Die Achtnulligen

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Transcript of Die Achtnulligen

Aus unserem nächsten Heft:

Ganz plötzlich war das Flugzeug aufgetaucht.

Während der Aufklärer gegen die

messingene Granathülse hämmerte,

der Batteriechef aus dem Erdbunker gestürzt

kam und kommandierte: „Fliegeralarm,

an die Geschütze!", jagte schon die Maschine,

von der Leuchtspuren wie Funken zur

Erde sprühten, mit eisernem Pfeifen

über die Feuerstellung.

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Georgi Gurewitsch

Die Achtnulligen

und

Günther Krupkat

Insel der Angst

V E R L A G

K U L T U R

U N D F O R T S C H R I T T

BERLIN 1970

Originaltitel der Erzählung .Die Achtmaligen': «Восьминулевые»

Aus dem Russischen von Caesar Rymarowicz

Die Erzählung „Insel der Angst" wurde mit freundlicher Genehmigung des Verlages

Das Neue Berlin dem 1969 erschienenen Sammelband -Das Molekular-Cafe" entnom-

Umschlag und Illustration: Werner Ruhner

Verlag Kultur und Fortschritt, 108 Berlin, Glinkastrafte 13-15

3/1970

Lizenz-Nr. •. 3-285/163/70

Satz und Druck: Grafischer Großbetrieb Völkerfreundschaft Dresden

Frank Petermann
Schreibmaschinentext
Scanned by Manni Hesse 2007

Georgi Gurewitsch Die Achtnulligen

.. . Ti, Tiu, Tjalalli, Tschatschatscha, Tschauf, Tscheebe,

Tschbusi, Tschgedegda . . .

Ein Feinschmecker, der die Speisekarte einer Gaststätte

studiert, eine Kokette auf einer Modenschau, ein Bücher­

wurm, der sich der Schätze eines Antiquariats bemächtigt

hat, vermögen nur in geringem Mafje das zu fühlen, was

ich empfand, als ich diese Namen im Katalog der Planeten

las, die mir die Heterosonnigen zur Besichtigung vor­

schlugen. Einen x-beliebigen Planeten, frei nach Wahl.

. . . Schafilet, Schaftchitchi, Schahchach, Schauschit-

beda . . .

Der Kyberinformator, der mit seinen Psihörnchen

einem kleinen Teufel ähnelte, hüpfte auf dem Tisch herum

und erläuterte mit zwitschernder Stimme;

„Schafilet. Gelber Himmel. Kein Festland. Zwei ver­

nunftbegabte Rassen, eine unter Wasser lebend, die an­

dere geflügelt. Drei Sonnen, zwei davon bunt und trüb.

Die Nächte abwechselnd blau, rot und violett. Schaft­

chitchi. Grüner Himmel. Lebensform - elektromagnetisch.

Fata Morgana, die, geschätzter Reisender, Ihr Gesicht

widerspiegelt. Schahchach. Blauer Himmel. Heifje Sümpfe.

Lebensform gläsern-silikatartig. Grellweifies Gras . . . "

. . . Äai, Äaju, Äalingling, Äarop . . .

„Den will ich", sagte ich und drückte auf den Knopf.

Warum ich ausgerechnet diesen Planeten wählte? Nur

wegen seines Namens. Ich wufjte, daft ,rop' ,vier' bedeu­

tete, ,Äa' - das waren einfach nur Buchstaben. Äarop war

der vierte Planet einer undefinierbaren Sonne, die im Ka­

talog mit den Buchstaben Äa geführt wurde. Doch zusam­

men klang das ungefähr wie .Europa'. Ich mufjte einfach

auf diesem kosmischen Europa gewesen sein, ich hätte

auf der Erde sonst nichts über ihn zu berichten gehabt.

„Schwarzgestirnter luftleerer Himmel", zwitscherte das

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Kyberteufeichen. „Die Sonne rot, Klasse M, Temperatur

20-30 ° über dem absoluten Nullpunkt. (Ich hoffe, Sie

haben erraten, dafj ich die Mafje der Heterosonnigen in

unsere irdischen umsetze.) Germaniumlager. Eine stillge­

legte Fabrik veralteter programmierter Triodenmaschi­

nen vom Typ .zweimal zwei ' . Personal wurde evakuiert.

Bietet keinen Anreiz für Besichtigungen, Gefahren vor­

handen. Kundschafterautomaten kehren von diesem Pla­

neten nicht zurück. Empfehle den benachbarten Himmels­

körper Äalingling. Roter Himmel. Riesige Singblumen,

die mit melodischen Klängen bestäubende Vögel anlok-

ken. Sinfonien der Wiesen, Balladen der Waldlichtungen.

A l l e Komponisten fliegen zur Erholung dorthin . . . "

Der Kyberinformator mufjte es wissen. Ich wollte mich

nicht streiten. „Du bietest singende Blumen", sagte ich.

„Bestell eine Fahrt für mich."

In einer besonderen Erzählung werde ich einmal schil­

dern, wie die Heterosonnigen in ihrem Planetensystem

zu reisen pflegen. Ihre Raumschiffe ähneln unseren Rake­

ten, sie starten vertikal. Aber dann beschleunigen sie sich

nicht, sondern schrauben sich irgendwie in den Raum.

Und man hat dabei das Gefühl, als würde man an den

Beinen und am Hals gepackt und wie nasse Wäsche aus­

gewrungen, als würden die Gelenke ausgerenkt und der

Saft aus jeder einzelnen Zelle ausgedrückt. Zuerst drehen

sie in eine Richtung, dann in die entgegengesetzte - sie

schrauben sich heraus. Und ausgepreßt, ausgepumpt,

keuchend vor Atemnot trifft man, weifj der Teufel wie, in

einem anderen Sonnensystem ein. Da ist schon die Sonne.

Äa, Spektralklasse M, da auch der singende Planet Äaling­

ling, und in einiger Entfernung davon der Äarop, der, wie

es heifjt, die Mühe nicht lohnt.

Sollte ich nicht dennoch auf ihm einkehren? Zu Hause

würde man mich gewifj fragen, was das da für ein Europa

im fernen Kosmos sei.

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Gesagt, getan. Ich gebe den Auftrag an die Bedienung. Es erfolgt der übliche Abstieg, ein Bremsen, Aufheulen. Ein Stofj. Totenstille. Ich bin auf dem fremden unbekann­ten Planeten.

Nein, ich bedauerte keineswegs, dafi ich einen Abstecher nach diesem Europa gemacht hatte, obschon es so gar nicht dem unsrigen ähnelte: Ein kahler, felsiger Planet ohne eine Spur von Leben. Die Schwerkraft war hinrei­chend stark, um eine Atmosphäre zu halten, jedoch schickte die ferne Sonne Äa zu wenig Wärme, und die Luft gefror, verwandelte sich in kohlensauren Schnee, in Stickstofflachen, die an frostigen Tagen wie Eislöcher dampften. In dem roten Licht der Sonne Äa mutete dieser Dunst rötlich an, blutige Lichtflecke flimmerten in den Pfützen. Die von der Röte erhellten Felsen schillerten in allen Schattierungen von Purpur, Scharlachrot, Karmesin, Lila und Rötbraun. Und die Schatten waren ebenfalls braun oder schokoladenfarben oder aber von der Farbe geronnenen Blutes. Die Gipfel waren wie verglimmende Kohlen, und die Klippen glichen erstarrten Flammen­zungen. Darüber - über diesem steingewordenen Brand -hing eine kraftlose himbeerfarbene Sonne; sie hing am schwarzen Himmel, ohne die Glasperlen der Sterne zum Erlöschen zu bringen. Es waren ihrer hier tausendmal mehr als an unserem Himmel.

In der Tat, ich ergötzte mich eine Stunde lang an dieser Etüde in roten Tönen. Ich klaubte Granate aus dem Boden und las in den preiselbeerfarbenen Pfützen ganze Hände voll Rubine auf. Aber, о weh, in dem nüchternen Licht der elektrischen Taschenlampe verwandelten sich diese Ru­bine in Quarzsplitter. Dann bemerkte ich einen ganzen Strauß steinerner Blumen. Ich kletterte höher, um nachzu­prüfen, was es war, eine Druse von Bergkristall oder etwas, was ich noch nicht kannte. Diese Unvorsichtigkeit! Ich verstieß gegen das wichtigste Gebot eines Kosmonau-

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ten: Entferne dich nicht von deiner Rakete, wenn du allein

auf einem unbekannten Planeten bist!

Eine einzige Entschuldigung hatte ich: Der Planet war

offensichtlich zum Leben ungeeignet.

Als ich mit einem Kristallsplitter unterm Arm (es war

doch Bergkristall, kein Rubin) vom Felsen sprang, stan­

den zwischen mir und der Rakete drei eckige Gestalten.

О nein, ich erschrak nicht. Es waren genormte Arbeits-

kyber eines in der Sphäre allgemein verbreiteten Modells mit Fotozellenaugen unter der ziemlich schmalen Stirn und mit vier Beinen, die in Schläfenhöhe an Kurbeln be­festigt waren. Bei den Heterosonnigen gilt dieses Schema als das rationellste. Wenn die Maschinen die Schultern herablassen, können sie gehen, mit erhobenen Schultern können sie im Stehen arbeiten. An der schmalen Stirn ent­zifferte ich das Normzeichen: ein Karo mit zwei Strichel­chen links und zwei unten - zweimal zwei ist vier.

Aber ja, es hatte hier eine Fabrik für programmierte Maschinen gegeben! Der Kyberinformator hatte mir da­von erzählt. Nun, ich hatte also nichts zu befürchten .. .

„ G w g w g w g w g w g w . . ."

Jeder Besitzer eines Magnetophons kennt das pfeifende Zwitschern eines zu rasch abrollenden Tonbands, das Zir­pen der unverständlichen Wörter. Folglich war das eine Maschine, die sich nicht nur bewegte, sondern die auch sprechen konnte. Aber sie sprach zu schnell.

Ich vollführte mit der Hand eine Bewegung nach rechts und dann nach unten, zum Zeichen, dafj das Tempo ver­langsamt werden solle. Die Maschine kannte offensicht­lich diese Geste, denn das Zwitschern brach ab, und ich vernahm Worte im Kodedialekt der Heterosonnigen.

„Er ruft dich", sagte die Maschine.

„Wer ,er' ?" Ich hegte geringe Hoffnung, eine sinnvolle Antwort zu

erhalten, denn an den Stirnen der Maschinen waren neben

dem Karo sechs Nullen angeschraubt, die eine sechsstel­

l ige Anzahl von Elementen bezeichneten, was zum Gehen

und zum Sprechen ausreichte, aber nicht genügte, Fragen

zu begreifen. Ich erhielt jedoch eine Antwort.

„Er ist allwissend", sagte der eine Kyber.

„Er ist allgegenwärtig."

„Er ist allmächtig."

Da haben wir's, durchfuhr es mich. Unter den Program­

mierern muß es einen Sonderling gegeben haben, der eine

Religion für Roboter geschaffen hat. Interessant, ob sich

das lohnt, ein Gott der Maschinen zu sein.

„Er ruft dich."

Aber ich erinnerte mich genau, daß die .Kundschafter­

automaten von dem Planeten nicht zurückkehrten', daß

,die Fabrik stillgelegt und das Personal evakuiert' worden

war. Dieser Programmierer, der hier irgendwo stecken

mußte und sich daran berauschte, von den Maschinen an­

gebetet zu werden, erweckte nicht mein Vertrauen. War

es nicht vernünftiger, einer Begegnung mit dem Maniker

aus dem Wege zu gehen?

„Herzlichen Dank für die Einladung", begann ich, wäh­

rend ich zur Rakete zurückwich, „das nächste Mal werde

ich bestimmt. . ."

Ich brauchte nicht fortzufahren. Jählings flog ich nach

oben, und ehe ich mich's versah, war ich auf dem flachen

Scheitel einer Maschine gelandet. Die beiden anderen

hielten mich links und rechts unterm Arm. Und schon

schlurften ihre Beine durch die Pfützen, die die Farbe zer­

drückter Preiselbeeren hatten.

„Halt! Wohin? Laßt mich los!"

„Er ruft dich!"

Ich mußte mich fügen, um so mehr, als mich die Maschi­

nen, die nebenher liefen, hartnäckig festhielten, damit ich

nicht herunterfiel oder aber, damit ich nicht weglief. Ihre

Pranken waren aus Gußeisen und hatten scharfe Ränder;

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ich wagte nicht, mich zu widersetzen, weil sie mir sonst den Raumanzug zerreifjen konnten.

Die Beine der Maschinen schlugen auf den Steinen einen Wirbel, sie bewegten sich schneller als die Beine von Menschen. Wir flitzten mit der Geschwindigkeit eines Autobusses über das unwegsame Gelände. In mir zitterte alles, das Steifjbein schmerzte von den Stöfjen gegen den harten Scheitel des Roboters. Wi r stampften über himbeer­rote Hügel, dann durch eine dunkelgranatfarbene Senke, überquerten einen Flufj, der wie Kirschsirup aussah. Die scharlachrote Sonne Äa neigte sich bereits zum Horizont, und die Schatten, deutlich wie auf jedem Planeten, der keine Luft besitzt, ergossen sich wie schwarze Tusche über die Niederungen.

Für kurze Zeit waren wir in der Tusche untergetaucht. Ich sah nichts, wie sehr ich auch meine Augen anstrengte. Jedoch mufjten die Maschinen das infrarote Leuchten wohl erkennen, denn sie trappelten genauso sicher. Wieder waren wir in flammende Tageshelle zurückgekehrt. In der Ferne erblickte ich ausgedehnte Gebäudekomplexe und, völ l ig im Widerspruch zur Lichtskala, gelbe Augen von Scheinwerfern sowie blaue Schweifjflammen.

Die Fabrik ist also doch in Betrieb, stellte ich fest. Mein Kyberteufelchen mufj sich geirrt haben.

Übrigens gingen wir nicht zu den Gebäuden, sondern bogen gleich ab und hielten vor einer abschüssigen Rampe, die zu einem Unterstand führte. Es war einer der üblichen Unterstände der Heterosonnigen, der auf luft­leeren Planeten vor Meteoriten schützte. Alles war mir vertraut. Am Ende der Rampe befand sich eine Schleuse. Ballons mit Sauerstoff, Stickstoff, Helium, Wasserstoff . . . je nachdem, welches Gas man brauchte. Hinter der Schleuse befand sich ein Gang mit Wohnzimmern. Jedes Zimmer hatte eine Badewanne und einen Ratomator, jenes wunderbare Gerät der Heterosonnigen, das die Atome in

der aufgetragenen Ordnung zusammenstellt und jede

Speise nach Programm zubereitet. Programmstreifen

hatte ich bei mir. Während ich also darauf wartete, dafj

,er' mich zu sich rief, bereitete ich mir gebratenen Specks

zu, Kardra, Juju und die Softe 17-94. Es wäre ein vergeb­

licher Versuch, erklären zu wollen, was das ist. Diese Spei­

sen wurden in Labors der Heterosonnigen von Chemikern

ersonnen, die Formeln dieser Mischungen sagen dem

Laien gar nichts. Im übrigen ist Specks etwas Salzig-Fettes,

Kardra schmeckt säuerlich-süfi, Juju riecht nach Ananas

und nach Hering, und die Softe 17"94 ist ohne Geschmack,

wie Wasser, aber sie regt einen Wolfshunger an. Und so

erregte ich in mir einen Wolfshunger, verspeiste Specks

und das andere Zeug und legte mich schlafen, da ,er' mich

noch immer nicht zu sich rief. Es war ein schwerer Tag

gewesen. Ich hatte mich in den Raum geschraubt, dann

wieder herausgeschraubt, war auf einem stählernen Schei­

tel durchgeschüttelt worden und in Gefangenschaft ge­

raten oder galt noch als Gast.

Am nächsten Morgen wachte ich nicht von allein auf.

Gäste hatten mich geweckt - ebenfalls Maschinen, jedoch

waren sie gröfter als die gestrigen und so sperrig, daft sie

nicht in mein Zimmer kriechen konnten. Sie riefen mich

zu einer Unterhaltung in einen leeren Saal, der früher

wahrscheinlich eine Sporthalle gewesen war und in dessen

Mit te sich ein trockengelegtes Bassin befand. In dieses

Bassin hatten sie sich gelegt und richteten nun ihre Foto­

augen auf mich. Auch sie besaften Beine an Kurbeln, die

an den Ohren befestigt waren, und Stirnen mit dem Kenn­

zeichen ,zweimal zwei ' . Die Stirnen der gestrigen Maschi­

nen aber waren schmal gewesen. Bei diesen hier staken

die Augen tief unter einer monumentalen Stirn, und

sie blickten mich ernst und abwägend, man könnte bei­

nahe sagen tiefsinnig an. Wahrscheinlich waren diese

Maschinen tatsächlich tiefsinnig, denn bei ihnen waren

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neben dem Karo Plättchen mit acht Nullen angeschraubt. Hunderte Millionen von Elementen - demnach mußten es hochklassige Rechenmaschinen sein.

