AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019...

215
2019 AUßEN STELLEN BERICHT

Transcript of AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019...

Page 1: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

2019AUßENSTELLENBERICHT

Page 2: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

17 Außenstellen

5 Deutsche Wissenschafts- und Innovationshäuser (DWIH)

42 Informationszentren (IC)

DAAD-Zentrale Bonn und Büro Berlin

426 Lektorate

London Brüssel

Paris

Kairo

Mexiko-Stadt

Madrid

Santiago de Chile

Bogotá

San José

San Francisco

São Paulo

Buenos Aires

Toronto

Rio de Janeiro

New York Rom

Athen

Tel Aviv AmmanBeirut

ErbilEriwan Baku

TeheranIslamabad

Chennai

Pune

Dhaka

Singapur

Guangzhou

Seoul

Ho-Chi-Minh-Stadt

Kuala Lumpur

Taipeh

Sydney

Bangkok

Shanghai

Colombo

AlmatyBischkek

TaschkentTiflis

Riga

Mumbai

Bangalore

Bonn

Berlin Warschau

Nairobi

Hanoi

Jakarta

Peking

Moskau

Neu-Delhi

Tokyo

Prag

Minsk

Kiew

Kasan Nowosibirsk

St. Petersburg

BudapestBukarestBelgrad

IstanbulAnkara

Ostjerusalem

Addis AbebaAccra

Yaoundé

Johannesburg

Tunis

DAAD-PRÄSENZ WELTWEIT

Latein-amerika:

31

Nord-amerika:

19

Afrika Subsahara:

23Asien,

Pazifik: 60

Osteuropa, Zentralasien und

Südkaukasus: 68

West-, Mittel- und

Südosteuropa: 195

Nahost, Nordafrika:

30

Stand: Dezember 2019

10 Information Points (IP)

Page 3: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

AUßENSTELLENBERICHT2019

Page 4: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

DER DAAD AUF EINEN BLICK – 2019

1.545.000Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019

1.060.000Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019

33.000 weltweit eingeschriebene Studierende in deutschen transnationalen Bildungsangeboten

DAAD-Zentrale in Bonn sowie ein Hauptstadtbüro in Berlin

17Außenstellen in Partnerländern weltweit

426Lektorate an Hochschulen im Ausland

5Deutsche Wissenschafts- und Innovationshäuser (DWIH)

161Alumni-Vereine in aller Welt

5Exzellenzzentren weltweit

20interdisziplinäre Zentren für Deutschland- und Europastudien an ausländischen Hochschulen

52Informationszentren und Information Points auf allen Kontinenten

Page 5: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

AFRIKA

AMERIKA

ASIEN

EUROPA

4 Vorwort

6 KAIRO

20 NAIROBI

34 MEXIKO-STADT

48 NEW YORK

60 RIO DE JANEIRO

72 HANOI

86 JAKARTA

100 NEU-DELHI

114 PEKING

128 TOKYO

142 BRÜSSEL

156 LONDON

168 MOSKAU

180 PARIS

192 WARSCHAU

206 Adressen

Inhalt

Page 6: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

LIEBE LESERINNEN UND LESER,

dieser Band umfasst Berichte aus fünfzehn Län-dern. Einige von ihnen liegen Deutschland nä-her, andere deutlich ferner. Nichts aber scheint aus heutiger Sicht so fern zu liegen wie das Jahr 2019: wohl niemand hätte am Ende des letzten Jahres damit gerechnet, dass unser gesamtes gesellschaftliches Leben und das Förderhandeln des DAAD im ersten Halbjahr 2020 im Zeichen einer vollkommen neuen Herausforderung ste-hen würden: der weltweiten Corona-Pandemie und ihrer Bekämpfung. Die Folgen können wir heute kaum absehen, und sie werden uns noch lange begleiten. Insofern lesen sich Berichte aus dem vergangenen Jahr wie aus einem größeren, historischen Abstand. Gleichwohl sind die Fra-gen, Debatten und internationalen Trends wich-tig zu kennen. Sie werden wieder auf die Tages-ordnung kommen, wenn der Blick frei wird für Themen, die sich nicht unmittelbar auf Gesund-heitsschutz und Virologie beziehen.

Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Exzellenz waren 2019 ebenso wie in Deutschland zentrale Themen in vielen Wissenschaftssystemen. Die Leiterinnen und Leiter der DAAD-Außenstellen aus fünf Kontinenten berichten etwa, wie die deutsche Energiewende in Indien und Ägypten diskutiert wird oder dass Universitäten in den Vereinigten Staaten das Thema Klimawandel aktiv aufgreifen und Lösungen mithilfe künstli-cher Intelligenz erkunden.

Rund um den Globus beschäftigen sich Hoch-schulen und Wissenschaftsministerien mit der

schnell zunehmenden Digitalisierung. In Japan entwickelte die Regierung eine neue Strategie für eine „Society 5.0“ auf KI-Basis. Informatio-nen zum Aufbau neuer KI-Cluster finden sich in den Berichten aus Ägypten, Indien oder In-donesien. In Mexiko stand „Industrie 4.0“ im Vordergrund, in China die umfassende Daten-erhebung, die – ethisch nicht unproblematisch – ganz neue Big-Data-Auswertungen ermöglicht. In Russland hingegen wurde die Abkoppelung des nationalen Internets kontrovers diskutiert.

Exzellenzförderung wird vor allem in Asien wei-ter ausgebaut. Dabei geht es häufig nicht allein um zusätzliche Mittel, sondern auch um die Ge-währung größerer Autonomie. In Japan kam mit der Hitotsubashi-Universität eine siebte „desig-nierte Hochschule“ dazu, in Indonesien wurde entschieden, 20 neue „Institutions of Eminence“ auszuwählen, in Vietnam wird exzellenten Hochschulen erstmals weitgehende Unabhän-gigkeit gewährt. Auch in anderen Regionen wur-den Exzellenzinitiativen mit oft klangvollen Na-men weiterentwickelt: etwa das „Projekt 5/100“ in Russland oder „Future-se“ in Brasilien.

Weltweit müssen Hochschulen immer stärker nachweisen, welchen Nutzen sie bringen. Pra-xisorientierung wird großgeschrieben: In Mexi-ko haben viele Hochschulen neue Technologie-transferzentren eingerichtet, in Ägypten wurde die „German International University of Applied Sciences“ (GIU AS) gegründet. Es gibt jedoch auch Gegenbewegungen: In Japan etwa haben

› Christian Müller Stellvertretender Generalsekretär des Deutschen akademischen austauschdienstes

4 Vorwort

Page 7: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

vier Nobelpreisträger in einem offenen Brief er-läutert, warum gerade in Wissensgesellschaften auch die Grundlagenforschung weiter intensive Förderung verdient.

Wissenschaftsfreiheit und Hochschulautonomie waren auch 2019 wieder unter Druck. In Brasili-en beeinflusste die Bolsonaro-Regierung die Er-nennung neuer Hochschulpräsidenten, in China hielt Ideologie Einzug in immer mehr Fachbü-cher. Kritische Diskussionen konnten wir auch auf der DAAD-Alumnikonferenz „Shrinking Spa-ces“ in Vietnam beobachten. Eine eigene Facette bekam das Thema in den Vereinigten Staaten. Präsident Trump bestätigte durch einen Erlass die eigentlich selbstverständliche Redefreiheit an Hochschulen. Damit wollte er offenbar beto-nen, dass auch politisch nicht korrekte Äuße-rungen an Universitäten erlaubt sein sollten.

Einige Länder sahen auch die wachsende inter-nationale Zusammenarbeit als potenziell be-drohlich: Die Außenstelle Peking muss sich seit vergangenem Jahr Gespräche mit chinesischen Partnern vorher genehmigen lassen.

Trotz der mancherorts zunehmenden Kontrolle wurde Internationalisierung weiter in fast allen Berichtsländern aktiv gefördert. In Frankreich vergab „Campus France“ an weitere Hochschu-len sein Internationalisierungslabel, das den Zugang zu vielen Fördermitteln erleichtert, Ka-nada verabschiedete eine neue Internationali-sierungsstrategie, vietnamesische Hochschulen holten sich Rat beim DAAD zu den Dimensionen der Internationalisierung. Der bevorstehende Brexit führte zu einer Solidarisierung der euro-päischen Hochschulen. Um dem denkbaren Ende von Horizont 2020 und Erasmusförderung rechtzeitig entgegenzuwirken, stärkten 2019 vie-le Einrichtungen bewusst die bilateralen Bezie-hungen zu ihren britischen Partnern.

In einer komplexeren Welt nahmen 2019 Aufgaben und Handlungsfelder für Fördereinrichtungen von Internationalisierung weiter zu. Die Strukturen des DAAD sind darauf gut vorbereitet. Die Außen-stellen halten den Kontakt mit den Partnern vor Ort, sie beobachten die politische, wirtschaftli-che, soziale und hochschulpolitische Situation im

jeweiligen Gastland und stellen diese Expertise den deutschen Hochschulen zur Verfügung.

Umgekehrt bieten sie den Hochschulen, Wis-senschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Stu-dierenden und Ministerien in den Gastländern Informationen und Beratung über das deutsche Hochschulwesen und die Studienmöglichkeiten in Deutschland. Dabei arbeiten sie eng mit den deutschen Botschaften, dem Goethe-Institut, der Alexander von Humboldt-Stiftung, den Hochschulen und anderen Wissenschaftsorgani-sationen zusammen.

Für die Internationalisierungsstrategien der deutschen Hochschulen ist differenziertes Wis-sen über Wissenschaftssysteme, Standorte und zuverlässige Partner dringend erforderlich. Hier leisten neben den Außenstellen und den In-formationszentren die vom DAAD vermittelten Lektorinnen, Lektoren, Dozentinnen und Do-zenten eine wichtige und einzigartige Arbeit.

Die Berichte der Außenstellen und der Jahres-bericht des DAAD stehen Ihnen auf der Website (www.daad.de/berichte) auch elektronisch zur Verfügung. 2019 haben zwei weitere Außenstellen ihren Betrieb aufgenommen, Amman und Bogotá. Ab dem kommenden Jahr wird diese Publikation somit auch auf diese beiden Länder eingehen.

Zusätzliche Informationen zu einzelnen Län-dern und Programmen finden Sie dort und auf den Seiten des neuen „Kompetenzzentrums für Internationale Wissenschaftskooperationen“ un-ter www.daad.de/kompetenzzentrum.

Ich wünsche Ihnen eine erkenntnisreiche und spannende Lektüre der Außenstellen-berichte 2019!

Ihr

Christian Müller Bonn, im april 2020

5Vorwort

Page 8: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

KAIRO

aFrIKaKairo6

Page 9: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

aFrIKaKairo 7

Page 10: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Die Stimmung im Land und die Selbstdarstellung unterliegen unterschiedlichen Narrativen: Re-formeuphorie und Aufbruchstimmung in Politik, Bildung und Wirtschaft sowie die allgegenwärti-ge Strategie in Bezug auf die Sicherheit des Lan-des und die Rolle Ägyptens diesbezüglich in der Region flankieren beunruhigende Zahlen, was die Armut im Land betrifft. Derzeit leben rund 33 Prozent der Bevölkerung unter der Armuts-grenze, verglichen mit knapp 28 Prozent in 2015.

Sicherheit ist oberste Priorität. Der Staat de-monstriert überall Stärke, das Militär ist om-nipräsent, auch im Alltag. Der landesweite Aus-nahmezustand besteht weiter und beschränkt die Rechte der Ägypterinnen und Ägypter. Wie der Staat mit seinen politischen Gegnerinnen und Gegnern umgeht, ist bei externen Beob-achterinnen und Beobachtern Dauerthema. Dennoch nimmt Ägypten in der Region und für europäische Partnerländer eine Vorreiter-rolle als Garant für Sicherheit im Kampf gegen Terrorismus, illegale Migration und Schmuggel

ein. Präsident El-Sisi spielt eine aktive Rolle im Friedensprozess in Nahost und stößt mit seinem militärischen Engagement im Sudan und in Li-byen zur Wiederherstellung von Stabilität und Sicherheit auf positive Reaktionen.

Das Ergebnis des Referendums bezüglich der Verfassungsänderungen im April 2019 war keine Überraschung, die Macht des Staatspräsidenten ist gestärkt. Rund 89 Prozent der abgegebenen Stimmen waren pro El-Sisi, der nun bis zum Jahr 2030 weiterregieren kann. Regimekritike-rinnen und -kritikern ist damit erst einmal der Wind aus den Segeln genommen.

Der starke Staat steht nichtsdestotrotz auch für Stabilität und Normalität, muss das Land doch dringend in Bezug auf bereits angestoße-ne Wirtschaftsreformen nach außen beweisen, dass es vorangeht. Die ägyptische Wirtschaft ist die am schnellsten wachsende in Nahost, auch wenn die Bekämpfung der Armut die größte Herausforderung für das Land bleibt.

} Das Land am Nil erlebt ein Comeback im Tourismus und ist wieder ein attraktiver Standort für Investoren. Die Regierung treibt notwendige und selbst auferlegte Wirtschaftsreformen voran. Die Bildungs- und Hochschulpolitik tragen die Label Innovation und Internationalisierung. Gleichzeitig wird das Land mit harter Hand regiert. Absolute Regierungstreue ist ein Muss und gilt vielen als Garant für Stabilität und Fortschritt in einem Land, das vorankommen will.

INNOVATION UND MACHT: AUFBRUCH VERSUS KONTINUITÄT IM LAND DER PHARAONEN

Isabell Mering leitet die Außenstelle Kairo seit Oktober 2018. Die Vertretung des DAAD in Ägypten öffnete 1960 ihre Pforten und ist auch für den Sudan zuständig.

aFrIKaKairo8

Page 11: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Entwicklungsprognosen für 2020 sehen reale Zunahmen der Wirtschaftsleistung von rund fünf Prozent, Devisenzuflüsse stärkten den Wert des ägyptischen Pfunds nach der Abwertung der vergangenen Jahre.

Megabauprojekte erscheinen wie eine Obsession, sind aber öffentlichkeitswirksam und beflügeln im In- und Ausland den Eindruck von Fortschritt: Der Bau der neuen administrativen Hauptstadt schreitet voran, die Regierung will bis Mitte 2020 umziehen, das Grand Egyptian Museum steht kurz vor der Eröffnung und die vielmals propa-gierte friedliche Koexistenz zwischen Muslimen und Christen scheint Alltag zu sein.

Die Entwicklungen werden international gelobt, auch in Deutschland. Starke Wirtschaftskoope-rationen bestehen bereits oder sind auf dem

Weg, viele Unternehmen engagieren sich in der Berufsausbildung, die deutschen Investitionen in Ägypten steigen. Mit dem Bundesministeri-um für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat Ägypten im November fünf Kooperationsabkommen zur Förderung erneu-erbarer Energien und der beruflichen Bildung unterzeichnet, im Dezember folgte eine Ver-einbarung zur Qualitätssicherung in der land-wirtschaftlichen Produktion. Die Darstellung Ägyptens als Tor nach Afrika nahm durch die ägyptische Präsidentschaft der Afrikanischen Union an Fahrt auf und bietet nun günstige Rah-menbedingungen für engere Verbindungen auf dem Kontinent.

Auch wenn Fortschritt und Innovation Schlagwörter der Stunde sind, bleibt die in-nenpolitische Situation äußerst angespannt.

› haupthalle des Ägyptischen Museums am historischen tahrir-Platz in Kairo.

aFrIKaKairo 9

Page 12: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

CAIROBI TALKS III: Appell für mehr Women Empowerment

Es war eine Premiere für die beiden Leiterin-nen der Außenstellen Nairobi und Kairo, Beate Schindler-Kovats und Isabell Mering, und ein Höhepunkt der grenzüberschreitenden Alum-niarbeit: Im November 2019 wurde das erfolg-reiche Format der CAIROBI TALKS fortgesetzt. Alumni aus den Nil-Anrainerstaaten waren ein-geladen, sich mit Beiträgen zum Thema „Wo-men in Leading Positions – Multi-disciplinary Perspectives from along the Nile” einzubringen.

Geschlechtergerechtigkeit ist auch im 21. Jahr-hundert keine Selbstverständlichkeit, sondern globale Herausforderung. Der Zugang zu Hoch-schulen gilt dabei als eine der Grundlagen und Voraussetzungen, um Geschlechtergerechtig-keit zu garantieren. Nichtsdestotrotz verlaufen die Karrierewege von Frauen oft weniger erfolg-reich als die ihrer männlichen Kollegen.

Ausgehend von diesen Thesen wollte „CAIROBI III“ Einblicke gewähren, wie die Situation der Frauen in Bezug auf Führungspositionen insbe-sondere im Hochschulbereich in den Nil-Anrai-nerstaaten aussieht. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Ägypten, Kenia, Uganda, Soma-lia, dem Sudan und Deutschland diskutierten interdisziplinär und kontrovers über ihre Er-fahrungen, regionale Perspektiven, Herausfor-derungen, erfolgreiche Projekte sowie die Rolle der Hochschulen und der Forschung bei der Schaffung von Geschlechtergerechtigkeit und Gleichstellung der Geschlechter.

Beiträge zur Geschlechterforschung waren ebenso Teil der Diskussionen wie eine kom-parative Betrachtung der Rechtssysteme zur Stärkung der Rolle der Frau in den unterschied-lichen Ländern, was sich aufgrund der Vielfalt der Perspektiven bestens als Erfahrungsaus-tausch anbot. Neben der Erörterung des Status quo bot die Konferenz eine perfekte Plattform, sich untereinander zu vernetzen, gemeinsame Ideen zu entwickeln und Projekte anzustoßen. Hier leisten beide Außenstellen einen wertvol-len Beitrag zur Förderung einer überregionalen und innovativen Alumniarbeit. Die gemeinsa-me Konferenz gilt auch als gelungenes Beispiel für eine erfolgreiche Süd-Süd-Kooperation. Ein Mehr an Dialog, Zusammenarbeit und Frauen-förderung ist sinnvoll und notwendig, weitere Initiativen sind mehr als willkommen!

› women Empowerment und erfolgreiche Süd-Süd- Vernetzung: Zwei außenstellen-teams und Gäste aus sechs ländern gemeinsam engagiert für mehr Geschlechter-gerechtigkeit – Follow-up unbedingt erwünscht!

aFrIKaKairo10

Page 13: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Am 4. August erschütterte ein Anschlag mit ei-ner Autobombe mit mindestens 20 Todesopfern und zahlreichen Verletzten das Zentrum Kairos. Das Thema Meinungs- und Pressefreiheit se-hen in- und ausländische Interessenverbände äußerst kritisch, die sozialen Netzwerke stehen unter massiver Beobachtung. Das Thema Men-schenrechte ist heikles Dauerthema.

Die nach außen demonstrierte Stabilität ist brüchig. Dies zeigten auch die Proteste gegen die Staatsführung im September, die in Kairo schwerpunktmäßig im Epizentrum der Revoluti-on von 2011 am Tahrir-Platz stattfanden. Es war das erste Mal seit Jahren, dass die Ägypterin-nen und Ägypter ihrem Unmut öffentlich Luft machten und das harte Durchgreifen des Staates sowie soziale Ungleichheiten und Armut an-prangerten – das Ergebnis war vorauszusehen. So schnell sich die Proteste entwickelt hatten, so schnell ebbten sie auch wieder ab – teils der Repressalien und der Verhaftungswelle wegen, teils vielleicht auch, weil es den Demonstrieren-den an konkreten Perspektiven fehlt.

Der Hochschulsektor

Die für die Arbeit der Außenstelle relevanten Minister Prof. Dr. Khaled Abdel Ghaffar (Hoch-schulen, Forschung) und Dr. Tarek Shawki (Bildung, Ausbildung) handeln gemäß staat-lichem Reformauftrag und bringen wichtige Projekte auf den Weg. Das ambitionierte Vor-haben einer kompletten Neustruktuierung des Bildungswesens von Minister Shawki schreitet voran. Auch der DAAD leistete hierzu mit einer Fact Finding Mission zum Thema Lehramt ei-nen Beitrag. Das Jahr 2019 hatte El-Sisi als „Year of Education“ deklariert. Höhepunkt bildete das „Global Forum for Higher Education and Scientific Research“, das zahlreiche Trends des

GErManIStIK: alMEna3 UnD FoKUS FaChSPraChE

60 Germanistinnen und Germa-nisten kamen im Juni zur dritten alMena-Konferenz mit dem the-ma „Sprachkontaktsituation ara-bisch-Deutsch“. Im Zentrum standen der Einfluss des Arabischen auf Zweit- und Drittspracherwerb, kontrastive Forschungsansätze und Didaktik im DaF-Bereich. Vor allem nachwuchs-kräfte waren der Ausschreibung ge-folgt. am stärksten vertreten war die algerische Germanistik, hinzu kamen Vortragende aus Ägypten, Deutsch-land, Jordanien und dem oman. Eine Paneldiskussion zu studienbegleiten-

dem Fachsprachenunterricht rundete das Programm ab. anlass waren die Überlegungen der ägyptischen re-gierung, Fachsprachenunterricht für Deutsch flächendeckend in die Curri-cula ingenieurwissenschaftlicher und medizinischer Fächer zu integrieren.

Um Fachsprache ging es auch in einem Sondermodul der DKa für die Germanistik im Juli: „Studien-begleitender Deutschunterricht – Konzepte und Methoden für den Deutschunterricht mit Fachbezug“ lautete der titel der workshops,

die ein deutsch-ägyptisches trai-nerteam leitete. Prof. Dr. Christian Krekeler von der htwG Konstanz und Prof. Dr. tarik Bary von der ain-Shams-Universität erörterten das themenfeld und gaben neue Impulse für den Unterricht. neben dem theoretischen Input disku-tierten die teilnehmerinnen und teilnehmer im praktischen teil didaktische Fragen. Methoden des studienbegleitenden Deutschunter-richts mit Fachbezug wurden vorge-stellt und erprobt.

› Ein Plädoyer für mehr Praxisbezug: Das DKa-Modul zu studi-enbegleitendem DaF-Unterricht und Fachsprache führte die teilnehmergruppen neben den fachlichen aspekten auch in das thema Beschäftigungsfähigkeit ein. Ergeben sich hier neue Perspektiven für die Germanistik in Ägypten?

aFrIKaKairo 11

Page 14: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Internationalisierungsdiskurses abdeckte – ein öffentlichkeitswirksames Event, das Ägypten als attraktiven Standort für internationale Partner zeigen sollte. Das Hochschulministerium prä-sentierte sich vor der Staatsführung und der Welt in Bestform und betonte seinen Willen, Capacity Building und internationale Hochschulpartner-schaften zu stärken.

Das Tor nach Afrika öffnete Ägypten im Som-mer nicht nur für den Afrika-Cup: Im Juli fand an der Al-Azhar University die gut etablierte COREVIP-Konferenz („Conference Of Rectors, Vice-Chancellors And Presidents Of African Uni-versities“) in Zusammenarbeit mit der Associa-tion of African Universities statt. Ägypten strebt an, künftig mehr Studierende aus Subsahara- Afrika für ein Studium in Ägypten zu gewinnen.

Binationale Hochschulen zu gründen und in-ternationale Universitäten im Land anzusiedeln sind ebenfalls Teil der Agenda. Erster Meilen-stein ist die Grundsteinlegung und der Start des Vorbereitungsjahres der GIU AS, der German International University of Applied Sciences, die nach dem Modell deutscher Hochschulen für angewandte Wissenschaften arbeiten soll. Auf-grund des geringen Praxisbezugs an den hiesi-gen Massenuniversitäten gewinnt dieses Modell immer mehr an Bedeutung. Ägypten hat bereits drei Universities of Technology aus der Taufe ge-hoben und wünscht eine engere Kooperation mit deutschen Hochschulen für angewandte Wissen-schaften (HAW). Die zusätzliche Gründung spe-zifischer Exzellenzzentren konzentriert sich auf innovative Themen. Von Interesse ist auch Capa-city Building in den Feldern Medizin, Digitalisie-rung, Raumfahrt und künstliche Intelligenz.

Trotz dieser Aufbruchstimmung schwelt auch im Innern der Hochschulen Unmut: Im August 2019 forderten ägyptische Hochschullehrende in den sozialen Medien bessere Gehälter und Ren-ten sowie ein höheres Budget für wissenschaftli-che Forschung.

Der starke Wille nach mehr internationaler Kooperation wird bisweilen auch durch Sicher-heitsaspekte konterkariert. Restriktionen und Kontrollmechanismen schränken Forschung und Mobilität ein, eine Verkürzung langwieri-ger Verfahren bei Sicherheitsgenehmigungen ist nicht in Sicht. Internationale Medien beklagen mangelnde akademische Freiheit, Verhaftungen und Ausreiseverbote sorgen nicht selten für ein Klima der Angst auch in der Wissenschaft.

Die politischen Proteste hatten ebenfalls Aus-wirkungen auf den Hochschulsektor: Nach der vorübergehenden Festnahme zweier Gaststudie-render der Universität Edinburgh forderte die Hochschulleitung ihre Studierenden auf, Ägyp-ten aus Sicherheitsgründen umgehend zu ver-lassen. Der Fall Giulio Regeni stand 2019 weiter bilateral auf der politischen Agenda. Durch die Verhaftungswelle rund um die Proteste im Sep-tember erhielt er – verständlicherweise – weite-ren Zündstoff.

› Der Bundestagsabgeordnete Dr. norbert röttgen konnte sich 2019 ein Bild von der arbeit der außenstelle machen, hier im Bild unter anderem mit DaaD-Generalsekretärin Dr. Dorothea rüland, Prof. Stephan Seidlmayer, Deutsches archäologi-sches Institut und anne Eberhard, Goethe-Institut.

› Brennpunkt Klimawandel und Stargast beim DaaD: Prof. Stefan rahmstorf referiert vor begeistertem Fachpublikum in Kairo.

aFrIKaKairo12

Page 15: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Diese Beispiele lassen sich einerseits als nicht rosige Zeiten für die ägyptische Hochschul- und Forschungslandschaft interpretieren. Anderer-seits kommen internationale Wissenschaftlerin-nen und Wissenschaftler ins Land – das ist ein Beweis für gelebte Science Diplomacy jenseits aller Barrieren. Dies gilt auch für das Interesse an deutsch-ägyptischer Wissenschaftszusam-menarbeit und lässt sich durch neue Projektini-tiativen und die große Anzahl an Bewerbungen für DAAD-Förderprogramme wie die Deutsch- Ägyptische Fortschrittspartnerschaft belegen.

Dass es zwischen Ägypten und Deutschland im Hochschulbereich eine gute Tradition der Zu-sammenarbeit gibt, ist unbestritten. Ein weite-res Plus könnte das geplante Regierungsabkom-men zu Hochschulkooperationen sein, das eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe unterstrei-chen würde, zumal die Inhalte exakt die Punkte wider spiegeln, die sich Ägypten im Rahmen der eigenen Internationalisierungs- und Innovati-onsbemühungen auf die Agenda gesetzt hat.

Die DAAD-Arbeit vor Ort

Die Expertise des DAAD wird allseits geschätzt. Die Nachfrage nach wöchentlichen Informa-tions-Sessions zu Studium und Forschung in Deutschland sowie der Bedarf an individueller Beratung sind konstant. Das Interesse an einem Studium in Deutschland ist nach wie vor groß, Braindrain ist nicht ausgeschlossen.

Der etablierte Studieninformationstag für deut-sche Auslandsschulen war sehr gut besucht und erfährt wachsenden Zuspruch auch seitens deut-scher Hochschulen, die dort gerne Werbung für ihre Standorte und ihr Portfolio machen. Insge-samt 13 Hochschulen nahmen die Gelegenheit wahr, sich in Kairo zu präsentieren. Im Bereich Hochschulmarketing standen zudem Messebe-teiligungen, Fachveranstaltungen, Eltern abende sowie die Web-Seminar-Reihe „Study in Europe“ auf der Agenda der Außenstelle.

BEITRAG ZU EDUCATION 2.0

Eine besondere Mission an der Schnittstelle der Arbeit des Bildungs- und des Hochschulministeriums fand im Herbst in Kairo mit einer neunköpfigen Expertenkommission für Lehreraus- und -fortbildung aus Deutschland statt. Die Fact Finding Mission zielte darauf ab, Einblicke in das hiesige System der Lehrer-bildung zu gewinnen. Das deutsche Modell gilt als Vorbild für Ägypten: Bildungsminister Shawki wünsch-

te sich explizit Rückmeldungen und Expertise einer deutschen Exper-tengruppe, zumal er das nationale System der Lehreraus- und -fortbil-dung im Rahmen einer umfassenden Bildungsreform modernisieren und komplett neu aufstellen will.

Spannend bleibt hier die Schnittstel-le und notwendige Vernetzung zweier Ministerien. Eine enge Zusammenar-beit ist für die Implementierung der

Reform unabdingbar, zumal Schulen, Weiterbildungsinstitutionen und Fa-kultäten bei der Grundausbildung für Lehrkräfte gleichermaßen gefordert sind. Voraussetzung sind intensi-ve Kommunikation und gelungene Absprachen. Möglichkeiten einer DAAD-Unterstützung und Koopera-tionspotenzial könnten sich neben Beratung und Netzwerkarbeit im Be-reich der akademischen Lehreraus-bildung ergeben.

› Corporate Identity im besten Sinne: An der Abschlussbesprechung zur FFM nahm auch

MdB Dr. Karamba Diaby als Gast teil. Hier im Bild mit dem Vizepräsidenten der PH Ludwigsburg, Prof. Jörg Kessler,

und Dr. Michael Krüger, die ebenfalls im Rahmen des INEMA-Projekts in Kairo engagiert sind.

AFRIKAKairo 13

Page 16: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Das Highlight im Bereich Forschungsmarke-ting war das Format „Dinner Talk“ mit dem Titel „The Underrated Climate Change“. Als Gastred-ner gewährte der Klimaforscher Prof. Dr. Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klima-folgenforschung einem ausgewählten Publi-kum Einblicke in Klimaforschung und Klima-wandel und diskutierte mit den Gästen. Stefan Rahmstorf zählt zu den profiliertesten Klimafor-schern und Ozeanographen unserer Zeit und ist einer der Leitautoren des 2007 veröffentlichten Vierten Sachstandsberichtes des Weltklimarates (IPCC), der mit dem Friedensnobelpreis ausge-zeichnet wurde.

