ CFG/f=rCFQ�zr1=r
FG Gewichtskraft des Rads, �z Zapfenreibungszahl.
B1.11.4 Widerstand an Seilrollen
Infolge Biegesteifigkeit der Seile erfolgt an der Auflaufstelleein „Abheben“ um a2 (s. Bild 33 c) und an der Ablaufstelle ein„Anschmiegen“ um a1. Unter gleichzeitiger Berücksichtigungder Lagerreibung folgt bei gleichmäßiger Geschwindigkeit für
B 16 Mechanik – B1 Statik starrer Körper
Bild 33. Widerstände. a Rollwiderstand; b Fahrwiderstand; c feste undd lose Seilrolle; e Flaschenzug
die Feste Rolle (Bild 33 c): Beim Heben
XMA D0DF.r�a1/�FQ.rCa2/�.FCFQ/rz ;d: h:
F DFQ.rCa2 Crz/=.r�a1 �rz /DFQ=�:
� ist der Wirkungsgrad der festen Rolle beim Heben (��0;95).Beim Senken ist � durch 1=� zu ersetzen. (rz Radius der Zap-fenreibung.)
Lose Rolle. (Bild 33 d): Beim Heben
XMA D0DF.2rCa2 �a1/�FQ.rCa2 Crz /
d. h.
F D.FQ=2/.rCa2 Crz /=.rCa2=2�a1=2/
D.FQ=2/=�:
� D Nutzarbeit=zugeführte Arbeit D .FQs=2/=.F s/. Nähe-rungsweise wird ebenfalls �� 0;95 gesetzt. Beim Senken ist� durch 1=� zu ersetzen.
Rollenzug. (Bild 33 e): Mit den Ergebnissen für die feste unddie lose Rolle ist F1 D �F , F2 D �F1 D �2F usw. Gleichge-wicht für die freigemachte untere Flasche führt zu
XFy D0DF1 CF2 CF3 CF4 �FQ, d. h.
F.�C�2 C�3 C�4/DFQ. Mit
1C�C�2 C�3 D.1��4/=.1��/ folgt
F DFQ=Œ�.1��4/=.1��/�:Bei n tragenden Seilsträngen werden die Kraft und der Gesamt-wirkungsgrad für das Heben
F DFQ=Œ�.1��n/=.1��/� und
�ges DWn=Wz D.FQs=n/=.F s/D�.1��n/=Œ.1��/n�:Beim Senken ist � wieder durch 1=� zu ersetzen.
Literatur
Spezielle Literatur
[1] Föppl, A.: Vorlesungen über technische Mechanik, Bd. I,14. Aufl., Bd. II, 10. Aufl. R. Oldenbourg, München, Berlin(1948, 1949) – [2] Schlink, W.: Technische Statik, 4. u. 5. Aufl.Springer, Berlin (1948) – [3] Drescher, H.: Die Mechanikder Reibung zwischen festen Körpern. VDI-Z. 101, 697–707(1959) – [4] Krause, H., Poll, G.: Mechanik der Festkörper-reibung. VDI, Düsseldorf (1982) – [5] Kragelski, Dobycin,Kombalov: Grundlagen der Berechnung von Reibung und Ver-schleiß. Hanser, München (1986)