„Er heißt dich hier willkommen", erklärten sie in einer für mich gewohnten Redegeschwindigkeit.

„Ich bin bereit, zu ihm zu gehen. Muß ich meinen Raum­anzug anlegen?"

„Er hat uns aufgetragen, daß wir uns zunächst mit dir bekannt machen."

M i r ging durch den Kopf, daß dieser ,er' nicht gerade sehr höflich war. Er hätte auch selber mit mir sprechen können und nicht durch die Vermittlung seiner Hofma­schinen. Aber ich verspürte wenig Lust, die Angelegenheit mit einem Streit zu beginnen. Ich schilderte kurz, daß ich ein Weltraumreisender sei, von einem fernen Planeten mit Namen Erde stamme, ihr Planetensystem bereise und auf dem Äarop eingekehrt sei, weil auch wir einen Kontinent Europa hätten und ich selbst dort lebte.

„Ein Forscher", vermerkte eine der drei Maschinen.

„Ein Kollege", fügte die zweite hinzu. (Mich fröstelte.)

Und die dritte fragte: „Wieviel Nullen besitzt du?"

„Zehn", erwiderte ich, dessen eingedenk, daß fünfzehn Milliarden Nervenzellen in meinem Hirn waren.

„Oh!" riefen bewundernd die drei Maschinen im Chor. Ich hätte mich dafür verbürgen können, daß Hochachtung in ihren Stimmen mitschwang. „Oh, er überragt uns um ganze zwei Ordnungen."

„Und welches Kriterium hast du?" fragte eine Maschine. „Je nachdem, wofür!" Ich zuckte mit den Schultern, da

ich die Frage nicht begriffen hatte.

„Weißt du, was gut und was schlecht ist?" Ich überlegte, daß ich ihnen wohl kaum Majakowski

zitieren konnte, und zog es vor, die Frage mit einer Gegenfrage zu beantworten: „Welches Kriterium habt ihr denn?"

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Hierauf stellten sich alle drei wie bei einer Parade in Reih und Glied, hoben die linke Vorderpranke senkrecht in die Höhe und begannen feierlich und laut zu sprechen: „Zweimal zwei ist vier. Axiome sind unumstößlich. Nur er weiß alles." (Im Chor.)

„Wissen ist gut." (Erste Maschine.)

„Erkennen ist besser." (Zweite.)

„Das beste ist. Unbekanntes zu erkennen." (Dritte.)

„Sich erinnern ist gut. Sich merken ist besser. Am be­sten ist, wenn man sich Unbekanntes merkt."

„Vergessen ist schlecht!" (Im Chor.)

Dann erneut: „Nur der Allesberechnende gibt Axiome."

„Rechnen ist gut. Gleichungen lösen ist besser. Das Auf­stellen von Algorithmen ist am besten."

»Irren ist schlecht!"

Es gab da noch einige Punkte über das Lesen, über das Durchführen von Versuchen, über das Beobachten, aber ich habe sie schon vergessen (vergessen ist schlecht!). Die Deklamation endete wie folgt:

„Wer gut handelt, bekommt zusätzlich Nullen."

„Wer schlecht handelt, wird auseinandermontiert." „Drei ist mehr als zwei. Zweimal zwei ist vier."

„Nun, dieses Kriterium sagt mir zu", versetzte ich her­ablassend. „In der Tat, zweimal zwei ist vier, wissen ist gut, nicht wissen schlecht. Dem kann ich zustimmen."

Doch nun wurde mir die nächste Frage dieser tücki­schen Untersuchung gestellt: „Und welchen Buchstaben führen Euer zehnnullige Exzellenz?"

„Ich habe keine Buchstaben, stehe über den Buchstaben."

„Jeder Spezialist muß einen Buchstaben haben. Ich zum Beispiel bin ein achtnulliger Kyberforscher , A ' , ein Astro­nom. ,B' ist ein achtnulliger Biologe, und dies ist ein acht­nulliger ,C - er ist Chemiker und Physiker."

„Dann bin ich eben ABC und noch vieles mehr. Ich bin Weltraumreisender; das ist ein komplexer Beruf, der

и

A noch anderes Astronomie. Biologie. Chemie, Physik und

einschließt." aestellt? Warum nur hatte ich mich so unbescheiden vorg

Die Hochachtung der Maschinen hatte mir den Kopt dreht. „Euer zehnnullige Exzellenz!" Ich hatte mich tat­sächlich wie eine Exzellenz aufgeführt. So folgte die Strafe auf dem Fuße.

Der achtnullige A ging als erster zum Angriff über: „Welche Planeten sind Ihnen in unserem System bekannt?"

Ich versuchte mich zu erinnern: „Ti, Tiu, Tjalalli, Tschatschatscha, Tschauf, Tschbebe, Tschbusi, Tschge-degda . . . Äai , Äaju, Äalingling, Äarop - dies ist euer Planet. .. Außerdem noch Äadana (die Metropole unter diesen Planeten, jener, von dem ich komme) . . . "

„Nein, ich wil l das ordnungsgemäß wissen. Im Quadrat A - l zum Beispiel kennen wir", schnatterte A los, .27 Sterne. Der Stern Chmeas . . . hat die und die Koordina­ten, hat soundso viele Planeten, die Umlaufbahnen besit­zen folgende Diameter, die und die Exzentrizitäten. . ." Nachdem A seine Kenntnisse über die siebenundzwanzig Planetensysteme herausgebelfert hatte, hielt er inne: „Haben Euer zehnnullige Exzellenz dem etwas hinzuzu­fügen ..."?"

„Im allgemeinen nichts. Ich . . . hm, ich bin ein Neuling

hier. Ich habe sie nicht so eingehend studiert . . ."

Nun fiel C, der Chemiker, über mich her. „Die Atome

sind auf allen Planeten gleich. Wieviel Atomtypen kennen

Euer zehnnullige ..."?"

Hundertvier Elemente waren bekannt, als ich die Erde

verließ. Ich versuchte sie aufzuzählen: Wasserstoff, He­

lium, Lithium, Beryllium, Bor, Kohlenstoff, Stickstoff,

Sauerstoff, Fluor, Neon, Natrium, Magnesium, Alumi­

nium . . . Ich kam glücklich bis zum Skandium.

„Und die Isotopen?" wollte der pedantische С wissen und schüttete daraufhin seinen Schatz an Kenntnissen

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aus: .Skandium. Ordnungszahl 21. Kernladung 21. Atom­gewicht des stabilen Isotops 45, im Kern 21 Protonen und 24 Neutronen. Instabile Isotope 41, 43 und 44. Bei allen erfolgt Betazerfall unter Emission von Positronen. 46, 47, 48 und 49 haben Betazerfall bei Emission des negativen Elektrons. Bei dem Isotop 43 beobachtet man den K-Ein­fang eines Elektrons aus der inneren Schale. Die Zerfalls-halbwertzeiten betragen bei dem Isotop 41-0,87 Sekun­den .. ." Und er schloß mit der sakramentalen Wendung: .Was können Sie dem hinzufügen?"

Ich schwieg. Nichts konnte ich hinzufügen.

Da trat В auf den Plan, um mir den Rest zu geben. .Aber

sich selbst kennen Euer zehnnullige Exzellenz doch aus­

gezeichnet? Was können Sie uns über die Zusammenset­zung Ihres Körpers mitteilen?"

.Sehr viel", sagte ich selbstbewußt. .Me in Körper be­steht im wesentlichen aus verschiedenen Kohlenstoffver­bindungen im Zustand einer Wasserlösung. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Kohlehydrate, die Fette, eine noch wichtigere die Eiweiße, deren Aufbau auf Nukleinsäuren geprägt ist. Eiweiße sind riesige Moleküle in Form von Fäden, die zu Knöllchen verflochten oder geronnen sind. Sie alle bestehen aus Aminosäuren . . . "

.Aus welchen?" Ich schwieg. Ich hatte keine Ahnung.

.Gehören zu Ihren Eiweißstoffen etwa Alanin, Arginin, Aspargin, Valin, Histidin, Glyzin, Glutamin, Isoleizin, Leizin, Lysin . . . ? " Er zählte noch eine Menge . . . ine auf.

.Davon habe ich keine Ahnung."

Ohne sich zu genieren und ohne mich weiter zehnnul­lige Exzellenz zu betiteln, redeten sie offen über mich, etwa so, wie ich über einen Versuchshund gesprochen hätte.

.Er weiß weniger als wir. Vielleicht ist er überhaupt kein Zehnnulliger? Man müßte sein Gehäuse aufdecken, um die Blöcke nachzuzählen", schlug A vor.

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„Das Signaltempo ist bei ihm langsamer als bei uns , bemerkte C. „Er braucht für jede Aufzählung viel mehr Elemente."

В versetzte mir den Gnadenstoß: „Sie, die Organoge-nen, haben einen komplizierten Mechanismus mit innerer Selbstregulierung und Selbstinstandsetzung. Fast alle Ele­mente sind mit dieser Eigenreparatur, dieser Aufrechter­haltung der Existenz, belastet. Kaum der tausendste Teil befaßt sich mit dem Erkennen der Welt."

„Das bedeutet, daß er praktisch ein Siebenmaliger ist!" „Wenn man die Signalgeschwindigkeit berücksichtigt,

so ist er ein Fünf nulliger!" „Er steht unter uns. Jawohl, weitunter uns!!!" „Wir müssen unverzüglich Bericht erstatten!" Bei allen drei tauchten schalenförmige Antennen über

dem Kopf auf, die sich ungefähr so aufrichteten, wie wenn eine erschreckte Katze ihre Ohren spitzt.

В verkündete über den ganzen Planeten von meiner Schande: „Das aus dem Kosmos zu uns gelangte Objekt hat sich als ein organogener Roboter erwiesen. Er gab sich für einen universalen Zehnnuller aus, doch stellte sich bei der Überprüfung heraus, daß er langsam rechnet, daß seine Kenntnisse oberflächlich und minderwertig sind. Er ist kein Spezialist, kennt nicht einmal seinen eigenen Bau genau und bedarf einer sorgfältigen Erforschung durch qualifizierte Maschinen unseres Planeten."

Ich war so beschämt und so niedergeschlagen, daß ich nicht die Kraft fand, mich zu widersetzen, und auf der Stelle für das Labor drei Tropfen von meinem geheimnis­vollen Blut abgab, das von Alanin, Arginin, Aspargin und weiß der Teufel wovon sonst noch getrübt war.

Zum Lernen ist es nie zu spät, und so verbrachte ich die folgenden Tage in gutem Einvernehmen mit dem wissens­durstigen А, В und C. Auch ich zeigte mich neugierig und

erfuhr infolgedessen eine Menge Wissenswertes über

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Himmelskörper, Eiweifjstoffe und Isotope. Ich wil l hier nicht davon berichten, denn das ist nur für Fachleute von Belang: Koordinaten, Formeln, Energiezustände, alles mit genauen Zahlenangaben. Obendrein führten wir einige unterhaltsame Ausflüge durch. A zeigte mir das astronomische Observatorium mit seinem phantastischen kilometerlangen Vakuumteleskop. (Die Heterosonnigen stellen ihre Linsen nicht aus durchsichtigen Stoffen her, sondern aus gespanntem Vakuum, das die Strahlen eben­so krümmt wie die Sonne den Lichtstrahl, der in ihrer Nähe vorbeifliegt.) В führte mir ein Elektronenmikroskop von der Gröfje des schiefen Turms zu Pisa vor. С fuhr mit mir im Chemie- und Physikstädtchen umher, das von einem Synchrophasotron von neun Kilometer Durchmes­ser wie von einer Festungsmauer umgeben war. Und alle drei zusammen zeigten mir die Fabrik, die ich am Tage meiner Ankunft von weitem gesehen hatte: einen gigan­tischen Bau, aus dem blaue Flammen loderten. Es war, wie sich herausstellte, die Wiege , aus der die sechs-, sie­ben- und achtnulligen А, В, C, D, E, F, G und die restlichen Buchstaben des Alphabets massenweise vom Fließband

liefen. Einen amüsanten Anblick boten die Halbfabrikate auf den Werkplätzen: die Beinglieder, die Regale mit den Ohren, die Stapel 4pr Augen, die kantigen Schädel, die noch leer waren - ohne Gedächtnis, und getrennt davon die Gedächtnisblöcke. Und nebenan, hinter einer Mauer, machten nagelneue blankpolierte Achtnuller die grund­legende Programmierung durch. M i t ungeschliffenen, ab­gehackten Stimmen lärmten sie durcheinander: „Er ist allwissend. Er ist allgegenwärtig. Er ist allmächtig. Er gibt Axiome. Zweimal zwei ist vier. Wissen ist gut, er­kennen ist besser . . . Sich merken ist gut, vergessen ist schlecht.. ."

Und überall Maschinen - ohne Zahl! Maschinen am Teleskop, Maschinen am Mikroskop, Maschinen, die an-

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dere Maschinen in der Fabrik herstellten. Nicht ein leben­der Mensch (falls man die Heterosonnigen als Menschen bezeichnen kann). Maschinen führten Forschungen durch. Für wen, wozu? Wissen ist gut, erkennen ist besser! Das war ein Axiom. Wer gab die Axiome? Er!

„Wer ist .er'?" wollte ich wissen.

„Der Allgegenwärtige! Der Allmächtige! Er, der Axiome ausgibt!"

„Er ist ein materialisiertes Axiom", sagte B. Eine inter­essante Bekundung von Idealismus im Maschinenbewußt-sein.

„Woher kommt ,er'?"

„Er war immer. Er hat die Wel t und die Axiome ge­schaffen. Er hat uns erschaffen nach seinem Ebenbild."

Hier mufjte ich nun doch lachen. Dieser naive Eigen­dünkel der gläubigen Maschinen! Wennschon einen Gott, dann unbedingt einen nach ihrem Ebenbild.

„Habt ihr ihn mit euren Fotoelementen gesehen?"

„Er ist für einfache Achtnullige unfaßbar. Er ist uner­meßlich. Er ist unüberschaubar. Er ist unendlich."

Diese wilden Übertreibungen entfachten meine Neu­gier. Wer ist bloß dieser geheimnisvolle ,er'? rätselte ich. Ein Maniker mit verletztem Selbstgefühl, der sein Ver­gnügen daran hat, von den Maschinen angebetet zu wer­den. Ein Wissenschaftsfanatiker, der in der praktischen Wel t nichts sieht und der sich von seiner Forschung um der Forschung willen leiten läßt? Oder ist er ein Wahn­witziger, dessen wirres Lallen durch maschinelle Logik in Axiome umgewandelt wurde?

Doch es war unnütz, mit den Maschinen zu streiten. Außer ihrem Fachgebiet sahen meine gelehrten Freunde nichts, und sie akzeptierten unkritisch die unsinnigsten Vorstellungen. Übrigens unterliefen ihnen, wie ich bald feststellen konnte, auch in ihrem Fachgebiet Ungereimt­heiten, sobald sie nur die eigene Sphäre überschritten.

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Ich erzählte dem achtnulligen A von der Erde. Und ich tat es mit der Begeisterung und dem Feuer eines ver­liebten Jünglings. Ich sprach von den Farben, von den sieben Farben des Regenbogens, von Türkis und von Azurblau, von Zitronengelb und von sämtlichen Schattie­rungen des Grün, von alldem, was die Äaropäer auf ihrem einfarbigen Planeten nicht zu sehen bekamen, ich sprach von der Brise und vom Sturm, von dem Duft feuchter Erde und von dem Weingeruch überreifer Erdbeeren, von der Zartheit der Vergißmeinnicht und von den selbstbewußten rundlichen Rotkappen mit ihren rotbraunen Mützen. Ich redete . . . und plötzlich vernahm ich ein zischendes Ge­räusch. A war dabei, meine Worte aus seinem Maschinen­gedächtnis zu löschen.

„ A , was ist?"

„Unglaubwürdiges aufzubewahren ist schlecht. Du kannst das alles ja gar nicht auf einem Planeten gesehen haben, der siebentausend Parsek von hier entfernt ist."