Die Nachfrage nach Modulen der DAAD Kairo Akademie (DKA) ist groß. Im Sinne einer nach-haltigen Entwicklung der Capacity-Building- Angebote setzt die Außenstelle mittlerweile bei Basis-Angeboten auf Multiplikatorenworkshops und Train-the-Trainer-Maßnahmen, zum Beispiel zu den Themen Statistiksoftware und Proposal Writing. Mittlerweile melden auch Ministerien Interesse an speziellen Angeboten für ihre Ver-waltung an. Mit einem Sondermodul zum Thema „Employability“ reagierte die Außenstelle auf den Bedarf der hiesigen Hochschulen, ihre Curricula anwendungsorientierter zu gestalten.

Die Alumniarbeit ist ein zentraler Aspekt in Kairo. Um über die Grenzen Deutschlands hin-auszublicken, organisierte die Außenstelle zum ersten Mal einen „EU Science Talk“, um die ägyp-tischen Alumni auf europäischer Ebene stärker zu vernetzen und auf Fördermöglichkeiten der EU hinzuweisen. Über eine Veranstaltung zu er-folgreichen Projekten aus dem Medizinbereich

› Junge talente für wissen schaft und Innovation: Das Falling walls lab Egypt begeisterte ein interessiertes Publikum vor beeindruckender Kulisse im „Beit al Sinnari“ in Downtown Kairo. 2019 verzeichnete Ägypten die zweithöchste anzahl an Bewerberinnen und Bewerbern weltweit.

› Deutsche nach Ägypten: Das Interesse an einem auslands-semester oder -jahr steigt auch bei Studierenden. Für das Studienjahr 2018/19 konnte der DaaD 19 wafedin-Stipendia-tinnen und -Stipendiaten in Kairo begrüßen, im herbst 2019 waren es 26 engagierte Studierende.

aFrIKaKairo14

Page 17: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

legte die Außenstelle den Fokus auf Third Mis-sion und die Wirkung von Forschungsprojek-ten für die Gesellschaft. Ein besonderer Höhe-punkt war die Organisation der dritten „CAIROBI TALKS“ im November in Kairo. Eine Einbin-dung der Alumni in die Arbeit der Außenstelle erfolgt auch über das Programm für „Research Ambassadors“, die als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren landesweit die Arbeit des DAAD unterstützen. Die Kooperation mit dem Go-ethe-Institut zur Förderung des Wissenschafts-journalismus führte die Außenstelle ebenso wei-ter wie die Zusammenarbeit mit der Deutschen Botschaft im Rahmen der „CAIRO CLIMATE TALKS“.

Das Falling Walls Lab Egypt zog einmal mehr junge Talente in seinen Bann: Insgesamt gingen knapp 140 Bewerbungen ein, zwölf Finalistin-nen und Finalisten präsentierten ihre innovati-ven Ideen vor der Jury und mehr als 200 Gästen.

In der Individualförderung stehen für Ägypten derzeit nur die beiden kofinanzierten Stipen-dienprogramme „German Egyptian Research Short-Term Scholarship“ (GERSS) und „German Egyptian Research Long-Term Scholarship“ (GERLS) zur Verfügung. Die Verhandlungen für eine Erneuerung des Abkommens sind noch nicht abgeschlossen und die hiesigen Regula-rien lassen weiterhin keine Bewerbungen von

COSIMENA regional und interdisziplinär – Highlights 2019

Die Erfolgsgeschichte hält an und bringt neues Potenzial mit sich, die etablierten Fachcluster werden nicht mehr nur isoliert betrachtet: Über interdisziplinäre Ansätze ist es gelungen zu unterstreichen, dass sich die Problemstel-lungen in den einzelnen Clustern gegenseitig bedingen. Mit den Meta-Konferenzen „Digi-tal Development and Challenges in the MENA Region“, „SustaMENAbility“ zum Thema Nach-haltigkeit und „South-South and Triangular Cooperation“ gelang es, gemeinsame Heraus-forderungen zu definieren und innovative Lö-sungsansätze zu entwickeln.

Ein weiterer Schritt in die Region ergab sich im Juli mit dem Workshop „Water Resour-ce Management“ durch den gewählten Aus-tragungsort Jordanien: Gerade in einem der

wasserärmsten Länder der Region stieß das Netzwerk auf reges Interesse. Mehr Technolo-gietransfer ist ein Desiderat in Ägypten: Über den Entrepreneurship-Workshop „From Ivory Tower to the Lion’s Den“ in Zusammenarbeit mit der Universität Marburg vernetzten sich Stake-holder von Hochschulen aus Ägypten, Deutsch-land und Jordanien mit Start-up-Gründerinnen und -Gründern. Der Workshop diente der För-derung des Wissenstransfers zwischen Hoch-schulen und Industrie und richtete sich expli-zit an sogenannte Technology Transfer Offices an Hochschulen. Ein besonderer Höhepunkt für Studierende war die COSIMENA-Summer School 2019 im Cluster Cultural Heritage mit ei-nem Schwerpunkt auf digitalen Anwendungen in Aswan auf dem Campus der Arab Academy for Science, Technology & Maritime Transport. Die 26 Teilnehmerinnen und Teilnehmer ka-men aus neun Ländern: Deutschland, Ägyp-ten, Libanon, Syrien, Sudan, Türkei, Tunesien, Palästinensische Gebiete und Jordanien.

Im Rahmen des Gesamtprojekts ist es 2019 ge-lungen, auch die regionale Vernetzung durch Einbeziehung der Länder Sudan, Jordani-en, Tunesien und Marokko voranzutreiben. COSIMENA wird 2020 fortgeführt, ein neues Cluster zum Thema Education kommt hinzu – auf die Fortsetzung darf man sich freuen!

› Cluster- und länderübergreifende ansätze im rahmen der Meta-Konferenz „SustaMEnability“ in alexandria.

aFrIKaKairo 15

Page 18: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Angehörigen privater Universitäten und von Forschungsinstituten zu. Die Regierung setzt vielmehr auf eine Rückkehr der Geförderten ins staatliche System.

Im gemeinsam mit dem Science and Technolo-gy Development Fund geförderten Mobilitäts-programm „German Egyptian Mobility Program for Scientific Exchange and Excellence Develop-ment“ (GE-SEED) fanden die finalen Auswahlen im Dezember statt.

Als Alleinstellungsmerkmal der Außenstel-le Kairo gilt das Projekt „Clusters of Scientific Innovation in the Middle East and North Af-rica“ (COSIMENA). Neben einer interdiszipli-nären Weiterentwicklung des Projektansatzes in 2019 trugen auch traditionelle Eventformate zur grenzüberschreitenden Vernetzung in der Wissenschaft bei. Die Zahlen sprechen für den Erfolg des Projekts: Der „German Science Day“ im Juli zog rund 320 Gäste an, 598 Bewerbungen gingen im Vorfeld ein. Bei der „German Science Night“ während des Fastenmonats Ramadan ko-operierte die DAAD-Außenstelle eng mit lokalen Start-ups, die ihre Ideen vor mehr als 300 Perso-nen präsentierten.

Im Zentrum des Interesses stehen in Ägypten seit Langem die transnationalen Hochschulprojekte German University in Cairo, der TU Berlin Cam-pus El Gouna und seit 2019 auch das neue Leucht-turmprojekt German International University of Applied Sciences, das über die DAAD-Förderpro-gramme Transnationale Bildung ab 2020 beim Aufbau unterstützt wird – auch dies ist ein Bei-spiel für eine gelungene Zusammenarbeit beider Länder im Bereich der Internationalisierung und ein erfolgversprechendes Projekt auf politischer Ebene im Rahmen der bilateralen Beziehungen im Hochschulsektor.

Zuständigkeit Sudan

Nach zahlreichen Protesten mit Todesopfern und Verletzten seit Dezember 2018 ist durch die Einigung des militärischen Übergangsrats mit dem Oppositionsbündnis seit September 2019 eine zivil geführte Übergangsregierung im Amt. Aktivitäten der Außenstelle im Sudan waren aufgrund der Unruhen 2019 nicht möglich. Um diese Situation zu kompensieren, lud die Außen-stelle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem Sudan zu Veranstaltungen nach Ägyp-ten ein. Eine Wiederaufnahme der Tätigkeiten vor Ort ist für 2020 avisiert.

› Der 12. Studieninformati-onstag an der Deutschen Evangelischen oberschu-le (DEo) erreichte ca. 450 Schülerinnen und Schüler der 11. und 12. Klassenstufen der sieben deutschen auslands-schulen. Die Veranstal-tung gilt seit 2006 als Institution.

aFrIKaKairo16

Page 19: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

aFrIKaKairo 17

Page 20: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

2,79 Mio.Anzahl der eingeschrie benen Studierenden (alle Studienstufen)

4.784Anzahl der Bildungs-ausländer in Deutschland

7.702Absolvent/innen Promotion

Dr.

34,43 %Immatrikulationsquote

Quellen: DAAD, Statistik DESTATIS – Statistisches Bundesamt, Wissenschaft weltoffen, The World Bank, Data UNESCO, Institute for Statistics

DATEN ZUM BILDUNGSSYSTEM ÄGYPTEN

Die beliebtesten Ziel länder für Studierende

1,11 %Im Ausland Studierende (Anteil an Studierenden gesamt)

Ausländische Studierende im Land gesamt nach Herkunftsländern

1,83 %Anteil ausländischer Studierender

34.922Im Ausland Studierende (Anzahl gesamt)

1. Vereinigte Arabische Emirate 2. Saudi-Arabien 3. Vereinigte Staaten 4. Vereinigtes Königreich 5. Frankreich

1. Malaysia 2. Indonesien 3. Thailand 4. Nigeria 5. Türkei

aFrIKaKairo18

Page 21: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Tabelle 1: DAAD-Geförderte aus dem Ausland und aus Deutschland nach Herkunfts-/Zielland und Förderbereichen Ägypten

a = Geförderte aus dem ausland D = Geförderte aus Deutschland Ägypten

I. Individualförderung – gesamtA 363D 39

1. nach Status

Studierende auf Bachelor-niveaua 117D 18

Studierende auf Master-niveaua 57D 9

Doktorand/innena 156D

Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen (inkl. Postdoktorand/innen)a 33D 12

2. nach Förderdauer

< 1 Monata 85D 2

1–6 Monatea 32D 16

> 6 Monate (langzeitförderung)a 246D 21

II. Projektförderung – gesamtA 1.202D 368

1. nach Status

Studierende auf Bachelor-niveaua 200D 45

Studierende auf Master-niveaua 421D 72

Doktorand/innena 168D 94

Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen (inkl. Postdoktorand/innen)a 257D 142

andere Geförderte*a 156D 15

2. nach Förderdauer

< 1 Monata 801D 317

1–6 Monatea 246D 40

> 6 Monate (langzeitförderung)a 155D 11

III. EU-Mobilitätsprogramme – gesamtA 87D 59

1. Mobilität mit Partnerländern

1. Erasmus-Studierendenmobilität (auslandsstudium)a 36D 18

2. Erasmus-Personalmobilität (Dozent/innen, sonstiges Personal)a 51D 41

DAAD-Förderung – gesamt (I + II + III)A 1.652D 466

DAAD-Förderung – Geförderte A und D – gesamt 2.118

*Personen in studienvorbereitenden Maßnahmen sowie projektbetreuendes hochschulpersonal

In der aufstellung der Geförderten des DaaD werden drei Förderbereiche unterschieden. In der Individualförderung unterstützt der DaaD schwerpunktmäßig Studierende sowie Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen, die sich erfolgreich um ein DAAD-Stipendium beworben haben. In der Projektförderung finanziert der DAAD vornehmlich Programme zur Förderung weltoffener Hochschulstrukturen. als nationale agentur für EU-hochschulzusammenarbeit vergibt der DaaD schließlich Fördermittel an Studierende und Mitarbeiter von hochschulen, die insbesondere akademische Mobilität ins europäische ausland unterstützen (EU-Mobilitätsförderung). Die in der tabelle abgebildeten Zahlen zu den Geförderten beziehen sich auf das Projekt 2017 und damit auf die laufzeit 1.6.2017–31.5.2019.

aFrIKaKairo 19

Page 22: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

NAIROBI

aFrIKanairobi20

Page 23: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

NAIROBI

aFrIKanairobi 21

Page 24: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Klimawandel, Krieg und Terror haben in Ost-afrika 2019 wieder zu Vertreibung, Flucht und Hunger geführt. Verfallende Rohstoffpreise und die Korruption in vielen Ländern treiben die Überschuldung voran. Der Klimawandel zeigte sich in Ostafrika in Extremen. Überschwem-mungen wechselten sich mit Dürren ab, beides beeinträchtigt die Landwirtschaft massiv. Die Nahrungsmittelversorgung ist nicht mehr si-cher, klimabedingte Landflucht die Folge.

Gleichzeitig gibt es positive Entwicklungen: Der auch mit dem Friedensnobelpreis honorierte Friedensschluss zwischen Äthiopien und Eritrea hat einen jahrzehntelangen Konflikt befriedet. Im Sudan haben Massenproteste zum Sturz des langjährigen Herrschers geführt und das Land aus der internationalen Isolation befreit.

Wahlen und Wirtschaft

Nach wie vor prägen Volksgruppen das politi-sche Geschehen, für viele steht die ethnische Zugehörigkeit über den nationalen Interessen. Das dürfte sich bei den zahlreichen Wahlen, die in den kommenden Jahren Ostafrika prä-gen werden, erneut bestätigen. So wählen die Menschen in Burundi, Tansania und auf den Seychellen 2020 ihren Präsidenten neu, in Äthi-opien und Somalia 2020, in Uganda 2021 und in Kenia sowie Ruanda 2022 wählen sie ein neues Parlament.

Bei Wahlen in der Region kommt es immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzun-gen. In deren Verlauf schalten die Regierungen auch schon mal die sozialen Medien ab, zu-letzt in Uganda und Burundi. Weil der in seiner verfassungsmäßig umstrittenen dritten Amts-zeit zunehmend autoritär regierende Präsident

} Ostafrika kommt mit den Sustainable Development Goals (SDG) in der Bildungs- und Gesundheitsversorgung und teilweise in der Armutsbekämpfung voran. Während Äthiopien, Kenia und Ruanda ihr „Wirtschaftswunder“ erleben, verharren Burundi, Somalia und Südsudan in der Krise. Im Bildungsbereich stoßen die Regierungen Reformen an. Die Zunahme der Studierendenzahlen setzt die Systeme indes unter Druck. Ein prioritäres Handlungsfeld für den DAAD ist daher die Aus- und Fortbildung von Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern.

DIGITALISIERUNG ALS CHANCE FÜR AFRIKA

Beate Schindler-Kovats leitet die DAAD-Außenstelle Nairobi mit neun Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seit August 2019. Die DAAD-Außenstelle Nairobi besteht seit 1973 und ist für die ostafrikanischen Länder Kenia, Tansania, Ruanda, Uganda, Burundi, Südsudan und Äthiopien zuständig.

aFrIKanairobi22

Page 25: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Nkurunziza nicht mehr kandidiert, erwarten Beobachterinnen und Beobachter in Burundi Spannungen zwischen Regierungs- und Opposi-tionsparteien. Bei den Präsidentschaftswahlen in Tansania ist eine Wiederwahl von John Magu-fuli wahrscheinlich. In Äthiopien wird es darum gehen, ob die Bevölkerung dem Reformkurs ihres Ministerpräsidenten folgt. In Uganda darf man gespannt sein, ob die Opposition mit ih-rem prominenten Kandidaten Robert Ssentamu (Sänger „Bobi Wine“) den seit 1986 regierenden Präsidenten Yoweri Museveni ablösen wird.

Kenia gilt in der Region als wirtschaftlich starkes Land, im Inneren wachsen Frustration und Unzu-friedenheit mit der Regierung Uhuru Kenyattas. Daran ändern auch spektakuläre Medienberich-te nichts, die zeigen, wie die Staatsanwaltschaft

vermeintlich bestechliche Politiker in Handschel-len abführen lässt, etwa im Juli den Finanzminis-ter, im Dezember den Gouverneur Nairobis.

Wirtschaftlich gewinnt der Wettlauf um Afrika an Tempo: China baut große Infrastrukturpro-jekte wie Flughäfen, Straßen, Eisenbahnen- und Energietrassen, aber auch Wohnungs- und Zweckbauten auf dem afrikanischen Kontinent. Die Großmacht sieht hervorragende Gewinn-chancen und investiert in Ostafrika Milliarden für Großprojekte im Rahmen der „Neuen Sei-denstraße“. Ein weithin sichtbares Beispiel ist das größte Gebäude Afrikas, der 300 Meter hohe „The Pinnacle“ – ein Wolkenkratzerkomplex mit Büros, Luxusgeschäften und Hotels unweit der DAAD-Außenstelle auf Nairobis Upper Hill.

› Stadtentwicklung in ostafrika. Das hohe Bevölkerungswachstum schafft große herausforderungen.

aFrIKanairobi 23

Page 26: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Das intensive chinesische Engagement auch im Bildungsbereich verfolgen die USA und Euro-pa skeptisch. Kritische Stimmen kommen auch aus den beteiligten Ländern, die aufgrund bald anstehender erheblicher Zins- und Tilgungszah-lungen fürchten, dass ihre Länder erst in eine Schuldenfalle und anschließend in Abhängigkeit von China geraten.

Hochschulen unter Druck

Der Zugang zu Bildung und Hochschulen ist ein zentrales Thema in Ostafrika. Dabei erreichen die Länder wichtige Ziele: Sie drängen die Al-phabetisierung zurück und ermöglichen mehr Jugendlichen die Grundschulbildung. Dennoch bestehen weiterhin große Herausforderungen bei der Qualität von Bildungsangeboten, in der gendergerechten Erziehung und bei der Umset-zung der digitalen Transformation.

Das hohe Bevölkerungswachstum schafft weite-re Herausforderungen. Nach Hochrechnungen der Vereinten Nationen dürfte sich die Bevölke-rung in Subsahara-Afrika von heute rund 1,1 auf 2,1 Milliarden im Jahr 2050 nahezu verdoppeln. Der Druck auf die Bildungssysteme und der Be-darf an qualifiziertem Lehrpersonal auf allen Bildungsstufen nehmen entsprechend zu. Darin liegt jedoch die Chance, die junge Bevölkerung mit Bildung und internationalem Wissenstrans-fer ins digitale Jahrzehnt zu führen.

Das Hochschulsystem in Ostafrika ist voller Gegensätze. Es gibt renommierte ostafrikani-sche Universitäten, Forschungszentren sind als Innovationsschmieden anerkannt und initiie-ren Start-ups. Auf der anderen Seite sind die Universitäten in der gesamten Region in einer schwierigen personellen und finanziellen Situ-ation. Der quantitative Druck geht zulasten der Qualität. Hochschulen verzeichnen weiterhin

UGanDa UnD ÄthIoPIEn MIt VorBIlDlIChEr FlÜChtlInGSPolItIK

laut UnhCr leben in Subsaha-ra-afrika derzeit über 6,3 Millionen Flüchtlinge – mehr als ein Viertel aller Flüchtlinge weltweit, mehr als doppelt so viele wie in Europa. Uganda ist mit 1,2 Millionen Flücht-lingen das größte aufnahmeland in afrika, mit einer liberalen, integrati-ven Flüchtlingspolitik: Uganda bringt die Flüchtlinge nicht in lagern unter, sondern macht sie zu Selbstversorge-rinnen und Selbstversorgern, indem

es ihnen land, arbeitsbewilligungen und Zugang zu Bildung und Gesund-heitsversorgung gibt.

auch der Vielvölkerstaat Äthiopi-en mit seinen mehr als einhundert verschiedenen Ethnien hat rund eine Million afrikanische Flüchtlinge aufgenommen, obwohl es aufgrund ethnischer Konflikte im eigenen Land selbst mit rund drei Millionen Binnen-vertriebenen konfrontiert ist. Der seit

2018 amtierende Ministerpräsident und Friedensnobelpreisträger abiy ahmed hat für seinen reformkurs und die Flüchtlingspolitik internatio-nal viel lob erhalten. Äthiopien setzt als eines der ersten länder weltweit den „Umfassenden rahmenplan für Flüchtlingshilfemaßnahmen“ des UnhCr um und hat im Januar 2019 das weltweit fortschrittlichste Flücht-lingsgesetz verabschiedet.

› hilfe zur Selbsthilfe: almarat Mohamed hat mithilfe von „in zone“ seinen Bildungsweg gemacht und motiviert nun

andere Studierende im refugee Camp Kakuma, sich aus- und weiterzubilden.

aFrIKanairobi24

Page 27: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

steigende Studierendenzahlen und klagen über fehlendes qualifiziertes Personal. Die pädagogi-sche Praxis an vielen Hochschuleinrichtungen ist nach wie vor sehr traditionell, die Lehrpläne sind veraltet und die Lehrmethodik ist wenig in-novativ und interaktiv.

In Kenia ist die Kommission für Hochschulbil-dung (CUE) für Qualitätssicherung zuständig. 2019 stand sie in der Kritik, Zulassungsgeneh-migungen für neue Programme zu verzögern. Die Vorgabe der CUE, dass alle Dozentinnen und Dozenten bis Ende 2019 einen Doktortitel haben müssen, um weiterhin an den Universitäten zu unterrichten, hob ein Gericht auf.

Eine zunehmende Politisierung der Hochschulen wirkt sich auf den Alltag der Studierenden und das Lehrpersonal aus. Kaum ein Semester vergeht

ohne Proteste. Aus finanziellen Gründen müssen viele Studierende ihre Ausbildung unterbrechen oder sogar aufgeben. Streiks und Schließungen sorgen zusätzlich für lange Studienzeiten.

Auch auf der politischen Ebene kommen und ge-hen die Verantwortlichen. Als Bildungsminister George Magoha im März 2019 sein Amt antrat, kündigte er weitreichende Bildungsreformen an, darunter eine Lehrplanreform zur Umsetzung eines kompetenzbasierten Curriculums und eine Überprüfung von Studiengängen (Abschaffung von „Scheinstudiengängen“). Man traute dem willensstarken ehemaligen Universitätschef zu-nächst zu, den unruhigen Sektor zu transformie-ren und die öffentlichen Universitäten vor der Verschuldung zu retten. Im Lauf des Jahres kam es jedoch zu erheblichen Widerständen, vor al-lem von Studierenden, aber auch Lehrkräften.

Bundestagsausschuss sucht Kontakt zu Studierenden und Partnern in Kenia

Sieben Mitglieder des Deutschen Bundes-tagsausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung reisten im Juli nach Kenia, um Studierende und Partner zu treffen. Thema war immer wieder die Förderung in „gute Köpfe“ – auch vor dem Hintergrund des gerade verabschiedeten Fachkräftegesetzes. Die Delegation traf auf langjährige DAAD-Part-ner und diskutierte mit vom DAAD geförderten Doktorandinnen und Doktoranden Fragen zur

Nachhaltigkeit, die Rolle der künstlichen Intel-ligenz in Forschung und Innovation sowie die Frage des Braindrains.

Höhepunkt war der Abschlussabend in der DAAD-Außenstelle Nairobi, bei der die Delegati-on mit Alumni und Geförderten zusammentraf und konkrete Einblicke in die Arbeit des DAAD in Ostafrika bekam.

› Die Bundestagsabgeordneten Dr. Stefan Kaufmann (CDU/CSU), anke Domscheit-Berg (Die lInKE) und Dolmetscher alexander Schmidt (v. r. n. l.) erfühlen Soldatenraupen, die Fischmehl ersetzen, um damit Fische, hühner und Schweine zu füttern.

› Die Bundestagsabgeordneten Dr. Jens Brandenburg (FDP), Kai Gehring (B90/DIE GrÜnEn) und Dolmetscher alexander Schmidt (v. l. n. r.) im Gespräch mit Forschern am Internatio-nal Centre of Insect Physiology and Ecology.

aFrIKanairobi 25

Page 28: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Priorität auf Berufsbildung

Trotz wirtschaftlicher Erfolge verzeichnet Kenia eine hohe Jugendarbeitslosigkeit, gleichzeitig fehlen der Wirtschaft Fachkräfte. Die derzeiti-gen Reformen und die Politik der beruflichen Bildung in Kenia fokussieren deshalb auf die Be-schäftigungsfähigkeit und eine bessere Verzah-nung der Ausbildung mit den Bedarfen des Ar-beitsmarktes. Mit dem „TVET Act 2013“ fördert die kenianische Regierung vorrangig die tech-nische und berufliche Bildung (TVET), während sie den Universitäten schmerzhafte Einschnitte und Reformen auferlegt.

Auf TVET konzentrieren sich auch internati-onale Förderprogramme, darunter die kenia-nisch-deutsche Berufsbildungsinitiative „Jugend-beschäftigung“. Die Weltbank stellte über den Inter-University Council for East Africa 267 Mio. Euro für den Berufsbildungsbereich zur Verfü-gung, damit in Kenia, Tansania und Äthiopien Exzellenzcenter aufgebaut werden können.

Die DAAD-Arbeit in Ostafrika

Der DAAD engagiert sich in der ostafrikanischen Region seit Jahrzehnten mit Förderprogrammen wie Stipendien, Hochschulkooperationsprojek-ten, Alumni- und Deutschförderung sowie mit innovativen, maßgeschneiderten Ansätzen wie Trainings und Netzwerkformaten. Dabei spielt

die regionale Vernetzung der afrikanischen Länder untereinander und mit Partnern aus Deutschland eine große Rolle.

Prioritäres Handlungsfeld ist die Aus- und Fortbildung von Hochschullehrerinnen und - lehrern durch Stipendien in Deutschland so-wie an leistungsstarken Universitäten in Afrika (Capacity Building). Das Interesse an deutschen Forschungsstipendien ist nach wie vor hoch. Die Anträge der Bewerberinnen und Bewerber haben sich deutlich verbessert und zeugen von hoher Professionalität und akademischer Reife.

tranSForMatIon DEr arBEItSMÄrKtE UnD DIGItalISIErUnG

Der weltentwicklungsbericht 2019 über die transformation der ar-beitsmärkte skizziert wichtige Ver-änderungen, die die Digitalisierung der Wirtschaft mit sich bringt. Der ostafrikanische Wirtschaftsraum hat gute Chancen, sich zum „Digital hub“ zu entwickeln.

Gleich zwei hochrangige Konferen-zen zu Innovation und Wissenschaft finden 2020 in Nairobi statt: das „next Einstein Forum“ (nEF) und

der Global learning Council Sum-mit (GlC) zu „Digital Innovations for Global Challenges“.

Kenia hat international den ruf, di-gitale lösungen entwickeln zu kön-nen. Das zeigt auch der Erfolg des mobilen Zahlungsdienstes M-PESa der Telefongesellschaft Safaricom. In nairobi arbeiten Entwicklerin-nen und Entwickler, Designerinnen und Designer, Forscherinnen und Forscher sowie Unternehmerinnen

und Unternehmen in mehr als 30 technologie- und Gründerzentren an neuen technologischen lösun-gen. Die digitale transformation bringt Bewegung in die Bildung und erfordert neue Fähigkeiten und Kenntnisse. Im „ilab africa“ der pri-vaten Strathmore-Universität ent-stehen Konzepte für Smart Cities. Unternehmensgründungen, die die Chancen der Digitalisierung nutzen, bieten attraktive Berufsperspekti-ven für die junge Generation.

› afrikanische länder sind für die Umwälzungen der Digitalisierung unzureichend gerüstet: Es bedarf erheblicher

anstrengungen im Bereich Bildung, denn nur so können Ideen vor ort in Innovationen umgesetzt werden.

aFrIKanairobi26

Page 29: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Mit dem vom Bundesministerium für wirt-schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) geförderten Surplace- und Drittland-programm (SPDL) unterstützt der DAAD den regionalen Austausch und baut mit Master- und Promotionsstipendien gleichzeitig eigene Kapazitäten für Graduiertenausbildung und

Forschung in Ostafrika aus. Zwischen 2015 und 2019 konnten in ganz Afrika mehr als 3.500 Per-sonen über SPDL gefördert werden, davon rund 1.500 in Ostafrika. Damit ist der DAAD Vorreiter. Die Mastercard Foundation will in den nächsten zehn Jahren 15.000 Surplace- und Drittland-Sti-pendien in Afrika vergeben.

Young Scholars in Africa

Das Dilemma ist bekannt: Junge Wissenschaftle-rinnen und Wissenschaftler spielen eine wichtige Rolle bei der Forschung auf dem afrikanischen Kontinent. Quantitativ und qualitativ reicht die Nachwuchsförderung aber in den Bildungssys-temen vieler Länder Afrikas nicht aus, um den Bedarf an gut ausgebildetem Forschungs- und Lehrpersonal langfristig zu garantieren.

Diese Diskrepanz und die Situation des wissen-schaftlichen Nachwuchses in Afrika standen im Fokus des regionalen DAAD-Alumnitref-fens „Young Scholars in Africa – Challenges and Opportunities“, das im März 2019 in Nairobi mit 190 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus 27 Ländern stattfand.

Engagiert tauschten sich die jungen Wissen-schaftlerinnen und Wissenschaftler auf der drei-tägigen Tagung über ihre Erfahrungen und Prob-leme aus. Arbeitsgruppen entwickelten Visionen und Lösungsansätze, damit die neue Generation von den Entwicklungen in der Digitalisierung und Internationalisierung profitieren kann.

Bei der Veranstaltung verabschiedete die da-malige Präsidentin des DAAD, Prof. Dr. Margret Wintermantel, den bis Ende März amtierenden Außenstellenleiter Dr. Helmut Blumbach in den Ruhestand und begrüßte seine Nachfolgerin Beate Schindler-Kovats.