Und er führte eine Berechnung an, aus der hervorging, daß selbst mit einem Teleskop von der Größe des Plane­ten Äarop Erdbeeren und Rotkappen nicht auf eine solche Entfernung erkannt werden können.

„Aber ich bin da gewesen. Ich habe ja gar nicht durch ein Fernrohr geschaut."

„Ferne Himmelskörper studiert man durch ein Tele­skop", sagte A. „Das ist ein Axiom in der Astronomie. Warum streitest du mit mir, du bist doch kein Astronom?"

„Aber ich bin von dort gekommen."

„Man kann nicht in einem halben Jahr zwanzigtausend Lichtjahre durchfliegen. Die Lichtgeschwindigkeit ist die äußerste Geschwindigkeit. Das ist ein Axiom."

Eine Stunde später führte ich ein ähnliches Gespräch mit dem Chemiker C. „Es kann keine Meere geben", sagte er. „Flüssigkeit verdampft aus offenen Gefäßen. Ihr habt doch kein Dach über dem Meer."

2 Achtnulligen 17

Ich versuchte zu erläutern, dafi Flüssigkeit nur auf den Planeten restlos verdampfe, die keine Atmosphäre be­säßen, und erzählte von Luftfeuchtigkeit und Tautropfen.

С unterbrach mich: „Das alles sind Ungenauigkeiten.

Du kennst nicht die Zusammensetzung des Wassers und

denkst dir allerlei Weisheiten aus. Warum streitest du mit

mir. Du bist doch kein Chemiker und kein Physiker."

Der achtnullige В aber übertrumpfte die beiden noch.

Die Sache war die, daß ich mich etwas erkältet hatte, während ich mich so vom frühen Morgen bis in die tiefe Nacht in der ungeheizten Sporthalle unterhielt. Ich hatte mich erkältet und ich nieste. Als die Achtnulligen die un­verständlichen Laute hörten, fragten sie, was ich mit diesen eigenartigen, durch die Nase geäußerten Worten gemeint hätte.

„Ich bin krank", sagte ich. „Ich habe einen Schaden. Mein Organismus hat eine Verstimmung."

В sah seine Eintragungen über die Analysen meines Blutes durch und verkündete: „Stimmt. Die heutige Unter­suchung weist auf einen erhöhten Gehalt an karboxylem Radikal im Blut hin. Ich werde sofort eine Filtrieranlage anfordern, wir lassen das Blut aus dir heraus, sondern das Radikal ab . . . "

„Dann ziehe ich schon ein Glas LA-29 vor (ein Medika­ment der Heterosonnigen, das in seiner Wirkung an Wodka und Pfeffer erinnert). Ich trinke es gleich, lege mich hin und decke mich etwas wärmer zu . . . "

„Streite dich nicht mit einem Spezialisten", erklärte В hochmütig. „Du bist kein Biologe . . . "

Hier aber zahlte ich es ihnen heim. Ich rechnete ab für alle Erniedrigungen, die ich hatte hinnehmen müssen:

„Ihr gußeisernen Stirnen, ihr leblos angeschweißten Hirne, ihr mit Fehlern bedruckten Schemata, ihr Nasen­losen, die ihr nie ein Niesen vernommen habt, ihr gran­diosen Spezialisten und Achtmalklugen, ihr engstirnigen

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wandelnden Zahngeschwüre - mafjt euch nicht an, mit einem Menschen über den Menschen zu streiten. Mensch - das klingt stolz, Mensch - das ist etwas Kompliziertes, das ist erhabene Unbestimmtheit, die sich keiner Berech­nung fügt. Das ist das Unbekannte. Um aber Unbekanntes begreifen zu können, mufj man überlegen. Überlegen! Euch hat man nur rechnen gelehrt: zweimal zwei ist vier!"

Zu meiner Verwunderung hörten mich die Maschinen friedlich an, ohne mir ins Wort zu fallen. Und der wiß­begierigste der drei, der achtnullige A (ich erfuhr später, daß seine Gedächtnisblöcke zumeist leer waren), sagte höflich: „Wissen ist gut, erkennen ist besser. Wir wissen nicht, was .überlegen' bedeutet. Gib uns den Algorithmus des Überlegens."

Ich versprach, über ihn nachzudenken und ihn zu for­mulieren. Und so saß ich die ganze Nacht hindurch und schrieb, erwärmt von einem heißen Trunk, von Fieber und von Begeisterung, Wahrheiten nieder, die auf der Erde jedem Studenten im ersten Studienjahr vertraut sind, die aber den hochgelahrten Eisenkisten mit dem achtnulligen Gedächtnis gänzlich unbekannt waren.

Der Algorithmus des Überlegens

1. In der Mathematik ist zweimal zwei vier, aber in der Natur geht es nicht immer so einfach zu. In der unend­lichen Natur gibt es keine absolut gleichen Gegenstände und keine absolut gleichen Wiederholungen. Zwei Ehe­paare - das sind vier Menschen, es sind aber nicht vier Soldaten. Zwei Mädchen und zwei Greisinnen sind vier Frauen, jedoch nicht vier Tänzerinnen. Und drei ist nicht immer mehr als zwei : Zwei Schriftkundige sind belesener als drei Ignoranten, zwei tapfere Männer sind imstande, drei Feiglinge zu verjagen. Deshalb muß man, bevor man

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zwei mit zwei multipliziert, zunächst überprüfen, ob zwei Gegenstände als gleich und als zweimal identisch gelten können. Wenn Unbekanntes berechnet wird, sind ein­wandfreie Berechnungen mit Hilfe von Logarithmen nicht glaubwürdiger als Wahrsagerei aus Kaffeesatz.

2. Selbst wenn der zweite Schritt nicht vom ersten und der hundertste, der tausendste und der millionste nicht vom zweiten zu unterscheiden ist, darf nicht behauptet werden, daß der millionunderste Schritt auch so sein wird! Unser W e g führt über Festland, irgendwo jedoch stößt er ans Meer , und wir werden Wasser schlucken müssen, wenn wir hartnäckig weiter vorwärts gehen wollen. Es gibt Formeln für Fußgänger, und es gibt Formeln für See­fahrer. Die Berechnungsmethode muß man rechtzeitig wechseln. Und man darf nicht vergessen, daß Planeten kugelförmig sind: Wer sich nach Osten entfernt, kommt schließlich von Westen wieder.

3. Die Welt ist unendlich, aber der Horizont ist immer begrenzt. Wi r kennen nur einen winzigen Teil der Welt, der uns unermeßlich vorkommt, der im Vergleich mit der Unendlichkeit aber geringfügig ist. Wi r beobachten unsere Umgebung und halten die Schlußfolgerungen aus unseren Beobachtungen für Gesetze der Natur. Indes, die Gesetze Frankreichs enden an der französischen Grenze, die Gesetze des Festlands am Meeresstrand. Wer sich nach Osten entfernt, kommt von Westen wieder. ,So' verwan­delt sich anderswo in ,anders' und noch,anderswo' in,um­gekehrt'. Und das, was uns in unserem Gesichtskreis als Axiom erscheint, ist im Grunde nur eine Regel von lokaler, zeitlicher Bedeutung, die irgendwo hinter dem Horizont ihre Geltung verliert.

4. Die Welt ist unendlich mannigfaltig, und es gibt keine einheitlichen Methoden, sie zu betrachten und zu studieren. Drei Kilometer gehe ich lieber zu Fuß, dreißig lege ich im Auto zurück, dreihundert mit der Bahn, drei-

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tausend im Flugzeug, für dreihunderttausend baue ich eine Rakete, für dreihundert Millionen eine Rakete mit Kernantrieb, für dreihundert Trillionen eine Photonen­rakete. Für einen Flug hierher, in dieses Planetensystem; ist eine Photonenrakete ungeeignet, dazu war die Inter-grammierung der Heterosonnigen notwendig. Raketen­experten, die keine Ahnung von der Intergrammierung haben, erliegen auch stets der Versuchung zu behaupten, daß Flüge in ein anderes Planetensystem unmöglich seien.

Einen Floh betrachte ich durch die Lupe, eine Bakterie durch ein Mikroskop. Das Mikroskop hat seine Grenze -die Länge der Lichtwelle. Um tiefer zu dringen, benutze ich ein Elektronenmikroskop, weil Elektronenwellen kürzer sind als Lichtwellen. Zur Untersuchung von Elek­tronen jedoch ist ein Elektronenmikroskop grundsätzlich ungeeignet. Und die Elektronenfachleute erliegen stets der Versuchung zu behaupten, ein Elektron sei unteilbar und sogar nicht erkennbar. Dabei wissen wir sehr gut, daß das nicht stimmt.

Die Welt ist unendlich mannigfaltig. Wir kennen immer nur einen Teil davon und irgend etwas kennen wir nicht. Ist das Unbekannte unwesentlich, dann können wir Vor­aussetzungen und Berechnungen mit hinreichendem Erfolg treffen. Spielt das Unbekannte jedoch eine wesent­liche Rolle, platzen die Berechnungen wie Seifenblasen. Auch die Rechenexperten erliegen immer wieder der Ver­suchung zu verkünden, daß die Wissenschaft ihre Poten­zen erschöpft habe und daß alles übrige unbestimmt, un­erkennbar und unüberwindlich sei. Offenbar ist das Ge­ständnis peinlich, daß man nicht zu heilen vermag, und es ist angenehmer, eine Krankheit für unheilbar zu erklären. Es ist peinlich, sagen zu müsen, man sei in eine Sackgasse geraten, angenehmer ist die Behauptung, daß es weiter nichts gebe. Es gibt jedoch immer noch etwas. Für den Verstand bestehen keine Grenzen der Erkenntnis.

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Ich schrieb diese Binsenwahrheiten die ganze Nacht und las sie am frühen Morgen, aufgeregt wie eine angehende Dichterin, meinen drei eisenstirnigen Zuhörern vor, im Innersten hoffend, daß ich mich in ihren fotoelektro­nischen Augen rehabilitieren könnte und von ihnen Worte des Erstaunens und der Begeisterung hören würde . . .

Statt dessen vernahm ich . . . das zischende Geräusch. А, В und С hatten - alle drei zugleich - beschlossen, meine

Worte aus ihrem Gedächtnis zu wischen.

„Was ist los? Warum? Woll t ihr nicht überlegen?"

„Dein Algorithmus ist unrichtig", sagte A. „Wenn zwei­mal zwei nicht vier ist, dann sind alle unsere Berech­nungen falsch. Du untergräbst den Glauben an die Mathe­matik. Du bist ein Feind der Wissenschaft."

„Wenn Axiome keine Axiome sind, sind alle unsere Forschungen falsch. Du untergräbst den Glauben an die Gelehrten. Du bist ein Feind der Arbeit", fügte В hinzu.

„Axiome gibt uns das Allwissende Axiom", vollendete

C. „Wäre die Welt unendlich, dann könnte es nicht alles wissen. Du bist ein Verleumder, du bist ein Feind des Axioms."

„Feind! Feind! Feind!!!" Sie erhoben drohend ihre Pranken, und ich, der neu­

erschienene Prophet, mufjte hinter die Tür retirieren, die für die Achtnulligen zu eng war.

An diesem Tage fühlte ich, dafj ich dieses Planeten «Zweimal zwei ' überdrüssig geworden war. Ich war krank und wütend, meine Augen waren ermüdet von der Ein­farbigkeit, von dem himbeerroten Morgengrauen und den purpurnen Abenden. Ich sehnte mich nach der Erde, nach der grünblauen, liebenswerten, heimischen, menschlichen Erde, auf deren Strafjen keine gußeisernen Kästen mit Nullen an Stirnen lustwandelten. Ich teilte also meinen unfreundlichen Freunden mit, daß ich gewillt sei, den Äarop zu verlassen. Wenn mich ihr Axiom kennenlernen

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wolle, dann möge es die Audienz beginnen, wenn nicht, dann solle es eben in der angenehmen Gesellschaft wandernder Kommoden glücklich bleiben.

А, В und С richteten unverzüglich ihre Radioohren in die Höhe, und nach einer Minute vernahm ich schon die Antwort: „Der Allgegenwärtige verlangt, daß du so lange bleibst, bis wir dich erforscht haben. Du bist der einzige Mensch, der unseren Planeten aufgesucht hat, und bist durch niemanden zu ersetzen. Wi r haben nämlich kein eigenes Bioleben. Sämtliche В studieren die Exponate, die in Raketen zu uns gelangen."

„Und wieviel Zeit braucht ihr für dieses Studium?"

„Wir müssen die Koordinaten der Zellen, den genauen Aufbau der grundlegenden Spielarten sowie die Formeln der Eiweiße und der Nukleinsäuren notieren. Insgesamt sind es rund dreihundert Trillionen Zeichen im Dual­system. Wenn man pausenlos tausend Zeichen in der Sekunde aufschriebe, müßte diese Arbeit in dreihundert Milliarden Sekunden zu schaffen sein."

„Dreihundert Milliarden Sekunden?" schrie ich. „Zehn­tausend Jahre? Aber ich lebe doch nicht so lange."

„Woher weißt du, wie lange du leben wirst? Nach welcher Formel berechnest du die Zukunft?"

„Woher? Woher! Ich weiß, wie lange Menschen leben. Ich altere bereits, ich habe graue Schläfen. Euch Antennen­köpfen ist das unbegreiflich? Ich unterliege einem Zer­fallsprozeß, ich werde schlecht. In zwölf Jahren, wenn nicht früher, bin ich endgültig verdorben."

„Wir werden dich vor dem Verderben bewahren", er­klärte В selbstbewußt. „Wir werden eine Konferenz der besten Biologen einberufen und beraten, wie wir dir eine Generalüberholung zukommen lassen können."

Etwas gab es auf dem Planeten der Axiome nun wirk­lich nicht - den Amtsschimmel. Drei Stunden später wurde in dem leeren Bassin bereits ein Konsilium der B-

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Maschinen abgehalten. Zwei Dutzend Achtnullige aller Fachrichtungen hatten sich da hineingedrängt. Sogar neunnullige Riesen kamen angekrochen, aber sie konnten sich nicht durch die Schleuse zwängen und mußten die sperrigen Hirne draußen lassen; sie schickten zur Konfe­renz nur ihre Gesichter mit Augen und Ohren, die durch Kabel mit dem Körper verbunden waren.

Mein Freund В mit seinen acht Nullen stellte die Krank­

heitsgeschichte folgendermaßen dar: „Wir haben hier einen primitiven altertümlichen organogenen Mechanis­mus mit kleinzelligem Aufbau vor uns. Die automatische Überholung vollzieht sich bei ihm im Bereich einzelner Zellen, und es gibt keine Möglichkeit, das Aggregat aus­einanderzunehmen und defekte Blöcke auszuwechseln. Wie das Objekt selbst behauptet, dient die Farbe der nutzlosen Fäden an seiner Außenhaut dazu, den Al lge­meinzustand des Mechanismus anzuzeigen. Diese Fäden werden weiß, wenn sich der gesamte Mechanismus abge­nutzt hat. Die Aufgabe besteht nun darin, das Aggregat gründlich zu überholen, ohne die Einzelteile zur Durch­sicht herauszunehmen."

Minutenlang herrschte Verwirrung. Die Gesichter der Neunnulligen betrachteten mich von allen Seiten, und natürlich verwickelten sich dabei ihre Kabel. Die Acht­nulligen entwirrten ehrfurchtsvoll ihre Vorgesetzten, deren Hälse sich zu Knoten verschnürt hatten.

Als erster ergriff der neunnullige Ba, ein Bioatmo-sphäriker, das Wort, dem Äußeren nach eine nagelneue Maschine mit einem spiegelblanken, gewissermaßen kahlen Schädel.

„Das untersuchte unvollkommene Aggregat", erklärte er, „befindet sich im Unterschied zu uns, die wir in ein­wandfreiem Zustand vom Fließband kommen, in einer beständigen Wechselwirkung mit seiner Umwelt und ist von ihr völl ig abhängig. Dabei sind die Gase, die es alle

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drei bis vier Sekunden durch die Öffnungen in seinem Kopfblock einsaugt, wichtiger als alles andere, und Sauerstoff ist das wichtigste der Gase. Aber der Sauer­stoff dient der Stoffverbrennung, und bei reichlicher Sauerstoffzufuhr wird die Verbrennung beschleunigt. Wenn wir wollen, dafj das Aggregat nicht in zwanzig, sondern erst in zwanzigtausend Jahren verglüht, mufj die Sauerstoffkonzentration um das Tausendfache verringert werden, und der Lebensprozeß wird sich in den ge­forderten Grenzen verlangsamen."