› Prof. Margret wintermantel, Präsidentin des DaaD, Prof. Chacha nyaigotti Chacha, Chairman CUE Kenia, Dr. helmut Blumbach, ehemaliger DaaD-außenstellenleiter nairobi, Charles obiero, Vertreter des Ministeriums für Bildung Kenia.

› Junge wissenschaft-lerinnen und wissen-schaftler diskutieren über die Verbesserung der Karrierechancen und nachwuchsförderung auf dem afrikanischen Kontinent.

aFrIKanairobi 27

Page 30: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Bei einem Workshop im Oktober 2019 lernten sich die Koordinatorinnen und Koordinatoren der neu ausgewählten Partnerinstitutionen im SPDL-Programm in Nairobi kennen, tauschten Erfahrungen aus und kamen mit den Kollegin-nen und Kollegen des DAAD ins Gespräch. Das Netzwerk der 16 Hochschuleinrichtungen in Uganda, Südsudan, Kenia, Tansania und Äthio-pien will künftig enger zusammenarbeiten. Die Stipendien-Auswahl soll gemeinsam mit dem DAAD an den Hochschulen stattfinden und die Betreuung der Geförderten intensiviert wer-den. Lohnend ist auch ein Blick auf die Absol-ventinnen und Absolventen des Programms: An vielen afrikanischen Hochschulen begegnet man Alumni in Lehr- und Führungspositionen, erfreulicherweise vielen jungen Frauen.

Zusammen mit dem United Nations High Com-missioner for Refugees (UNHCR) ermöglicht der DAAD Geflüchteten Zugang zu Bildung.

Hochschulexpertinnen und -experten aus Uganda, Somalia, Kenia und Äthiopien disku-tierten auf der Konferenz „The Other 1 Percent – Flüchtlinge an Hochschulen weltweit“ im Juni

aUSZEIChnUnG FÜr DaaD-alUMna GlaDYS MoSoMtaI

weil sie fest davon überzeugt ist, dass weltraumforschung lösungen zu globalen Umweltproblemen in afrika bringen kann, ist Gladys Mosomtai eine leidenschaftliche Befürworterin der weltraumforschung. Mit einem DaaD-Stipendium forscht sie als Dok-

torandin am International Centre for Insect Physiology and Ecology (ICIPE) in Kenia und an der Universität Kwa-Zulu-Natal in Südafrika zum Einfluss der Landschaftsstruktur auf das Mikroklima auf Parzellenebene. Die junge alumna ist Co-autorin von über

zehn Veröffentlichungen in Fachzeit-schriften mit Peer-Review und erhielt 2018 den Preis „l‘oréal-UnESCo Fellowship For women in Science Sub-Sahara africa“.

› DaaD-alumna Gladys Mosomtai hofft, junge Frauen für MInt-Fächer zu begeistern, und setzt sich dafür ein,

Phänome der gläsernen Decke in der Karriere von Frauen zu durchbrechen. Sie will selbst ein Vorbild sein.

› auf der großen Bühne bei der african Union – regionales DaaD- lektorentreffen afrika Sub-Sahara in addis abeba 2019.

aFrIKanairobi28

Page 31: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

2019 im Auswärtigen Amt in Berlin über Pro-gramme, digitale Angebote und die Ausweitung von Hochschulbildung für Flüchtlinge. Auch die EU hat 2019 mit der Konferenz „Investing in peo-ple, by investing in higher education and skills in Africa“ ihr Augenmerk auf den Bildungsnotstand in vielen afrikanischen Ländern gerichtet.

Das Kooperationsinteresse deutscher Partner an ostafrikanischen Hochschulen und Forschungs-einrichtungen sowie umgekehrt ostafrikani-scher Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft-ler an Deutschland ist ungebrochen stark. Die DAAD-Außenstelle Nairobi informiert, berät und vernetzt Partner. Sie hält regionales Wissen be-reit, bietet Plattformen für den Austausch und fördert Hochschulpartnerschaften in verschie-denen thematischen und strukturellen Program-men. Länder wie Uganda und Äthiopien zeigen großes Interesse am deutschen HAW-Modell, das DAAD-Sonderprogramm „HAW.International“ bietet dafür Kooperationsmöglichkeiten.

Für die Gründung einer „Ostafrikanisch-Deut-schen Hochschule für angewandte Wissen-schaften“ in Kenia als Referenzmodell für eine praxisorientierte Ausbildung brachte ein ge-meinsamer Workshop mit dem kenianischen Hochschulministerium in Berlin neue Impul-se. Auf Wunsch der kenianischen Seite verein-barten die Partner einen stärkeren Fokus auf die Unterstützung der Berufsbildung und eine Anbindung des Projekts an das Kenya Technical Trainers College (KTTC).

Ein Mapping zu den Aktivitäten der Goethe-Insti-tute und des DAAD in Afrika bildete den Auftakt zu Strategiegesprächen zwischen der Außenstelle Nairobi und den Goethe-Instituten in der Region. Gemeinsam entwickelten die Partner einen Maß-nahmenkatalog mit Vorschlägen, um die Hand-lungsfelder und Aktivitäten besser zu vernetzen und Synergien zur Förderung von Deutsch als Fremdsprache (DaF) und Alumniarbeit zu nut-zen. Eingebunden sind auch die DAAD-Lektorate in Kenia, Äthiopien und Uganda.

Trainingsmaßnahmen und Fortbildungsangebo-te für Alumni und Hochschulpersonal bietet der DAAD seit Jahren erfolgreich im Rahmen des DIES-Programms an. Der International Deans‘ Course in Nairobi 2019 vernetzte Expertinnen

› In afrika geht der Kampf um die Gleichstellung der Geschlechter nur in kleinen Schritten voran. Positiv ist, dass in vielen ländern immer mehr Frauen in akademische und

politische Führungspositionen kommen.

› Führungskräfte aus afrika bilden sich im internationalen Deans’ Course im hochschulmanagement weiter.

aFrIKanairobi 29

Page 32: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

und Experten der Region. Erfreulich ist, dass DIES-Alumni als Multiplikatorinnen und Multip-likatoren selbst Trainings anbieten – etwa Prof. Dr. Peninah Aloo-Obudho von der kenianischen Karatina-Universität, die den zweiteiligen Work-shop „University Leadership“ für neu ernannte Rektorinnen und Rektoren kenianischer Hoch-schulen organisierte.

Die DAAD-Außenstelle Nairobi kann sich in Ostafrika auf ein großes, aktives Alumni-Netz-werk verlassen. Alumni sind Brückenbauer für Kooperationen nach Deutschland, sie wirken in DAAD-Auswahlkommissionen mit, veranstal-ten eigene Seminare, Workshops und Fach-konferenzen und tragen damit zur Sichtbarkeit und Kontinuität der DAAD-Arbeit in der Region bei. 2019 förderte der DAAD 17 Alumnimaß-nahmen – acht in Kenia, fünf in Uganda, drei in Tansania und eine in Burundi. Dem Wunsch nach Austausch und Vernetzung begegnete die große Alumnikonferenz im März 2019 in Nairobi mit knapp 190 Teilnehmerinnen und Teilneh-mern. CAIROBI Talk III im November 2019 in Kairo vernetzte 65 Alumni entlang des Nils zum Thema „Women in Leading Positions“.

Ruanda und Kenia veranstalteten 2019 „ Falling Walls Labs“ (FWL), einen Science Slam für In-novation und Austausch zwischen wissenschaft-lichem Nachwuchs aus aller Welt. Im Septem-ber fand zum dritten Mal das „FWL Nairobi“ statt, für das sich 89 junge Entdeckerinnen und Entdecker beworben hatten. Elizabeth Onyan-go von der Technical University of Kenya, eine Start-up-Gründerin und Uni-Dozentin, präsentier-te im November als Gewinnerin des Nairobi-Labs im Finale in Berlin eine klimafreundliche Erfin-dung: Biobrennstoff aus organischem Abfall.

In Kigali fand im Juni 2019 mit über 80 Bewer-bungen das erste FWL statt und war ein vol-ler Erfolg. Der DAAD ist seit 2016 mit einem Fachlektorat in Ruanda vertreten. Der Lektor Dr. Rainer Schmidt ist in die Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte in Ruanda einge-bunden. Zu diesem Thema fand im November eine deutsch-afrikanische Tagung in Kigali statt.

› Der Unterricht an hochschulen in ostafrika ist traditionell lehrerzentriert. Moderne lehrmethoden und praxisorientiertes lernen setzen sich eher zögerlich durch.

aFrIKanairobi30

Page 33: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

aFrIKanairobi 31

Page 34: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

0,5 Mio.Anzahl der eingeschrie benen Studierenden (alle Studienstufen)

618Anzahl der Bildungs-ausländer in Deutschland

12 %Immatrikulationsquote

Quellen: DAAD, Statistik DESTATIS – Statistisches Bundesamt, Wissenschaft weltoffen, The World Bank, Data UNESCO, Institute for Statistics

DATEN ZUM BILDUNGSSYSTEM KENIA

Die beliebtesten Ziel länder für Studierende

2,66 %Im Ausland Studierende (Anteil an Studierenden gesamt)

0,93 %Anteil ausländischer Studierender

14.983Im Ausland Studierende (Anzahl gesamt)

1. Vereinigte Staaten 2. Australien 3. Vereinigtes Königreich 4. Südafrika 5. Kanada

aFrIKanairobi32

Page 35: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Tabelle 2: DAAD-Geförderte aus dem Ausland und aus Deutschland nach Herkunfts-/Zielland und Förderbereichen Kenia

a = Geförderte aus dem auslandD = Geförderte aus Deutschland Kenia

I. Individualförderung – gesamtA 384D 59

1. nach Status

Studierende auf Bachelor-niveaua 11D 46

Studierende auf Master-niveaua 150D 7

Doktorand/innena 207D 2

Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen (inkl. Postdoktorand/innen)a 16D 4

2. nach Förderdauer

< 1 Monata 19D 10

1–6 Monatea 26D 38

> 6 Monate (langzeitförderung)a 339D 11

II. Projektförderung – gesamtA 481D 193

1. nach Status

Studierende auf Bachelor-niveaua 75D 61

Studierende auf Master-niveaua 48D 42

Doktorand/innena 46D 14

Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen (inkl. Postdoktorand/innen)a 247D 59

andere Geförderte*a 65D 17

2. nach Förderdauer

< 1 Monata 407D 132

1–6 Monatea 51D 60

> 6 Monate (langzeitförderung)a 23D 1

III. EU-Mobilitätsprogramme – gesamtA 6D 3

1. Mobilität mit Partnerländern

1. Erasmus-Studierendenmobilität (auslandsstudium)a 3D

2. Erasmus-Personalmobilität (Dozent/innen, sonstiges Personal)a 3D 3

DAAD-Förderung – gesamt (I + II + III)A 871D 255

DAAD-Förderung – Geförderte A und D – gesamt 1.126

*Personen in studienvorbereitenden Maßnahmen sowie projektbetreuendes hochschulpersonal

In der aufstellung der Geförderten des DaaD werden drei Förderbereiche unterschieden. In der Individualförderung unterstützt der DaaD schwerpunktmäßig Studierende sowie Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen, die sich erfolgreich um ein DAAD-Stipendium beworben haben. In der Projektförderung finanziert der DAAD vornehmlich Programme zur Förderung weltoffener Hochschulstrukturen. als nationale agentur für EU-hochschulzusammenarbeit vergibt der DaaD schließlich Fördermittel an Studierende und Mitarbeiter von hochschulen, die insbesondere akademische Mobilität ins europäische ausland unterstützen (EU-Mobilitätsförderung). Die in der tabelle abgebildeten Zahlen zu den Geförderten beziehen sich auf das Projekt 2017 und damit auf die laufzeit 1.6.2017–31.5.2019.

aFrIKanairobi 33

Page 36: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

MEXIKO-STADT

aMErIKaMexiko-Stadt34

Page 37: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

MEXIKO-STADT

aMErIKaMexiko-Stadt 35

Page 38: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Seit Amtsantritt am 1. Dezember 2018 hat Andrés Manuel López Obrador – genannt AMLO – zahlreiche Reformpakete versprochen. Sie haben das Ziel, für sozialen Ausgleich in einem Land voller Diversitäten und sozialer

Unterschiede zu sorgen. Er visiert jährlich 4 Prozent Wirtschaftswachstum an, verspricht eine Reduzierung der Gewalt und kündigte umfassende Reformen an, auch im Bildungs-bereich. Insgesamt spricht die Regierung von der „vierten Transformation“ – eine Anspielung auf die Geschichte Mexikos mit Blick auf die im 19. Jahrhundert erfolgte Unabhängigkeit, die nachfolgenden Reformen sowie die Revolution in den 1920er Jahren.

Bisher konnte keines dieser Ziele erreicht wer-den. Das Wirtschaftswachstum Mexikos liegt laut OECD unter 1 Prozent. Grund dafür sind nicht nur die amtierende Regierung und ihr anti-neoliberaler Diskurs, sondern auch die

} Obwohl der neue mexikanische Präsident umfangreiche Reformen angekündigt hat, prägen weiterhin vielfache Krisen, ausufernde Gewalt und eine sich international abschottende Politik das Land. Allerdings hat die Regierung auch viele Neuerungen angestoßen. Mexiko befindet sich nach wie vor in einer Transformationsphase, stagniert aber in vielen Bereichen. Über ein Jahr nach dem Regierungswechsel ist immer noch nicht absehbar, in welche Richtung sich das Land entwickeln wird. Das gilt auch für den holprigen Start in der Hochschulpolitik – stabil und lebendig hingegen sind die Partnerschaften und Projekte des DAAD in Mexiko.

MEXIKO – ZWISCHEN TRANSFORMATION UND STAGNATION

Dr. Katharina Fleckenstein leitet die Außenstelle Mexiko-Stadt seit Juni 2019. Die Außenstelle besteht seit 2001 und hat zurzeit fünf feste Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

› Die atlanten in tula de allende zeugen vom beeindrucken-den Erbe der toltekischen Kultur.

aMErIKaMexiko-Stadt36

Page 39: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

allgemeine Schwäche des Weltwirtschaftswachs-tums. Das ist fatal für Mexiko, das im Wesent-lichen vom Export in die USA, nach Kanada, Deutschland und China abhängt. Derzeit sind keine nationalen Strategien erkennbar, mit de-nen das Land auf die wachstumsbremsenden externen Faktoren reagieren will.

Im Gegenteil: Im ersten Regierungsjahr hat AMLO keine einzige Auslandsdienstreise unter-nommen, selbst am G20-Gipfel in Japan hat er nicht teilgenommen. Das Motto, dass „die beste Außenpolitik die Innenpolitik“ sei, lässt darauf schließen, dass er derzeit noch keine Vorstellun-gen hat, wie er der Rezession, der ausufernden Gewalt und dem politischen Druck seitens der USA begegnen möchte.

Die Gewalt ist 2019 noch einmal angestiegen. Die Regierung konnte ihr Versprechen, für mehr Sicherheit sorgen zu wollen, nicht einhal-ten. Galt bislang 2018 mit seinen über 30.000 Morden als blutigstes Jahr in der mexikanischen Geschichte, hat 2019 diese Zahl noch einmal übertroffen. Die Nachrichten über neu entdeck-te Massengräber häuften sich in den vergange-nen Monaten, in der Zeit von Januar bis Novem-ber 2019 registrierte die Polizei 31.700 Morde. Derzeit geht die mexikanische Regierung von insgesamt mehr als 61.000 verschwundenen Personen aus.

Um für mehr Sicherheit zu sorgen, hat AMLO die Nationalgarde, eine Polizeieinheit unter militärischer Führung, ins Leben gerufen. Auf Druck der US-Regierung soll sie die Grenzen

› 2019 war erneut ein Jahr, in dem sich die Bilder von Migranten-Karawanen eingeprägt haben, die in die USa einwandern wollten und in der Grenzregion zwischen den USa und Mexiko unter teilweise prekären Bedingungen ausharren müsssen.

aMErIKaMexiko-Stadt 37

Page 40: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

im Norden und Süden des Landes beschützen, obwohl ihre Hauptaufgabe zunächst gewesen wäre, die innere Sicherheit Mexikos zu garan-tieren. Für Schlagzeilen sorgte im Oktober der Abbruch der Verhaftung des Sohnes des Dro-genbarons Joaquin „El Chapo“ Guzmán in Culi-acán im Bundesstaat Sinaloa, weil das dortige

Drogenkartell die Einheit von Armee und Natio-nalgarde militärisch in die Knie zwang.

Hier wurde deutlich, dass die mexikanische Regierung teilweise die Kontrolle über wei-te Landesteile verloren hat. Der im November im Norden Mexikos erfolgte Angriff auf die

250 Jahre Alexander von Humboldt – auch Mexiko feiert den großen Naturforscher

Anlässlich des 250. Geburtstags Alexander von Humboldts organisierte die Außenstelle Mexiko im Rahmen des vom Auswärtigen Amt ausgeru-fenen Themenjahrs „Humboldt y las Américas“ verschiedene Aktivitäten, um des berühmten Universalgelehrten zu gedenken. Dessen Ex-peditionen führten ihn einst auch nach Mexi-ko, wo er verschiedene Minen untersuchte und detaillierte Beschreibungen von Zentralmexiko und seinen Vulkanen anfertigte.

In ganz Mexiko fanden daher mehrere Alumni-seminare statt, die thematisch eng mit Hum-boldts Forschungen verbunden waren und seinen Einfluss zum Beispiel auf die Geologie oder den Umweltschutz in der Gegenwart be-leuchteten. Humboldt als Reisender zwischen den Kontinenten, der nicht nur sah, dass alles miteinander verbunden ist, sondern selbst ak-tiv die Kontinente miteinander verknüpfte, war das Leitthema eines zweitägigen Kolloquiums, das die Außenstelle Mexiko gemeinsam mit der Universidad Autónoma del Estado de México und der Universität Hildesheim in Toluca ver-anstaltete. Hieran nahmen rund 500 Personen verschiedenster Disziplinen teil.

Weitere Höhepunkte der Themensaison waren die von der Inhaberin des Wilhelm und Alex-ander von Humboldt-Lehrstuhls, Dr. Marion Röwekamp, organisierte Ringvorlesung zum Thema „Blicke auf Humboldt im Zeitalter des Anthropozän“ sowie der zweitägige internatio-nale Fachkongress „Lives in Motion: Migration, Exile, Transitional Justice and Memory between Europe and Latin America“.

Die Verschiedenartigkeit der Veranstaltungen des Themenjahrs spiegelten Humboldts Inter-disziplinarität und die Aktualität seines Den-kens wider. Sie zeigten auch, dass seine Strahl-kraft ungebrochen ist.

› Feierliche Eröffnung des internationalen Kolloquiums „ alexander von humboldt – interkontinentaler reisender“ an der Universidad autónoma del Estado de México.

› Seitens der Parlamentarier der „Grupo de amistad México- alemania“ wurden die langzeitdozentin Dr. Marion röwekamp und die außenstellenleiterin Dr. Katharina Fleckenstein in die „Cámara de Diputados“ eingeladen. Dr. Marion röwekamp hielt vor den mexikanischen abgeord-neten einen Vortrag über alexander von humboldt.

aMErIKaMexiko-Stadt38

Page 41: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

mormonische Großfamilie LeBarón mit US-ame-rikanischer Herkunft, bei dem sechs Kinder und drei Frauen erschossen wurden, war Auslöser dafür, dass Donald Trump die Drogenkartelle in Mexiko als Terrororganisationen einstufen wollte. Dies hat die mexikanische Regierung zu-mindest temporär abgewendet. AMLO verfolgt die Politik „Abrazos, no balazos“ (Umarmungen, keine Schüsse) – bisher leider nicht erfolgreich.

2019 war erneut ein Jahr, in dem sich die Bilder von Migranten-Karawanen eingeprägt haben, die in die USA einwandern wollten und in der Grenzregion zwischen den USA und Mexiko un-ter teilweise prekären Bedingungen ausharren

müssen. Das Thema Migration wird Mexiko in den kommenden Jahren noch beschäftigen, nicht zuletzt, weil sich die mexikanische Regie-rung aufgrund der Androhungen von Strafzöllen auf ihre Exportprodukte in die USA von ihrem linksliberalen Kurs offener Grenzen distanzie-ren musste. 2019 hat sich die Anzahl der Asylan-träge von Geflüchteten aus Zentralamerika und der Karibik (Honduras, Kuba, Venezuela, Guate-mala, El Salvador, Haiti) in Mexiko im Vergleich zum Vorjahr um 125 Prozent auf über 66.000 er-höht, so die Zahlen der mexikanischen Kommis-sion für Flüchtlingshilfe (COMAR).

MIGratIon In DEn aMErIKaS – EIn KontInEnt In BEwEGUnG

auf dem regionalen Vernetzungs-treffen für die rund 50 in ganz Ame-rika engagierten DaaD-lektorinnen und -lektoren, German-Studies-Do-zentinnen und langzeitdozenten in Mexiko-Stadt stand das thema „Migration in den amerikas – ein Kontinent in Bewegung“ im Vorder-grund. Der Fokus war aufgrund der aktuellen Ereignisse in Venezuela, Mittelamerika und den USa gewählt. auch historisch gesehen ist das thema Migration prägend für den gesamten Kontinent.

Einzelne Gastvorträge wie etwa von Jan-Michael Simon vom Max-Planck-Institut in Freiburg, olivia Díaz von der Universität Guadalajara und Florian hoepfner vom UnhCr beleuchteten das thema aus un-terschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen heraus und informierten zu auslösern von Migration, aktuellen Fluchtbewegungen und Migration in der literatur. Den abschluss der gela-denen Gastrednerinnen und -redner bildete nora Strejilevich mit ihrer lesung. als Überlebende der Militär-diktatur in argentinien (1976–1983) reflektierte sie mit der Vorstellung

ihres Buchs „Ein einzelner vielfacher tod“ das thema Exil und Migration auf eine persönliche und sehr bewe-gende weise.

Im rahmen einer Podiumsdiskussi-on stellten sich die Vertreterinnen und Vertreter der DaaD-außenstellen new York, Bogotá und Mexiko-Stadt sowie des Informationszentrums San José der Frage, mit welchen heraus-forderungen die hochschulen in den amerikas durch die unterschiedli-chen Migrationsbewegungen kon-frontiert sind.

› Das mexikanische nationalsymbol sticht im gesamten land hervor.

› lektorinnen und lektoren, langzeit- sowie German- Studies-Dozentinnen und -Dozenten aus nord- und Südamerika wäh-rend des regionalen Vernetzungstreffens in Mexiko- Stadt.

aMErIKaMexiko-Stadt 39

Page 42: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Es zeichnen sich jedoch auch positive Entwick-lungen ab, allerdings nicht flächendeckend, sondern regional. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die Region Bajío. Dazu gehören die Bundesstaaten Aguascalien-tes, Guanajuato, Querétaro, Jalisco, San Luis Potosí, Zacatecas und Michoacán. Hauptpro-duktionsbereiche sind die Automobilindustrie, die Lebensmittel-, Agrar- und Chemieindustrie sowie das Baugewerbe. In diesen Bundesstaaten sind zahlreiche der circa 2.000 in Mexiko täti-gen deutschen Unternehmen ansässig. Im Mai

hat beispielsweise BMW sein neues Werk in San Luis Potosí eröffnet.

Die sogenannte Alianza Bajío-Occidente hat eine übergreifende Strategie hinsichtlich Aus- und Fortbildung, verfügt über eine sehr gute infra-strukturelle Anbindung und bietet auch poli-tisch gesehen ein sicheres Investitionsklima.

Dies macht sich an den dortigen Hochschulen bemerkbar, in denen Anwendungsorientierung im Vordergrund steht. Die Hochschulen su-chen, da sie die Auswirkungen der nationalen

› Konzentriert begutachtet eine deutsch-mexikanische aus-wahlkommission die anträge mexikanischer hochschulen für ihre aufnahme ins KoSPIE-Programm.

KoSPIE – 15 nEUE PartnErhoChSChUlEn

Ende 2018 schrieb der DaaD das ehe-mals als Jungingenieurprogramm bekannte Programm „Kombinierte Studien- und Praxisaufenthalte für Ingenieure aus Entwicklungslän-dern“ (KoSPIE) für mexikanische hochschulen aus. Insgesamt wurden 15 mexikanische hochschulen zur teilnahme an diesem Programm aus-gewählt und 105 Stipendien für Ba-chelorstudierende konnten für einen 13-monatigen aufenthalt in Deutsch-land (Sprachkurs, Praxissemester und Praktikum) vergeben werden.

Das KoSPIE-Programm ermöglicht Bachelorstudierenden aus Kolum-bien, argentinien und Mexiko einen Praxisaufenthalt in Deutschland. Die neuen teilnehmenden mexika-nischen hochschulen sind zum teil langjährige Partner des DaaD wie das Instituto tecnológico de Estudios Superiores de Monterrey, die Univer-sidad autónoma de nuevo leon oder das Instituto tecnológio in Puebla.

Seit 2019 sind auch Universitäten aus den Bundesstaaten Jalisco, agu-ascalientes, Sonora und Querétaro mit dabei. Sonora hat durch seine

nähe zu den USa den Vorteil, dass viele Studierende bilingual (Englisch und Spanisch) aufwachsen. In den Bundesstaaten Jalisco und Queréta-ro wiederum ist eine Vielzahl von in-ternationalen Industrieunternehmen angesiedelt, die Fachkräfte mit Aus-lands- und Praxiserfahrung suchen.

am 9. September 2019 fand in der außenstelle ein Koordinierungstref-fen für alle teilnehmenden 15 hoch-schulen statt. Es diente im wesent-lichen dem Erfahrungsaustausch zwischen den alten und neuen KoS-PIE-Partnern.

› Koordinatorentreffen der 15 hochschulen aus dem KoSPIE-Programm.

aMErIKaMexiko-Stadt40

Page 43: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Bildungspolitik noch nicht absehen können, nach Alternativen für die Zukunft. In den ver-gangenen Jahren haben sie über eigene Verbin-dungsbüros (Centros de Vinculación) ihre Ver-bindungen zur lokalen Industrie ausgebaut und setzen verstärkt auf Internationalisierung und regionale Vernetzung.

Entwicklungen im Hochschulsektor

Viele Personalwechsel, Strategiearbeit und da-durch hervorgerufene Unsicherheit prägten das vergangene Jahr. Das allgemein von der Bundes-regierung verhängte Austeritätsprinzip hat sich auch auf die Budgets der öffentlichen und priva-ten Hochschulen ausgewirkt.

20 Jahre Zusammenarbeit mit dem CONACyT

Im September 1999 unterzeichneten der DAAD und der Consejo NacionaI de Ciencia y TecnoIo-gía (CONACyT) ein Abkommen, das seitdem jährlich rund 70 Mexikanerinnen und Mexi-kanern ein Master- oder Promotionsstudium in DeutschIand ermöglicht. Innerhalb dieses kofinanzierten Programms sind bislang über 1.000 Stipendiatinnen und Stipendiaten geför-dert worden.

Am 17. und 18. Oktober 2019 feierten die Au-ßenstelle Mexiko und der CONACyT ihre 20-jäh-rige Zusammenarbeit. An den Feierlichkeiten in Form eines Empfangs und eines interdiszi-plinären Seminars nahmen auch der deutsche Botschafter Peter Tempel, die DAAD-Alumna und Wissenschaftsreferentin der mexikani-schen Botschaft in Berlin, Dr. Julieta Rojo, die Abteilungsleiterin für Technologie und Inno-vation des CONACyT, Dr. Delia Aidée Orozco, der Leiter der CONACyT-Stipendienprogram-me, Edwin Triujeque Woods, die Direktorin der Abteilung Projekte des DAAD, Dr. Anette Pieper, sowie zahlreiche ehemalige Geförderte teil.

Die Veranstaltung bot eine gute Gelegenheit, mit dem aufgrund des 2018 in Mexiko erfolgten Regierungswechsels fast vollständig veränder-ten Personal des CONACyT auf bisher Erreichtes zurückzublicken und gemeinsam mit den eben-falls teilnehmenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern neue Ideen zu entwickeln, da sich der CONACyT entsprechend der neuen the-matischen Schwerpunktsetzung der Regierung auch inhaltlich verändert hat. So stehen bei ihm derzeit die „Programas Nacionales Estratégicos“ (PRONACES) im Vordergrund, die auf Umwelt-schutz, Wasserversorgung sowie städtische und demokratische Entwicklung abzielen.

› Das Jubiläum feierten Silvia Stiefermann, Peter tempel, Dr. anette Pieper, Dr. Julieta rojo, Dr. Katharina Fleckenstein und Edwin triujeque woods.

› Für eine woche trafen im november sich Vertreterinnen und Vertreter internationaler Büros von hochschulen aus ganz lateinamerika im rahmen eines DIES-Seminars an der Universidad de Guanajuato. Das Seminar wurde von der Universität hannover durchgeführt.

aMErIKaMexiko-Stadt 41

Page 44: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Die von AMLO angekündigte Bildungsreform bezieht sich hauptsächlich auf den Schulbe-reich. Hier hat sie umfassende Reformen der vorhergehenden Regierung wie die jährliche Evaluation der Lehrerinnen und Lehrer durch das Instituto Nacional para la Evaluación de la Educación (INEE) zurückgenommen. Einen be-sonderen Fokus legt sie auf die Jugend. Sie hat eine Überarbeitung der Lehrmaterialien hin-sichtlich Werten, Ethik, Moral und Geschlech-terverhältnisse angekündigt und in Aussicht ge-stellt, dass auch höhere Bildung flächendeckend eingeführt werden soll. Dies soll im Rahmen von einhundert neu einzurichtenden Hochschu-len passieren, die in allen Bundesstaaten prä-sent sein sollen – mit 36 Bachelorstudiengängen

in den Bereichen nachhaltige Entwicklung, Gesundheit, soziale Studien, Ernährungswissen-schaft, Energie und biokulturelles, soziales und geschichtliches Erbe.