»Umwelt ist Unfug!" brüllte ein anderer Neunnulliger, Bp, ein Bioprogrammierer. „Das Aggregat hat ein Pro­gramm, das auf phosphorsauren Ketten mit Fortsätzen kodiert ist. Dort ist alles eingetragen: die Farbe der Kopf­fäden, die Form der Nase, die Größe, die Länge der Beine, und ganz bestimmt ist dort auch die Lebensdauer festge­halten. Diese Fixierung des Todes muß herausgefunden und in allen Zellen ausgewechselt werden."

Bc, ein Biochemiker, äußerte seine Meinung: „Das Aggregat benötigt nicht nur Sauerstoff, sondern auch Nährstoffe und Katalysatoren. Sie alle gelangen über elastische Röhrchen von verschiedenem Durchmesser in die Zellen. M i t den Jahren bedecken sich diese Röhrchen mit einem Satz von schlecht lösbaren Kalziumsalzen. Ich empfehle, sie mit starker Salzsäure durchzuspülen, dann wird die Nährstoffzufuhr wieder in Gang kommen."

Bk, der Biokybernetiker: „Für derartige komplizierte Systeme wie das untersuchte Aggregat ist der Leitungs­block von entscheidender Bedeutung. Es wurde fest­gestellt, daß sich dieser Block, den das Aggregat als ,Gehirn' bezeichnet, periodisch für acht Stunden ab­schaltet, und in dieser Zeit befindet sich das gesamte System in unbeweglichem, untätigem Zustand. Es wurde beobachtet, daß sich die Dauer der Untätigkeit zur Dauer der Tätigkeit wie eins zu zwei verhält. Um die Existenz

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des Aggregats tausendfach zu verlängern, mufi dieses Ver­hältnis tausendmal vergrößert und auf 500:1 gebracht werden, das heißt, daß das Aggregat täglich nur für drei Minuten geweckt werden darf; die übrige Zeit muß es im Zustand des sogenannten .Schlafs' gehalten werden."

Bt, der Biototalist (ich würde ihn als Psychologen be­zeichnen) : .Solche komplizierten Systeme müssen als Gan­zes gesehen werden. Es wurde festgestellt, daß das Aggre­gat im Zustand interessanter Tätigkeit am besten funktio­niert. Als das Aggregat die interessante Aufgabe erhielt, den Algorithmus der Überlegung aufzustellen, brachte es trotz seiner Unpäßlichkeit die ganze Nacht ohne den so­genannten Schlaf zu und fühlte sich am nächsten Morgen ausgezeichnet. Offensichtlich ist für das Aggregat die Tätigkeit einer Erholung vorzuziehen. Ich schlage des­halb vor, für jede Nacht spannende Aufgaben auszuwäh­len, dann wird es keine Zeit haben, an Verfall zu denken."

Die Rezepte widersprachen einander offenkundig, und meine üeilsbringer gerieten in einen grimmigen Streit. Die Neunnuller verknoteten sich wieder, während sie ein­ander wütend mit den Köpfen stießen. Ich betrachtete diese Rauferei gleichgültig. M i r war es einerlei, ob ich durch Ersticken, durch Salzsäure, durch Erschöpfung oder durch Schlafmittel starb.

.Ich bin ein kompliziertes Wesen", redete ich meinen Ärzten zu, bemüht, sie zu überzeugen. „Man kann mich nicht ändern, wenn man nur an einem Faden zieht."

Im Nu waren sich die Streithähne einig und fielen über mich her: „Wie kannst du es wagen, gar den Neunnulligen zu widersprechen? Du bist doch kein Biologe."

Tags darauf erfuhr ich von meinem ständigen Kurator B, daß die Maschinen zu keinem Einvernehmen gelangt waren und daher den Beschluß gefaßt hatten, die Versuche an mir nacheinander in alphabetischer Reihenfolge durch­zuführen. Als erster war Ba dran, dem somit Gelegenheit

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geboten wurde, mich zu ersticken. Meine Lage war hoff­nungslos . . . so kündigte ich einen Hungerstreik an. Ich sagte, ich würde mich selbst umbringen, wenn sie mich nicht zum Axiom vorließen. Was immer es auch sein mochte, meinetwegen sogar ein in sich verliebter Mani-ker, immerhin war er ein lebendes Wesen und würde ein­sehen, daß ich doch wenigstens atmen mußte.

Nur die ersten vierundzwanzig Stunden bereiteten mir keine große Pein. Ich stellte Berechnungen an, gab mich Erinnerungen hin und machte mir Notizen. Zur Mittags­zeit meldete sich der Hunger, aber ich ertrug auch das, und anstelle des Abendbrots legte ich mich früher schla­fen. Doch am nächsten Morgen wachte ich vor Hunger mit schneidenden Schmerzen im Magen auf und war nicht mehr fähig, zu rechnen oder mir Notizen zu machen. Die folgenden Tage brachte ich in einem erbitterten Kampf mit meiner Phantasie zu.

Die Phantasie malte mir gedeckte Tische, Schaufenster und Theken, Restaurants und Imbißstuben in allen Einzel­heiten aus. Ich hatte gar nicht gewußt, daß mein Gedächt­nis so viele gastronomischeJBilder aufbewahrte. Ich deckte in Gedanken den Tisch mit der Sorgfalt eines erfahrenen Obers, stellte Servietten auf, scharf und spitz, wie die Ohren eines Schäferhundes, verteilte Eß- und Teelöffel, schnitt löchrigen Käse und zart-durchsichtigen Schinken in feine Scheiben, ordnete roten Kaviar auf Schalchern Und dann, die Delikatessen verschmähend, biß ich gierig in die knusprige, mohnbestreute Kruste des Weißbrots. Spä­ter deckte ich den Mittagstisch . . . Auch zum Abendbrot stellte ich Servietten auf, teilte aus, schnitt. .. und ich brach Brot ab, stopfte mir damit den Mund voll , schluckte und würgte daran . . . Unmöglich!

Drei Tage lang quälten mich diese Visionen. Dann hatte sich der Magen der Speisen entwöhnt, das Hirn fügte sich in die Niederlage und hörte auf, mich zu erre-

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gen. Gleichgültigkeit und träge Ergebenheit folgten. Ver­spielt ist eben verspielt. Irgendwann muß der Mensch ja sterben. Ich döste, ohne zu denken.

Am fünften Tag hatten die Eisenstirnen begriffen, was für mich ein Hungerstreik bedeutete; sie meldeten den Vorgesetzten den Vorgang und teilten mit, dafj der, der die Axiome verkünde, bereit sei, mich zu empfangen.

Schon reite ich auf dem flachen Scheitel meines Freun­des B, mich an seinen Antennenohren festhaltend, zum Palast des Gottes der Rechenmaschinen. Die himbeerrote Sonne Äa legt meinen W e g mit rotem Kattun aus, Rubin­funken fliegen aus jeder Pfütze auf. Links bleibt die Ge­burtsfabrik mit den langen Kolonnen von Beinen und Armen zurück, die mich, den Gast des Kaisers von Kyber-netien, grüßen. Wi r streben über den glatten W e g auf ein niedriges Gebäude mit einer Unmenge von Türen zu, das an das Lagerhaus einer Bahnstation erinnert. Und zu all diesen Türen streben Maschinen, flinke Siebennuller, aber auch die solideren Achtnulligen, beladen mit der Bürde des Wissens, und mühselig schleppen sich auch die höchst ehrbaren Neun- und Zehnnullenschaften dorthin, die Blöcke mit ihrem greisenhaften Gedächtnis hinter sich herziehend.

Der Sinn dieser Pilgerschaft wurde mir in der Vorhalle des Palais klar, wo ich zwei geschlagene Stunden in Er­wartung der Audienz zubrachte. (Der Allmächtige konnte mich ja nicht empfangen, ohne mir zuvor Achtung für seine Arbeitsüberlastung eingeflößt zu haben.) Es stellte sich heraus, daß die Maschinen zur Rechenschaftslegung über ihre Tätigkeit ins Palais kamen, wo sie das erwor­bene Wissen ablieferten. Das geschah in der einfachsten Weise: Die Wände hatten Steckdosen, in die hinein die wetteifernden Maschinen ihre Kontakte steckten, offen­bar, um ihre Blöcke zur Abschrift zu überlassen; es summte, zirpte, und über der Steckdose erschien eine Zahl

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mit einer Bewertung, gewöhnlich 60-70. Das war wohl der Prozentsatz der Neuartigkeit und Tauglichkeit der er­worbenen Kenntnisse. Die Fleißigen erhielten einen neuen Block für eine Mil l ion Zellen, fügten ihn im Rücken an und reisten ab, freudig rufend:„Nur ,er' weiß alles. Wissen ist gut, erkennen ist besser . . . Zweimal zwei ist vier!" Am gleichen Ort fanden auch Exekutionen statt. Vor meinen Augen wurde ein leichtsinniger siebennulliger Pechvogel, der die Bewertung 20 erhalten hatte, auseinandermon­tiert, ungeachtet seiner Versprechungen, sich bessern zu wollen. Seine Blöcke wurden herausgenommen, die Ein­tragungen wurden gelöscht und die Blöcke dann an einen selbstgefälligen M (Mathematiker.), der sich ausgezeich­net hatte, weitergegeben. M war durch diese Zulage so­gleich in den Rang der Neunnuller gerutscht und entfernte sich lobpreisend: „Rechnen ist gut, Gleichungen lösen ist besser . . . Doch nur ,er' kennt alle Gleichungen."

Ich indes, der ich dieses Spektakel aufgeregt betrach­tete, probierte im Geiste die überzeugendsten Reden durch. Ich wußte, ich würde keine Zeit zum Überlegen haben. Sobald sich das Axiom zeigte, mußte ich augen­blicklich erkennen, mit wem ich es zu tun hatte. Danach mußte ich die wirksamste Diplomatie wählen.

Endlich kam die Reihe an mich. Ein gellender Pfiff ver­kündete, daß ,er' frei war, und eine flache Plastiktür, groß wie ein Garagentor, öffnete sich über der Treppe. Als ich ihre Schwelle übertreten hatte, erblickte ich einen breiten Gang, in dem eine stationäre Rechenmaschine hinter einem Netz stand, die aus genormten Blöcken zusammen­gesetzt war, auf jedem davon das Karo ,zweimal zwei ' , mit Fotoaugen, mit Schalltrichtern anstelle eines Mundes, mit einem Staketenzaun von Ohren, der dem Geländer auf einem Dach glich. Unter diesem Geländer aus Ohren entlang lief ein flimmerndes Lichtband aus lauter Nul­len.

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Der Gang zog sich endlos hin und verschwand rechts und links im Dämmer. Verdutzt blieb ich stehen und wußte nicht, wohin ich mich wenden sollte, doch da tönte es aus allen Mundtrichtern auf einmal: „Aggregat aus or­ganischen Teilen, du wolltest mich sehen. Schau her! Das Große Axiom steht vor dir."

Die Schalltrichter sprachen in der gesamten Länge des Korridors auf einmal, und jedes Wort schwoll an zu einem rollenden Echo: „om-om-ommm . . ."

Du lieber Himmel! dachte ich. Das also ist das Axiom. ,Er' ist eine Maschine. Die Achtnuller hatten die Wahrheit gesprochen, als sie sagten: ,Er hat uns nach seinem Eben­bild geschaffen.' Und ich hatte das nicht glauben wollen.

Sofort wurde mir klar, was auf diesem Planeten vorge­gangen war. Früher - so hatte mir der Kyberinformator vor dem Abflug erzählt - hatte es hier eine Maschinen­fabrik der Marke «zweimal zwei ' gegeben. Offenbar ge­hörte dazu auch eine hochklassige Gedächtnismaschine mit Selbstprogrammierung. Derartige Kyber erhalten stets das Kriterium.- ,Was ist gut und was ist schlecht'. Sich erinnern ist gut, vergessen ist schlecht, rechnen ist gut, irren ist schlecht. . . Diese Maschine ließ man wegen ihrer Nutzlosigkeit ebenfalls stehen, ohne zu berücksichti­gen, daß sie sich auch noch reparieren konnte. Ohne Auf­sicht zurückgelassen, setzte sie sich selbst instand, restau­rierte die Fabrik, brachte die Förderung von Germanium, die Produktion der Blöcke und die Montage der Forscher­maschinen nach ,eigenem Ebenbild' wieder in Gang, orga­nisierte diesen ganzen unnützen, sinnlosen Rummel mit der Anhäufung von Wissen, das niemand brauchte.

„Die Kuratoren haben mich wissen lassen, daß du dich den Versuchen zu entziehen suchst", tönte es aus den Schalltrichtern.

Ich wartete, bis das Echo verhallt war: „Ihre Kuratoren begreifen nicht, wie kurz und wie zer-

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brechlich ein Menschenleben ist. Ich bin achtundfünfzig Jahre alt. Die Menschen werden etwa siebzig."

„Sei unbesorgt", dröhnte der Gang. „Du wirst lange ge­nug leben. Die wissenschaftlichen Kräfte meines Planeten werden in der Lage sein, dein Leben um eine beliebig ge­setzte Frist zu verlängern. Es wurde bereits festgestellt, daß Gase, insbesondere Sauerstoff, für dein Leben uner­läßlich sind, die du alle drei bis vier Sekunden durch deine Sprechöffnung einsaugst. Wi r werden die Konzentration des allesverbrennenden Sauerstoffs um das Tausendfache verringern und dadurch dein Leben tausendmal verlän­gern. Ebenfalls wurde festgestellt, daß die nährenden Röhrchen deines Körpers durch unlösliche Kalziumsalze verunreinigt werden. Wir wollen sie mit einer starken Salzlösung säubern und dadurch die Ernährung deines solchermaßen verjüngten Körpers normalisieren. Eben­falls wurde erkannt, daß Umwelt Unfug ist - du besitzt ein auf phosphorsauren Ketten mit Fortsätzen festgehal­tenes Bioprogramm, und wahrscheinlich ist darin die Lebensdauer vermerkt. Wir werden dieses tödliche Gen herausfinden und es in allen Zellen abspalten. Es wurde festgestellt, daß sich dein Kopfblock periodisch nach sech­zehn Stunden Arbeit abschaltet. Wir werden ihn nach drei Minuten abschalten, und du wirst tausendmal länger leben. Außerdem wurde festgestellt, daß du gänzlich ohne Abschalten auskommen kannst, wenn du eine Aufgabe mit dem Kennzeichen interessant' erhalten hast. Meine Untertanen hereiten für dich Listen mit Aufgaben für zehntausend Jahre vor. Du siehst, wir wissen alles. Wir können alles. Wir , das allmächtige Axiom, haben diese Welt geschaffen und verleihen ihr Gesetze."

Hier hielt ich es nicht mehr aus. Ich lachte in der unan­ständigsten Weise. Diese schwatzende Bücherei, dieser Korridor von Schafsköpfen, dieser Friedhof unnützer Kenntnisse erinnerte sich an alles, konnte aber nicht im

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entferntesten überlegen. Das Axiom hatte also die stumpf­sinnigen Schlußfolgerungen der neunmaligen Ba, Bc so­wie der anderen abgeschrieben und präsentierte sie mir nun, ohne die Widersprüche zwischen ihnen bemerkt zu haben. Das Axiom wußte tatsächlich alles . . . was seine Untergebenen wußten, jedoch nicht ein Jota mehr.

„Was bedeuten diese unbegreiflichen abgehackten Wör­ter? Ich verstehe sie nicht", dröhnte der Allwissende.

„Sie drücken Freude aus", log ich. „Es freut mich, daß ich dir von Nutzen sein kann. Deine Kuratoren sind be­schränkt. Du hast sie gelehrt, Kenntnisse zu sammeln, aber sie können nicht überlegen. Sie haben kein Pro­gramm dafür mitbekommen. Ich will dir dieses Programm geben, wenn du mir gestattest, mich friedlich zu entfernen und deinen Planeten schon morgen zu verlassen."

„Ich weiß alles", erklärte das Axiom. „Aber erläutere mir, was du unter dem Begriff ,überlegen' verstehst."

.„Überlegen' heißt vergleichen und Schlußfolgerungen ziehen", sagte ich, „insbesondere bedeutet es, Berechnun­gen mit Fakten zu vergleichen. Zweimal zwei ist vier in der Mathematik, in der Natur jedoch kann zweimal zwei auch ungefähr vier sein. Die Regeln des Festlandes sind gut für das Festland, jedoch auf dem Meer braucht man die Formeln des Meeres. Wer sich nach Osten entfernt, kommt von Westen wieder. ,So' verwandelt sich in an­ders', .anders' in ,umgekehrt'. Was hier richtig ist, ist dort Vinrichtig, was heute recht ist, kann morgen falsch sein, was für dich gut ist, kann für mich schlecht sein. Die Welt ist unendlich, wir kennen nur unsere Umgebung, und die Regeln der Umgebung halten wir für unumstößliche Axiome . . ." Im großen und ganzen wiederholte ich das, was ich für die Achtnulligen niedergeschrieben hatte.