Die Opposition kritisiert dieses Vorhaben heftig. Sie bevorzugt einen qualitativen und quantitati-ven Ausbau der bestehenden Hochschulen, die mit ihren Kapazitäten ebenfalls an ihre Grenzen stoßen. Die öffentlichen Hochschulen lehnen jährlich rund 470.000 Studienanwärterinnen und -anwärter aufgrund mangelnder Studienplätze ab. Außerdem sieht die Opposition keine nach-haltige Finanzierung für einhundert neue Univer-sitäten, die insgesamt 300.000 Studierende auf-nehmen sollen. Insgesamt ist die Anzahl der an öffentlichen Hochschulen immatrikulierten Stu-dierenden im Zeitraum zwischen 2000 und 2019 von 1,1 Millionen auf 4,4 Millionen gestiegen.

Für den DAAD ist und bleibt der Consejo Na-cional de Ciencia y Tecnología (CONACyT) der wichtigste Partner. 2019 konnte der DAAD auf 20 Jahre Zusammenarbeit zurückblicken und

IM aUStaUSCh MIt DEr PolItIK

Am 2. Oktober empfing die Au-ßenstelle Mexiko gemeinsam mit dem Goethe-Institut Mexiko die deutsch-mexikanische Parlamenta-riergruppe. Grund der reise war die Gründung der „Grupo de amistad – México-alemania“ im mexikani-schen abgeordnetenhaus. Vorsit-zende sind Martin Burkert (SPD) auf deutscher Seite und Beatriz Silvia robles Gutierrez (MorEna) auf me-xikanischer. letztere ist Mitglied des auswärtigen ausschusses und Mit-glied im ausschuss technologie und

Innovation. themen waren Men-schenrechte, Sicherheit, handelsbe-ziehungen und Migration.

Bei ihrem Besuch der DaaD-außen-stelle standen die ansteigenden Deutschlernerzahlen, der Fachkräfte-mangel und das neue Fachkräfteein-wanderungsgesetz im Fokus. Die ab-geordneten zeigten reges Interesse an den aktuellen aufgaben und tä-tigkeitsfeldern des DaaD in Mexiko.

Einige tage nach der Gründung der „Grupo de amistad“ lud das mexika-nische abgeordnetenhaus anläss-lich des 250-jährigen Geburtsjah-res alexander von humboldts die DaaD-langzeitdozentin und Inhabe-rin des wilhelm und alexander von humboldt-lehrstuhls am Colegio de México, Dr. Marion röwekamp, zu einem Vortrag über das leben und wirken des deutschen Universalge-lehrten ein. Dabei diskutierten die anwesenden ausgiebig die themen Umweltschutz und Klimawandel.

› Von links nach rechts: Michael Schultheiß (Deutsche Botschaft), Silvia Stiefermann (DaaD), thomas lenferding (Deutsche Botschaft), niema Movassat (DIE lInKE), Martin Burkert (SPD), Dr. Katharina Fleckenstein (DaaD), Dr. Jens Brandenburg (FDP), Dr. rainer Kraft (afD), tanja olbrich (Goethe Institut), rudolf de Baey (Goethe Institut), tankred Schipanski (CDU).

aMErIKaMexiko-Stadt42

Page 45: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

im Rahmen eines kleinen Alumniseminars zum Thema „Umwelt und Gesellschaft“ neue Impulse für die künftige Zusammenarbeit setzen (siehe Highlightkasten 2). Der CONACyT verzeichnet ähnlich wie andere Regierungsbehörden nach einem Regierungswechsel eine hohe Personal-fluktuation. Erst in der zweiten Jahreshälfte standen die neuen Ansprechpersonen fest, die für das gemeinsame Stipendienprogramm zu-ständig sind und langfristig Schlüsselpositionen innerhalb des CONACyT einnehmen.

Strukturell und inhaltlich hat sich CONACyT ebenfalls neu aufgestellt. Die einst eigenständige Abteilung für internationale Kooperation ist nun der Abteilung Planung und Evaluation unter-stellt, ab dem mittleren Management aufwärts ist das Personal nahezu vollständig ausgewechselt.

Inhaltlich hat sich der CONACyT unter der Lei-tung von Dr. María Elena Alvarez-Buylla Roces neu definiert. Er orientiert sich an fünf neuen Zielen: Stärkung der Wissenschaftscommunity,

Berücksichtigung von Grenzwissenschaften, Fokus auf prioritär zu behandelnden nationalen strategischen Programmen (PRONACES) sowie Technologietransfer und Bereitstellung des Wis-sens für die Gesellschaft. Der neue CONACyT erzeugt in der Wissenschaftscommunity starke Kontroversen.

Positiv ist zu erwähnen, dass die beiden Top-Uni-versitäten im mexikanischen Hochschulsystem, die Universidad Nacional Autónoma de México (UNAM) und das Instituto Tecnológico de Estu-dios Superiores de Monterrey (ITESM), im glo-balen QS World University Ranking aufgestiegen sind. Die UNAM hat sich von Platz 117 auf Platz 103, das ITESM von 178 auf 158 verbessert.

Auch die Anzahl der Hochschulkooperationen mit Deutschland ist gestiegen. Gab es 2018 noch 420 Kooperationen, sind es 2019 bereits 450. Für das ITESM ist Deutschland im Bereich der Aus-landsmobilität mit 1.329 Studierenden zum Ziel-land Nummer 4 geworden. Zum Vergleich: Auf Platz 1 liegt Spanien mit 1.888 Studierenden, ge-folgt von Kanada mit 1.531 und den USA mit 1.338 Studierenden. Das ITESM will seine Beziehungen zu Deutschland, die unter anderem in dem vom Bundesministerium von Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Deutschen Internationalen Hochschulkonsortium (DIHK) und im Rahmen des KOSPIE-Programms bestehen, ausbauen.

Die mexikanischen Hochschulen haben beson-deres Kooperationsinteresse an den Themen Industrie 4.0, nachhaltige und erneuerbare Energien und Digitalisierung, aber auch an all-gemein anwendungsbezogenen Studiengängen, sprich: an Hochschulen für angewandte Wissen-schaften. Sie erhoffen sich dadurch eine engere Verbindung zur Industrie.

Die DAAD-Arbeit vor Ort

Nicht nur auf der mexikanischen Seite, auch in der Programmarbeit des DAAD und der Personalbesetzung der Außenstelle wandel-te sich 2019 viel. Trotz des von starkem Per-sonalwechsel und Sparmaßnahmen betrof-fenen CONACyT fanden im Mai 2019 wieder

› Umweltschutz und der Erhalt von natur war auch ein zentrales thema des humboldt-Jahres.

aMErIKaMexiko-Stadt 43

Page 46: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Stipendienauswahlen mit insgesamt 70 neu vergebenen Stipendien statt. Der CONACyT zeigt großes Interesse, seine Kooperation mit Deutschland und dem DAAD auszubauen.

Im Programm „Kombinierte Studien- und Praxis aufenthalte für Ingenieure aus Entwick-lungsländern“ (KOSPIE) wählte der DAAD insge-samt 15 neue Partnerhochschulen aus, von de-nen sieben zum ersten Mal an dem Programm partizipieren (siehe Seite 40).

Bei einer Vielzahl der von der Außenstelle wahr-genommenen Termine handelte es sich um An-trittsbesuche bei Partnerinstitutionen, Hoch-schulen und deutschen Organisationen wie dem Goethe-Institut, mit dem der DAAD in Mexiko ab 2020 das Projekt „Studienbrücke“ umsetzen soll. Mit dem Bundesinstitut für Berufliche Bildung (BIBB), dem BMBF und der deutsch- mexikanischen Industrie- und Handelskammer (CAMEXA) sprach die DAAD-Außenstelle über das Thema duale Ausbildung und duales Studi-um. Hier gibt es zahlreiche Schnittstellen und Kooperationsmöglichkeiten, die künftig ausge-baut werden sollen.

Ein starkes Rückgrat für den DAAD sind die über 10.000 Alumni in Mexiko. 2019 fanden 15 Alum-niseminare zu unterschiedlichen Themen statt. Die Alumni sind nicht nur in der Wissenschaft tätig, sondern auch eine große Unterstützung

in der Studienberatung, die die Außenstelle in einem Land mit über 4.000 Hochschulen alleine nicht bewältigen könnte. Als sehr wertvoll er-weist sich in diesem Zusammenhang auch das Programm der „Young Ambassadors“.

Die Außenstelle organisierte zahlreiche Marke-tingveranstaltungen, um die besten Studieren-den für Deutschland zu gewinnen. Ein wichtiger Publikumsmagnet ist nach wie vor die von der Außenstelle, Campus France, Nuffic Neso und der Schwedischen Botschaft in Mexiko organi-sierte Bildungsmesse EuroPosgrados, die dieses Jahr in ihrer bereits 16. Ausgabe rund 5.000 In-teressierte anlockte. Wichtige Marketinginstru-mente sind neben den klassischen Infovorträ-gen und Messen die digitalen Medien in Form von Web 2.0 oder Web-Seminaren.

Regelmäßig besucht die Außenstelle die fünf deutschen Schulen in Mexiko, um Schülerinnen, Schülern und Eltern ein umfassendes Bild über die Studienmöglichkeiten in Deutschland zu ge-ben. Weitere wichtige Partnerinnen und Partner sind die über ganz Mexiko verteilten deutschen Kultur- und Sprachinstitute. Das Interesse an Deutschland und Deutsch als Fremdsprache ist gestiegen. Die Kurse an den Instituten sind ausgebucht, das Goethe-Institut hat eine Anzahl von über 85.000 Deutschlernenden in Mexiko er-mittelt. Drei Hochschulen haben den DAAD mit der Bitte kontaktiert, ein Lektorat einzurichten.

Rückblickend auf 2019 haben sich durch die zahlreichen Wechsel auf unterschiedlichen Ebe-nen neue Ideen und neue Partnerschaften ent-wickelt und Grundlagen für weitere Kooperatio-nen in den kommenden Jahren wurden gelegt.

› Glücklich strahlt der diesjährige Gewinner des „Falling Walls Lab Mexico“, Fernando González Millán, in die Kamera. Das Falling Walls Lab wird seit 2014 in Zusammenarbeit mit der Deutschen Botschaft und dem Goethe-Institut durchgeführt.

AMERIKAMexiko-Stadt44

Page 47: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

› Die Sonnenpyramide in der antiken Stadt teotihuacán ist ein beliebtes touristenziel in der nähe von Mexiko-Stadt.

aMErIKaMexiko-Stadt 45

Page 48: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

4,4 Mio.Anzahl der eingeschrie benen Studierenden (alle Studienstufen)

3.179Anzahl der Bildungs-ausländer in Deutschland

9.268Absolvent/innen Promotion

Dr.

38,17 %Immatrikulationsquote

Quellen: DAAD, Statistik DESTATIS – Statistisches Bundesamt, Wissenschaft weltoffen, The World Bank, Data UNESCO, Institute for Statistics

DATEN ZUM BILDUNGSSYSTEM MEXIKO

Die beliebtesten Ziel länder für Studierende

0,57 %Im Ausland Studierende (Anteil an Studierenden gesamt)

Ausländische Studierende im Land gesamt nach Herkunftsländern

0,79 %Anteil ausländischer Studierender

34.900Im Ausland Studierende (Anzahl gesamt)

1. Vereinigte Staaten 2. Spanien 3. Frankreich 4. Deutschland 5. Vereinigtes Königreich

1. Vereinigte Staaten 2. Europa (Herkunftsland unbekannt) 3. Afrika (Herkunftsland unbekannt) 4. Asien (Herkunftsland unbekannt) 5. Kanada

aMErIKaMexiko-Stadt46

Page 49: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Tabelle 3: DAAD-Geförderte aus dem Ausland und aus Deutschland nach Herkunfts-/Zielland und Förderbereichen Mexiko

a = Geförderte aus dem auslandD = Geförderte aus Deutschland Mexiko

I. Individualförderung – gesamtA 673D 160

1. nach Status

Studierende auf Bachelor-niveaua 318D 112

Studierende auf Master-niveaua 189D 17

Doktorand/innena 150D 9

Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen (inkl. Postdoktorand/innen)a 16D 22

2. nach Förderdauer

< 1 Monata 24D 15

1–6 Monatea 22D 86

> 6 Monate (langzeitförderung)a 627D 59

II. Projektförderung – gesamtA 381D 502

1. nach Status

Studierende auf Bachelor-niveaua 94D 301

Studierende auf Master-niveaua 68D 162

Doktorand/innena 29D 15

Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen (inkl. Postdoktorand/innen)a 44D 22

andere Geförderte*a 146D 2

2. nach Förderdauer

< 1 Monata 246D 82

1–6 Monatea 101D 378

> 6 Monate (langzeitförderung)a 34D 42

III. EU-Mobilitätsprogramme – gesamtA 25D 14

1. Mobilität mit Partnerländern

1. Erasmus-Studierendenmobilität (auslandsstudium)a 8D

2. Erasmus-Personalmobilität (Dozent/innen, sonstiges Personal)a 17D 14

DAAD-Förderung – gesamt (I + II + III)A 1.079D 676

DAAD-Förderung – Geförderte A und D – gesamt 1.755

*Personen in studienvorbereitenden Maßnahmen sowie projektbetreuendes hochschulpersonal

In der aufstellung der Geförderten des DaaD werden drei Förderbereiche unterschieden. In der Individualförderung unterstützt der DaaD schwerpunktmäßig Studierende sowie Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen, die sich erfolgreich um ein DAAD-Stipendium beworben haben. In der Projektförderung finanziert der DAAD vornehmlich Programme zur Förderung weltoffener Hochschulstrukturen. als nationale agentur für EU-hochschulzusammenarbeit vergibt der DaaD schließlich Fördermittel an Studierende und Mitarbeiter von hochschulen, die insbesondere akademische Mobilität ins europäische ausland unterstützen (EU-Mobilitätsförderung). Die in der tabelle abgebildeten Zahlen zu den Geförderten beziehen sich auf das Projekt 2017 und damit auf die laufzeit 1.6.2017–31.5.2019.

aMErIKaMexiko-Stadt 47

Page 50: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

NEW YORK

aMErIKanew York48

Page 51: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

aMErIKanew York 49

Page 52: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Am 25. Januar 2019 endete nach 35 Tagen der längste „Government Shutdown“ in der Ge-schichte der USA, ohne dass es am Ende einen klaren Sieger gab. Ausgelöst hatte die Blockade das Mauer-Projekt an der Grenze zu Mexiko, ein Wahlkampfversprechen von Präsident Donald Trump. Die Demokraten im Kongress wollten die dafür benötigten Gelder nicht freigeben. Am Ende lenkte der Präsident zwar ein und ge-nehmigte einen vom Kongress als Kompromiss vorgeschlagenen Haushalt, der keine Gelder für

die Mauer enthielt. Er erklärte stattdessen im Februar 2019 den nationalen Notstand an der südlichen Grenze und erreichte dadurch, dass die Regierung Gelder für die Verstärkung der Grenzanlagen bereitstellen konnte.

Solch heftiges Tauziehen zwischen den politi-schen Lagern prägte das ganze Jahr. Die Öffent-lichkeit nahm es als Teil des aufziehenden Präsi-dentschaftswahlkampfes wahr. Ähnlich verhielt es sich mit dem „Mueller Report“, den der ehe-malige FBI-Direktor Robert Mueller im März als Ergebnis der Sonderermittlung zur Beeinflus-sung des Wahlkampfs in den Vereinigten Staa-ten 2016 durch Russland vorlegte: Im Rahmen der Untersuchungen gab es zahlreiche Festnah-men und Verurteilungen, beide politischen Sei-ten bestanden jedoch auf ihrer eigenen Inter-pretation der Ergebnisse.

} Der 2020 anstehende Präsidentschaftswahlkampf in den USA kündigte sich bereits 2019 in aufgeheizten politischen Debatten und politischem Tauziehen an. Die hohen Studiengebühren an US-Hochschulen sind nach wie vor ein kontrovers diskutiertes Thema. In Kanada legt die Regierung den Fokus auf Innovation und hat Strategien für künstliche Intelligenz und Hochschulinternationalisierung veröffentlicht.

LAND IM DAUERWAHLKAMPFMODUS

Benedikt Brisch leitet seit 2019 die DAAD-Außenstelle und das Deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus in New York. Die Außenstelle ist zuständig für die USA und Kanada.

› „Sound Understanding“-Konzert von DaaD-Stipendiatinnen und -Stipendiaten im Fach Musik am 11. april 2019 in der Carnegie hall in new York.

aMErIKanew York50

Page 53: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Schließlich führte die Ukraine-Affäre zu einer heftigen politischen Auseinandersetzung um die Frage, ob der Präsident seine Macht miss-braucht habe, um ausländische Akteure zu imageschädigenden Untersuchungen gegen seinen politischen Gegner, den demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden, zu ver-anlassen. Die Demokraten leiteten ein Amts-enthebungsverfahren („Impeachment“) gegen den Präsidenten ein, so dass sich Donald Trump schließlich als dritter Präsident in der Geschich-te der USA einem Impeachment stellen musste.

Ungeachtet der politischen Scharmützel bli-cken Unternehmen und Wall Street optimis-tisch auf die wirtschaftliche Lage in den USA. Die Arbeitslosigkeit ist weiter sehr niedrig – jedoch verzeichnen die USA auch das größte

Haushaltsdefizit ihrer Geschichte. Teile der Öf-fentlichkeit diskutieren die Frage der sozialen Ungleichheit in der Gesellschaft und der zuneh-menden Unsicherheit der Mittelschicht – ein Thema der demokratischen Präsidentschafts-kandidatinnen und -kandidaten.

Analyse und Lösungsansätze beider politischen Lager stehen sich dabei klassisch diametral ge-genüber. Beobachter sind sich einig, dass das Land früher als je zuvor in den Wahlkampfmo-dus übergegangen ist. Die Heftigkeit der De-batten, die mangelnde Bereitschaft zur Zusam-menarbeit und zu Kompromissen, ja sogar zur Anerkennung der Fakten geben einen Vorge-schmack auf das Wahljahr 2020.

› ankunft von Kimaaktivistin Greta thunberg mit dem Segelboot in Manhattan zur teilnahme an der Un-Klimakonferenz am 28. august 2019.

aMErIKanew York 51

Page 54: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Kanada: Neue Internationalisierungsstrategie

Dr. Nicola VöhringerLeiterin des DAAD-Informationszentrums Toronto

Im Sommer 2019 veröffentlichte die kanadische Regierung ihre neue Internationalisierungs-strategie. In den nächsten fünf Jahren will sie umgerechnet rund 130 Mio. Euro in die Inter-nationalisierung kanadischer Hochschulen investieren; davon 65 Mio. in die Ausreisemobi-lität kanadischer Studierender, die damit erst-mals in den Fokus rückt.

Die neue Strategie formuliert drei ambitio nierte Ziele:

1. Erhöhung der Ausreisemobilität: 11.000 ka-nadische Studierende sollen mit zusätzli-cher Finanzierung ermutigt werden, durch Studien- und Arbeitsaufenthalte im Ausland Schlüsselqualifikationen für den globalen Markt zu erwerben.

2. Diversifizierung der Einreisemobilität: Die internationale Studierendenschaft soll bezüg-lich der Herkunftsländer und der Studienfä-cher und -niveaus breiter aufgestellt werden.

3. Marketing für Bildungsexporte: Kanadische Bildungsinstitutionen sollen darin unter-stützt werden, ihre Bildungsangebote im Aus-land zu präsentieren und neue Partnerschaf-ten auszuloten.

Kanada ist weiterhin eines der attraktivsten Zielländer für internationale Studierende und verzeichnete 2019 erneut einen Anstieg bei Neu-Immatrikulierten aus aller Welt. Nach der Euphorie der letzten Jahre kritisierten manche die expansive Internationalisierungspolitik. Einige Hochschulen haben bereits Zulassungs-beschränkungen für internationale Studie-rende eingeführt, da Herausforderungen und Engpässe bei universitären Einrichtungen und Dienstleistungen wie Studentenwohnheimen, studentischen Betreuungsangeboten und in der Lehre bestehen. Kontroverse Diskussionen löst in diesem Zusammenhang auch das Verhältnis

von Einnahmen aus internationalen Studien-gebühren und rückläufiger staatlicher Finanzie-rung der Hochschulen aus.

Neben der neuen Internationalisierungsstra-tegie unterstützt die kanadische Regierung er-neut „Work Integrated Learning“ in Form von Praktika in Unternehmen und folgt damit den Empfehlungen des Business / Higher Educati-on Roundtable. In den kommenden fünf Jahren will die Regierung weitere 547 Mio. Euro für den Ausbau von Partnerschaften mit Unterneh-men und die Entwicklung einer Plattform für Kooperationsanbahnung und Monitoring inves-tieren. Neben den MINT-Fächern stehen nun auch die Sozial- und Geisteswissenschaften im Fokus. Bei der internationalen Mobilität fragen kanadische Studierende Forschungs- und Be-triebspraktika an deutschen Hochschulen und in deutschen Unternehmen sehr stark nach.

Besonders hervorzuheben ist der Bereich künstliche Intelligenz (KI). Kanada hat 2017 als erstes Land eine nationale KI-Strategie vorge-legt und sich zu einem führenden Standort für KI-Forschung und -Innovation entwickelt. Die bedeutendsten Zentren befinden sich in Wa-terloo, Edmonton, Toronto und Montréal. In Montréal sind Forschungseinrichtungen mit KI-Bezug besonders stark vertreten; neben dem Montreal Institute for Learning Algorithms wird „Supply Chains and Logistics Excellence“ als Teil der „Innovation Supercluster Initiative“ gefördert. Hier soll nun auch ein internationa-les KI-Kompetenzzentrum entstehen, das im Autausch mit Industrie, Wissenschaft und Zivil-gesellschaft die verantwortungsvolle und ethi-sche Entwicklung von KI vorantreibt.

› Dr. nicola Vöhringer leiterin des DaaD-Informationszentrums toronto

aMErIKanew York52

Page 55: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Entwicklungen im Hochschulsektor

Der „college admission bribery scandal“ erschüt-terte im Frühjahr 2019 die Hochschulwelt in den USA. Er brachte zutage, dass einige wohlhaben-de Familien über einen illegalen Vermittler die Zulassung zu prestigeträchtigen Hochschulen für ihre Kinder gekauft hatten. Der Skandal löste eine nach wie vor anhaltende Debatte über die Fairness und Fehleranfälligkeit des Zulassungs-systems an den Hochschulen aus.

Das bedeutendste hochschulpolitische Thema in der US-amerikanischen Öffentlichkeit waren je-doch die weiter steigenden Studiengebühren und die dafür aufgehäuften Schulden. Die meisten demokratischen Präsidenschaftsbewerberinnen und -bewerber positionierten sich hier deutlich und wollen Studiengebühren entweder völlig abschaffen oder zumindest drastisch senken. Be-fürworterinnen und Befürworter der Gebühren argumentieren, dass eine sehr gute Hochschul-bildung weiterhin die besten Aussichten auf ein hohes Einkommen bietet. Allerdings mehren sich Beispiele, dass Kinder aus Mittelklasse-Fa-milien trotz sehr gutem Hochschulabschluss so hohe Studienschulden abbezahlen müssen, dass Familiengründung und Erwerb eines Eigen-heims in eine wenig gewisse Zukunft rücken.

Zu Diskussionen führte im März 2019 die „Exe-cutive Order“ des US-Präsidenten zur Redefrei-heit an Hochschulen, welche anwies, wozu sie als Empfänger öffentlicher Mittel ohnehin ver-pflichet sind: Sorge zu tragen, dass an den Hoch-schulen eine freie und offene Debatte geführt werden kann; diese sei unverzichtbare Voraus-setzung für Demokratie, Forschungsdrang und

Wohlstand. Die Öffentlichkeit in den USA ist zu der Frage, wo freie Rede endet und wo sie die Freiheit anderer beeinträchtigt und Menschen diskriminiert, weiterhin gespalten.

Befürchtungen, dass angesichts politischer Rah-menbedingungen und weiter steigender Studi-engebühren die US-Hochschulen im weltweiten Wettbewerb an Attraktivität einbüßen könn-ten, haben sich nicht bestätigt. Während „Open Doors“ im Jahr 2017/2018 noch einen Rück-gang der Neueinschreibungen internationaler Studierender an Hochschulen in den USA um 6,6 Prozent verzeichnete, gingen sie 2018/2019 nur noch marginal um 0,9 Prozent zurück. Mit knapp 1,1 Millionen erreichte die Zahl der in-ternationalen Studierenden an US-Hochschulen einen neuen Höchststand.

Der Umfang des akademischen Austauschs zwi-schen den USA und Deutschland ist hingegen nach jahrelangen Aufwüchsen erstmals zu-rückgegangen. 2018/2019 haben insgesamt 8,5 Prozent weniger Deutsche an US-Hochschulen studiert als im Vorjahr. Deutsche stellen nach Großbritannien allerdings weiterhin die zweit-größte Gruppe von Europäerinnen und Europä-ern an US-Hochschulen. Auch die Zahlen der Studierenden aus anderen EU- und Industrielän-dern sind rückläufig. Im Gegensatz dazu steigen die Studierendenzahlen aus Entwicklungs- und Schwellenländern.

Auch die Zahlen von US-Studierenden an deut-schen Hochschulen – das zeigen die jüngsten Zahlen von „Open Doors“ – waren 2017/2018 erst-mals seit den Terroranschlägen vom 11. Septem-ber 2001 rückläufig. Demnach haben 2,7 Prozent

100 JahrE InStItUtE oF IntErnatIonal EDUCatIon

Das Institute for International Education (IIE) feierte im Februar sein 100-jähriges Bestehen auf dem „IIE Summit“ als Jubiläumsveran-staltung mit vielen internationalen Partnern, darunter dem DaaD und zahlreichen deutschen hochschul-

vertreterinnen und -vertretern. DaaD-Generalsekretärin Dr. Doro-thea rüland diskutierte zum auf-takt mit Vertretern des IIE und des State Department zum thema „the Future of International Educati-on + Student Mobility“. aus anlass

des Jubiläums würdigte das IIE Dorothea rüland für das Engage-ment des DaaD bei der Förderung des internationalen akademischen austauschs mit der IIE- Centennial-Medaille.

aMErIKanew York 53

Page 56: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

DWIH New York

Im Jahr 2019 führte das Deutsche Wissen-schafts- und Innovationshaus (DWIH) 25 Ver-anstaltungen in den USA durch: von New York City bis an die Westküste unter anderem in Alabama, Austin/Texas, Boston, Evansville, Huntsville, Indiana, Kansas City, San Francisco, Washington, DC und Wichita. Auf den Veran-staltungen, die sowohl das DWIH als auch die 24 Partnerinstitutionen des DWIH New York initiiert haben, präsentierten die Organisatoren exzellente deutsche Forschung und Erfindungs-reichtum und intensivierten die Zusammenar-beit mit amerikanischen Partnern.

Das DWIH brachte mit Dr. Christian Behl vom Universitätsklinikum der Johannes-Gutenburg Universität Mainz sowie Dr. Ralph Nixon vom Nathan S. Kline Institute for Psychiatry und dem NYU Langone Medical Center zwei der weltweit führenden Forscher zu Alzheimer und anderen neurodegenerativen Erkrankungen zusammen. Diese boten einen Workshop für Expertinnen und Experten auf dem Gebiet der Neurodegeneration an und präsentierten aktu-elle Forschungsergebnisse auf einer Podiums-diskussion für das breite Publikum.

Future Forum „Demystify AI“ im NewLab in Brooklyn, New York

Im November 2019 brachte das DWIH New York erstmals im neuen Format des „Future Forums“ über 160 KI-Forschende sowie Ent-scheidungsträger aus Deutschland und den USA unter dem Thema „Demystify AI“ zusammen.

Als Tagungsort diente das NewLab in den Navy Yards in Brooklyn. In der umgebauten Werft haben einhundert Start-up-Unternehmen aus dem Umfeld des Campus der Tandon School of Engineering der New York University (NYU) ihren Sitz und entwickeln dort ihre Ideen und Geschäftsmodelle.

DAAD-Präsidentin Prof. Dr. Margret Winter-mantel eröffnete das „Future Forum“ gemein-sam mit dem deutschen Generalkonsul in New York, David Gill. Zu den Vortragenden gehörten Christoph Lütge, Direktor des Ethik-Instituts der TU München, Vivienne Ming, KI- Forscherin und Unternehmerin aus dem Silicon Valley, und Simone Noveck, Direktorin des Governan-ce Lab an der NYU und Mitglied im Digitalrat der Bundesregierung.

Inhaltlich befasste sich das „Future Forum“ mit Anwendungsmöglichkeiten in Gesundheit, Transport und Klimawandel sowie mit völlig neuen Geschäftsmodellen. Die Teilnehmerin-nen und Teilnehmer diskutieren Chancen, Risi-ken und ethische Fragen: Wie können Persön-lichkeitsschutz und Rechte von Bürgern und Konsumenten geschützt und die enormen Mög-lichkeiten der KI gleichzeitig genutzt werden?

› DwIh: Podiumsdiskussion zu alzheimer und anderen neurodegenerativen Erkrankungen.

› DwIh: Start-up-Kreativworkshop zu artificial Intelligence (aI) beim Future Forum.

aMErIKanew York54

Page 57: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

weniger US-Studierende an deutschen Hoch-schulen studiert. Davor hatte sich die Zahl der US-Studierenden an deutschen Hochschulen in-nerhalb von 13 Jahren verdoppelt und Deutsch-land war gemäß Statistik der UNESCO zur viert-wichtigsten Destination von US-Studierenden im Ausland aufgerückt.

Die DAAD-Arbeit vor Ort

Deutscher Pavillon auf der NAFSA-Hochschulmesse Ende Mai nahm der DAAD zusammen mit mehr als 50 deutschen Hochschulen erneut mit einem gro-ßen Gemeinschaftsstand sowie 80 Teilnehmerin-nen und Teilnehmern an der NAFSA-Konferenz in Washington, DC teil. Aus Anlass des Deutschland-jahres „Wunderbar Together“ hatten die Partner eine größere Standfläche angemietet. Der DAAD veranstaltete gemeinsam mit Baden-Württemberg International einen feierlichen Abendempfang im University Club of Washington, D.C.

Die Außenstelle New York und die beiden In-formationszentren San Francisco und Toronto organisierten im Jahresverlauf umfangreiche Marketingmaßnahmen für den Forschungs- und Hochschulstandort Deutschland, die im Hinblick auf „Diversity“ zielgerichtet Minder-heitengruppen auf Tagungen und Fachmessen direkt ansprachen. Insgesamt war der DAAD auf etwa 37 Netzwerk- und Fachmessen sowie rund 70 Study-Abroad-Messen vertreten. Zudem engagierte sich die Außenstelle New York bei 26  Veranstaltungen zum Forschungsmarketing.

tranSatlantISChE wISSEnSChaFtSDIPloMatIE

Mit dem Ziel, die herausforderungen und Chancen für die transatlantische Zusammenarbeit von Wissenschaft und Zivilgesellschaft auszuloten, luden DaaD und IIE im September 2019 zu einem gemeinsamen Salon

in Kooperation mit dem General-konsulat new York ein. hochrangi-ge Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft und Gesellschaft von beiden Seiten des atlantiks diskutier-ten, moderiert von Steven E. Sokol,

Präsident des american Council on Germany, die Frage, was die tran-satlantische welt heute darstellt und welche rolle in diesen rahmen-bedingungen der Knowledge oder Science Diplomacy zukommt.

› Im anschluss an den Centennial Salon kamen die teilnehmerinnen und teilnehmer des Salons bei Generalkonsul David Gill anlässlich der Überreichung des Bundesver-dienstkreuzes an den Präsidenten des IIE, allan Goodman, zusammen (v. l. n. r.): Dr. Dorothea rüland, allan Good-man, Ehefrau Collette Goodman, General-konsul David Gill.

› Deutscher Pavillon auf der naFSa-hochschulmesse im rahmen des Deutschlandjahres „wunderbar together“ in washington, D.C.

aMErIKanew York 55

Page 58: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Als Auftaktveranstaltung der USA-Reise einer Delegation des hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier richtete das Deutsche Wissen-schafts- und Innovationshaus (DWIH) im Juli in Zusammenarbeit mit der Deutsch-Amerikani-schen Außenhandelskammer eine Podiumsdis-kussion im New Yorker Financial District zum Thema „A Transatlantic Dialogue on Data-Dri-ven Innovation“ aus. Ministerpräsident Volker Bouffier hob in seiner Eröffnungsrede hervor, dass datengestützte Wirtschaftsleistungen schon jetzt eine große Bedeutung für den Wirtschafts-standort Hessen haben und darin ein großes Po-tenzial für den weiteren Ausbau der transatlanti-schen Zusammenarbeit liegt.

GaIn-JahrEStaGUnG In San FranCISCo

Postdocs und Early Career rese-archers aus Deutschland sowie internationale Forscherinnen und Forscher diskutierten auf der 19. Jahrestagung und talent Fair des German academic Internatio-nal network (GaIn) mit hochrangi-gen deutschen Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft Karrierewege. Das Spektrum reichte von Professuren an Universitäten oder hochschu-len für angewandte Wissenschaften bis hin zu einem wechsel in die for-schende Wirtschaft. Ebenso gehören

der Einstieg ins Wissenschaftsma-nagement oder die Gründung eines Start-ups zu den Karriereoptionen. Das GaIn19-Programm bot themen von Dual-Career-Planung bis nach-wuchsgruppenleitung und tenure- track-Professur. auf der talent Fair stellten sich die Forschungseinrich-tungen mit ihren Karrierewegen und Stellen vor.

thomas rachel, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministeri-um für Bildung und Forschung, prä-sentierte die forschungspolitischen

Perspektiven des Bundes. In einer offenen Fish-Bowl-Diskussion stan-den abgeordnete des deutschen Bundestages den Forschenden rede und antwort.

Erstmals präsentierten auf der GAIN19 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre aktuellen Forschungsergebnisse in einem Science Slam. alumni stellten im „Young Innovators Showcase“ ihre wissenschaftsbasierten Start-up-Unternehmen vor.

› Prof. Margret wintermantel bei der Eröffnung der Jahreskonferenz des German academic International

network GaIn in San Francisco.

› Das Publikum bewertet die Kandidaten beim „Science Slam“ auf der GaIn-tagung in San Francisco.

aMErIKanew York56

Page 59: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Nächste Station der hessischen Delegation war Toronto, wo der DAAD an der Munk School of Global Affairs der University of Toronto die „Joint Initiative in German and European Stu-dies“ fördert. Vor Studierenden, Wissenschaftle-rinnen und Wissenschaftlern hielt Ministerprä-sident Bouffier eine Grundsatzrede zur Zukunft Europas nach den Europäischen Parlaments-wahlen. Anschließend reiste die Delegation in den US-Bundesstaat Wisconsin, mit dem das Land Hessen seit 1976 partnerschaftlich verbun-den ist. In umfangreichen Gesprächen mit dem University of Wisconsin System, einem Zusam-menschluss von 13 renommierten Universitä-ten des Bundesstaats, entwickelten die Teil-nehmerinnen und Teilnehmer neue Ideen und Projekte der Zusammenarbeit in Forschung und Lehre im Rahmen der langjährigen Hessen-Wis-consin-Hochschulpartnerschaft.

Zum Abschluss des Besuchsprogramms in Wis-consin nahm die hessische Wissenschaftsdele-gation an der feierlichen Einweihung einer Stele in Madison zum Gedenken an Mildred Har-nack-Fish teil, eine US-amerikanische Literatur-wissenschaftlerin, die 1941 an der Justus-Lie-big-Universität Gießen promoviert und sich im Widerstand gegen die Nationalsozialisten engagiert hatte. Nach einem von Adolf Hitler erwirkten Todesurteil ermordeten die National-sozialisten sie 1943. Im Frühjahr 2020 soll eine zweite Gedenkstele an der Justus-Liebig-Univer-sität Gießen errichtet werden.

Ein Höhepunkt der Förderung der Deutsch-land- und Europastudien durch den DAAD war die Jahreskonferenz der „German Studies Association“ (GSA) Anfang Oktober in Portland, Oregon. Dazu gehörte ein Treffen der Ger-man-Studies-Dozentinnen und -Dozenten des DAAD sowie das Meeting der Direktorinnen und Direktoren der sieben vom DAAD geförderten „Center for German and European Studies“ in den USA und Kanada. Auf der GSA-Tagung för-derte der DAAD unter anderem Lesungen der Autorin Nora Krug und des deutschen Schrift-stellers Michael Kleeberg, die auf große Reso-nanz beim Publikum stießen.

Konferenz diskutiert die Lage der deutschen Sprache

Anlässlich des Anfang 2019 veröffentlichten Be-fundes der Modern Language Association (MLA), wonach in den USA die Lehre von Fremdsprachen einschließlich des Deutschen weiter deutlich zurückgeht, hatten DAAD und Goethe-Institut die Ausrichtung einer gemeinsamen Konferenz beschlossen, um die Lage der deutschen Spra-che an US-Hochschulen zu analysieren und neue Ansätze für den Ausbau der Deutschlehre zu ent-wickeln. An der Konferenz im November 2019 nahmen zahlreiche Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer aus Deutsch-Abteilungen von insgesamt 24 US-Hochschulen teil. Die Präsiden-tin des amerikanischen Deutschlehrerverbandes American „Association of Teachers of German“ (AATG), Prof. Susanne Rinner von der Washing-ton State University, eröffnete das Programm mit einer Keynote.

In den Workshops, Arbeitsgruppen und Plenar-veranstaltungen der Konferenz diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über „Strate-gien für attraktive Deutschprogramme“, „Diver-sity, Gender and Decolonization“, „Digitalisie-rung und Innovation in Forschung und Lehre“, „Hochschulcurricula und Berufsorientierung“.

› Besuch der wissenschaftsdelegation des Bundeslandes hessen an der York University in toronto, Kanada.

aMErIKanew York 57

Page 60: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

19,3 Mio.Anzahl der eingeschrie benen Studierenden (alle Studienstufen)

6.435Anzahl der Bildungs-ausländer in Deutschland

69.525Absolvent/innen Promotion

Dr.

88,83 %Immatrikulationsquote

Quellen: DAAD, Statistik DESTATIS – Statistisches Bundesamt, Wissenschaft weltoffen, The World Bank, Data UNESCO, Institute for Statistics

DATEN ZUM BILDUNGSSYSTEM USA

Die beliebtesten Ziel länder für Studierende

0,46 %Im Ausland Studierende (Anteil an Studierenden gesamt)

Ausländische Studierende im Land gesamt nach Herkunftsländern

5,18 %Anteil ausländischer Studierender

86.566Im Ausland Studierende (Anzahl gesamt)

1. Vereinigtes Königreich 2. Mexiko 3. Kanada 4. Deutschland 5. Grenada

1. China 2. Indien 3. Korea, Republik 4. Saudi-Arabien 5. Kanada

aMErIKanew York58

Page 61: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Tabelle 4: DAAD-Geförderte aus dem Ausland und aus Deutschland nach Herkunfts-/Zielland und Förderbereichen USA

a = Geförderte aus dem auslandD = Geförderte aus Deutschland USA

I. Individualförderung – gesamtA 602D 1.476

1. nach Status

Studierende auf Bachelor-niveaua 249D 311

Studierende auf Master-niveaua 148D 246

Doktorand/innena 127D 401

Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen (inkl. Postdoktorand/innen)a 78D 518

2. nach Förderdauer

< 1 Monata 103D 730

1–6 Monatea 299D 379

> 6 Monate (langzeitförderung)a 200D 367

II. Projektförderung – gesamtA 630D 2.770

1. nach Status

Studierende auf Bachelor-niveaua 143D 1.418

Studierende auf Master-niveaua 77D 1.024

Doktorand/innena 281D 226

Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen (inkl. Postdoktorand/innen)a 74D 93

andere Geförderte*a 55D 9

2. nach Förderdauer

< 1 Monata 384D 867

1–6 Monatea 208D 1.665

> 6 Monate (langzeitförderung)a 38D 238

III. EU-Mobilitätsprogramme – gesamtA 61D 50

1. Mobilität mit Partnerländern

1. Erasmus-Studierendenmobilität (auslandsstudium)a 31D 31

2. Erasmus-Personalmobilität (Dozent/innen, sonstiges Personal)a 30D 19

DAAD-Förderung – gesamt (I + II + III)A 1.293D 4.296

DAAD-Förderung – Geförderte A und D – gesamt 5.589

*Personen in studienvorbereitenden Maßnahmen sowie projektbetreuendes hochschulpersonal

In der aufstellung der Geförderten des DaaD werden drei Förderbereiche unterschieden. In der Individualförderung unterstützt der DaaD schwerpunktmäßig Studierende sowie Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen, die sich erfolgreich um ein DAAD-Stipendium beworben haben. In der Projektförderung finanziert der DAAD vornehmlich Programme zur Förderung weltoffener Hochschulstrukturen. als nationale agentur für EU-hochschulzusammenarbeit vergibt der DaaD schließlich Fördermittel an Studierende und Mitarbeiter von hochschulen, die insbesondere akademische Mobilität ins europäische ausland unterstützen (EU-Mobilitätsförderung). Die in der tabelle abgebildeten Zahlen zu den Geförderten beziehen sich auf das Projekt 2017 und damit auf die laufzeit 1.6.2017–31.5.2019.

aMErIKanew York 59

Page 62: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

RIO DE JANEIRO

aMErIKario de Janeiro60

Page 63: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

RIO DE JANEIRO

aMErIKario de Janeiro 61

Page 64: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Das erste Amtsjahr des Ende 2018 gewählten neuen Präsidenten Jair Bolsonaro hinterlässt ein widersprüchliches Bild. Die Regierung wirkt, als habe sie Schwierigkeiten, aus dem Wahl-kampfmodus herauszufinden. Insbesondere die Gruppe des inneren Zirkels um den Präsiden-ten selbst, inklusive seiner drei politisch aktiven Söhne, sorgt immer wieder für Schlagzeilen in den Medien, die weit über die von vornherein oppositionell gefärbten Medien hinaus auf Kritik und Ablehnung stoßen. Dies gilt auch für das po-litische Zentrum und für gemäßigte Sektoren des ursprünglichen Bolsonaro-Unterstützermilieus.

Das trifft jedoch nicht auf alle Regierungsbe-reiche zu. Wirtschaftsminister Paulo Guedes und sein Team arbeiten zielstrebig ein libe-ral orientiertes Programm ab. Der Vizepräsi-dent Hamilton Mourão, ein ehemaliger Gene-ral, versucht wie einige andere Militärvertreter in der Regierung mäßigend auf das präsidiale

Machtzentrum einzuwirken und hat sich gerade dadurch scharfe Kritik aus dem Kreis ideologi-scher Hardliner gefallen lassen müssen. Dies entbehrt nicht einer gewissen Ironie, war doch gerade Bolsonaros Bezug auf die „Werte des Mi-litärs“ ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal sei-nes Wahlkampfes.

Auch Justizminister Sérgio Moro, der in bür-gerlich-liberalen Kreisen als Kopf und Haupt-darsteller der Antikorruptionskampagne „Lava Jato“ auch nach seinem Eintritt in die Regie-rung Bolsonaro hohes Ansehen genießt, verfolgt eine nachvollziehbare Agenda. Bezeichnend ist allerdings, dass ausgerechnet an der Bewer-tung der Arbeit Moros und der Fortsetzung der „Lava Jato“ sich die Geister scheiden. Der Kampf gegen Korruption wäre generell als konsensfä-higes Thema durchaus geeignet, Gräben zuzu-schütten. Dass aber die linke Ikone Lula in die Schusslinie der Antikorruptionskrieger geriet

} Die brasilianische Regierung agiert in ihrem ersten Jahr widersprüchlich und sieht sich einem zusehends selbstbewussten Kongress gegenüber, der wie die Judikative einen gewichtigen Gegenpol zu ihr bildet. Die Hochschulen stehen vor extremen Etatkürzungen und Mittelsperrungen. Das Szenario eines Shutdowns mobilisiert im Mai Hunderttausende, die gegen die Regierungspläne demonstrieren. Bei allen Änderungsplänen: An der internationalen Zusammenarbeit mit dem DAAD will die Regierung festhalten.

BRASILIEN BLEIBT WEITER SPANNEND

Dr. Jochen Hellmann leitet die Außenstelle Rio de Janeiro. Er hat nach Tätigkeiten im DAAD acht Jahre lang das Auslandsamt der Universität Hamburg geleitet, war anschließend zehn Jahre lang als Generalsekretär für die Deutsch-Französische Hochschule verantwortlich und kehrte im Sommer 2019 zum DAAD zurück.

aMErIKario de Janeiro62

Page 65: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

und dass deren Champion, der ehemalige Rich-ter und jetzige Minister Moro, in eine rechts-populistische Regierung eingetreten ist, spaltet die Bevölkerung und die öffentliche Meinung zunehmend. Die einen sehen Lula als zu Un-recht verfolgtes Unschuldslamm und Moro als Werkzeug finsterer Pläne unter dem Deckman-tel der Korruptionsbekämpfung. Die anderen betrachten Lula als Chef einer korrupten Bande, die sich in der Zeit ihrer Regierung durch steu-erfinanzierte Sozialgeschenke und unter Inkauf-nahme des Ruins der brasilianischen Wirtschaft die Wiederwahl sichern und die eigenen Ta-schen füllen konnte.

Bolsonaros an Stereotypen orientierte, immer zu Schnellschuss und vereinfachender Phraseologie neigende Attitüde ist sogar in der brasilianischen Exekutive umstritten. Als Reaktion erwachsen

im Kongress sowie zunehmend auch in der Judi-kative gewichtige Gegenpole. Noch nie seit dem Ende der Militärdiktatur schlug einem brasilia-nischen Präsidenten so viel Gegenwind aus dem Parlament entgegen, das unter dem geschickt agierenden Parlamentspräsidenten Rodrigo Maia selbstbewusster auftritt als in früheren Legislaturen. Bolsonaro verfügt keineswegs über eine parlamentarische Mehrheit und es gelingt ihm nicht, wie es eigentlich in Brasilien gut eingeübter Brauch ist, durch Versprechun-gen, Strippenziehen, Kompromisse, Networking, wahlkreisbezogene Sondergeschenke und wohl auch deutlich unlautere Mittel die jeweiligen Ad-hoc-Mehrheiten unfallfrei zu organisieren.

Tatsache ist, dass die brasilianischen Institutionen bei all ihren Mängeln und Unzulänglichkeiten sta-bil geblieben sind und dass ein komplexes System

› Debatten im brasilianischen Parlament.

aMErIKario de Janeiro 63

Page 66: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

aus „Checks and Balances“ dafür sorgt, dass zu-mindest bislang kein einzelner Machtpol im Spiel zwischen Bundesstaaten, zentraler Exekutive, Par-lament und oberster Rechtsprechung die Gestal-tungsvollmacht vollständig an sich reißen konnte.

Das schlagzeilenträchtigste und umstrittenste Urteil des Obersten Gerichtes dürfte die im No-vember getroffene Entscheidung gewesen sein, derzufolge Angeklagte, die zu Haftstrafen verur-teilt wurden und deren Verurteilung die zweite

Instanz bestätigt hat, dennoch nicht einsitzen müssen, solange nicht alle Rechtsmittel kom-plett ausgeschöpft wurden. Diese Entscheidung öffnete für Hunderte Häftlinge umgehend die Ge-fängnistore, darunter für viele Verurteilte der er-wähnten Antikorruptionskampagne „Lava Jato“. Zu ihnen gehörte – neben anderen Prominenten – kein Geringerer als der geliebt-gehasste Ex-Prä-sident Lula da Silva, den seine Anhängerinnen und Anhänger bei seiner Freilassung feierten, als wäre er ein zweiter Nelson Mandela.

Angedrohte Kürzungen und öffentlicher Protest

Mit dem Argument der notwendigen Haus-haltskonsolidierung ordnete die Regierung er-hebliche Kürzungen beziehungsweise Mittel-sperrungen für die von der Bundesregierung direkt finanzierten Bundesuniversitäten an. Die angekündigte Sperrung von umgerech-net 1,6 Mrd. Euro im Mai führte bei den Bun-desuniversitäten, die gerade die Gruppe der

forschungsstarken Voll-Universitäten und inso-fern die Avantgarde der universitären Exzellenz stellen, zu der Befürchtung eines sogenannten Shutdown, also zu einer regelrechten Einstel-lung des Lehr- und Forschungsbetriebs.

Diese momentweise sehr realistische Horrorvor-stellung trieb im Mai Hunderttausende auf die Straßen der großen Universitätsstädte. Es waren mächtige Demonstrationen, bei denen sich nicht nur die Befürchtung von Kürzungen, sondern auch das Unbehagen an der gesamten bildungs-politischen Richtung der Regierung Bahn brach. Diese gab sich unbeeindruckt. Und doch verfehl-ten die Kundgebungen ihre Wirkung nicht ganz, denn in mehreren Zwischenschritten gab die Regierung die blockierten Mittel nach und nach frei. Dies heißt keineswegs, dass in den Univer-sitäten nun eitel Sonnenschein herrscht; ihre Haushaltslage bleibt angespannt.

› SoS-rufe im Bildungssektor.

› Demonstration in rio de Janeiro gegen die Mittelkürzungen im Bildungswesen.

aMErIKario de Janeiro64

Page 67: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Auch die keineswegs Bolsonaro-freundliche libe-rale Presse kritisierte das Urteil scharf: Man muss sich klarmachen, dass „Lava Jato“ in vielen Sek-toren der brasilianischen Gesellschaft deshalb so populär ist, weil damit endlich auch einmal Privi-legierte für ihre Untaten ins Gefängnis mussten, statt wie früher mit cleveren Anwälten die Prozes-se solange hinauszögern zu können, bis Gras über die jeweilige Sache gewachsen war und sich kein Zeuge mehr richtig erinnern konnte.

Brände im Amazonas

Auch 2019 suchten Umweltkatastrophen Bra-silien heim – in diesem Jahr durch verheeren-de Brände im Amazonas. Nicht nur Brasilien, sondern auch die übrigen Anrainerstaaten des Amazonas verloren signifikant mehr Regenwald als noch in den Vorjahren. Allein im August 2019 verbrannten in der Region innerhalb von fünf Tagen 471.000 Hektar Wald. Zwischen August 2018 und Juli 2019 stieg die Entwaldungsrate im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 30 Pro-zent. Präsident Bolsonaro geriet in die Kritik, als er nach Ansicht vieler Experten mit großer Leichtfertigkeit auf diese Verluste reagierte. Nach ihrer Auffassung trägt er an dem Desaster Mitschuld, da seine Regierung der Erschließung neuer Nutzflächen im Amazonasgebiet eine hö-here Priorität einräumt als dem Schutz des Wal-des. Bolsonaro kontert die Kritik mit dem Hin-weis „Amazonien gehört uns!“ und spielt damit nicht ungeschickt die nationalistische Karte.

Wissenschaft und Hochschule

Das für die Forschung und ihre Förderung zustän-dige Ministerium für Wissenschaft, Technologie, Innovation und Kommunikation (MCTIC) leitet seit Beginn der Regierung Bolsonaro der ehemali-ge Astronaut Marcos Pontes. Der Raumfahrtinge-nieur steht für einen wissenschaftlich-rationalen Kurs. So sagte er zum Beispiel auf die Frage eines Journalisten zu seiner Einschätzung der „Flat Earther“-Bewegung knapp und trocken: „Não é plana, eu vi de fora“ (Sie ist nicht flach, habe ich von da draußen gesehen). Die wissenschaft-lich-rationale Haltung schützt ihn aber nicht vor empfindlichen Haushaltskürzungen. Diese haben 2019 sowohl die Forschungsförderung als auch die Individualförderung des wissenschaftlichen Nachwuchses erheblich beschränkt und den Akti-onsradius des aus MCTIC-Mitteln finanzierten Na-tionalen Forschungsrats (CNPq) auf ein Bruchteil früherer Budgets reduziert.

SEMInar „MaUErn (aB)BaUEn“

Der Fall der Berliner Mauer jährte sich 2019 zum 30. Mal. aus diesem anlass hielt die außenstelle ein zweitägiges Seminar in rio de Ja-neiro ab. Das historische Ereignis diente als Ausgangspunkt für Refle-xionen über die Demokratie in der heutigen Zeit, insbesondere über die Rolle der Zivilgesellschaft beim „abbau von Mauern“ und gegen-

über der gesellschaftlichen Polari-sierung in Brasilien, Deutschland und der welt.

Die Veranstaltung brachte DaaD-alumni sowie brasiliani-sche und deutsche Wissenschaft-lerinnen und Wissenschaftler aus den Bereichen Politik-, Sozial- und Rechtswissenschaften, Kommunika-

tionswissenschaft sowie Kunst- und Kulturwissenschaften zusammen. Die Beiträge wie auch die engagier-ten Debatten, an denen sich zahlrei-che teilnehmerinnen und teilneh-mer aus dem Publikum beteiligten, zeigten, dass der DaaD mit dem Thema einen Nerv getroffen hatte.

› teilnehmerinnen und teilnehmer des alumniseminars „Mauern (ab)bauen: Demokratische Prozesse seit 1989“.

aMErIKario de Janeiro 65

Page 68: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Im auch für die Hochschulen zuständigen Bil-dungsministerium (MEC) ging es nach Übernah-me der Regierung durch Präsident Bolsonaro turbulent zu. Zunächst übernahm Ricardo Vélez das Amt des Bildungsministers. Aber die Amts-zeit dieses erzkonservativen Philosophie-Pro-fessors, der dem Präsidenten von dessen wel-tanschaulichem Lehrmeister und Einflüsterer Olavo de Carvalho empfohlen worden war, endete schnell, nachdem Vélez wenige Monate lang recht glücklos operiert hatte. Ihm folgte im April der Ökonomie-Professor Abraham Wein-traub. Dieser Minister gerät seit seiner Ernen-nung immer wieder in die Schlagzeilen mit Ankündigungen und Bewertungen, die für Trä-ger entsprechender Ämter ungewöhnlich sind: Weintraub ist kein Freund vorsichtig-diploma-tischer Sprechweise und abtönender Differen-zierung. Gleich zu Beginn griff er Universitäten an, die statt akademischer Qualität vermeint-lich nur Chaos und Unfug hervorbrächten („que estiverem fazendo balbúrdia“). Der Ausdruck „balbúrdia“ avancierte in Universitätskreisen in der Zwischenzeit zu einer Art spöttisch verwen-detem geflügelten Wort.

Gleich nach seinem Amtsantritt im April besetz-te Weintraub eine ganze Reihe Spitzenposten im Ministerium neu. Viele der ernannten Amtsträge-rinnen und -träger verfügen über keine oder nur geringe Vorkenntnisse in ihrem Verantwortungs-bereich. Dies ist Ausdruck einer Politisierung, die statt auf Funktionskompetenz eher auf ideologi-sche Linientreue setzt. In Lateinamerika ist ein

solches Austauschen von ministeriellen Führungs-ämtern nach Regierungswechseln zwar nicht un-gewöhnlich, das Ausmaß überraschte dennoch.

Das neue Förderprogramm „Future-se“

Mitte 2019 legte das Ministerium der Öffent-lichkeit den Plan für ein neues Programm vor, das dem schlechten Abschneiden der brasili-anischen Hochschulen in den internationalen Hochschulrankings entgegenwirken soll. Das geplante Programm „Future-se“ (in etwa: „Mach dich zukunftsfest“) sollen die Bundesuniversi-täten animieren, mit größerem Eifer als bisher durch Kooperationen mit Unternehmen, Stif-tungen und privaten Trägern jeder Art eigene Hochschulvermögen aufzubauen. Es ist noch nicht klar, wie das genau geschehen kann. Si-cher scheint, dass erfolgreiche Universitäten als Belohnung für ihren Erfolg zusätzliche Mittel aus einem Investitionsfonds der Regierung er-halten sollen.

DAAD und CAPES

Mit der brasilianischen Förderagentur für Hoch-schuldbildung (CAPES) arbeitet der DAAD seit Jahrzehnten eng zusammen. Auch wenn die brasilianische Regierung aus Sicht von Wissen-schaft und Hochschulen zuletzt nicht den beste-henden bildungspolitischen Herausforderun-gen gerecht wurde, gibt es wenigstens keinen

nEUES MoU MIt BraSIlIanISChEn lanDESStIFtUnGEn (FaPS)

anlässlich des „3. Forums des na-tionalen rates der Forschungs-förderungsstiftungen CONFAP“ am 22. august unterzeichnete ConFaP-Präsident Prof. Evaldo Vilela ein abkommen mit dem DaaD über kofinanzierte Forschungs-kurzstipendien, analog zu der seit Jahren durchgeführten Koopera-tion mit CaPES. noch am gleichen Tag ratifizierten 15 der 26 in diesem

Dachverband organisierten Stiftun-gen, die sich um die Förderung von Forschung und Innovation in ihren Bundesstaaten bemühen, das ab-kommen. Mit der Stiftung des Bun-desstaates São Paulo (FaPESP) führt der DaaD bereits ein gemeinsames „Programm für projektbezogenen Personenaustausch“ (ProPaSP). Das neue abkommen ermöglicht es den geförderten Doktorandinnen

und Doktoranden der Stiftungen, zu Forschungsaufenthalten zwi-schen zwei und sechs Monaten nach Deutschland zu kommen. Bei der letzten auswahlrunde im oktober waren unter den insgesamt 85 Be-werbungen bereits 13 aus den FaPs stammende Bewerbungen, die im Rahmen dieser neuen Partnerschaft eingereicht wurden.

aMErIKario de Janeiro66

Page 69: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Dissens bezüglich der grundsätzlichen Förde-rungswürdigkeit der internationalen Hochschul-beziehungen. Die Regierung sieht internationale Kooperation nicht zu Unrecht als Exzellenzin-dikator. Auch wenn CAPES 2019 erneut unter heftigen Einsparungsdruck geriet und sie die

Inlandsförderung für Stipendiatinnen und Sti-pendiaten stark einschränkte, wurde dem DAAD von CAPES dennoch signalisiert, dass die Zu-sammenarbeit mit den traditionellen internatio-nalen Partnern gesichert sei und auch zukünftig fortgesetzt werden solle.

Germanistik und deutsche Sprache

Von den acht Lektoraten in Brasilien waren im Berichtszeitraum sieben besetzt. Das jährliche Landestreffen der DAAD-Lektorinnen und -Lek-toren fand am 13. April in Salvador (Bahia) statt, so dass sie Gelegenheit hatten, sich am Vortag beim REBRALINT-Treffen über aktuelle bil-dungspolitische Themen an den Universitäten zu informieren und ihr regionales und fachliches Netzwerk zu erweitern.

Nachdem Ende 2018 in Abstimmung zwischen CAPES und DAAD elf Projekte ausgewählt wur-den, für die eine Lehrassistenz (German Tea-ching Assistent) passend erschien, erfolgte 2019 die Auswahl, Vorbereitung und Planung der An-reise durch die DAAD-Zentrale in Bonn. Im Okto-ber fand an der DAAD-Außenstelle zum zweiten Mal ein gemeinsames Treffen der in Brasilien tätigen Lehr- und Sprachassistentinnen und -assistenten statt. Schwerpunkt der Fortbildung

bildeten unter Leitung der beiden Lektoren in Rio de Janeiro methodisch-didaktische Ansätze und Praxisbeispiele im brasilianischen Kontext.

Ende Februar veröffentlichte das brasilianische Bildungsministerium die Ausschreibung des Programms „Sprachen ohne Grenzen“ (SoG), was die Fortsetzung des Programms SoG-Deutsch über die Pilotphase von 2016 bis 2018 hinaus garantiert. Der erste Kursdurchlauf für Deutsch innerhalb des Programms, das in enger Koope-ration mit der Deutsch-Uni Online (DUO) betreut wird, fand zwischen April und Juni mit 564 Teil-nehmern in 24 Kursen an 16 Universitäten statt, der zweite Kursdurchlauf zwischen September und Dezember mit 946 Studierenden an 17 Uni-versitäten. Im zweiten Semester kam die Univer-sidade Federal do Rio de Janeiro (UFRJ) als neue Partneruniversität hinzu.