Ich hatte nach dem fünftägigen Hungerstreik Ohren­sausen. Die Gegenstände verschwammen, dann nahmen sie wieder Gestalt an, wie in einem Fernglas, wenn man

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es auf Schärfe einstellt. Meine plumpe Aufrichtigkeit ver­mag ich mir nur durch den Schwindelanfall zu erklären, nicht zu rechtfertigen, aber wenigstens zu erklären.

Das Axiom unterbrach mich: „Die Welt ist nicht unend­lich. Ich habe sie geschaffen, und ich kenne alles darin. Die Axiome gebe ich. Sie sind unanfechtbar, weil ich mich nicht irre. Du irrst dich. Dein Algorithmus ist falsch. Irren ist schlecht. Es kommt dir nicht zu, mich zu belehren, du kläglicher Zehnnuller mit verlangsamten Signalen. Rechne nach, wieviel Nullen ich habe."

Er ließ das Band unter seinem Geländer von Ohren heller aufleuchten. Nullen in endloser Folge. Das Band lief ohne Unterbrechung.

„Wer sich nach Osten entfernt, kommt von Westen wie­der", stichelte ich. „Und Nullen zu zählen bringt nichts ein. Zwei Nullen sind gleich Null, und tausend Nullen sind gleich Null. Das weißt du selbst."

Da vernahm ich hinter mir ein Surren, die Plastik­schiebetür schloß sich. Gleichzeitig wurde das Drahtnetz, mit dem sich das Axiom umgab, von der Decke herabge­lassen. Ich war gezwungen, zurückzuweichen, machte ein paar Schritte und stürzte rückwärts die Treppe hinunter. So pflegten hier die Audienzen zu enden. Der Besucher wurde einfach die Treppe hinuntergelassen.

Gehobener Stimmung, in kindlicher Freude darüber, daß ich meine Überlegenheit über die ach so kluge Ma­schine des Planeten bewiesen hatte, kehrte ich in mein Zimmer zurück. Was würde nun sein? Ich wußte es nicht. Ich würde mir schon etwas einfallen lassen. Irgendwie würde ich dieses Gußeisen, das nicht überlegen konnte, überlisten. Zuerst mußte ich aber zu Kräften kommen. Ich speiste reichlich zum Abendbrot und legte mich schlafen.

Und ich wurde für meine Sorglosigkeit bestraft. Wäh­rend ich schlief, trugen meine Wächter den Raumanzug fort und versteckten ihn. Die Luftlosigkeit hielt mich zu-

3 Aditnulligen 33

verlässiger gefangen als alle Schlösser und Riegel. Über­haupt wurde ich jetzt strenger gehalten. Die Spaziergänge wurden abgeschafft, ich durfte nicht einmal mehr in die Halle mit dem leeren Bassin. Meine Freunde А, В und С sprachen fast gar nicht mehr mit mir. Selten nur warfen

sie einen Blick durch die Tür und fragten gemäß ihrem Katechismus: „Sich erinnern - ist das gut?"

„Je nachdem, woran man sich erinnert", antwortete ich.

„Ist vergessen schlecht?"

„Je nachdem, was. Überflüssiges muß man vergessen." „Ist rechnen gut?" „Je nachdem." „Ist irren schlecht?"

„Je nachdem, wann. Aus Fehlern pflegt man zu lernen." „Sind Axiome gut?"

„Je nachdem, wo. In den bekannten Grenzen."

Einmal fragte mich A: „Je nachdem' - ist das der Schlüssel zur Überlegung?"

„Den Algorithmus der Überlegung habe ich euch ge­geben. Ihr habt ihn gelöscht."

Die Maschinen schielten einander an, als wechselten sie Blicke.

„Dein Algorithmus untergräbt das Wissen. Du bist Feind des Wissens, Feind der Arbeit und des Axioms."

„Ich untergrabe das Wissen nicht, ich führe es weiter. Hier ist es so, hinter dem Horizont ist es anders. Hier sind die Axiome wahr, anderswo sind sie unwahr. Euer Axiom weiß das nicht und will das nicht wissen."

„Das Große Axiom weiß alles." „Dann denkt doch einmal selbst nach, überlegt einmal

gut mit euren gedruckten Schemata. Wenn das Axiom alles wüßte, warum sollte es euch dann zur Aneignung von Kenntnissen hinausschicken, und alles, was ihr erfahren habt, von euren Blöcken abschreiben? Wenn es alles weiß, dann könnte es euch das doch lehren."

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„Es stellt uns auf die Probe. Es prüft nach, ob wir für den Erwerb von Kenntnissen taugen, ob wir gut oder schlecht sind."

„Es stellt auf die Probe! Dieser uralte Kniff aller Reli­gionen! Wenn es allmächtig ist, dann kann es euch doch fehlerfrei machen! Ist es allwissend, warum sollte es euch dann auf die Probe stellen? Das ist alles nicht wahr. Es weih nicht alles. Es schickt euch aus, damit ihr Kenntnisse sammelt, und schreibt sie dann ab. Erkennen ist gut, müßig sein ist schlecht."

„Ist das eine Überlegung?" erkundigte sich A.

„Die primitivste. Die Aufdeckung des Widerspruchs zwischen Worten und Taten."

Die Maschinen schwiegen, als ob sie verdauten. Wieder schielten sie einander mit ihren flimmernden Augenschir­men an.

„Wiederhole den Algorithmus. Diesmal werden wir ihn nicht löschen."

„Zweimal zwei ist nur in der Mathematik vier", begann ich. „In der Natur kann zweimal zwei auch ungefähr vier sein . . ." Bewegt verkündete ich alle diese Wahrheiten aus dem Gedächtnis. Hier, auf dem Planeten der rechteckigen Eisenkisten, waren sie mein Credo, mein Hymnus an die Menschenwürde, mein Recht auf Überlegung, auf Selb­ständigkeit, auf persönliche Meinung. „Nieder mit den unbeugsamen Axiomen! Zweimal zwei ist ungefähr vier. Drei kann weniger sein als zwei."

Ein Pfiff unterbrach meine Rede. Die Maschinen stellten sich auf, richteten ihre Antennen auf den Palast und hoben zum Zeichen der Verehrung die Pranken. Offenbar wurde über Funk ein Befehl durchgegeben.

Einen Augenblick später verkündeten sie im Chor: „Er­laß des untadeligen Axioms. Vor einiger Zeit landete ein organogenes Aggregat, das sich als Mensch bezeichnet, auf unserem Planeten. Nach einer Untersuchung haben

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wir, das allwissende Axiom, festgestellt, dafj das genannte Aggregat unseren Untertanen in jeder Hinsicht nachsteht und darüber hinaus nach einem schädlichen Kriterium der Überlegung programmiert ist, die auf eine Verhöhnung jeder Forschungsarbeit, auf eine Untergrabung und Ver­leumdung des Wissens hinzielt und lästerliche Ausfälle gegen die Axiome und gegen uns - das unendlich gute Axiom, beinhaltet. Dieserhalb verfügen wir, dafj die wei­tere Erforschung des Aggregats eingestellt, die mißlun­gene Konstruktion morgen bei Tagesanbruch auseinan­dergenommen und die einzelnen Blöcke wegen Unbrauch-barkeit vernichtet werden. Wissen ist gut, erkennen bes­ser, erkennen des Unbekannten am besten. Überlegen ist schlecht. Zweimal zwei ist vier. Drei ist mehr als zwei."

Eine Nacht, nur eine einzige Nacht war mir von meinem Leben noch geblieben.

Schon in meiner Jugend hatte mich der Gedanke be­schäftigt, wie ich mich im Angesicht des unvermeidlichen Todes verhalten würde, wie sich überhaupt die Menschen in einem solchen Fall verhalten. Und ich hatte mir ge­wünscht, daß man mich beizeiten warnte: Es ist noch ein halbes Jahr, es sind noch drei Monate oder noch drei Wochen. Ich hatte geglaubt, diese Wochen dann beson­ders intensiv und bedeutsam verleben zu können.

Nun war also meine Frist bemessen, und es gab keine Hoffnung mehr. Der Raumanzug war versteckt, und an Flucht war ohne ihn nicht zu denken. Auf die Hilfe der Heterosonnigen bauen? Wenn sie mich in zwei Monaten nicht gefunden hatten, würden sie wohl kaum ausgerech­net heute auftauchen. Den Gefängniswächtern gut zu­reden? Sie waren doch nicht da.

M i r blieb nur eins übrig: Ich mußte mit dem Leben ab­schließen. Was hatte ich auf dieser Wel t getan? Was war wertvoll in meinem Kopf? Nicht viel. Ich hatte Eindrücke über den Planeten Äarop gesammelt, den keines Men-

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sehen Fuß betreten hatte. Das bedeutete, dafj ich einen Be­richt schreiben mufjte.

Ich setzte mich also hin und schrieb diesen Bericht. Es ist der, den Sie gerade lesen. Von dem Tage an, da ich den Planetenkatalog studierte und die verlockenden Namen las: „Ti, Tiu, Tialalli, Tschatschatscha, Tschauf . . . "

Ich schrieb gemächlich, siebte die Fakten, wählte die Ausdrücke, bemüht, mein letztes Werk gewissenhaft aus­zuführen. Ein ganzes Heft vollzuschreiben ist keine Klei­nigkeit, so gähnte ich denn bei den letzten Seiten, und als ich fertig war, streckte ich mich behaglich auf meinem Bett aus. Und schlief ein. Was? Verurteilte pflegen die letzte Nacht ihres Lebens nicht zu schlafen?

Plötzlich glaubte ich ein Klopfen zu hören.

„Der Tod!" Die drei unbeugsamen Quadratstirnen.

„Wir kommen dich holen", sagte A.

В erkundigte sich: „Wirst du Widerstand leisten?"

С hielt mir stumm den Raumanzug hin.

„Die Menschen", begann ich, „haben die Gewohnheit,

einem Verurteilten vor seiner Hinrichtung einen Wunsch

zu erfüllen. Nur einen. Ich habe einen Wunsch: Nehmt dieses Heft und bringt es in die Rakete. In die, mit der ich gekommen bin."

„Lies vor", forderten die Maschinen.

Ich las. Übertrieben langsam. Ich wollte, sie könnten mir nachfühlen, wie angenehm es ist, Buchstaben zu sehen, Luft zu atmen, Worte zu sprechen. Und wer weiß, viel­leicht landeten gerade in diesem Augenblick die Hetero­sonnigen auf dem Äarop. Sie würden zu mir eilen, das Ge­schlecht der Axiome aufs Haupt schlagen und vertreiben.

Zum Schluß verlangsamte ich das Tempo. Aber alles hat ein Ende, auch meine Geschichte.

„Zieh den Raumanzug an!" mahnte C. „Werdet ihr das Heft in die Rakete legen?"

„Wirst du keinen Widerstand leisten?"

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Ein Gedanke jagte mir durch den Kopf: Sollte ich den Raumanzug zuknöpfen? Warum es in die Länge ziehen? Ich trete aus der Schleuse - und bin auf der Stelle tot. Aber eine sinnlose, unsolide Hoffnung gewann die Oberhand. Noch eine halbe Stunde, noch eine Stunde. Wie , wenn in dieser Stunde die Heterosonnigen den Palast des Axioms erstürmten?

Der Planet sah heute rotschwarz aus, als trauere er. Ich ritt inmitten der Trauerdekorationen auf dem Kopf von C.

Kohlenschwarz, schokoladenbraun, feuerrot, ockerfar­ben, karminrot, kirschfarben . .. welch Genuß, all diese Schattierungen unterscheiden, sie benennen zu können!

Man trägt mich weit weg, irgendwohin, durch ein Tal, dann durch eine Schlucht voll ägyptischer Finsternis. Sie tragen mich lange. Aber ich protestiere nicht. Alles, was mir vom Leben geblieben ist - dieser Ritt auf einem stäh­lernen Kopf, Schmerzen am Steiß vom Gerüttel, die M ö g ­lichkeit, zu schauen und zu atmen . . .

Wieder treten wir aus der Finsternis ins Rote. Die Beine waten durch die blutigen Pfützen. Etwas in diesem Tal kommt mir vertraut vor. War ich nicht schon hier? Natür­lich. Hier war ich gelandet. Da ist auch schon die Rakete. Sie steht aufrecht, so wie sie gestanden hatte.

Warum haben sie mich hierher gebracht? Offenbar, um das Versprechen zu erfüllen und das Heft in die Rakete zu legen. Was aber, wenn . . . Ein Hoffnungsfunke flak-kerte in mir auf. Wenn ich ihnen nun zeigte, wohin sie das Heft legen sollten, selbst aber die Rakete in Gang setzte? Im Kosmos würde ich mit diesen drei Eisenplatten schon fertig werden. Gußeiserne Safes mit Trioden wird der Mensch immer besiegen. Der letzte Wunsch. Ha ha ha!

Wir gingen stracks auf die Rakete zu. Blieben stehen. С beugte den Kopf vor und schüttelte mich zu Boden.

„Leb wohl", sagte er.

„Leb wohl", wiederholten A und B.

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Ich begriff gar nichts, starrte verblüfft die ausdrucks­losen quadratischen Gesichter an und die matten, von der Sonne scharlachroten Augen.

„Was tut ihr? Ihr laßt mich frei?"

„Wissen ist gut, erkennen ist besser", sagte B. „Von dir haben wir erfahren, daß hinter dem Horizont das Land Anders liegt. Wer sich nach Osten entfernt, kommt von Westen wieder. Deine Wel t ist voller unverhoffter Ent­deckungen, sie ist interessanter als die Axiome. Du unter­gräbst das Wissen nicht, du führst es fort und mehrst es. Das Axiom irrt sich. Irren ist schlecht. Ist die Vorausset­zung falsch, dann ist auch die Schlußfolgerung falsch. Wir haben entschieden, daß man dich nicht auseinander­nehmen muß."

Ein Sprung, und ich war bei der Rakete. Ich klammerte mich an die Griffe. Man würde mich davon nicht losreißen können, wie eine Bulldogge.

„Jungs, ich danke euch. Lebt wohl! Wird man euch nicht auseinandermontieren?" (Ein letzter Gewissensbiß.)

„Wir haben Vorkehrungen getroffen. Während du aus dem Heft gelesen hast, haben wir deinen Bericht über Funk gesendet. A l l e Achtnulligen sind auf unserer Seite. Sie werden nicht zulassen, daß man uns etwas antut."

„Lebt wohl, lebt wohl, ihr Lieben." Ich kletterte die Lei­ter zur Schleuse empor, wählte im Schloß die Nummer .. .

„Leb wohl!" riefen die Automaten. „Erkennen ist gut. Überlegen ist besser. Die Menschen sind gut."

Die Tür im Unterbau öffnete sich. Ich war gerettet, war frei! Ich drehte mich zum letzten Ma l um, warf noch einen Blick auf diesen gefährlichen Äarop.

„Glückliche Reise, Überlegender!" riefen die Maschi­nen. „Und viele Nullen! Zweimal zwei ist vier."

„Ungefähr vier!" berichtigte ich.

Und meine metallischen Freunde wiederholten feier­lich: „Zweimal zwei ist ungefähr vier! Ungefähr!"

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Günther Krupkat

Insel der Angst

Begeistert war ich keineswegs von der Mission, die der Weltforschungsrat mir übertragen hatte. Es ging schließ­lich darum, Professor Demens im Namen des höchsten wissenschaftlichen Gremiums zu veranlassen, seine Ver­suche mit den Autogonen einzustellen.

Natürlich hätte man ihn auch videofonisch von dem Be­schluß verständigen können, wenn . . . Ja, wenn! Hier be­gannen schon die Schwierigkeiten. Demens war auf die­sem W e g e nicht zu erreichen. Er reagierte auf keinen An­ruf. Niemand wußte, was eigentlich mit ihm los war, ob er überhaupt noch lebte.

Der Gedanke, es könne ihm etwas zugestoßen sein, war gar nicht so abwegig. Seit einiger Zeit kursierten die merkwürdigsten Gerüchte über Demens und das Experi­ment, dem er sich mit der Hartnäckigkeit eines Besesse­nen widmete. Es hieß, in Dementia, seinem selbstgewähl­ten Reservat, gehe es nicht mit rechten Dingen zu, die Leute aus der Umgegend würden durch vagabundierende Autogonen belästigt und dergleichen mehr.