› tutorinnen- und tutoren-treffen im rahmen des Programms „Sprachen ohne Grenzen“.

aMErIKario de Janeiro 67

Page 70: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Aktivitäten und Veranstaltungen der Außenstelle

Delegationsreise: Hochschulrektoren aus Amazonien in Deutschland

Im September 2019 lud der DAAD elf Universi-tätsrektorinnen und -rektoren aus dem Amazo-nasgebiet nach Deutschland ein. Die Stationen der Reise waren Bonn, Berlin und Hohenheim. Neben der Suche nach neuen Partnern und der Wiederbelebung bereits bestehender Koopera-tionen ging es um den Aufbau neuer, entwick-lungsrelevanter Graduiertenprogramme an den zum Teil sehr jungen Hochschulen dieser Region. Angesichts der Krisensituation in Ama-zonien durch die außer Kontrolle geratenen Brandrodungen gewann die Delegationsreise neben der akademischen Zielsetzung auch an politischer Bedeutung. Das wurde sowohl beim Gespräch der Delegation mit gut informierten Bundestagsabgeordneten verschiedener Partei-en als auch beim Besuch im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-wicklung (BMZ) deutlich.

Diskussionsrunde zur Wissenschaftsfreiheit

Anlässlich des Brasilien-Besuches von Thomas Rachel, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), hatten die Deutsche Botschaft und das Generalkonsulat in Rio im Oktober zu einer Dis-kussionsrunde mit dem Thema Wissenschafts-freiheit eingeladen. Das Gespräch mit Vertre-terinnen und Vertretern des brasilianischen Hochschul- und Wissenschaftssystems sowie deutscher Partnerorganisationen moderierte die stellvertretende Leiterin der DAAD-Außenstelle, Fabiola Gerbase.

Die Anwesenden äußerten sich besorgt, dass ideo-logische Vorgaben in der brasilianischen Wissen-schaftsförderung die Freiheit und Unabhängigkeit der Forschung einschränken könnte. Als Beispiel nannten sie die von der Regierung vertretene und ideologisch motivierte Nachrangigkeit der Geis-tes- und Sozialwissenschaften im Verhältnis zu

anderen akademischen Disziplinen, die eine För-derung in diesen Bereichen erschwert und dem Prinzip der Unabhängigkeit der Wissenschaft und der Forschungsfreiheit entgegensteht.

Mit Sorge erfüllt viele Akteurinnen und Akteu-re im Universitätsbetrieb Brasiliens auch, dass die neue Regierung von der bisherigen Praxis abweicht, die von den Universitäten per Wahl innerhalb der Hochschulgemeinde auf Platz 1 der Dreierliste gesetzten Kandidatinnen und Kandidaten für das Rektorenamt in den Bun-desuniversitäten vom brasilianischen Präsi-denten gleichsam automatisch zu berufen. Der Präsident behält sich neuerdings vor, ihm geeig-neter erscheinende Personen dieser Dreierliste, die nicht die meisten Stimmen erhalten hatten, vorzuziehen und hat dies auch bereits mehr-mals praktiziert.

Das Brasilianisch-Deutsche Netzwerk für Hochschulinternationalisierung

Das im Jahr 2017 gegründete Deutsch-Brasilia-nische Netzwerk für die Internationalisierung der Hochschulbildung (REBRALINT) besteht aus Professorinnen und Professoren verschie-denster Fachrichtungen, die über praktische Erfahrungen in der Kooperation mit deutschen Hochschulen verfügen. Sie beraten innerhalb des Kollegenkreises bei der Anbahnung und Durchführung von Kooperationen und informie-ren Studierende über Forschungs- und Studien-möglichkeiten in Deutschland. Seit August 2019 besteht ein Kooperationsvertrag zwischen RE-BRALINT und der Gesellschaft für Akademische Studienvorbereitung und Testentwicklung e. V. (g.a.s.t.). Hauptziel dieses Abkommens ist die Förderung des Deutschlernens in Brasilien.

Forschungsmarketing

Im Rahmen des 70. Congresso Nacional de Botânica in Maceió organisierte der DAAD in Kooperation mit der Deutschen Forschungsge-sellschaft (DFG) im Oktober ein „Science Lunch“ mit dem Fachvortrag „What if Alexander von Humboldt had researched in Brazil?“. Außerdem

aMErIKario de Janeiro68

Page 71: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

engagierte sich der DAAD bei der Durchführung des „XVIII. Brazil Material Research Meeting“ im September. Über 1.600 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler versammelten sich im süd-brasilianischen Küstenort Balneário de Cam-boriú, um sich über neue Entwicklungen in der Materialforschung auszutauschen. Im Rahmen des Kongresses fand ein „Research in Germa-ny“-Auftritt statt, an dem sich die DAAD-Außen-stelle gemeinsam mit dem DFG-Büro Latein-amerika aktiv beteiligte und unter anderem eine Lunch Session zum Thema „Material bonds: Brazilian German exchanges in Material Rese-arch“ organisierte.

Martina Schulze geehrt

Die Pontifícia Universidade Católica do Rio Grande do Sul (PUCRS) zeichnete die bis Sep-tember 2019 amtierende Leiterin der Außenstel-le Dr. Martina Schulze mit der Ehrenmedaille für universitäre Verdienste (Mérito Univer-sitário) aus. Bei der Verleihung am 14. Mai in

Porto Alegre hob der Rektor der PUCRS ihre Ver-dienste für die deutsch-brasilianischen Bezie-hungen und die Internationalisierung der Hoch-schulen hervor.

DAAD-Präsenz in Brasilien

Im Zuge der Umstrukturierung des weltweiten DAAD-Netzwerks im Jahr 2019 hat das Informa-tionszentrum in São Paulo geschlossen. Den-noch wird der DAAD in Brasilien nicht nur von seinem Hauptsitz in Rio de Janeiro aus operie-ren, sondern in São Paulo ebenfalls durch eine Mitarbeiterin vertreten sein, die an zwei ver-schiedenen Orten der Stadt Beratungstermine zur gesamten Bandbreite der DAAD-Program-me anbietet. In São Paulo besteht weiterhin das vom DAAD federführend betreute Deutsche Wis-senschafts- und Innovationshaus (DWIH).

aMtSwEChSEl UnD lEItUnGSÜBErGaBE

In anwesenheit der DaaD-Präsi-dentin, des deutschen Generalkon-suls in rio und des Direktors der DaaD-Kommunikationsabteilung verabschiedeten sich am 30. Sep-tember im rahmen eines Empfangs in der außenstelle zahlreiche ver-

diente und langjährige Partner und alumni des DaaD in Brasilien von Dr. Martina Schulze, die die außenstelle fünf Jahre lang geleitet hat. Sie bleibt lateinamerika treu und baut in Bo-gotá die neue DaaD-außenstelle für Kolumbien, Venezuela, Ecuador und

Peru auf. neuer leiter der außenstel-le rio ist Dr. Jochen hellmann, der im Sommer 2019 zum DaaD zurückge-kehrt ist, nachdem er die letzten zehn Jahre lang als Generalsekretär für die Deutsch-Französische hochschule verantwortlich war.

› Das team der außenstelle rio de Janeiro begrüßt den neuen leiter, Dr. Jochen hellmann, und verabschiedet Dr. Martina Schulze.

› ansprache der DaaD-Präsidentin bei der amtsübergabe in rio de Janeiro.

aMErIKario de Janeiro 69

Page 72: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

8,3 Mio.Anzahl der eingeschrie benen Studierenden (alle Studienstufen)

3.817Anzahl der Bildungs-ausländer in Deutschland

21.609Absolvent/innen Promotion

Dr.

50,48 %Immatrikulationsquote

Quellen: DAAD, Statistik DESTATIS – Statistisches Bundesamt, Wissenschaft weltoffen, The World Bank, Data UNESCO, Institute for Statistics

DATEN ZUM BILDUNGSSYSTEM BRASILIEN

Die beliebtesten Ziel länder für Studierende

0,69 %Im Ausland Studierende (Anteil an Studierenden gesamt)

Ausländische Studierende im Land gesamt nach Herkunftsländern

0,24 %Anteil ausländischer Studierender

58.841Im Ausland Studierende (Anzahl gesamt)

1. Argentinien 2. Vereinigte Staaten 3. Portugal 4. Australien 5. Frankreich

1. Angola 2. Kolumbien 3. Peru 4. Paraguay 5. Japan

aMErIKario de Janeiro70

Page 73: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Tabelle 5: DAAD-Geförderte aus dem Ausland und aus Deutschland nach Herkunfts-/Zielland und Förderbereichen Brasillien

a = Geförderte aus dem auslandD = Geförderte aus Deutschland Brasilien

I. Individualförderung – gesamtA 492D 218

1. nach Status

Studierende auf Bachelor-niveaua 129D 128

Studierende auf Master-niveaua 133D 35

Doktorand/innena 189D 15

Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen (inkl. Postdoktorand/innen)a 41D 40

2. nach Förderdauer

< 1 Monata 30D 30

1–6 Monatea 169D 130

> 6 Monate (langzeitförderung)a 293D 58

II. Projektförderung – gesamtA 566D 667

1. nach Status

Studierende auf Bachelor-niveaua 140D 183

Studierende auf Master-niveaua 128D 172

Doktorand/innena 97D 114

Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen (inkl. Postdoktorand/innen)a 106D 190

andere Geförderte*a 95D 8

2. nach Förderdauer

< 1 Monata 372D 433

1–6 Monatea 150D 209

> 6 Monate (langzeitförderung)a 44D 25

III. EU-Mobilitätsprogramme – gesamtA 15D 10

1. Mobilität mit Partnerländern

1. Erasmus-Studierendenmobilität (auslandsstudium)a 4D 1

2. Erasmus-Personalmobilität (Dozent/innen, sonstiges Personal)a 11D 9

DAAD-Förderung – gesamt (I + II + III)A 1.073D 895

DAAD-Förderung – Geförderte A und D – gesamt 1.968

*Personen in studienvorbereitenden Maßnahmen sowie projektbetreuendes hochschulpersonal

In der aufstellung der Geförderten des DaaD werden drei Förderbereiche unterschieden. In der Individualförderung unterstützt der DaaD schwerpunktmäßig Studierende sowie Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen, die sich erfolgreich um ein DAAD-Stipendium beworben haben. In der Projektförderung finanziert der DAAD vornehmlich Programme zur Förderung weltoffener Hochschulstrukturen. als nationale agentur für EU-hochschulzusammenarbeit vergibt der DaaD schließlich Fördermittel an Studierende und Mitarbeiter von hochschulen, die insbesondere akademische Mobilität ins europäische ausland unterstützen (EU-Mobilitätsförderung). Die in der tabelle abgebildeten Zahlen zu den Geförderten beziehen sich auf das Projekt 2017 und damit auf die laufzeit 1.6.2017–31.5.2019.

aMErIKario de Janeiro 71

Page 74: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

HANOI

aSIEnhanoi72

Page 75: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

aSIEnhanoi 73

Page 76: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Machtkampf um die Nachfolge

Der 13. Parteitag der Kommunistischen Partei Vietnams (KPV) im Januar 2021 wirft im Ein-parteienstaat Vietnam immer deutlicher seine Schatten voraus. Die Frage der Nachfolge von KP-Chef und Staatspräsident Nguyen Phu Trong führt zu einem parteiinternen Ringen um die zu vergebenden Posten und die zukünftige politi-sche Richtung. Trong wird angesichts seiner an-geschlagenen Gesundheit und seines Alters vor-aussichtlich nicht mehr kandidieren. Er möchte aber seinen eingeschlagenen Kurs bewahrt se-hen, in dem er die Belange der Partei und deren Machterhalt über alles stellt, auch über die von ihm initiierte Anti-Korruptionskampagne. In diesem Zusammenhang sind viele hochrangige Parteimitglieder angeklagt und zu hohen Strafen verurteilt worden, darunter in großer Zahl in-nerparteiliche Oppositionelle.

Der Machtkampf hat zur Folge, dass Partei und Staat noch härter gegen kritische Stimmen in der Gesellschaft vorgehen. Gerichte haben Blog-ger zu jahrelangen Freiheitsstrafen verurteilt, selbst wenn sie nicht das System oder die Partei, sondern zum Beispiel Umweltprobleme anpran-gerten. Das autoritäre Verhalten gegenüber kri-tischen Stimmen dürfte das gesamte Jahr 2020 anhalten, bis über die neue Parteiführung Klar-heit herrscht. Schon jetzt gehört Vietnam laut „Reporter ohne Grenzen“ zu den Ländern mit der geringsten Pressefreiheit und steht weltweit mit Platz 176 von 180 ganz hinten.

Verstärkte Spannungen mit China

Auch das schwierige Verhältnis zu China spielt in dieser Situation eine wichtige Rolle und domi-niert Vietnams Außen- und zunehmend auch die

} Der Richtungskampf innerhalb der Kommunistischen Partei Vietnams führt zu politischer Unsicherheit und einem noch härteren Vorgehen gegen kritische Stimmen. Der schwierige Umgang mit China ist in diesem Ringen um die Macht von ebenso großer Bedeutung wie die wirtschaftliche Entwicklung und erfordert ein pragmatisches Vorgehen. Für die boomende Wirtschaft müssen die vietnamesischen Hochschulen zur Ausbildung qualifizierter Fachkräfte ihre Studiengänge praxisorientierter gestalten. Der DAAD und die deutschen Hochschulen unterstützen diesen Prozess.

PRAGMATISMUS UND PRAXISBEZUG

Stefan Hase-Bergen leitet seit September 2017 die 2003 gegründete Außenstelle Hanoi am Vietnamesisch-Deutschen Zentrum der TU Hanoi mit sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die Außenstelle ist für Vietnam, Kambodscha, Laos und Myanmar zuständig.

aSIEnhanoi74

Page 77: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Innenpolitik. China hat seine aggressive Politik in den letzten Monaten im Südchinesischen Meer noch einmal durch viel Militärpräsenz in-tensiviert und macht seine Gebietsansprüche – 90 Prozent des Südchinesischen Meeres – mit einer Art Kanonenbootpolitik geltend.

Das hat zu einem Strategiewechsel in der viet-namesischen Regierung geführt. Während die staatlich kontrollierten vietnamesischen Medien bis dato nur sehr zurückhaltend und vorsich-tig über diesen Streit berichteten, mehren sich nun kritische Berichte über China. Obwohl der große nördliche Nachbar in der Bevölkerung extrem unbeliebt ist, konzentriert sich die Kritik dabei einzig auf dieses Thema. Angesichts der wirtschaftlichen und militärischen Kraft Chinas

will die pragmatische vietnamesische Führung eine offene und breite Auseinandersetzung auf jeden Fall vermeiden. Zudem stehen sich die beiden kommunistischen Parteien und ihre ak-tuellen Führer ideologisch eigentlich sehr nahe. Dennoch mehren sich in der Partei und der Be-völkerung Stimmen, die eine härtere Haltung gegenüber China fordern. Eine zu große Nach-giebigkeit, aber auch eine zu deutliche Kon-frontation könnten nachteilig im anstehenden Machtkampf sein.

Im schwierigen Verhältnis zu China sucht die vietnamesische Regierung die Nähe, auch mi-litärisch, zu internationalen Partnern, neben den asiatischen Ländern Indien und Japan zu Europa und vor allem zu den USA. Dabei setzt

› Schwimmender Markt auf dem Mekong bei long Xuan.

aSIEnhanoi 75

Page 78: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

sich Vietnam für regelbasierte internationale Abkommen und Multilateralismus ein. Wenn das Land im Januar 2020 turnusgemäß von Thai-land den ASEAN-Vorsitz übernimmt und außer-dem für zwei Jahre nichtständiges Mitglied im UNO-Sicherheitsrat wird, dürfte es sich für die-sen Ansatz stark machen.

Die Wirtschaft boomt

Zu dieser Strategie zählen auch Handelsabkom-men, die Vietnam mit vielen Partnerländern abgeschlossen hat. Die EU und Vietnam haben am 30. Juni 2019 ihr lange verhandeltes Freihan-delsabkommen unterzeichnet, das „EU-Vietnam Free Trade Agreement“ (EVFTA). Dadurch sollen 99 Prozent der Zölle in den kommenden Jahren im Handel beider Seiten wegfallen. Vietnam ist nach Singapur inzwischen der zweitwichtigste Handelspartner der EU in Südostasien. Umge-kehrt ist die EU nach den USA Vietnams zweit-wichtigster Handelspartner, wobei Deutschland

mit einem Handelsvolumen von 13,9 Mrd. Euro Vietnams wichtigster Handelspartner in der EU ist (Destatis 2018).

Für Vietnams exportorientierte Wirtschaft ist das Abkommen von großer Bedeutung, um in Europa Schuhe, Textilien, Smartphones oder Computerteile verkaufen zu können. Umgekehrt bekommt die EU einen leichteren Zugang zum vietnamesischen Markt mit seinen 95 Millionen Menschen und der rasch wachsenden Mittel-schicht. Es ist das erste derartige Abkommen, das die EU mit einem Entwicklungsland abge-schlossen hat. Wegen der schlechten Menschen-rechtslage in Vietnam ist es nicht unumstritten und muss noch vom Europäischen Parlament verabschiedet werden.

Im EVFTA sind auch bessere Arbeitnehmerrech-te in Vietnam festgeschrieben. Um das für die vietnamesische Wirtschaft wichtige Abkommen nicht zu gefährden, verabschiedete die formal gesetzgebende Nationalversammlung bei ihrer

DEUtSChlanD attraKtIVEr StUDIEnStanDort

Die Zahl vietnamesischer Studie-render nach Deutschland ist nach angaben des Statistischen Bundes-amtes zum wintersemester 2018/19 um 12,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Schon ein Jahr

zuvor lag der anstieg mit rund 17 Prozent deutlich über dem Durch-schnitt. aktuell studieren damit 5.400 vietnamesische Bildungs-ausländerinnen und -ausländer an deutschen hochschulen, zu denen

sich noch einmal rund 2.100 viet-namesische Bildungsinländerinnen und -inländer gesellen. rund 60 Prozent studieren in Deutschland in Bachelor-Studiengängen.

› trotz wirtschaftsboom wird auf dem land oft noch sehr traditionell gearbeitet. reis wird auf den wegen zum trocknen ausgelegt.

aSIEnhanoi76

Page 79: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Internationalisierung als strategische Aufgabe

An vietnamesischen Hochschulen versteht man unter Internationalisierung bisher in erster Linie die Mobilität der eigenen Studierenden ins ent-wickelte Ausland, die Gewinnung internationaler Gastdozentinnen und Gastdozenten sowie den Import von Curricula internationaler, am liebs-ten in Rankings gut platzierter Hochschulen.

Auf dem DAAD-Workshop „What has internati-onal integration to offer for universities in Viet-nam“ stellte der stellvertretende DAAD-General-sekretär Christian Müller den 60 Vertreterinnen und Vertretern von 40 Hochschulen, darunter 23 Hochschulleitungen und 22 Leitungen von In-ternational Cooperation Departments, darüber hinausgehende vielbeachtete zehn Dimensio-nen der Internationalisierung vor.

Die Teilnehmenden diskutierten, wie man die internationale Integration vietnamesischer Hochschulen stärker strategisch ausrichten und umsetzen kann. Bisher erfolgen die Inter-nationalisierungsbemühungen zumeist durch Einzelinitiativen. Fast allen Hochschulen fehlt eine strategische Herangehensweise. Wichtige Punkte der Diskussion waren mögliche strategi-sche Ziele von Internationalisierung, deren we-sentliche Protagonistinnen und Protagonisten, die Finanzierung sowie das wichtige Verhältnis

der Hochschulen und ihrer Internationalisie-rungsaktivitäten zum Bildungsministerium – insbesondere im Prozess der zunehmenden Autonomisierung der Hochschulen und der kri-tischen Frage, wie lange Genehmigungsverfah-ren des Ministeriums für gemeinsame Studien-programme mit internationalen Partnerinnen und Partnern dauern.

Der Workshop bot den Teilnehmerinnen und Teilnehmern eine seltene, aber wichtige und hoch geschätzte Gelegenheit, sich zum Thema Internationalisierung auszutauschen. In Viet-nam gibt es bisher weder eine Rektorenkonfe-renz noch Foren für die Leitungen der Interna-tional Cooperation Departments.

› Die teilnehmerinnen und teilnehmer des DaaD-workshops zur Internationalisierung.

halbjährlichen Sitzung im Oktober ein neues Gesetz, das erstmals die Bildung unabhängiger Gewerkschaften erlaubt und somit die Rechte der Beschäftigten stärken soll. Bisher gibt es nur eine der Partei unterstehende Einheitsgewerk-schaft, die de facto kaum Rechte für Arbeitneh-merinnen und Arbeitnehmer durchsetzt. Wie unabhängig die neuen Gewerkschaften wirklich sein werden, bleibt abzuwarten.

Die erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung Vietnams ist ein wesentlicher Eckpfeiler der Macht der KPV, um die Menschen mit besse-ren materiellen Lebensbedingungen zufrie-denzustellen. Die schwächelnde Weltwirtschaft macht sich in Vietnam kaum bemerkbar, das

Wirtschaftswachstum liegt nach Angaben des General Statistics Office Vietnam weiterhin bei guten 7 Prozent (2018: 7,1 Prozent). Die Exporte, die zu knapp 70 Prozent ausländische Investo-rinnen und Investoren erbracht haben, haben daran einen entscheidenden Anteil.

Wettbewerb und Hochschulfinanzierung

Das am 1. Juli 2019 in Kraft getretene novellierte Hochschulgesetz regelt genauer als bisher die zunehmende Autonomie der vietnamesischen Hochschulen und leitet damit eine neue Re-formphase des vietnamesischen Hochschulsys-tems ein. Nach dem jahrelangen quantitativen

aSIEnhanoi 77

Page 80: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Ausbau des Hochschulsystems gehe es nun da-rum, so der Präsident der Hanoi University of Science and Technology (HUST), DAAD-Alum-nus Prof. Hoang Minh Son, die Qualität der Hochschulen durch mehr Autonomie, die damit verbundene Eigenverantwortung und verstärkte internationale Zusammenarbeit zu verbessern. Seine eigene seit 2016 autonome Hochschu-le kann sich dabei mit dem Erfolg schmücken, zusammen mit der Vietnam National University Hanoi (VNU) die erste vietnamesische Hoch-schule zu sein, die es unter die Top 1.000 im Times Higher Education Ranking geschafft hat.

Diese Entwicklung hat ihren Preis: Der Staat, der mit einem Anteil von 0,25 Prozent des Bruttoin-landsproduktes schon jetzt sehr wenig in seine Hochschulen investiert, wird seine Zahlungen in Zukunft noch weiter zurückfahren. Die Hoch-schulfinanzierung werde, so Hoang Minh Son, von pauschalen Mittelzuweisungen auf ein wett-bewerbliches leistungsorientiertes System um-gestellt. Vollautonome Hochschulen bekommen keinerlei Grundfinanzierung mehr, und auch bei anderen Hochschulen sinkt der staatliche Finan-zierungsanteil zunehmend und macht teilweise nur noch 5 Prozent eines Hochschuletats aus. Hochschulen müssen sich nun vor allem durch steigende Studiengebühren finanzieren.

Weitere Einkommensquellen sind Dienstleistun-gen und eingeworbene Drittmittel in der For-schung. Nur wenige Spitzenhochschulen, vor allem im Bereich Technologie wie die HUST oder die Ho Chi Minh City University of Technology (Teil der VNU HCMC), können weitere Unterstüt-zung durch Kooperationen mit großen Wirt-schaftsunternehmen erhalten. Deswegen werden viele Hochschulen in finanzielle Bedrängnis ge-raten. Laut Hoang Minh Son werde dadurch der Unterschied zwischen starken und schwachen Hochschulen größer und viele Familien könnten sich steigende Studiengebühren kaum leisten.

› Eine gute Infrastruktur ist wesentlich für die wirtschaftliche Entwicklung. Das Mekong-Delta wird durch viele Brücken wie hier bei Can tho erschlossen.

› Zum teil werden reisfelder noch mit solchen traditionellen wasserrädern bewässert.

aSIEnhanoi78

Page 81: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Die Reform der Hochschulfinanzierung und eine geplante Konsolidierung der Hochschul-landschaft sollen den Wettbewerb unter den Hochschulen steigern. Bildungsminister Phung Xuan Nha informierte die Nationalversammlung über Pläne, die Kapazitäten des Hochschulsys-tems zu verringern. Einem Projektentwurf von Hoang Minh Son von der HUST folgend soll die Zahl der 170 staatlichen Universitäten bis 2025 um 10 bis 15 Prozent auf circa 150 reduziert wer-den, bis 2030 um weitere 5 Prozent. Das will das Bildungsministerium durch Fusionen und Zu-sammenlegung kleinerer Universitäten unter ei-nem Dach sowie der Schließung leistungsschwa-cher Universitäten erreichen.

Praxisbezug

Die Hochschullehre ist bis heute sehr theore-tisch. Der Unterrichtsstoff wird in erster Linie durch Vorlesungen und über Bücher vermittelt und das erlernte Wissen kaum praktisch geübt und umgesetzt.

Die theorielastige Lehre an den meisten Hoch-schulen trifft nicht den Bedarf und die Erforder-nisse des sich rasch wandelnden Arbeitsmarktes in Vietnam. Die Folgen sind eine hohe Arbeitslo-sigkeit von Absolventinnen und Absolventen und eine gleichzeitig große unbefriedigte Nachfra-ge nach gut qualifizierten Fachkräften. Seit fünf Jahren gehen deshalb die Studierendenzahlen an den meisten Hochschulen zurück. Denn für viele Eltern und ihre Kinder erscheinen die Berufs-aussichten nach einem Hochschulstudium zu unsicher und unattraktiv.

Um die Beschäftigungsfähigkeit ihrer Hochschul-absolventinnen und -absolventen zu erhöhen

EInE ErFolGrEIChE ForSChErIn

2019 sorgte eine vietnamesische Forscherin für Schlagzeilen in den vietnamesischen Medien: Dr. nguyen thi anh Duong ist die erste Forscherin der Vietnam academy of Science & technology (VaSt), die in der Zeitschrift „Nature“ ihre Forschungsergebnisse publizieren konnte. Das ganze land war stolz

auf diesen Erfolg! Die VaSt ist die größte vietnamesische Forschungs-einrichtung mit 35 einzelnen For-schungsinstituten.

nguyen Duong hat 2013 bis 2017 an der Universität zu Köln mit einem DaaD-Stipendium geforscht. nach ihrer erfolgreichen Promotion kehr-te sie 2017 nach hanoi zurück, um als Forscherin am Institute of Eco-logy and Biological resources der VaSt zu arbeiten.

Ihr Forschungsthema Boden- organismen spielt eine zentrale rolle für das Ökosystem. Mit ih-ren Forschungen möchte nguyen Duong einen Beitrag für die Um-welt und die Sustainable Develop-ment Goals leisten.

Die Mutter einer neunjährigen toch-ter hatte sich trotz etlicher optio-nen bewusst für Deutschland und die Universität zu Köln entschieden: „wegen der hervorragenden wis-senschaftlichen Leistungen und der hohen Forschungsqualität war ich total zufrieden mit den Bedingun-gen dort. Köln empfinde ich heute als meine zweite heimatstadt.“

Deutschland habe ihr leben ver-ändert, sagt sie. Die meisten ihrer erzielten leistungen heute führe sie auf das zurück, was sie in Deutsch-land gelernt habe. Für ihre tochter wünsche sie sich, dass sie auch in Deutschland studieren kann.

› DaaD-alumna Dr. nguyen thi anh Duong.

aSIEnhanoi 79

Page 82: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Praxisbezug – Fact Finding Mission nach Vietnam

Hochschulen für angewandte Wissenschaf-ten (HAW) sind in Vietnam besonders beliebt: 44 Prozent aller vietnamesischen Studierenden an deutschen Hochschulen sind an HAW einge-schrieben. Das liegt deutlich über dem Durch-schnitt aller internationaler Studierender von 31 Prozent. Die speziellen Qualitäten der HAW wie Anwendungsorientierung und Praxisbezug in Lehre und Forschung sowie eine große Nähe zu Unternehmen streben auch vietnamesische Hochschulen an. Deutsche HAW sind daher sehr willkommene Partner, um die eigenen Ka-pazitäten in Richtung einer Hochschule mit an-wendungsbezogenen Curricula und modernen Lehr- und Lernmethoden zu entwickeln.

Umgekehrt können deutsche HAW in der Zu-sammenarbeit mit vietnamesischen Hochschu-len von sehr guten Studierenden profitieren, zumal es das erklärte Ziel des Ministry of Educa-tion and Training ist, mehr Vietnamesinnen und Vietnamesen zu einem Auslandsstudium zu motivieren. Gute Kontakte zu vietnamesischen Hochschulen können auch für deutsche Unter-nehmen sehr hilfreich sein.

Folgerichtig führte die erste Fact Finding Mission im Rahmen des neuen DAAD- Programms „HAW.International“ 14 deutsche HAW nach Vietnam, wo sie 28 Hochschulen in den fünf wichtigsten Hochschulstandorten Hanoi, Thai Nguyen, Hue, Danang und Ho Chi Minh City (HCMC) besucht haben.

Aus Sicht der Teilnehmerinnen und Teilneh-mer boten insbesondere die Hochschulen in den beiden Metropolen Hanoi und HCMC, aber auch einzelne Hochschulen an den anderen Standorten gute Anknüpfungspunkte für eine Zusammenarbeit. Bei den geplanten Maßnah-men stand der gegenseitige Austausch von Stu-dierenden und Lehrenden im Mittelpunkt des Kooperationsinteresses. Weitere Ansatzpunkte für eine mögliche internationale Zusammenar-beit sind gemeinsame Sommerschulen, Unter-stützung der deutschen HAW beim Aufbau fachlicher Kapazitäten in Vietnam wie etwa praxisorientierter Studiengänge oder auch in der angewandten Forschung.