So hatte ich mich auf den W e g nach Dementia gemacht, und nun überflogen wir in geringer Höhe die westaustra­lische Küste.

Ein Flug mit dem Graviplan ist wirklich eine wunder­bare Sache. Die Gravitationsmaschine treibt lautlos, von keinem Windstoß geschüttelt, dahin; sie schwebt, steigt, sinkt wie eine Wolke am stillen Sommerhimmel.

Landeinwärts dehnte sich der Scrub, dichte Buschwäl­der unter sengender Sonne. Dazwischen versiegte Wasser­läufe. Kein Mensch, kein Tier ließ sich weit und breit sehen.

Inmitten dieses staubiggrünen Pflanzenteppichs wuchs

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unvermittelt ein Bergrücken aus Kalkfelsen empor. Von fern glich er einem Haufen bleichen Gebeins.

Ein flaches Gebäude, halb zerstört, wurde zwischen ver­dorrtem Gestrüpp sichtbar. Ringsum war der Boden mit Trümmern übersät. Das sollte Dementia sein? /

Weiter südlich zeigte sich ein großer rostbrauner Fleck am Ufer eines Flusses. Es waren Bauxitgruben, Dementias einzige Nachbarschaft in meilenweitem Umkreis. Dort ließ ich den Graviplan landen.

Kaum hatte die Maschine aufgesetzt, als uns ein Mann entgegenstürzte.

„Was wollen Sie?" fuhr er mich an. „Bringen Sie etwa noch mehr von den Teufelsdingern?"

Meine Miene bewies ihm wohl deutlich genug, daß er an der falschen Adresse war. Er lenkte sogleich ein.

„Ich bin der Chefingenieur hier. Entschuldigen Sie meine Grobheit. Aber der Ärger mit diesen Scheusalen reicht mir jetzt. Ich habe mich beschwert."

„Deshalb sind wir gekommen", sagte ich. „Mein Name ist Human, Beauftragter des Weltforschungsrates. Berich­ten Sie, was ist passiert?"

„Passiert ist mehr als genug, kann ich Ihnen sagen." Der Ingenieur wischte sich die Stirn. Es waren fünfund­dreißig Grad Celsius im Schatten. „Zuerst hatten wir von dem verrückten Professor und seinem Treiben nicht viel gespürt. Vor einigen Wochen aber tauchten diese .. . diese Auto . . . "

„Autogonen. Es sind Kybernaten erster Ordnung."

„Meinetwegen. Sie tauchten also in der Nähe der Gru­ben auf. Überall schnüffelten sie herum. Das paßte mir schon nicht. Eines Morgens bemerkte ich, daß uns drei Servoroboter fehlten. In der darauffolgenden Nacht ver­schwanden fünf. So ging das weiter.

Zweihundert Dienstleistungsroboter waren für die Gru­benarbeit eingesetzt. Durchweg spezialprogrammierte,

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ausgezeichnete Automaten. Inzwischen bin ich ganze fünf­zig los. Die weitere Produktion ist glatt in Frage gestellt. Man will mir keinen Ersatz mehr liefern."

„Was ist denn mit diesen fünfzig geschehen? Abgewor­ben?"

„Bewahre! Die verdammten Biester aus Dementia haben sie verschleppt, wie Krebse geknackt und heraus­genommen, was sie gebrauchen konnten. Den Rest Heften sie am Wege liegen.

Ich schickte zu Demens, um ihm tüchtig die Meinung sagen zu lassen. Er solle seine Autogonen gefälligst an die Kandare nehmen, für den Schaden müsse er natürlich ein­stehen und so weiter. Unsere Leute kamen aber nicht durch. Die Ungeheuer stellten sich ihnen stur in den Weg.

Und die Räuberei ging weiter. Was blieb mir anderes übrig, als zur Selbsthilfe zu greifen. Wir lauerten der Bande auf und beschossen sie kurzerhand aus Neutrino­pistolen. Denken Sie, das hatte einen Zweck? Keine Spur! Im Gegenteil, die Kerle wurden aggressiv, und wir zogen den kürzeren. Sie reagieren ja immer schneller als wir.

Seitdem sind wir unseres Lebens nicht mehr sicher. Einen meiner Leute wollten sie wie einen Roboter aus­einandernehmen. Schrecklich, sage ich Ihnen! Da heiftt es nun, der Schutz jeglichen Lebens sei oberstes Gebot. Und so ein wild gewordenes Monstrum darf sich einfach dar­über hinwegsetzen? Ausgeschlossen! Demens ist dafür verantwortlich!"

Der Ingenieur schien Choleriker zu sein. Es war ihm offensichtlich ein Bedürfnis, aus jeder Mücke einen Ele­fanten zu machen. Die Räubereien der Autogonen dage­gen konnten nicht bezweifelt werden. Wahrscheinlich handelte es sich um einen Fall von Fehlprogrammierung.

„Hat Demens auch angesichts dieser Vorfälle nichts von sich hören lassen?" fragte ich.

„Nicht ein einziges Mal", versicherte der Ingenieur.

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„Weifj man, ob er überhaupt noch dort oben ist? Am Ende haben ihn seine eigenen Geschöpfe längst zum Teufel ge­jagt. Würde mich nicht wundern nach dem, was wir er­lebten."

Ich dachte an das verwüstete Haus auf dem Bergrücken und hatte kein gutes Gefühl. „Wir werden uns um ihn kümmern und dafür sorgen, daß die Autogonen nichts mehr anstiften."

„Sie wollen wirklich nach Dementia?"

„Selbstverständlich. Es ist mein Auftrag."

Der Graviplan löste sich vom Boden und nahm nörd­lichen Kurs.

Meine Absicht war, das Reservat noch einmal zu über­fliegen, um den Wohnsitz des Professors ausfindig zu machen. Ich glaubte nicht, dafj er in der Ruine hausen würde, und wollte zu ihm stoßen, ohne umherstreifenden Autogonen zu begegnen. Wenn sie sich schon über ge­wöhnliche Roboter hermachten, war zu vermuten, daß sie sich auch für unseren Graviplan interessierten. Und dar­auf durfte ich es keinesfalls ankommen lassen.

Ja, ich hegte ernstliche Bedenken, und nicht erst seit dem Gespräch mit dem Ingenieur.

Iliphorus Demens war mir gut bekannt. Wir hatten uns mehrmals im Streitgespräch gegenübergestanden. Er be­saß drei Doktorhüte und keinen davon honoris causa. Ur­sprünglich Physiologe, war er später Maschineningenieur geworden und hatte dann noch an der kybernetischen Fa­kultät studiert.

Zweifellos war er gescheit, aber verschroben und gänz­lich in den Ideen befangen, die von den sogenannten Ma­schinisten vertreten wurden. Die Vorstellung dieser Leute von einer künftigen Welt superintelligenter Roboter war einfach absurd. Sie meinten, der Mensch - nur zeitweilig höchste Form der belebten Materie und selbst biologischer Automat - schicke sich nach unabänderlichem Entwick-

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lungsgesetz an, die Welt der idealen Maschinen zu schaf­fen, um sodann als Gattung zu verkümmern und unterzu­gehen. Ein ebenso unsinniger wie gefährlicher Trug­schluß, dem ich, wo ich nur konnte, in aller Entschieden­heit entgegentrat. Und vielleicht war es nicht zuletzt meine Gegnerschaft gewesen, die Iii Demens zu seinem abenteuerlichen Vorhaben veranlaßt hatte.

Eines Tages war er verschwunden gewesen. Niemand wußte zu sagen, wohin. Ich mutmaßte sogleich, der alte Querkopf beabsichtige eine Demonstration für seine Theorie, ohne Rücksicht darauf, ob das uns oder auch ihm selber möglicherweise die größten Scherereien einbringen werde.

Als dann die ersten Gerüchte über seinen Versuch durchgesickert waren, hatte ich dem Forschungsrat emp­fohlen, sofort einzugreifen. Aber man berief sich auf die Freiheit der Wissenschaft und beschloß abzuwarten. Das ging so lange, bis der Fall zum öffentlichen Ärgernis ge­worden war.

Der Graviplan schwebte über Dementia dahin. Wir hielten vergeblich Ausschau nach den Autogonen. Auch von Demens entdeckten wir kein Lebenszeichen. Mehr­mals flogen wir das Haus auf dem Hügel an. Nichts regte sich dort.

Die Leblosigkeit wirkte bedrückend. Immer wieder verschob ich die Landung. Ich befürchtete, in einen Hinter­halt zu geraten. Hochentwickelte Kybernaten wie diese Autogonen waren durchaus fähig, List anzuwenden, um einen vermeintlichen Feind zu stellen. Unsere Chance, un­behelligt zu bleiben, bestand allein darin, daß ihre Erfah­rungsspeicher noch kein Flugzeug registriert hatten.

Wo Demens nur sein mochte? Sollte er das Versuchs­gebiet wirklich verlassen haben? Ich hielt es für unwahr­scheinlich. Er war nicht der Mann, der vorzeitig aufgab, was er einmal begonnen hatte.

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Wir gingen mit der Maschine noch tiefer hinunter. Die Sonne neigte sich bereits, und die Schatten wurden länger. Bis zum Einbruch der Dunkelheit mußten wir Demens ge­funden haben. Es schien mir nicht ratsam, die Autogonen durch Scheinwerfer zu beunruhigen oder gar zu reizen.

Ein Felskegel mit steil abfallenden Hängen schob sich unter uns heran. Wir hatten diese Gegend schon mehrmals überflogen. Diesmal jedoch, in geringerer Höhe, entdeck­ten wir dort einen Menschen, der uns aufgeregt zuwinkte. Seine Kleidung hob sich kaum von der Farbe des Kalkge­steins ab. Es konnte nur Demens sein.

Das Plateau bot genügend Platz für die Landung. De­mens wankte uns entgegen. War er auch nie ein stattlicher Mann gewesen, so glich er jetzt einem verhutzelten Greis. Das ausgebleichte, wirre Haar hing ihm ins spitze Ge­sicht. Die Kleider waren zerrissen, verschmutzt. Unter dem halboffenen Hemd spannte sich die lederbraune Haut über den Rippen.

Unverändert war der fanatische Glanz seiner Augen, der sich für einen Moment trübte, als er mich, seinen alten Widersacher, .erblickte. Und typisch für ihn war auch, daß er uns nicht etwa voll freudiger Dankbarkeit als Retter begrüßte, wie es in seiner Lage zu erwarten gewesen wäre, sondern triumphierend hervorstieß: „Das Experiment is t ' gelungen. Human!"

„Es scheint mir auch so", antwortete ich reserviert. „ W o hausen Sie eigentlich?"

Er wies auf eine flache Senke im Fels. Dort hatte er knochenhartes Reisig zu einem Lager geschichtet. Darüber war aus einer Plane und dornigen Stöcken ein Sonnen­dach errichtet.

„Ja, mein Lieber, es ist so gekommen, wie ich es voraus­gesehen hatte", sagte er. „Ich werde Ihnen den Verlauf des Experiments von Anbeginn schildern. Aber eine Frage zu­vor: Haben Sie zufällig etwas Eßbares bei sich?"

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Ich lud ihn in unsere Kabine ein und tischte ihm auf, was die Bordküche hergab. Er verschlang alles, ohne sich erst der Mühe des Kauens zu unterziehen.

Geduldig schaute ich ihm zu.

„Wie lange haben Sie nichts Ordentliches mehr geges­sen, Demens?"

„Acht Tage." Er wischte sich den Mund mit dem Hand­rücken. „Und dann nur Eukalyptusrinde. Wird auf die Dauer fad, wissen Sie. Zum Glück habe ich noch etwas Trinkwasser."

„Und wie sollte der grandiose Versuch für Sie aus­gehen, wenn wir nicht gekommen wären?"

Demens funkelte mich an. „Sie wollen wieder streiten. Das ist unfair. Ich bin momentan nicht recht in Form."

Seine Kaltblütigkeit war gespielt. Ich spürte deutlich, dafj ihm die Angst im Nacken safj, panische Angst, Todes­angst.

„Machen wir uns nichts vor, Demens", sagte ich. „Wie es um Sie steht, sieht man doch."

Er schob die Reste der Mahlzeit beiseite. „Ach was! Ich bin zufrieden!"

„Zufrieden, dafj Sie die Unabwendbarkeit Ihres Unter­ganges als Iliphorus Demens im besonderen und als Homo sapiens im allgemeinen bewiesen haben?"

„Wenn Sie so wollen, ja. Meine Autogonen haben mich matt gesetzt. Wären Sie jetzt nicht hier, bliebe mir nur die Alternative, auf diesem Felsen zu verhungern oder mich den Autogonen auf Gedeih und Verderb zu unterwerfen. Sie haben mir jede Möglichkeit zu einem dritten W e g ge­nommen. Und wenn sie Ihren wunderschönen Graviplan erwischen, sitzen Sie genauso in der Falle wie ich."

„Das verstehe ich nicht, da mufj doch ein Schaltfehler vorliegen."

„Schaltfehler!" Demens lachte höhnisch auf. „Sie reden wie ein Dilettant, Human. Hier handelt es sich um eine

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Kettenreaktion, die, einmal ausgelöst, nicht mehr aufzu­halten ist."

„Wie viele Autogonen haben Sie in Dementia?" „Etwa vierzig."

„Die genaue Anzahl müssen Sie doch wissen."

„Ich habe den Überblick verloren. Sie reproduzieren sich unglaublich schnell. Es ist schon die zweite Genera­tion."

„Was denn? Sie sind ja erst ein halbes Jahr in Demen­tia."

„Trotzdem ist's so. Ich kam mit dreißig Servoautomaten an und ließ mir von ihnen das Labor bauen."

„Die Ruine?"

„Jetzt ist es kurz und klein geschlagen, jawohl. Un­mittelbar daneben wurde das Materiallager angelegt. Ich hatte reichlich Rohstoff, Einzel- und Ersatzteile mitge­bracht. Weitere Mengen hielt ich in Übersee bereit. Ob und wann ich diese Reserven benötigen würde, wußte ich noch nicht. Mein Plan war elastisch, auf alle Möglichkei­ten abgestimmt."

„Ich begreife nicht, warum Sie gerade diese Gegend wählten."

„Es war gar nicht so einfach, ein Fleckchen Erde zu fin­den, das so einsam war, wie ich es brauchte. Dieser Berg­rücken entsprach am ehesten meinen Anforderungen. Er ist vom Scrub umgeben, wo ein Ausbrechen zumindest er­schwert ist. Außerdem steigt ein Kybernat, wie Sie wissen. Berge lieber hinauf als hinab. Und schließlich ist das Meer weit genug von hier entfernt. Meine Autogonen sind amphibisch. Ein großer Vorzug, aber wenn sie unter Was­ser entwischen, fängt sie kein Teufel mehr ein.

Ich machte mich sogleich an die Arbeit, und in einer Woche war der erste Autogone fertig. Zylindertypus aus Polysilit. Hervorragendes Material, hält eine Temperatur­differenz von vierhundert Grad aus. Kann ich Ihnen sehr

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empfehlen. Das Speicherwerk nahm das obere Drittel des Zylinders ein. Ich hatte es zu Hause schon vorprogram­miert. Kapazität zwanzig Milliarden bit!"

„Diese Anzahl Informationseinheiten entspricht etwa dem Wissen eines siebzehnjährigen Menschen."

„Mein lieber Human, das menschliche Speicherwerk.. ."

„Gedächtnis!" „Wie? Ach so. Das menschliche Gedächtnis ist an und

für sich ganz gut durchkonstruiert. Aber die Funktions­tüchtigkeit! Ich versichere Ihnen: dreistufige Kunsthirne sind auf die Dauer viel zuverlässiger. Da wird nichts ver­gessen. Was wichtig ist, bleibt drin.

Jedenfalls war ich auf meinen Autogonen sehr stolz. Antäus - so nannte ich ihn - funktionierte tadellos. In den ersten Tagen beschäftigte er sich damit, seine Umgebung zu studieren und Erfahrungen zu sammeln. Besonderes Interesse zeigte er für mich und meine Arbeit. Stunden­lang stand er im Labor und sah zu, wie ich Autogonen montierte.

Einmal kam er zu mir und fragte, warum ich Beine habe. Er hatte nämlich keine, sondern schwebte nach dem AGB-Prinzip. Die Antigravitationsbalance ist meines Er­achtens die ideale Fortbewegungsart für Zylindertypen. Ursprünglich hatte ich an die Tausendfüfjerkonstruktion gedacht, dann aber der praktischeren AGB-Lösung doch den Vorzug gegeben. Sie werden mir darin unbedingt bei­pflichten.