› Besuch deutscher hochschulen für angewandte wissenschaften bei der hanoi University of Science and technology.

aSIEnhanoi80

Page 83: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

und dem hohen Fachkräftebedarf nachzukom-men, fordern KPV und Regierung von den viet-namesischen Hochschulen, ihre Curricula und Lehr- und Lernmethoden praxisbezogener zu gestalten und dafür intensiver mit der Industrie zusammenzuarbeiten. Letztere soll stärker in die Studienprogramme einbezogen werden, mit Curriculum-Entwicklung, Gastdozentinnen und -dozenten aus der Industrie, Praktika oder Trai-ningsangeboten im Unternehmen.

Vor allem Hochschulen mit Schwerpunkt auf den MINT-Fächern sind Vorreiter dieser Verän-derungen. Sie haben ihre Studienprogramme zum Teil bereits praxisorientierter gestaltet oder sind wie die VNU Hanoi dabei, dies zu tun. Konkrete Veränderungen sind zum Beispiel:

• Anstieg der Anzahl von Credit Points mit hohem Praxisbezug von unter 10 Prozent auf 15 bis 20 Prozent.

• Ergänzung der Studienprogramme um neue praxisbezogene Kurse wie Praktika, Exkursi-onen, Industriebesuche, Training von Fertig-keiten, Projektarbeit und Abschlussarbeiten.

• Erhöhung der praktischen Anteile: 10 bis 20 Prozent der Unterrichtszeit pro Kurs müssen mit Unterstützung von Praxispartnern erfolgen, die zum Beispiel reale Fallbeispiele erläutern.

• Neue Lehr- und Lernmethoden – von passi-vem hin zu aktivem, experimentellem und problembasiertem Lernen und Projektarbeit.

• Moderne Lehr- und Lernumgebungen.

• Lehrevaluationen durch die Studierenden.

Die DAAD-Arbeit vor Ort

Das Interesse an den Forschungsstipendien des DAAD stieg 2019 in Vietnam weiter deutlich an: Im Vergleich zum Vorjahr gingen rund 45 Prozent mehr Anträge beim DAAD ein. Neben der intensiven Bewerbung durch Informations-veranstaltungen, Hochschulbesuche und On-line-Kanäle ist dieser Anstieg sicher auch auf die steigende Bedeutung der Forschung an den viet-namesischen Hochschulen zurückzuführen.

Alumni spielen oft eine Schlüsselrolle beim Aufbau von Hochschulkooperationen zwischen Deutschland und Vietnam. Viele akademi-sche Beziehungen zwischen Deutschland und Vietnam, die bis heute Bestand haben, haben Alumni aus den Hochschulen der früheren DDR aufgebaut. Das machte ein Alumnitreffen in Hanoi deutlich. Vor 50 Jahren gingen die ersten vietnamesischen Studierenden an die Universi-tät Greifswald. Noch älter sind die akademischen

› Gruppenbild des Erasmus+-netzwerkforums des DaaD.

aSIEnhanoi 81

Page 84: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Beziehungen der TU Dresden zu Vietnam. Unter dem Thema „Alumni als Initiatoren der akade-mischen Zusammenarbeit“ diskutierten ältere und jüngere Alumni in Anwesenheit des neuen deutschen Botschafters in Vietnam, Dr. Guido Hildner, die besondere Rolle der Alumni für die akademischen Beziehungen beider Länder.

Ein wichtiges Ziel des DAAD ist es, deutsche und vietnamesische Hochschulen zusammen-zubringen und ihre Kooperationen zu unterstüt-zen. Neben DAAD-Programmen bietet Eras-mus+ dafür eine gute Plattform. Im Mai reisten Vertreterinnen und Vertreter von 19 deutschen Hochschulen nach Hanoi, um an einem Eras-mus+-Netzwerkforum teilzunehmen. Neben Hochschulbesuchen und umfangreichen Infor-mationen bot die Veranstaltung Vernetzungs-möglichkeiten mit rund 80 teilnehmenden Hochschulen aus Südostasien.

Unter dem Motto „Hochschulzusammenarbeit mit ASEAN und Indien im Spannungsfeld zwi-schen regionalen Entwicklungen und auswärti-ger Kultur- und Bildungspolitik“ trafen sich bei einem regionalen Lektorentreffen 33 Vertre-terinnen und Vertreter von Hochschulen aus Südostasien und Indien in Hanoi. Sie diskutier-ten unter anderem über die „shrinking spaces“ – also die zunehmenden Einschränkungen der zivilgesellschaftlichen Handlungsspielräume – in der Region und deren Auswirkungen auf die eigene Arbeit an ihren Gasthochschulen.

Die Außenstelle Hanoi und das DAAD-Informati-onszentrum HCMC bewerben den Studien- und Forschungsstandort Deutschland in Vietnam nicht nur online mit Facebook und Web- Seminaren, sondern auch mit einer Vielzahl von Informationsveranstaltungen und Teilnahmen an Hochschulmessen. So organisierte der DAAD in Hanoi und HCMC die alle zwei Jahre stattfin-dende deutsche Hochschulmesse. Mit 35 deut-schen Hochschulen und Einrichtungen war die Veranstaltung in Hanoi die bisher größte deut-sche Hochschulmesse in Vietnam.

An einer von der Zentralstelle für das Auslands-schulwesen (ZfA), dem Goethe-Institut und dem DAAD gemeinsam durchgeführten gro-ßen Informationsveranstaltung zum Studium in Deutschland nahmen rund 300 Schülerinnen und Schüler der PASCH-Schulen in Hanoi mit ihren Eltern teil. Unter anderem berichteten ehemalige Schülerinnen und Schüler, die nun in Deutschland studieren, sowie zwei DAAD- Alumni von ihren Erfahrungen in Deutschland. Eingeladen waren auch Vertreterinnen und Ver-treter von sieben deutschen Studienkollegs, die nach den Vorträgen und Diskussionen ebenso wie die Alumni in einer Art Messe für Fragen und Informationen zur Verfügung standen.

› Kennenlernen beim Erasmus+-Netzwerkforum des DAAD.

› Der deutsche Botschafter Dr. Guido Hildner begrüßt die Alumni.

ASIENHanoi82

Page 85: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Beim dritten „German Science Day“ in Ha-noi konnten sich über zweihundert Gäste über die bilateralen Forschungsvorhaben infor-mieren. Deutschland und Vietnam arbeiten in vielen Forschungsfeldern seit Jahren erfolg-reich zusammen. Zu ihnen gehören nachhal-tiges Wassermanagement, Stadtentwicklung, Klimawandel oder Bioökonomie, Biodiver-sität oder Gesundheitsforschung. Die vom BMBF, der Deutschen Botschaft und dem DAAD

organisierte Veranstaltung eröffneten Vizemi-nister Buy The Duy vom Ministry of Science & Technology, Botschafter Dr. Guido Hildner sowie BMBF-Referatsleiterin Kathrin Meyer. DAAD-Außenstellenleiter Stefan Hase- Bergen moderierte.

› DaaD-außenstellenleiter Stefan hase-Bergen moderiert den German Science Day.

› Der stellvertretende wissenschaftsminister Buy the Duy eröffnet den German Science Day.

› Vorbereitungsseminar der neuen DaaD-Stipendiatinnen und -Stipendiaten auf ihren aufenthalt in Deutschland.

aSIEnhanoi 83

Page 86: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

2,3 Mio.Anzahl der eingeschrie benen Studierenden (alle Studienstufen)

5.220Anzahl der Bildungs-ausländer in Deutschland

1.545Absolvent/innen Promotion

Dr.

29 %Immatrikulationsquote

Quellen: DAAD, Statistik DESTATIS – Statistisches Bundesamt, Wissenschaft weltoffen, The World Bank, Data UNESCO, Institute for Statistics

DATEN ZUM BILDUNGSSYSTEM VIETNAM

Die beliebtesten Ziel länder für Studierende

3,58 %Im Ausland Studierende (Anteil an Studierenden gesamt)

Ausländische Studierende im Land gesamt nach Herkunftsländern

0,24 %Anteil ausländischer Studierender

94.662Im Ausland Studierende (Anzahl gesamt)

1. Japan 2. Vereinigte Staaten 3. Australien 4. Korea, Republik 5. Frankreich

1. Laos 2. Kambodscha 3. Korea, Republik 4. China 5. Frankreich

aSIEnhanoi84

Page 87: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Tabelle 6: DAAD-Geförderte aus dem Ausland und aus Deutschland nach Herkunfts-/Zielland und Förderbereichen Vietnam

a = Geförderte aus dem auslandD = Geförderte aus Deutschland Vietnam

I. Individualförderung – gesamtA 305D 76

1. nach Status

Studierende auf Bachelor-niveaua 61D 37

Studierende auf Master-niveaua 30D 9

Doktorand/innena 96D 1

Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen (inkl. Postdoktorand/innen)a 118D 29

2. nach Förderdauer

< 1 Monata 202D 23

1–6 Monatea 6D 37

> 6 Monate (langzeitförderung)a 97D 16

II. Projektförderung – gesamtA 528D 237

1. nach Status

Studierende auf Bachelor-niveaua 159D 71

Studierende auf Master-niveaua 88D 45

Doktorand/innena 61D 61

Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen (inkl. Postdoktorand/innen)a 108D 51

andere Geförderte*a 112D 9

2. nach Förderdauer

< 1 Monata 293D 170

1–6 Monatea 135D 65

> 6 Monate (langzeitförderung)a 100D 2

III. EU-Mobilitätsprogramme – gesamtA 119D 38

1. Mobilität mit Partnerländern

1. Erasmus-Studierendenmobilität (auslandsstudium)a 60D

2. Erasmus-Personalmobilität (Dozent/innen, sonstiges Personal)a 59D 38

DAAD-Förderung – gesamt (I + II + III)A 952D 351

DAAD-Förderung – Geförderte A und D – gesamt 1.303

*Personen in studienvorbereitenden Maßnahmen sowie projektbetreuendes hochschulpersonal

In der aufstellung der Geförderten des DaaD werden drei Förderbereiche unterschieden. In der Individualförderung unterstützt der DaaD schwerpunktmäßig Studierende sowie Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen, die sich erfolgreich um ein DAAD-Stipendium beworben haben. In der Projektförderung finanziert der DAAD vornehmlich Programme zur Förderung weltoffener Hochschulstrukturen. als nationale agentur für EU-hochschulzusammenarbeit vergibt der DaaD schließlich Fördermittel an Studierende und Mitarbeiter von hochschulen, die insbesondere akademische Mobilität ins europäische ausland unterstützen (EU-Mobilitätsförderung). Die in der tabelle abgebildeten Zahlen zu den Geförderten beziehen sich auf das Projekt 2017 und damit auf die laufzeit 1.6.2017–31.5.2019.

aSIEnhanoi 85

Page 88: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

JAKARTA

aSIEnJakarta86

Page 89: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

aSIEnJakarta 87

Page 90: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Allgemeine und politische Entwicklungen

Im Juli 2019 verkündete Indonesiens Präsident Joko Widodo, allgemein „Jokowi“ genannt, die Entscheidung, die Hauptstadt von Jakarta nach Kalimantan (Borneo) zu verlegen. Den Umzug der Hauptstadt hatten auch frühere Regierun-gen diskutiert, jedoch nie ernsthaft verfolgt. Am 26. August gab die Regierung den Standort bekannt: Er liegt in Ost-Kalimantan zwischen den Großstädten Balikpapan und Samarinda. Es handelt sich um ein großes, waldreiches Gebiet von 180.000 Quadratkilometer Fläche. Das ent-spricht der dreifachen Fläche Jakartas.

Die Umzugskosten liegen bei geschätzten 30 Mrd. Euro, die Bauarbeiten sollen bereits 2020 beginnen. 2024 sollen die ersten Regierungsins-titutionen in die neue, noch namenlose Haupt-stadt umziehen. Jakarta soll weiterhin Wirt-schafts- und Bankenmetropole Indonesiens bleiben. Die Belastungen für den Staatshaushalt

sind immens. Denn auch für Jakarta müssen sehr große Infrastrukturmaßnahmen finanziert werden. In erster Linie geht es um den Hoch-wasserschutz und die Verkehrsinfrastruktur, zum Beispiel den Ausbau der erst im März 2019 in Betrieb genommenen U-Bahn.

Nicht nur diese Entscheidung zeigt, dass Joko-wi sich für seine zweite und letzte Amtsperiode bis 2024 viel vorgenommen hat, sogar das Land tiefgreifend verändern möchte. Das ehrgeizige Langzeitziel heißt, Indonesien bis 2045 zur welt-weit viertstärksten Wirtschaftsmacht aufzubau-en. Bis dahin ist es ein weiter Weg. Derzeit be-legt Indonesien – gemessen am BIP 2018 – Platz 16 der stärksten Volkswirtschaften. Die geplan-ten Reformen umfassen viele Bereiche der Ge-sellschaft. Eine zentrale Rolle wird dem Bereich Bildung und Ausbildung zugemessen.

} Indonesiens Regierung hat ambitionierte Ziele. Das Zauberwort dabei heißt „Aufbau von Humankapital“. Denn ohne qualifizierte Fachkräfte, ohne eine gut ausgebildete Bevölkerung wird Indonesien das große Ziel, bis 2045 zur weltweit viertgrößten Wirtschaftsmacht aufzusteigen, nicht erreichen. Und nur wenn es gelingt, der wachsenden jungen Generation eine gute Ausbildung und somit eine berufliche Zukunft zu geben, können soziale Spannungen und Konflikte vermieden werden.

HUMANKAPITAL IM AUFBAU

Thomas Zettler leitet die Außenstelle Jakarta seit Februar 2018. Die Außenstelle besteht seit 1990 und hat zurzeit zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

aSIEnJakarta88

Page 91: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Für seine zweite Amtszeit hat Präsident Jokowi drei Hauptziele verkündet:

1. Fortsetzung des Infrastruktur-Aufbaus: Die erste Regierungsperiode Jokowis (2014–2019) stand unter dem zentralen Motto „Infrastruktur aufbauen“. Die Regierung hat zahlreiche Großprojekte im ganzen Land in die Wege geleitet – Flughafen- und Hafenbau-ten, den Ausbau von Eisenbahnverbindungen und Überlandstraßen, den Bau der U-Bahn in Jakarta und den indonesienweiten Ausbau der Internet-Infrastruktur im sogenannten „Palapa Ring“-Projekt. Diese Investitionen in die Zukunft will sie fortsetzen.

2. Aufbau von Humankapital: Dies ist die zentrale Losung für die laufende

Legislaturperiode. Die Regierung ist sich be-wusst, dass die ambitionierten Ziele nur mit einer gut ausgebildeten Bevölkerung zu errei-chen sind. Sie will ein Berufsbildungsmodell nach deutschem Vorbild aufbauen – sowie die Ausbildungsqualität der Hochschulen und die Leistungen im Bereich Forschung und Ent-wicklung steigern.

3. Groß angelegte strukturelle Reform im Be-reich der Bürokratie: Die überbordende Bürokratie ist einer der Hemmschuhe der Entwicklung Indonesiens. Ob im Steuer-, Wirtschafts- oder Bildungsbereich: Eine Ver-einfachung der bürokratischen Prozesse ist dringend erforderlich. Geplant ist auch ein massiver Abbau des Behördenpersonals, etwa durch Streichung ganzer Hierarchieebenen.

› naturschönheit: Der Vulkan Kelimutu auf Flores bildet auf seinem Gipfel drei Seen, die je nach tageszeit und Sonneneinstrahlung ihre Farbe verändern. 70 % der deutschen Forscher in Indonesien arbeiten zur Biodiversität.

aSIEnJakarta 89

Page 92: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Zur Durchsetzung seiner Ziele kann der Präsi-dent auf eine starke – in den Augen vieler Kri-tikerinnen und Kritiker zu starke und für die demokratischen Strukturen nicht unproblema-tische – Regierungsmehrheit bauen. Während sich im Wahlkampf noch zwei Lager scheinbar unversöhnlich gegenüberstanden und mit har-ten Bandagen gegeneinander kämpften, vollzog sich im Laufe der Regierungsbildung eine Wen-de, die vielen Indonesierinnen und Indonesiern schlichtweg unerklärlich blieb: Eine „Oppositi-onspartei“ nach der anderen wechselte in das Regierungslager und wurde in der Regel mit Vizeministerposten und ähnlichen Positionen bedacht. Der Gegenkandidat Jokowis bei den Wahlen, Ex-General Prabowo Subianto, wurde zum Verteidigungsminister ernannt.

In der Opposition verblieb nur die kleine isla-mische Partei PKS. Das Vorgehen Jokowis hat vermutlich zwei Gründe: Erstens gilt es, für die geplanten Großvorhaben, darunter eine Überar-beitung der Verfassung, eine große Mehrheit zu schaffen. Zweitens entzieht das breite Bündnis den radikalen islamistischen Gruppen, die ihre Hoffnung auf Prabowo gesetzt und diesen im Wahlkampf unterstützt hatten, Macht und Ein-fluss. Die Enttäuschung dieser Gruppen über den Seitenwechsel Prabowos ist entsprechend groß.

Der neuen Harmonie vorausgegangen waren schwere Unruhen, nachdem Prabowo von Wahl-betrug gesprochen hatte und es zu gewaltsamen Massendemonstrationen seiner Anhängerinnen und Anhänger kam. Hierbei starben am 21. und

Danke, Mr. President

Mit der deutsch/englisch-sprachigen Schlagzei-le „Danke, Mr. President“ verabschiedete sich die englischsprachige Tageszeitung „The Jakarta Post“ von Ex-Präsident Habibie, der am 11. Sep-tember 2019 im Alter von 83 Jahren verstorben war. Habibie hatte an der RWTH Aachen Luft- und Raumfahrttechnik studiert und dort mit einem DAAD-Stipendium 1965 promoviert. Bei der später im Airbus-Konsortium aufgegange-nen Firma Messerschmidt-Bölkow-Blohm und deren Vorläufern stieg er bis in die Leitungs-ebene auf.

Auf Betreiben des damaligen Staatspräsidenten Soeharto kehrte er 1974 nach Indonesien zu-rück, um das Amt des Ministers für Forschung und Technologie anzutreten. Nach Soehartos Rücktritt im Mai 1998 wurde Habibie Staatsprä-sident. Er trat jedoch bereits 1999 nicht mehr zur Wiederwahl an. Trotz seiner kurzen Regie-rungszeit ist es nicht übertrieben zu sagen, dass Indonesien hauptsächlich dank der Reformen Habibies heute eine Demokratie ist. Die heute geltende Pressefreiheit, die Zulassung von Ge-werkschaften, die Unabhängigkeit des Verfas-sungsgerichts und der Zentralbank gehen auf seine Amtszeit zurück, die im Indonesischen als „Reformasi“ – Zeit der Reformen – bezeich-net wird. In der Öffentlichkeit gilt Habibie da-her als der „Vater der Demokratie“. Fast alle In-donesierinnen und Indonesier kennen – auch aufgrund der Verfilmungen seines autobiogra-fischen Buchs „Habibie und Ainun“ – die Ge-schichte Habibies und die Tatsache, dass er in Deutschland studiert, promoviert und gearbei-tet hat. Nicht zuletzt deswegen gilt Deutschland vielen als „das“ Land der Technik.

› Mitarbeiter der DaaD-außenstelle Jakarta mit Prof. B. J. habibie, dem ehemaligen Präsidenten der republik Indonesien und alumnus des DaaD (im Jahr 2018, während einer DaaD-Veranstaltung).

aSIEnJakarta90

Page 93: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

22. Mai acht Personen, Hunderte wurden ver-letzt. Nachdem das Verfassungsgericht über den Fall entschieden und Prabowos Klage abgewiesen hatte, erkannte dieser den Wahlsieg Jokowis an.

Wer allerdings geglaubt hatte, dass das Land nun auf eine ruhigere Phase zusteuern würde, sah sich getäuscht: Im September und Oktober kam es auf Java, Sumatra und Sulawesi zu schweren Studentenprotesten, bei denen fünf Studierende starben und Hunderte verletzt wurden. Hinter-grund war, dass die alte Regierung – das Ablau-fen ihrer Amtsperiode vor Augen – noch meh-rere Gesetze im Eiltempo verabschieden wollte, die hohen gesellschaftlichen Zündstoff enthiel-ten und von ihrer inhaltlichen Vorbereitung her kaum verabschiedungsfähig waren.

Bildung und Hochschulen

Im Zuge der Regierungsbildung 2019 wechselte die Hochschulabteilung aus dem Ministerium für Forschung, Technologie und Hochschulbil-dung in das Ministerium für Kultur und Bildung (KEMENBUD), an das sie schon vor 2014 ange-gliedert war. Beide Ministerposten wurden neu besetzt: Der neue Forschungsminister Bambang Bordjonegoro ist zugleich auch Leiter der neu gegründeten zentralen nationalen Forschungs-organisation BRIN (Körperschaft für Forschung und Nationale Innovation), die quasi eine Art Holding für alle bestehenden, bisher sehr schlecht miteinander koordinierten Forschungs-einrichtungen des Landes darstellt.

Eine der größten Überraschungen war die Be-setzung des Ministerpostens im KEMENBUD. Neuer Bildungsminister ist der 35-jährige Mit-begründer des erfolgreichsten indonesischen Start-up-Unternehmens Gojek, Nadiem Maka-rim. Gojek ist ein mit Uber vergleichbarer Fahr-dienst mit derzeit etwa zwei Millionen Motor-rad- und Autotaxi-Fahrerinnen und -Fahrern und einem geschätzten Unternehmenswert von etwa 9 Mrd. Euro. Die Botschaft ist klar: Erwar-tet wird ein radikaler Umbau des Bildungs- und Forschungssystems mit einer verbesserten An-passung an die Bedürfnisse des Arbeitsmarkts und einer effizienteren Arbeitsteilung und Res-sourcenverwertung.

Vielleicht die größte Überraschung war die Be-rufung des neuen Religionsministers, dem 1.200 Hochschulen unterstellt sind: Dieses Amt, das traditionell von der Nadhlatul Ulama, einer der beiden großen muslimischen Massenorgani-sationen im Land, besetzt wurde, ging an den Ex-General Fachrud Razi. Dies darf als Signal dafür verstanden werden, dass der Staat künftig

DIES-traInInGSKUrS „ManaGEMEnt oF IntErnatIonalISatIon”

2019 organisierte die DaaD-außen-stelle Jakarta in Zusammenarbeit mit der Universität hannover, die die inhaltliche Federführung inne-hatte, der Universitas Indonesia und der Universitas ahmad Dahlan erst-mals einen indonesienweiten, zwei-wöchigen DIES-trainingskurs „Ma-nagement of Internationalisa tion“.

17 indonesische hochschulvertrete-rinnen und -vertreter nahmen teil. Im Laufe des Seminars beschäftig-ten sich die teilnehmerinnen und teilnehmer mit themen wie Pro-jektmanagement im internationalen Bereich, interkultureller Kommuni-kation, Internationalisation at home oder dem „idealen International

Office“. Sie entwickelten auch eige-ne Internationalisierungsprojekte, die sie vorstellten und diskutierten. Der erste Seminarteil fand im april an der Universitas Indonesia (Jakar-ta), der zweite im november an der Universitas ahmad Dahlan (Yogya-karta) statt.

› teilnehmer des DIES-MoI-trainings während einer der Sessi-ons an der Universitas ahmad Dahlan im november 2019.

aSIEnJakarta 91

Page 94: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

weniger Toleranz gegenüber radikalen religiö-sen Strömungen zeigen will, die durchaus auch im Hochschulbereich vertreten sind.

Rankings spielen in der öffentlichen Diskussi-on Indonesiens eine wichtige Rolle. Nach wie vor sind die indonesischen Hochschulen aber in internationalen Rankings kaum vertreten. So erscheinen in dem in Indonesien meistbe-achteten „QS World University Ranking“ nur die Universitas Indonesia, die Universitas Gadjah Mada und das Institut Teknologi Bandung unter den ersten 500 Hochschulen weltweit – auf Rang 296, 320 und 331. Es gibt daher heftig umstritte-ne Planungen, nach dem erfolgreichen Modell Singapurs angesehene ausländische Akademike-rinnen und Akademiker als Präsidentinnen oder Rektoren ausgewählter indonesischer Univer-sitäten zu berufen. Anfang August verkünde-te der damalige Hochschulminister Nazir, dass bereits 2020 bis zu fünf Ausländer als Rektorin-nen oder Präsidenten staatlicher indonesischer

Universitäten eingesetzt werden könnten. Bis-her gibt es allerdings keine weiteren Entwick-lungen in dieser Richtung.

Die staatlichen indonesischen Hochschulen sind in drei verschiedene Status-Gruppen ein-geteilt: PTN-Satker, PTN-BLU und als Spitzen-gruppe PTN-BH. 30 staatliche Hochschulen (PTN) haben den sogenannten PTN-BLU-Status erreicht, die Abkürzung BLU steht für „Öffent-liche Dienstleistungseinrichtung“. Eine der Voraussetzungen für diesen Status ist, dass die Hochschule aus eigener Forschung Produkte ge-neriert und Waren oder Dienstleistungen für die Gesellschaft anbietet. Sie darf dabei aber nicht in erster Linie gewinnorientiert arbeiten und muss Gewinne reinvestieren. Letztere werden nicht besteuert. Elf Hochschulen sind bereits vom BLU-Status in die höchste Stufe PTN-BH – „Juristische Person/ Rechtssubjekt“ – aufgestie-gen. Voraussetzungen sind hohe Leistungen im Bereich internationale Publikationen und

alUMnItrEFFEn In BanDa aCEh – ZEhn JahrE DaaD-aCEh-ProGraMM

Bereits im Jahr 2009 wurde das Stipendienprogramm „DaaD-aceh Scholarships of Excellence“ ins le-ben gerufen. In diesem Programm, das aus Mitteln der Provinzregierung Aceh finanziert wird, konnten bisher 153 Stipendien für ein Masterstudi-um oder eine Promotion in Deutsch-land vergeben werden. Das zehnjäh-

rige Jubiläum des Programms war Anlass für ein Alumnitreffen, das die außenstelle Jakarta im Dezember 2019 organisierte und an dem ins-gesamt 80 alumni des Programms sowie Vertreterinnen und Vertreter der hochschulen acehs und unserer Partnerorganisation BPSDM teil-nahmen. Ein großer teil der alumni

arbeitet heute an den hochschulen acehs, in der Provinzregierung und in anderen Institutionen. Das alum-nitreffen fand in Verbindung mit der diesjährigen Stipendienauswahl im DaaD-aceh-Programm statt, bei der wieder Bewerberinnen und Bewer-ber für ein Stipendium ausgewählt werden konnten.

› am alumnitreffen in aceh im Dezember 2019 nahmen circa 80 alumni, hochschulvertreter und Partner des DaaD teil. anlass war das 10-jährige Bestehen des DaaD-aceh-Stipen-dienprogramms.

› Unter freiem himmel und in schöner atmosphäre fand das DaaD-alumnitreffen in Makassar statt. Es gab rege Diskus-sionen und auch die eine oder andere Planung von neuen Projekten. Und sogar spontane musikalische Unterhaltung durch unsere alumni.

aSIEnJakarta92

Page 95: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Patente sowie Zusammenarbeit mit Wirtschaft und Industrie. Außerdem müssen mindestens 80 Prozent aller Studiengänge mit der Bestnote A akkreditiert sein. Die BH erhalten ein hohes Maß an Autonomie und können ihre Studien-programme eigenständig konzipieren und pla-nen. Gegenüber dem Ministerium besteht in Bezug auf die Studienprogramme lediglich eine Informationspflicht. Sowohl BLU als auch BH er-halten eine substanzielle staatliche Förderung. Es wird jedoch erwartet, dass sie einen Teil ih-rer Einnahmen selbst generieren. Vor allem die BH-Hochschulen betreiben auch Forschung. So haben die Universitas Indonesia, das Insti-tut Teknologi Bandung und das Institut Sepuluh Nopember Surabaya in letzter Zeit Forschungs-zentren zu künstlicher Intelligenz aufgebaut.

Neben dem Bereich Forschung und Entwicklung erhält auch der Bereich Berufsausbildung be-sondere Aufmerksamkeit von staatlicher Seite. Da man sich im Klaren darüber ist, dass in bei-den Bereichen grundsätzliche Fortschritte nur zu erwarten sind, wenn es gelingt, Wirtschaft und Unternehmen als Partner zu gewinnen, sind erhebliche Steuernachlässe für Unterneh-men geplant, die eine Berufsausbildung und Praktika anbieten („Double Income Tax Deduc-tions“) und in Forschung und Entwicklung in-vestieren („Triple Income Tax Deductions“).

Die Ausgangslage ist schwierig. Es gibt bisher nur wenige Unternehmen – zu ihnen zählt der Autobauer Astra –, die in Zusammenarbeit mit öffentlichen oder betriebseigenen Berufsschulen

„MRT“ Jakarta

Öffentlichkeitswirksam wurde kurz vor den Wahlen die „MRT“ genannte Metro Jakartas eröffnet, ein Meilenstein für das vom Verkehrs-stau geplagte Jakarta. Die erste Strecke ist 15 Kilometer lang. Sie soll in den nächsten Jahren auf 223 Kilometer ausgebaut und mit einem S-Bahn- und Stadtbussystem verknüpft werden, um die Bevölkerung zum Umstieg vom privaten auf den öffentlichen Verkehr zu bewegen.

› Die neue Mrt (Metro) Jakarta, die seit März 2019 in Betrieb ist.

› hochbetrieb herrschte im november 2019 während der European higher Education Fair (EhEF) an den Ständen der 13 deutschen hoch-schulen.

aSIEnJakarta 93

Page 96: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

eine duale Berufsausbildung anbieten oder For-schung in Eigenregie oder gemeinsam mit Hoch-schulen betreiben. In der Berufsbildung setzt die indonesische Regierung starke Hoffnungen auf eine Zusammenarbeit mit Deutschland.