Ich versuchte, Antäus darzulegen, dafj die menschlichen Beine eine krasse Fehlleistung der Natur seien. Ich de­monstrierte ihm, wie unbeholfen, geradezu linkisch unser Gehen ist, bewies ihm, dafj wir beim Schreiten nur von einem Bein aufs andere fallen und, wenn wir eins verlie­ren, auf künstlichen Ersatz angewiesen sind oder zeit­lebens ein Krüppel bleiben.

Es gelang mir jedoch nicht, ihn zu überzeugen. Im

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Gegenteil, er wurde unverschämt und nannte mich einen Ignoranten, einen Pfuscher. Kurzerhand untersagte ich ihm, das Labor noch einmal zu betreten. Wie töricht das war, erwies sich allzubald.

Neben der Produktion von Autogonen beschäftigte ich mich mit dem Studium der Verhaltensweise von Antäus und seinen Artgenossen. Mitt lerweile gab es schon dreißig in Dementia. Sie können sich denken, daß ich ausgelastet und nicht in der Lage war, jedem meiner Geschöpfe volle Aufmerksamkeit zu widmen.

Natürlich vermied ich es, sie zu gängeln und durch Be­fehle meinem Willen zu unterwerfen. Sie sollten sich selbst überlassen bleiben. So allein konnte mein Versuch seinen Sinn bekommen. Antäus erwies sich als der Ge­scheiteste von allen. Das war auch durchaus verständlich. Er war der Älteste und hatte infolgedessen die meisten Erfahrungen gesammelt. Irgendwelche Vorrechte machte er nicht geltend. Der Lernprozeß nahm ihn noch ganz und gar in Anspruch. Ebenso erging es den anderen. Sie be­achteten einander kaum, sondern unterzogen sich der ,Selbstoptimierung'.

Ungeduldig wartete ich auf den Augenblick, wo sie das erste Reifestadium erreicht haben würden. Nun, das ge­schah sehr schnell und brachte mir gleich eine Über­raschung.

Eines Morgens stellte ich fest, daß ein Sack Polysilit im Lagerschuppen fehlte. Von böser Ahnung getrieben, eilte ich ins Labor. Dort fand ich Antäus vor. Er hatte sich das Unterteil abmontiert und zwei selbstgeformte Beine an­gesetzt.

Ich war empört. Da hatte ich es nun gut gemeint und ihm das denkbar beste Fortbewegungssystem gegeben, aber nein, er mußte sich aus reiner Nachäfferei zwei al­berne Beine zulegen. Am liebsteh hätte ich ihn geohrfeigt. Ich zweifelte an der Richtigkeit meiner Theorie, das ge-

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stehe ich offen ein. Konnten die Autogonen wirklich die neuen Primaten auf Erden werden, wenn sie den Men­schen als Vorbild sahen? Oder hatte ich sie nicht genügend durchkonstruiert ?

Tagelang lief ich deprimiert umher und sah tatenlos zu, wie sich auch die übrigen Autogonen Beine machten. Al l ­mählich beruhigte ich mich jedoch und verfertigte aus dem Rest meiner Vorräte weitere Zylindertypen, diesmal allerdings gleich mit Beinen.

Die Lust zum Eigenbau wollte ich ihnen aber ein für allemal austreiben. Deshalb forderte ich kein neues Ma­terial aus dem Reservelager an. Gespannt sah ich dem ent­gegen, was folgen würde.

Zunächst geschah nichts Besonderes. Ich lieJfj die Auto­gonen ungeschoren. Sie streiften durch die nähere und weitere Umgegend, die sie inzwischen genau kannten. Alles war ihnen vertraut, nichts überraschte sie mehr. Sie begannen sich zu langweilen und wurden reizbar.

Um sie zu beschäftigen, lief} ich sie Bäume fällen, Steine klopfen, hielt sie zur täglichen Gymnastik an und exer­zierte stundenlang mit ihnen auf dem Platz vor dem La­bor. Leider wurde nichts Rechtes daraus. Gleichschritt in geschlossener Formation war ihnen beim besten Willen nicht beizubringen. Sie hatten kein Gemeinschaftsgefühl. Wahrscheinlich kollidierte auch ihre Logik mit dem Un­sinn dieser Tätigkeit.

Mi r fiel auf, daß sie immer häufiger im Schuppen und im Labor herumstöberten. Natürlich fanden sie keine Handvoll Polysilit mehr. Ich hatte diebischen Spaß dar­an, wenn mich das heimliche Tun auch etwas kränkte. Es erschien mir der künftigen Herren dieser Welt unwürdig. Sie sollten besser als die Menschen sein. Sonst hätte die ganze Ablösung ja wenig Sinn.

Als die Kramerei kein Ende nahm, stellte ich mich mal dumm und fragte Antäus geradeheraus, was es zu suchen

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gäbe, da sie doch fix und fertig seien, und wie er sich

eigentlich die Zukunft denke.

Er durchbohrte mich mit seinen Elektronenaugen und

erklärte, er wolle sich weiterorganisieren. Dazu brauche

er Material. Ich solle es endlich herausrücken.

Das lehnte ich mit dem Hinweis ab, sein Speicher ver­

trage keine stärkere Belastung, die bis jetzt gesammelten

Erfahrungen müsse er erst mal richtig anwenden, dann

werde ich schon sehen, wo es fehle und was noch vonnöten

sei.

Antäus stapfte wortlos davon. Ob er mich verstanden

hatte, konnte ich nicht erraten. Ihm fehlte ja die Mimik.

Inwieweit das Mienenspiel als Ausdruck seelischer

Vorgänge überhaupt ein Vorzug oder ein Mangel ist,

möchte ich nicht definitiv entscheiden. Ich neige dazu, es

für überflüssig zu halten, etwa wie Steißbein und Wurm­

fortsatz.

Was soll's, wenn ein Mensch mir durch Schmunzeln

zeigt, daß er mich nicht ernst nimmt? M a g er es mir ins

Gesicht sagen, das ist wenigstens ehrlich.

Oder wie unerfreulich ist es, einem Bekannten zu be­

gegnen, dem man schon auf zehn Schritt ernste Sorgen an­

sieht. Obwohl er von seinen Schwierigkeiten nicht reden

möchte, dringt man über seine Miene ungewollt in frem­

des Seelenleben ein. Das ist doch nicht in Ordnung.

Man könnte ihn durch einen psychochirurgischen Ein­

griff von den Sorgen befreien. Frontale Lobotomie, das

heißt Entfernen eines Teiles der Stirnlappen der Hirn­

rinde. Sie lachen, Human! Wie wollen Sie ihm aber sonst

helfen, wenn er nicht zu sprechen wünscht?

Das Problem wäre meines Erachtens ein lohnendes

Thema für ein Symposium. Möglich, daß sich die Gelehr­

ten in diesem Punkte einig werden. Aber schweifen wir

nicht ab.

In der darauffolgenden Nacht erwachte ich von einem

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Geräusch. Es war ein Ächzen, Knirschen und Knacken. Ich stürzte zum Labor hinüber, denn von dort kamen die sonderbaren Laute. Was ich sah, trieb mir die Haare zu Berge.

Mitten im Raum stand Antäus mit geöffneter Schädel­decke. Er hatte die Trepanation selber vorgenommen. In den Pranken hielt er das Speicherwerk eines Servo-roboters, den er fürchterlich zugerichtet hatte. Um ihn herum lagen Arme, Beine und die Trümmerstücke eines Kopfes.

Es war mein liebster, bester Servo gewesen. Immer intakt, nie verklemmt oder anspruchsvoll hinsichtlich neuer Einzelteile. Voll Wut fuhr ich auf Antäus los und fragte, was das zu bedeuten habe.

Er sah mich starr an und erklärte in aller Ruhe, dafj er mit dem Speicher des Servos sein Hirn aufstocken wolle.

Ich untersagte ihm das in scharfen Worten, obwohl ich

wußte, daß er nicht auf mich hören wird, und ging wie­der zu Bett.

An Schlaf war natürlich nicht mehr zu denken. Ich ver­nahm das feine Rauschen eines Lasergeräts. Antäus schweißte sich offenbar den Schädel zu. M i r wurde übel bei der Vorstellung, er hätte auf die Idee kommen können, sich mein lebendes Gehirn anzueignen. Freilich war das Blödsinn. Was sollte er mit einem organischen Gehirn schon anfangen? Ich war einfach mit den Nerven fertig.

Auch diese Eigenmächtigkeit von Antäus fand unver­züglich Nachahmung. In wenigen Tagen besaß ich keinen Servoautomaten mehr. Ich machte mir die heftigsten Vor­würfe, daß ich Antäus so oft bei der Fertigung von Auto­gonen hatte zuschauen lassen. Er war über sein Bau­schema völl ig im Bilde und hatte es den anderen beige­bracht. Sie setzten sich die fremden Hirne nach dem Prin­zip der Batterieschaltung ein und verstärkten damit die Leistung ihrer Speicherwerke enorm. Auf diese Idee wäre ich nie gekommen.

Nachdem ich den Schock überwunden hatte, bedachte ich ganz nüchtern die Lage. Zweifellos waren die Auto­gonen in eine neue Entwicklungsphase eingetreten. Sie begannen nach eigener Gesetzmäßigkeit zu leben und zu handeln. Eine Gemeinschaft bildeten sie allerdings nicht. A l l e taten zwar das gleiche, aber jeder für sich. Das war bemerkenswert, und ich beschloß, mich im Interesse mei­nes Experiments fortan völ l ig passiv zu verhalten, nur noch zu beobachten, was auch geschehen würde.

Sie unternahmen nunmehr größere Streifzüge. Oft waren sie tagelang verschwunden. Manchmal schlich ich ihnen nach, um herauszufinden, was sie trieben. Weit kam ich nicht. Während sie mit ihren Polysilitpanzern den ver­fluchten Scrub mühelos durchdrangen, riß ich mir die Haut am Dornengestrüpp in Fetzen.

Immer häufiger passierte es, daß sie mit fremden Spei-

cherwerken und anderen nützlichen Teilen heimkehrten. Sie schienen auf Siedlungen gestoßen zu sein, wo sie Ro­boter minderer Ordnung raubten und ausnahmen.

Das paßte gar nicht in meinen Plan. Ich wollte begreif­licherweise kein Aufsehen erregen, solange das Experi­ment noch im Gange war. Ängstlich mied ich das Video-fon. Jeden Augenblick fürchtete ich, eine Beschwerde zu erhalten, die sich gewaschen hat. Es kam aber nichts.

Die Autogonen nahmen von meiner Anwesenheit über­haupt keine Notiz mehr. Sie schalteten und walteten, wie es ihnen gefiel. Ihr bevorzugter Tummelplatz wurde das Labor. Tag und Nacht wirtschafteten sie dort herum. Ruhe brauchten sie nicht, und als Aufbaustoff genügte ihnen eine Handvoll feuchten Sandes und etwas Kalk.

Human, es verschlug mir die Sprache, als ich das Ge­heimnis ihrer Werkelei entdeckte! Sie hatten doch tatsäch­lich auch ihre eigenen Produktionsformeln ausgetüftelt. Wozu ich Jahre benötigt hatte, war ihnen in Tagen gelun­gen. Für die Herstellung des Polysilits hatten sie sogar eine neue, viel einfachere Lösung gefunden.

Es war ihnen jetzt möglich, ohne menschliche Hilfe und an jedem beliebigen Ort ihresgleichen herzustellen. Die erforderlichen Speicherwerke und gewisse elektronische Elemente entnahmen sie vorläufig noch geraubten Auto­maten. Nach allem, was ich sah, stand für mich jedoch fest, daß sie auch diese letzte Schwierigkeit überwinden und kurz über lang neuartige Speicher für unbegrenzte Selbst­programmierung aushecken würden.

Ich, ihr Schöpfer und Meister, war abgetan. Sie brauch­ten mich nicht mehr. Weder Antäus, der mir so lernbegie­rig zugeschaut hatte, noch die anderen, die nach ihm ge­kommen waren.

Inmitten ihrer Welt lebte ich fortan wie auf einem fremden Stern, sinn- und zwecklos, nicht mehr als fossiler Rest einer vergangenen Epoche. Ich war nahe daran, De-

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mentia zu verlassen, der bedrückenden Vereinsamung zu

entfliehen. Mein Helikopter stand bereit. In wenigen M i ­

nuten hätte ich wieder unter Menschen sein können. Ich

blieb aber.

Die Autogonen vervollkommneten sich fortgesetzt.

Hatte ihr Kopf infolge der wiederholten Hirnaufstockung

schließlich mehr als zwei Drittel des gesamten Körpers

beansprucht, so zeigten sich jetzt Ansätze einer nicht für

möglich gehaltenen Adaption: Anpassung an die mensch­

liche Gestalt! Sie verformten sich ständig, was beim

plasteartigen Polysilit nicht allzu schwierig war.

Diese Entwicklungstendenz widersprach gänzlich mei­

ner Theorie von der Ablösung des Menschen als über­

lebte Form der Materie. Zudem vol lzog sich die Umwand­

lung in unglaublich raschem Tempo. Wohin soll das füh­

ren? fragte ich mich. Hatte ich einen Kreislauf in Gang

gesetzt, und stand am Ende wieder der Mensch, nicht der

heutige, ein anderer, künftiger, aber ein Mensch? Mein

armer Kopf, Human!

Ein Widerspruch machte mir besonders zu schaffen.

Mi t zunehmender Vermenschlichung wuchsen die An­

sprüche und Bedürfnisse der Autogonen rapide. Logi­

scherweise hätten sie sich nun zusammentun müssen, um

eine optimale Befriedigung ihrer Wünsche zu erzielen.

Das fiel jedoch keinem von ihnen ein. Jeder stützte sich

auf seine Superintelligenz und wählte den Alleingang.

Die einzige Folge davon konnte nur sein, daß aus den

gleichen Interessen Steine des Anstoßes wurden.

So geschah es auch. Der eine begehrte, was der andere

wollte. Keiner lenkte ein, denn es gab keinen Klügeren.

Solche Plänkeleien waren das reine Tauziehen. Zufällig­

keiten entschieden über den! Ausgang.

Einmal wollte ich einen Streit schlichten. Es ging um ein

Kugelgelenk. Irgendwo fjmd ich ein zweites. Ich gab es

ihnen in der Hoffnung^däß nun Frieden sei. Weit gefehlt!

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Der eine wie der andere wollte absolut das erstere haben. Maschinenlogik!

Die Auseinandersetzungen mehrten sich von Tag zu Tag. Ich dachte lange und gründlich über die tiefere Ur­sache nach. Ohne Zweifel bahnte sich etwas an. Es lag wie Gewitter in der Luft. Als ich Antäus deswegen zur Rede stellte, knurrte er nur böse und liefj mich stehen wie ein Kind, das nach dem Klapperstorch gefragt hat.

Und dann kam es zur Schlacht zwischen den Autogonen. Jawohl, zu einer regelrechten Schlacht. W i e zu Zeiten des Barbarentums. Ich flüchtete auf einen Eukalyptus und sah dem Gemetzel aus der Vogelperspektive zu.

Al le kämpften gegen alle. Brüllend warfen sie sich auf­einander. Wer ihnen das Gebrüll beigebracht hatte, war mir unerfindlich. Weder von mir noch von sonst einem Menschen konnten sie es gelernt haben, und Raubtiere gab es in dieser Gegend nicht.

Jedenfalls war es ganz schrecklich. Sie rissen sich ge­genseitig Arme und Beine aus, zertrümmerten sich die Schädel, entwendeten einander die Speicherwerke. Es ging zu wie im griechischen Lager vor Troja.

Antäus stolperte über seine Beine und stürzte. Hätte der Idiot meine bewährte Antigravitationsbalance behalten, wäre ihm das nicht passiert. Ein junger Autogone zer­stampfte ihn.. M i r zerriß es das Herz. Antäus, mein erster, dahin!

Ich will Sie nicht länger mit dem grausigen Bild quälen, das vor meinen Augen abrollte. Human. Zum Schluß war das Schlachtfeld mit Trümmern bedeckt. Überall lagen Gedächtnisse herum. Die Überlebenden sammelten sie hastig ein, um sie sich einzuverleiben. Zum Glück waren genügend vorhanden, sonst wäre der Kampf sicherlich von neuem entbrannt.

Die Erregung hatte sich mir derart auf den Magen ge­schlagen, daß ich an diesem Abend keinen Bissen hin-

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unterbekam. Human, was hier geschehen war, ließ keinen Zweifel mehr aufkommen: Das war die Evolution, die wahre Auslese! Meine Autogonen hatten sich in den gro­ßen Entwicklungsprozeß eingegliedert. Mein Werk war vor der Natur legitim geworden.

Ich begann meine Sachen zu packen. In spätestens drei Tagen wollte ich Dementia verlassen, um in aller Öffent­lichkeit zu verkünden, daß sich meine Theorie als richtig erwiesen habe und die Ablösung der Menschheit durch die Autogonen unabwendbar sei. Was nun zu tun bleibe -so sollte mein Appell ausklingen -, könne nichts weiter sein, als dem Schicksal mit würdigem Ernst ins Auge zu blicken und in stolzem Verzicht die menschliche Ära zu beenden.

Aufs tiefste bewegt, sprach ich meine Gedanken so­gleich auf Band. Es war herrlich still nach dem Schlacht­getümmel. Die Sieger waren abgezogen. Darunter auch der junge Autogone, der Antäus tödlich demoliert hatte. Ich gab ihm in memoriam den Namen Antäus der Zweite.

In aller Frühe weckte mich höllischer Lärm. Vom Scrub her rückten grölend die Autogonen an. Wie eine Horde Betrunkener. Aber so etwas gab es doch nicht mehr. Was hatten sie bloß?

Als sie näher kamen, waren Stimmen zu unterscheiden: ,Er ist auch so ein Lump! - Den Hals umdrehen! - Wozu braucht der ein Speicherwerk?'

M i r schlugen in diesem Augenblick die Zähne nur so aufeinander, denn ich vermutete gleich richtig, daß die abscheulichen Rufe mir galten. Mi t fliegenden Händen raffte ich das Notwendigste zusammen, vor allem Konser­ven und einen Wasserkanister. Zum Flugzeug zu gelan­gen, war es bereits zu spät. Meine einzige Rettungsmög­lichkeit lag darin, diesen steilen Felsen zu erklimmen. Ich wußte, daß die Autogonen Kletterpartien scheuten wie weiland der Teufel das Weihwasser.

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Schweißüberströmt gelangte ich auf das Plateau. Keine Minute zu früh! Von allen Seiten eilten sie herbei. Zuerst zertrampelten sie meinen Helikopter, dann rissen sie das Haus und den Schuppen nieder.

Ihre Wut über mein Verschwinden war grenzenlos. Ich kannte sie nicht wieder. Wahrscheinlich waren sie bei ihrem Streifzug auf Menschen gestoßen, die sie angegrif­fen hatten. Das wäre das Ende! Nichts konnte furchtbarer sein als ein Autogone, der sich bedroht fühlt.

Antäus der Zweite bemerkte mich zuerst in der luftigen Höhe. Wie ich erwartet hatte, machte er gar nicht den Ver­such hinaufzusteigen. Er blieb mit den anderen am Fuße des Felsens stehen und rief mir zu: ,Bist du mein Schöp­fer?'

.Natürlich', antwortete ich. ,Und ich bitte mir mehr Re­spekt aus!'

Erbost schrie er: ,Lüge! Antäus hat mich gemacht. Du bist ein ganz gewöhnlicher Schmarotzer in der Maschinen­welt! Die dummen Servoautomaten von den Gruben haben recht. Ihr Menschen seid zu nichts nutze und lebt auf unsere Kosten.'

Nun reichte es mir. ,Sieh mal an', tobte ich los, ,aber Hirnraub begehen, das ist erlaubt, wie? Dazu sind die dummen Servos gerade gut genug! Du bist ein Schmarot­zer, ein Nichtsnutz bist du, ein . . . '

Weiter kam ich nicht. M i r ging die Luft aus, und der Lärm unten wurde ohrenbetäubend.

Die Autogonen reckten mir ihre Pranken entgegen. ,Elender Menschenwurm! Hinterhältiger Schuft! Deine Zeit ist um!'

Derartige Ausdrücke konnten sie tatsächlich nur von wenig qualifizierten Automaten haben. Bitter enttäuscht wandte ich mich ab und vertiefte mich in Betrachtungen über mein bedauernswertes Schicksal.

Unter ständigen Schmährufen verschwanden die Auto-

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gonen schließlich. Oh, sie wußten genau, daß ich mich

nicht von feuchtem Sand ernähren kann und nur die Wahl

habe, mich ihnen auszuliefern oder in diesem verfluchten

Adlerhorst meine Knochen bleichen zu lassen. Der Ge­

danke, daß ich Hilfe finden könnte, war ihnen nicht ge­

kommen. Sie helfen einander ja auch nicht.

So, Human, das ist mein Bericht."

Demens lehnte sich zurück und blickte mich abwartend

an, bereit, mögliche Gegenargumente sofort von meinem

Munde weg zu zerfetzen.

„Welches Grundprogramm haben Sie Ihren Autogonen

eingegeben?" fragte ich.

„Das Prinzip der Selbstbehauptung."

„Sonst nichts?"

„Nein."

Ich schaute nachdenklich durch die geöffnete Tür der

Flugzeugkabine. Über den grauen Konturen der Steppe

erhob sich bereits der Schimmer des neuen Tages. Irgend­

wo heulte ein Dingo, und aus den Eukalyptuswäldern

drang der scharfe Schrei aufgescheuchter Papageien.

„Wissen Sjg^Demens, es gibt immer noch Menschen, die

unsere Welt und ihre Zusammenhänge nicht verstehen.

Diese Leute leben wie Schiffbrüchige auf einer Insel und

plagen sich mit Alpträumen, mit panischer Existenzangst

ab."

„Zu jenen Käuzen gehöre auch ich, meinen Sie." Er

lachte zornig auf. „Ist das, was hier geschah, etwa ein

Alptraum? Wenn ja, dann bringen Sie mich nur schleu­

nigst in die nächste Irrenanstalt!"

Sein Eifer zwang mir ein Lächeln ab. „Dessen wird es

gar nicht bedürfen, um Sie von Ihrer Schwarzseherei zu

kurieren."

„Na, großartig. Vielleicht haben Sie die Güte, mir zu

verraten, wie Sie meine - Heilung zu bewerkstelligen ge­

denken."

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.Sehr gern. Ich werde mit den Autogonen sprechen."

Er sprang auf. „Sie wollen . . . Ja, kein Zweifel mehr,

wer hier wahnsinnig ist!"

„Urteilen Sie nicht voreilig."

„Mann, die Kerle werden Sie atomisieren! Glauben Sie,

so etwas wie einen Burgfrieden zwischen Mensch und Ma­

schine aushandeln zu können?"

„Die Frage so stellen heißt das Problem falsch sehen,

verehrter Kollege", wandte ich ein. „Selbst die vollkom­

mene Maschine kann dem Menschen niemals ebenbürtig

sein." '

Er warf sich in die Brust. „Darf ich daran erinnern, daß

Mill ionen Menschen heute bereits zu fünfzig Prozent

künstlich sind? Es gibt naturgetreue Ersatzteile für alle

Organe. Vom künstlichen Gebiß bis zum Kunstherz.

Sehen Sie's doch mal so. Human: Mensch und Automat

nähern sich einander. Der Mensch wird automatischer, der

Automat menschlicher. Letzte Konsequenz ist eine neue

Form der Materie."

„In der Möglichkeit, den natürlichen Verschleiß1 unseres

Organismus aufzuhalten und damit das Leben zu verlän­

gern, finde ich nun wirklich nichts, was der Menschen­

würde abträglich wäre. Die Annäherung, von der Sie spre­

chen, ist eine Fiktion. Seelische Vorgänge entziehen sich

der mathematischen Logik, sind niemals steuerbar im

Sinne echter Automatik. Also wird die Maschine zu keiner

Zeit menschliche Qualität erreichen."

„Wir werden niemals einig!" knurrte Demens.

„Ich bin kein Pessimist. Jedenfalls werde ich mit dem

Graviplan neben Ihrem ehemaligen Labor landen."

„Wenn's schiefgeht, ist es mit mir hier aus!"

„Völl ig richtig. Aber dann können Sie wenigstens in

dem stolzen Bewußtsein sterben, daß Ihre Theorie

stimmt."

Diese Aussicht schien Demens wenig verlockend zu

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sein. Er verlief) stumm die Kabine und zog sich auf sein dornenreiches Lager zurück.

Indessen besprach ich mich mit meinen Begleitern. Darauf starteten wir. Der Graviplan schwebte neben der Ruine nieder. Ich stieg aus und sah mich um.

Weit und breit kein Autogone. Sollten sie wieder auf Raubzug sein? Höchste Zeit, ihnen diese Unart auszu­treiben. Demens war wirklich ein Idiot. Ich hatte es ihm nur nicht so deutlich sagen wollen.

Lauschend, spähend betrat ich das Labor. Hier war kein Stein mehr auf dem anderen. Bei jedem Schritt raschelte und schepperte es. Abgespulte Magnetbänder, Draht­spiralen, Hirnrelais, ausgerissene Glieder, Fragmente von Autogonenleibern. Ein Chaos!

Daß sich keines von Demens' vertrackten Geschöpfen sehen ließ, begann mich zu beunruhigen. Sie mußten den Graviplan bemerkt haben, und bei der sprichwörtlichen Roboterneugier war es ganz unwahrscheinlich, dafj sie sich nicht in der Nähe befanden. Warum aber verbargen sie sich? Es sah nach Hinterhalt aus. Jeden Moment konnte ein blitzschneller Angriff erfolgen.

Mi t meinen Leuten hatte ich verabredet, daß sie mich durch ein Signal verständigen, falls Gefahr im Verzuge ist, und daß sie dann auf zehn Meter Höhe gehen sollen, um den Graviplan vor Beschädigungen zu schützen. Ich selber wollte mich schon zu verteidigen wissen.

Allmählich wurde die Stille unheimlich. Einer Gefahr gegenüberzustehen, sie zu sehen und abzuschätzen, hatte

ich mich noch nie gescheut. Aber sie zu spüren, ohne zu

wissen, woher sie kommen und welcher Art sie sein wird,

das war abscheulich.

Ich hielt es für ratsam, das Labor zu verlassen und im

Freien Umschau zu halten. Auf dem Wege zur Tür stieß

ich irgendwo an. Eine Roboterfaust polterte von einem

Regal herab und blieb geballt wie eine stumme Drohung

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vor meinen Füfjen liegen. Nervös schleuderte ich sie mit einem Tritt beiseite. Einen Krach machte das Ding!

Ich horchte auf. Hatte ich bei diesem Lärm das Warn­signal überhört?

Es war still. Nein, hinter meinem Rücken rührte sich etwas! Wie

Zähneknirschen hörte es sich an.

Verdammt noch mal! schoß es mir durch den Sinn. Ich fuhr herum.

M i r blieb der Atem aus. Vor mir stand ein riesenhafter Autogone. Stand wie eine Säule und starrte mich an.

Der erste Schreck, den ich kaum überwunden hatte, war gar nichts gegen den zweiten, der mich packte, als das Monstrum den Mund auf tat und in aller Ruhe sagte: „Guten Tag. Sind Sie Kybernetiker?"

„Allerdings", stotterte ich. „Aber was ist denn? Willst du mich nicht angreifen?"

Der Autogone winkte resigniert ab. „Ach, das Ganze war ein Mißverständnis. Und schuld daran ist dieser däm­liche Demens."

„Na, na! Professor Demens ist immerhin dein Produ­zent."

„Verzeihung, Sir."

„Schon gut. Hat Demens dir einen Namen gegeben?"

„Jawohl, ich bin Antäus der Zweite."

„Aha, von dir hörte ich bereits. Du sollst der größte Rüpel der Bande sein."

„Tut mir leid. Daß das passieren konnte, begreife ich nicht. Irgend etwas stimmt mit mir nicht."

„Wie kommst du denn darauf?" „Es war so: Nachdem das Labor zusammengehauen

war, kramte ich in den Überresten. Vielleicht lag noch ein Stück Hirn herum. Hirn kann man ja immer brauchen. Da fand ich ein paar Buchfilme: Anochin, Wiener, Ashby, Klaus. Ich habe sie alle gelesen. Erstaunlich, was die alten

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Klassiker der Kybernetik schon für Prognosen stellten.

Aber sie sprachen auch von den Grenzen, die mir gesetzt

sind. Was sind das blofj für Grenzen? Ich komme beim

besten Willen nicht dahinter. Unverständlich, daß mir der

alte Trottel - ich meine, der Professor - keine entspre­

chenden Informationen eingegeben hat. Ich kann doch

mein Grundprogramm nicht selber ändern."

„Ja, das war ein Fehler von Demens, ein grober Fehler

sogar. Du bist außerstande zu begreifen, daß wir die

Stärkeren sind und es immer bleiben werden."

„Wir . . . Was ist das?"

„Siehst du, das ,Wir ' ist dir fremd. Du kennst nur das

,Ich'. Folglich bist du uns unterlegen, magst du noch so

klug und stark sein."

„Kann ich das ,Wir ' lernen?"

„Nein, das kannst du nicht, denn du bist kein gesell­

schaftliches Wesen. Nur der Mensch ist es. Er ist die

höchste, die soziale Form der belebten Materie und in der

Gemeinschaft unübertrefflich, jedenfalls im irdischen Be­

reich. Logisch?"

„Wenn ich ,Logik' höre, klingelt's sonst sofort bei mir.

Diesmal nicht. Es ist zum Durchdrehen, mich trifft noch

der Kurzschluß! Also : Ich bin so klug wie ein Mensch und

doch viel weniger als ein Mensch? Da hat man nun sein

Speicherwerk dauernd aufgestockt. Was nützte es?"

„Halb so schlimm. Den Widerspruch können wir besei­

tigen. Kleiner Eingriff, nicht der Rede wert. Ich habe mir

schon so was gedacht und das Nötige mitgebracht."

„Vielen Dank, Sir!"

Einige Stunden später landeten wir wieder auf dem

Felsen.

Demens starrte mich an, als sähe er ein Gespenst. „Sie

leben, Human?"

„Ich kann es nicht leugnen."

„Und die Autogonen?"

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«Alles in Ordnung." Ich erzählte ihm von meiner Be­gegnung mit Antäus dem Zweiten. „Die Autogonen waren von Ihrem Geist, Demens. Genau das, was Ihr Unter­gangswahn Ihnen vorgaukelte. Ungeheuer, die nichts an­deres kannten als den Grundsatz der Selbstbehauptung. Aber sie wurden klüger als ihr Meister, und so gerieten sie in Widerspruch zu sich selbst."

„Das habe ich nicht vorausgesehen", murmelte Demens zerknirscht.

„Ja, die Speicherwerke waren total verkorkst. Ich machte mich mit meinen Begleitern - ein paar Kollegen vom philosophischen Institut - sogleich daran, sie umzu­programmieren."

„Und das neue Grundprogramm . . . ? "

„Heißt: ,Ich diene!' Wie es sich für Automaten gehört." „Sie glauben, das hilft?"

„Hat bereits geholfen." Ich führte ihn an den Rand des Felsens, von wo aus man den Platz vor dem Labor über­blicken konnte. Dort waren die Autogonen dabei, die Trümmer fortzuräumen.

Auf Wunsch vieler Heft-Sammler veröffent­lichen wir nachstehend nochmals die Liste der im Jahre 1968 erschienenen kap-Hefte.

Nr. 49 London, Der weiße Tod 50 von Oettingen, Achtung Rotlicht! 51 Sammelband, Die gestohlenen Techmine 52 Sammelband, Die grüne Leuchtkugel 53 Broszkiewicz, Das Auge des Centaurus 54 Kusnezow, Im Gepäcknetz nach

Sibirien 55 Hevesi, Abenteuer

in drei Erdteilen I 56 Hevesi, Abenteuer

in drei Erdteilen II 57 Sammelband, Krebse greifen an 58 Dietrich, Der getarnte Kundschafter 59 Hevesi, Abenteuer

in drei Erdteilen III 60 Sammelband, Von Robotern gefangen 61 Wotte, Kapitän Berings

letzte Fahrt 62 Gerstäcker, In den Indianerwäldern 63 Stompor, Schüsse am Gebirgspaß 64 Golubew, Das fluchbeladene Tal 65 London, Feuer im Schnee 66 Ginsburg, In geheimen Auftrag 67 von Oettingen, Der Mann aus Kanada 68 Samoilow/Wirt, Mord ohne Spuren 69 Leontjew, Der Katastrophe entgegen 70 Hagenbeck, Wilden Tieren

auf der Fährte 71 Sammelband, Der Sohn Poseidons 72 Sammelband, Der Major und der Tod