Im Juli hat das Parlament das neue Wissen-schaftsgesetz „Sistem Nasional Ilmu Penge-tahuan dan Teknologi“ (= Gesetz über das Natio-nale System von Wissenschaft und Technologie) verabschiedet. Es löst das bisher gültige Wissen-schaftsgesetz aus dem Jahr 2002 ab und bringt einige grundlegende Veränderungen mit sich:

1. Die verschiedenen Forschungsinstitutionen sol-len in eine Dachorganisation integriert werden.

2. Für Forscherinnen und Forscher wird die Schwelle für die auf freiwilliger Basis mög-liche Beschäftigungszeit heraufgesetzt: Für Forschungsprofessorinnen und -professoren von derzeit 60 auf nun 70 Jahre, für Associate Professors von 58 auf 65 Jahre.

Ausländische Wissenschaftlerinnen und Wissen-schaftler, die in Indonesien Forschung betrei-ben möchten, müssen wie bisher schon beim Forschungsministerium eine Forschungserlaub-nis beantragen. Die Aufenthalte sind nun an die folgenden Bedingungen geknüpft:

• Die Forschungen müssen gemeinsam mit in-donesischen Partnern durchgeführt und bei Publikationen die indonesischen Partner be-teiligt werden.

• Eine Ethik-Kommission soll zukünftig feststel-len, ob die Forschungen mit indonesischem Recht vereinbar sind.

• Die Ausfuhr von Materialien wird strikt kont-rolliert, Material Transfer Agreements (MTAs) sind Voraussetzung dafür, dass ein solcher Transport stattfinden kann.

Forschen Institute oder Personen ohne For-schungserlaubnis, drohen empfindliche Geldstrafen, in einigen Fällen sogar Gefäng-nisstrafen. Man muss bezweifeln, ob solche Maßnahmen angebracht sind. Denn es ist durchaus nicht so, dass ausländische Forsche-rinnen und Forscher nach Indonesien strömen: Gerade einmal 421 Forschungserlaubnisse für Indonesien mit seinen geschätzten 264 Millio-nen Einwohnerinnen und Einwohnern verzeich-net der Jahresbericht des Forschungsministeri-ums RISTEKDIKTI für 2018.

Viele der neuen Projekte enthalten sehr gute Ansätze. Sie benötigen aber erhebliche Zeit zur Umsetzung. Hintergrund sind langwierige

› Das 7. aSEan Qualifications reference Framework (aQrF) Committee Meeting mit workshop in Yogyakarta.

aSIEnJakarta94

Page 97: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

bürokratische Verfahren und die erforderliche Abstimmung zwischen mehreren beteiligten Behörden oder Instanzen. So sind die folgenden Projekte zwar grundsätzlich beschlossen, konn-ten aber noch nicht umgesetzt werden:

• Ein Stiftungsfonds für die Wissenschaft, der schrittweise mit 6,4 Mrd. Euro ausgestattet werden und die Forschung an Universitäten und Forschungsinstituten fördern soll.

• Ein Stiftungsfonds für die besten zehn einhei-mischen Universitäten, der die Entwicklung dieser Einrichtungen zu Spitzenhochschulen fördern und Mittel in Höhe von 640 Mio. Euro verteilen soll.

• Die schon lange angekündigte Ermöglichung von Branch Campuses ausländischer Univer-sitäten in Indonesien. Der Anfang ist indes ge-macht: Noch 2020 soll die australische Monash University einen Campus in Jakarta eröffnen.

Trotz dieser gemischten Bilanz muss man aner-kennen, dass die indonesische Regierung große und sinnvolle Anstrengungen unternimmt, um das Bildungs- und Forschungssystem des Lan-des grundlegend zu reformieren. Die Ergebnisse dieser Politik werden sich aber erst mittel- bis langfristig zeigen.

Die DAAD-Arbeit vor Ort

Das Interesse von Indonesierinnen und Indone-siern an einem Studium im Ausland ist in den letzten Jahren ständig gestiegen. Deutschland zählt zu den beliebtesten Zielländern. Erst-mals studieren in diesem Wintersemester über 5.000 indonesische Studierende an deutschen Hochschulen. 150 Hochschulpartnerschaften zwischen Deutschland und Indonesien bilden eine weitere Brücke für die starke und langjäh-rige Partnerschaft beider Länder in Studium, Lehre und Forschung. Deutsche Universitäten und Fachhochschulen sind fast gleich stark ver-treten. Die Nachfrage nach Informationen zu Studium und Forschung ist entsprechend groß, ebenso wie das Interesse an Stipendien oder am Aufbau von Hochschulkooperationen.

Die Außenstelle Jakarta bietet über verschiede-ne Kanäle ein umfangreiches Informations- und Beratungsangebot an. Neben der regelmäßigen Beratung in unseren Räumen organisierten wir 2019 insgesamt 46 Informationsveranstaltun-gen an Hochschulen und Schulen, veranstalte-ten 26 Web-Seminare zu den Themen Studium, Forschung und Stipendien – davon mehrere in Kooperation mit deutschen Hochschulen –, organisierten in der Reihe „Science Talks“ Vor-träge deutscher Wissenschaftlerinnen und Wis-senschaftler sowie den Innovationswettbewerb „Falling Walls Lab“.

Mit unserer Homepage www.daad.id, über Fa-cebook, Twitter, Instagram, unseren Newsletter, unsere Zeitschrift „NADI“ und auf vielen ande-ren Wegen stehen wir in Kontakt mit unseren Partnerinnen und Partnern an Hochschulen, mit Deutschland- und DAAD-Alumni und allen, die sich für die Hochschulzusammenarbeit mit Deutschland oder für das Studium in Deutsch-land interessieren.

Auch die Organisation von Veranstaltungen zu Hochschulthemen gehört zu unseren Aufga-ben. So führten wir 2019 gemeinsam mit der DAAD-Zentrale und der Universität Hannover in Jakarta und Yogyakarta den zweiteiligen Trai-ningskurs „Management of Internationalisation“ durch, der sich an das Hochschulmanagement, vor allem die International Offices, richtet.

› Der Gewinner des Falling Walls Labs Jakarta 2019, James Zulfan.

ASIENJakarta 95

Page 98: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Erstmals nahm die Außenstelle 2019 am „DAAD Research Ambassador“-Programm teil. Es wur-den drei junge Wissenschaftler aus Surabaya, Aceh und Makassar ausgewählt, die nach einem zweitägigen Einführungsseminar in der Au-ßenstelle an den Hochschulen ihrer Umgebung Informationsveranstaltungen zum Forschungs-standort Deutschland durchführen.

Wie in jedem Jahr führten wir die Auswahl im DAAD-Forschungsstipendienprogramm für Dok-torandinnen und Doktoranden und im Regie-rungsstipendienprogramm „Aceh“ durch.

Im Jahr 2019 organisierte die Außenstelle sechs Alumnitreffen in Surabaya, Bandung, Makassar, Medan, Aceh und Jakarta, bei denen wir uns mit mehr als 500 ehemaligen DAAD-Stipendiatin-nen und -Stipendiaten und Deutschland-Alum-ni austauschen konnten. Die Treffen mit den insgesamt über 3.100 ehemaligen indonesischen DAAD-Stipendiatinnen und -Stipendiaten und den etwa 30.000 Deutschland-Alumni sind ein wichtiger Bestandteil der Arbeit. Unsere Alumni unterstützen uns in zahlreichen Maßnahmen wie Seminaren und Vortragsveranstaltungen.

Das 2015 gestartete und ursprünglich auf vier Jahre angelegte EU-SHARE-Programm wird voraussichtlich bis 2022 weiterlaufen. Das Programm soll die Herausbildung eines

südostasiatischen Hochschulraums unterstüt-zen. Der DAAD, die European Association for Quality Assurance in Higher Education, The Netherlands Education Support Offices und British Council bilden das Konsortium bis 2022. Partner sind das ASEAN-Sekretariat in Jakar-ta, die EU-Delegation Jakarta sowie zahlreiche Hochschulen und Bildungsministerien im ge-samten ASEAN-Raum.

An indonesischen Deutsch-Abteilungen sind wie in den Vorjahren vier DAAD-Lektoren und eine Sprachassistentin tätig. Standorte sind Jakarta, Yogyakarta und Bandung. An der UGM Uni-versitas Gadjah Mada und der Landwirtschaft-lichen Universität Bogor lehren seit 2018 zwei habilitierte Wissenschaftler im Rahmen des DAAD-Langzeitdozentenprogramms Rechtswis-senschaften und Meeresbiologie.

Die Außenstelle hat seit Herbst 2019 auch die Zuständigkeit für Singapur und die Betreuung des DAAD-Info-Point in Singapur übernommen. Eine der ersten Maßnahmen war die Teilnahme an der europäischen Bildungsmesse „SIE“ im September 2019. In den Räumen des Info-Points findet regelmäßige Beratung zum Studium in Deutschland statt. Zudem nehmen wir an Hoch-schultagen und Bildungsmessen teil.

› wie in vielen Städten Indonesiens demonstrierten auch in Medan (nordsumatra) Studierende im September 2019 gegen geplante Gesetzesänderungen.

aSIEnJakarta96

Page 99: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

› Die Universität Brawijaya ist eine der wichtigsten Universitäten ostjavas und hat den Ptn-Bh-Status erreicht.

aSIEnJakarta 97

Page 100: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

8,0 Mio.Anzahl der eingeschrie benen Studierenden (alle Studienstufen)

5.134Anzahl der Bildungs-ausländer in Deutschland

5.098Absolvent/innen Promotion

Dr.

36,31 %Immatrikulationsquote

Quellen: DAAD, Statistik DESTATIS – Statistisches Bundesamt, Wissenschaft weltoffen, The World Bank, Data UNESCO, Institute for Statistics

DATEN ZUM BILDUNGSSYSTEM INDONESIEN

Die beliebtesten Ziel länder für Studierende

0,60 %Im Ausland Studierende (Anteil an Studierenden gesamt)

Ausländische Studierende im Land gesamt nach Herkunftsländern

0,10 %Anteil ausländischer Studierender

47.574Im Ausland Studierende (Anzahl gesamt)

1. Australien 2. Vereinigte Staaten 3. Malaysia 4. Vereinigtes Königreich 5. Japan

1. Timor-Leste 2. Malaysia 3. Thailand 4. Indien 5. China

aSIEnJakarta98

Page 101: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Tabelle 7: DAAD-Geförderte aus dem Ausland und aus Deutschland nach Herkunfts-/Zielland und Förderbereichen Indonesien

a = Geförderte aus dem auslandD = Geförderte aus Deutschland Indonesien

I. Individualförderung – gesamtA 196D 52

1. nach Status

Studierende auf Bachelor-niveaua 28D 28

Studierende auf Master-niveaua 68D 6

Doktorand/innena 87D 3

Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen (inkl. Postdoktorand/innen)a 13D 15

2. nach Förderdauer

< 1 Monata 30D 3

1–6 Monatea 9D 24

> 6 Monate (langzeitförderung)a 157D 25

II. Projektförderung – gesamtA 346D 352

1. nach Status

Studierende auf Bachelor-niveaua 98D 168

Studierende auf Master-niveaua 27D 118

Doktorand/innena 26D 23

Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen (inkl. Postdoktorand/innen)a 96D 39

andere Geförderte*a 99D 4

2. nach Förderdauer

< 1 Monata 276D 144

1–6 Monatea 66D 204

> 6 Monate (langzeitförderung)a 4D 4

III. EU-Mobilitätsprogramme – gesamtA 34D 14

1. Mobilität mit Partnerländern

1. Erasmus-Studierendenmobilität (auslandsstudium)a 19D

2. Erasmus-Personalmobilität (Dozent/innen, sonstiges Personal)a 15D 14

DAAD-Förderung – gesamt (I + II + III)A 576D 418

DAAD-Förderung – Geförderte A und D – gesamt 994

*Personen in studienvorbereitenden Maßnahmen sowie projektbetreuendes hochschulpersonal

In der aufstellung der Geförderten des DaaD werden drei Förderbereiche unterschieden. In der Individualförderung unterstützt der DaaD schwerpunktmäßig Studierende sowie Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen, die sich erfolgreich um ein DAAD-Stipendium beworben haben. In der Projektförderung finanziert der DAAD vornehmlich Programme zur Förderung weltoffener Hochschulstrukturen. als nationale agentur für EU-hochschulzusammenarbeit vergibt der DaaD schließlich Fördermittel an Studierende und Mitarbeiter von hochschulen, die insbesondere akademische Mobilität ins europäische ausland unterstützen (EU-Mobilitätsförderung). Die in der tabelle abgebildeten Zahlen zu den Geförderten beziehen sich auf das Projekt 2017 und damit auf die laufzeit 1.6.2017–31.5.2019.

aSIEnJakarta 99

Page 102: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

NEU-DELHI

aSIEnneu-Delhi100

Page 103: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

aSIEnneu-Delhi 101

Page 104: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Mehr als 900 Millionen Wahlberechtigte wa-ren zu den Parlamentswahlen im April und Mai 2019 aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Die Wahlbeteiligung erreichte mit 67 Prozent einen historischen Höchststand. Am Ende der Wah-len stand ein erneuter eindeutiger Wahlsieg der national-hinduistischen Bharatiya Janata Party (BJP), welche 303 der 545 Sitze umfassenden

Unterhauses (Lok Sabha) und damit die absolute Mehrheit gewann. Der seit 2014 amtierende Mi-nisterpräsident Narendra Modi wurde im Amt bestätigt. Zweitstärkste Kraft wurde – abgeschla-gen mit 52 Sitzen – die Kongresspartei (Indian National Congress).

Einen so eindeutigen Wahlsieg hatten nur we-nige Beobachterinnen und Beobachter erwar-tet, konnte doch die BJP ihre wirtschaftlichen Versprechen nicht einlösen. Folglich setzte die Regierungspartei im Wahlkampf weniger auf Wirtschaftsthemen und umso mehr auf Narend-ra Modi als zentrale Figur, die über Parteigren-zen hinweg eine hohe Popularität genießt. Als Leitthemen dienten der BJP nationale Sicherheit und Antiterrorbekämpfung, wobei sich Modi als

} Im Jahr 2019 feierte Indien den 150. Geburtstag Mahatma Gandhis. Die Symbolfigur für Indiens Unabhängigkeit trat für ein säkuläres Indien ein. Die national-hinduistische Bharatiya Janata Party (BJP), die 2019 erneut die absolute Mehrheit bei den Parlamentswahlen gewann, steuert teilweise einen anderen Kurs. Den Bildungsdiskurs dominierte im Jahr 2019 ein Gesetzesentwurf, der das indische Hochschulsystem 2020 neu ordnen dürfte. Deutschland und Indien wollen indes die Zusammenarbeit in Forschung und Hochschulbildung weiter intensivieren.

Dr. Katja Lasch leitet seit Oktober 2019 die Außenstelle sowie das Deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus in Neu-Delhi. Die Außenstelle ist für die Länder Indien, Bhutan, Bangladesch, Nepal und Sri Lanka zuständig und beschäftigt derzeit 22 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Indien.

INDIEN ZWISCHEN WAHLEN UND REFORMEN

› Direktorinnen und -direktoren von Instituten des Council of Scientific and Industriel research an der humboldt- Universität zu Berlin.

aSIEnneu-Delhi102

Page 105: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

„Beschützer Indiens“ inszenierte. Der Oppositi-on gelang es nicht, eigene Themen ins Zentrum des Wahlkampfes zu rücken, der zu großen Tei-len in den sozialen Medien stattfand.

Aufhebung des Sonderstatus von Kaschmir

Mit der Aufhebung des Sonderstatus von Jam-mu und Kaschmir löste die BJP wenige Wochen nach den Wahlen eines ihrer Wahlversprechen ein. Die Region Kaschmir ist zwischen Indien, China und Pakistan geteilt und seit mehr als 70 Jahren ein umstrittenes Gebiet, das sowohl Indien als auch Pakistan beanspruchen. Der schwelende Konflikt führte in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder zu militärischen Auseinandersetzungen.

Im August 2019 strich die indische Regierung den Artikel 370 aus der Verfassung und tilg-te damit auch die umfassenden Sonderrechte des Bundesstaates Jammu und Kaschmir. Zu-dem ordnete die Regierung die Administration des Bundesstaates neu. Sie teilte den vormali-gen Bundesstaat in die zwei Unionsterritorien Kaschmir und Ladakh, die nunmehr direkt der Zentralregierung unterstellt sind. Während Jam-mu und Kaschmir das einzige Gebiet Indiens ist, in dem die muslimische Bevölkerung die Mehr-heit bildet, ist Ladakh hauptsächlich buddhis-tisch geprägt. Die Aufhebung des Sonderstatus und die administrative Neuordnung erfolgten unter starker militärischer Präsenz. So verlegte die indische Regierung mehr als 38.000 Soldatin-nen und Soldaten in die Region. Zahlreiche lo-kale Politikerinnen und Politiker wurden unter

› Mahatma-Gandhi-Denkmal in new Delhi zur Erinnerung an den „Salzmarsch“.

aSIEnneu-Delhi 103

Page 106: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Arrest gestellt und die Region teilweise komplett vom Internet und Telefonnetz abgeschnitten so-wie militärisch abgeriegelt.

Die indische Regierung begründete ihren Schritt unter anderem damit, die Region befrieden und für einen wirtschaftlichen Aufschwung sorgen zu wollen. Dem gegenüber steht die Befürch-tung, dass weitere Spannungen und Konflikte zwischen Muslimen und Hindus geschürt wer-den. Mit der Aufhebung des Autonomiestatus verloren die Einwohnerinnen und Einwohner auch zahlreiche Sonderrechte. So sind nun bei-spielsweise Hochschulplätze, die bislang für Ab-iturientinnen und Abiturienten aus Jammu und Kaschmir reserviert waren, allen Inderinnen und Indern zugänglich.

Proteste gegen das neue Staatsbürger-schaftsgesetz

Während die Aufhebung des Sonderstatus für Kaschmir hauptsächlich Proteste in der Region auslöste, endete das Jahr in Indien mit landes-weiten Demonstrationen, die teils in gewalt-tätige Auseinandersetzungen mit der Polizei mündeten. Anlass war die Verabschiedung

eines Zusatzes zum Staatsbürgerschaftsgesetz (Citizenship Amendment Act). Durch das Ge-setz erlangen Hindus, Sikhs, Buddhisten, Jains, Christen und Parsen, die aus den drei Nachbar-ländern Pakistan, Bangladesch und Afghanis-tan eingewandert sind, schneller die indische Staatsbürgerschaft. Asylsuchende muslimi-schen Glaubens sowie Tamilen aus Sri Lanka, Rohingya aus Myanmar und Buddhisten aus Tibet schließt das Gesetz hingegen aus, da diese laut Regierung anders als die explizit genann-ten Gruppen keine religiöse Verfolgung in den Nachbarländern zu befürchten hätten.

Das Gesetz führte zu landesweiten Protesten, darunter auch an zahlreichen Hochschulen. Die Tatsache, dass mit der Regelung erstmals religiöse Kriterien für den Zugang zur Staats-bürgerschaft angelegt werden, steht im tiefen Widerspruch zur pluralistischen und säkula-ren Verfasstheit Indiens. Viele Kritikerinnen und Kritiker sehen sich durch die Aufhebung des Sonderstatus sowie durch das Staatsbürger-schaftsgesetz in ihren Befürchtungen bestätigt, dass die amtierende BJP Indien in einen hindu-istischen Nationalstaat umbaut. Unter den mus-limischen Inderinnen und Indern, die 14 Pro-zent der Bevölkerung ausmachen, schürten die

› Demonstrationen gegen das neue Staatsbürger-schaftsgesetz in neu- Delhi.

aSIEnneu-Delhi104

Page 107: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Ereignisse in den letzten Monaten zunehmend Ängste, zu Bürgerinnen und Bürgern zweiter Klasse degradiert zu werden.

Es bleibt abzuwarten, inwieweit die BJP ihre parlamentarische Mehrheit nutzt, um ihre nati-onal-hinduistische Agenda weiter voranzutrei-ben, und inwieweit die Bevölkerung dies mit-trägt. Bei den letzten drei Wahlen auf Ebene der Bundesstaaten hat die BJP zwei Bundesstaaten an die Opposition verloren. Eine entscheidende Rolle dürfte ebenso spielen, ob die amtierende Regierung es schafft, den seit anderthalb Jah-ren anhaltenden wirtschaftlichen Abwärtstrend umzukehren.

Entwicklungen im Hochschul- und Forschungsbereich

Dem indischen Bildungsministerium (Ministry of Human Resource Development – MHRD) steht seit Mai 2019 ein neuer Minister vor. Ramesh Pokhriyal gehört der BJP an und verfügt über umfassende politische Erfahrung, allerdings nicht in der Hochschul- und Bildungspolitik.

Weiterer Ausbau des Hochschulsektors

Mit mehr als 37 Millionen Studierenden hat Indi-en nach China das zweitgrößte Hochschulsystem der Welt, und der Hochschulsektor wächst wei-ter. Allein im akademischen Jahr 2018/2019 wur-den 90 neue Universitäten gegründet, darunter 48 staatlich finanzierte Einrichtungen. Inzwischen existieren ca. 41.000 Universitäten und Colleges. Auch die Zahl der eingeschriebenen Studieren-den stieg laut den neuesten Zahlen des indischen Bildungsministeriums erneut um 760.000 auf nunmehr über 37,3 Millionen. Derzeit ist rund ein Viertel der Altersgruppe der 18- bis 23-Jäh-rigen im tertiären Sektor eingeschrieben. Die indische Regierung verfolgt das ehrgeizige Ziel, diesen Anteil bis in das Jahr 2030 auf 50 Prozent zu steigern. Da die indische Gesamtbevölkerung weiterwachsen wird, müssen die Studienkapazi-täten notwendigerweise weiter massiv ausgebaut werden.

Doch bereits jetzt hat das Hochschulsystem mit Strukturproblemen zu kämpfen. Nahezu 80 Prozent der Studierenden sind im grundstän-digen Studium eingeschrieben und lediglich 35 Prozent der Hochschuleinrichtungen bieten Programme im postgraduierten Bereich an. Nur an vier Prozent der Colleges sind mehr als 3.000

Intensivierung der strategischen Partnerschaft mit Deutschland

Ende Oktober 2019 fanden die 5. Deutsch- Indischen Regierungskonsultationen in Neu-Delhi statt. Neben Bundeskanzlerin Angela Merkel reisten insgesamt elf Ressortvertrete-rinnen und -vertreter nach Indien, unter ihnen die Ministerin für Bildung und Forschung Anja Karliczek. In den alle zwei Jahre stattfindenden Konsultationen werden die künftigen Felder der strategischen Zusammenarbeit besprochen und festgelegt. Im Fokus der Diskussionen in Neu-Delhi standen unter anderem die Themen künstliche Intelligenz, klimaneutrale grüne Mo-bilität und enge außenpolitische Zusammenar-beit. Deutschland unterstrich die Rolle Indiens als wichtigen Kooperationspartner und Stabili-tätsanker in der Region.

› angela Merkel und narendra Modi bei den 5. Deutsch- Indischen regierungskonsultationen in neu-Delhi 2019.

aSIEnneu-Delhi 105

Page 108: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Studierende eingeschrieben und mehr als 34 Prozent aller Hochschuleinrichtungen bieten lediglich einen einzigen Studiengang an. Zudem fehlen einheitliche Qualitätsstandards. So sind neben der University Grants Commission der-zeit weitere 14 Institutionen für die Akkreditie-rung von Hochschulen zuständig.

Eine unzureichende Vorbereitung der Studieren-den für den Arbeitsmarkt, ein qualitativ höchst unterschiedliches Lehrangebot, mangelnde Innovationsfähigkeit, ein komplexes Regulati-onssystem und die unzureichende Qualifikation des Lehrpersonals sind nur einige Herausforde-rungen, mit denen sich das Hochschulsystem konfrontiert sieht.

Vorzeichen einer umfassenden Reform

Eine Vielzahl der genannten Probleme adres-siert der 2019 vorgelegte Entwurf eines neuen Bildungsgesetzes (National Education Policy), der zentrales Thema des hochschulpolitischen Diskurses war. Bemerkenswert ist, dass nicht nur Fachkreise den Entwurf diskutierten, son-dern dieser auch einer öffentlichen Konsulta-tion unterzogen wurde, die mehr als 200.000 Kommentare hervorbrachte. Vor allem die Sprachenfrage im Sekundärbereich löste eine hitzige Debatte aus. Der erste Entwurf des Ge-setzes hatte vorgesehen, Hindi verpflichtend in ganz Indien einzuführen. Nach vielen Debatten

verwarf die Regierung diesen Plan und räumte den Bundesstaaten größtmögliche Flexibilität in der Wahl der zu unterrichtenden Sprachen ein. Für den Hochschulbereich sind in der finalen Gesetzesvorlage folgende Punkte wesentlich:

• Konsolidierung des Hochschulsektors auf ins-gesamt 15.000 größere multidisziplinäre Ein-richtungen

• einheitliche Klassifizierung von Hochschulen in drei Kategorien (Forschungsuniversitäten, Lehruniversitäten, autonome Colleges)

• umfassende Autonomie für Universitäten und Colleges

• Erarbeitung eines einheitlichen nationalen Qualifikationsrahmens

• Etablierung von drei zentralen Behörden für die Bereiche Förderung, Akkreditierung und Regulierung (National Higher Education Re-gulatory Authority, Higher Education Grants Council, National Assessment and Accredition Council)

• Neugründung einer Organisation für For-schungsförderung an Hochschulen (National Research Foundation).

Darüber hinaus thematisiert der Gesetzesent-wurf auch die Internationalisierung der Hoch-schulen. War die Internationalisierung vor we-nigen Jahren noch ein Randthema, ist sie nun auch in der nationalen Hochschulpolitik an-gekommen. Dies belegen unter anderem neue Förderprogramme der indischen Regierung,

› Indische Delegation beim Besuch von Forschungseinrich-tungen in Deutschland, hier im helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie.

› Science Circle lecture mit Prof. Dr. Gigerenzer.

aSIEnneu-Delhi106

Page 109: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

die internationale Mobilität und Kooperation unterstützen. Es wird erwartet, dass das neue Bildungsgesetz im Jahr 2020 verabschiedet und anschließend implementiert wird. Somit steht das indische Hochschulsystem vor einer grund-legenden Neuordnung.

Deutsch-Indische Hochschul- und Forschungskooperation – neue Programme

Die Anzahl der indischen Studierenden in Deutschland ist im Hochschuljahr 2018/2019 um 18 Prozent gestiegen. Mit mehr als 20.000 Studie-renden stellt Indien mittlerweile die zweitgrößte Gruppe internationaler Studierender, wobei die Mehrzahl von ihnen für einen Master bezie-hungsweise eine Promotion eingeschrieben ist.

Im Bereich der Hochschul- und Forschungs-kooperation ermöglichten indische und deut-sche Förderprogramme zahlreiche neue Part-nerschaften und Projekte. So werden seit 2019 im indischen Förderprogramm „Scheme for Pro-motion of Academic and Research Cooperation“ (SPARC) 20 deutsch-indische Forschungspro-jekte gefördert. Der DAAD wählte im Frühjahr 2019 in der vom BMBF finanzierten Förderlinie „Deutsch-Indische Hochschulkooperationen“ insgesamt 15 neue Projekte aus.

Richtungsweisend für die künftige Zusammen-arbeit waren die 5. Deutsch-Indischen Regie-rungskonsultationen, die die weitere Intensi-vierung der Zusammenarbeit in Forschung und Hochschulbildung bekräftigten. Als Zukunfts-themen wurden unter anderem künstliche

Indische Exzellenzinitiative – „Institutions of Eminence“

Die Ernennung von 14 weiteren Hochschulen zu „Institutions of Eminence“ schloss 2019 den Auswahlprozess der indischen Exzellenzini-tiative ab. Die Initiative „Institutions of Emi-nence“ hat das indische Bildungsministerium (MHRD) 2017 mit dem Ziel ins Leben gerufen, bis zu 20 indische Hochschulen innerhalb der nächsten fünf Jahre international sichtbar zu machen. Insgesamt deklarierte das MHRD zehn staatliche und zehn private Einrichtungen zu Spitzenhochschulen. Unter den „Institutions of Eminence“ finden sich verschiedene Hoch-schultypen aus ganz Indien, so zum Beispiel in Assam die Tezpur University, in Chennai das IIT Madras und die private Hochschule Azim Prem-ji University in Bangalore. Eine Besonderheit ist die sogenannte Greenfield-Kategorie, in der zwei Hochschulen nominiert wurden, die den Betrieb noch nicht aufgenommen haben.

Die „Institutions of Eminence“ – welche die öffentliche Hand finanziert – erhalten jeweils 128 Mio. Euro für die nächsten fünf Jahre. Die privaten Institutionen hingegen bekommen keine zusätzliche finanzielle Unterstützung. Ge-meinsam ist allen in diesem Programm ausge-zeichneten Einrichtungen, dass sie umfassende

administrative und finanzielle Autonomie erhalten. Hierzu zählen unter anderem die flexible Gestaltung der Curricula sowie die Ein-richtung neuer Studienprogramme. Im Bereich der internationalen Kooperation können sie flexibel internationales Lehrpersonal einstellen und mit ausländischen Institutionen, die sich innerhalb der Top 500 der globalen Rankings befinden, ohne Zustimmung des MHRD Verträ-ge abschließen. Die „Institutions of Eminence“ sind daher interessante Partner für internatio-nale Kooperationen.

› research Park des IIt Madras, eine der 20 indischen Exzellenzuniversitäten.

aSIEnneu-Delhi 107

Page 110: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Deutsches Wissenschafts- und Innovationshaus Neu-Delhi 2019

Das Deutsche Wissenschafts- und Innova-tionshaus (DWIH) Neu-Delhi präsentierte Deutschland auch 2019 als leistungsfähigen Innovationsstandort in unterschiedlichen Veranstaltungsformaten und Aktivitäten zum Netzwerkaufbau in ganz Indien. Insgesamt or-ganisierte das DWIH gemeinsam mit den Unter-stützerinnen und Unterstützern sowie weiteren Akteuren der deutschen Forschungslandschaft 24 Veranstaltungen. Das DWIH strahlte hierbei über Neu-Delhi hinaus und war in zahlreichen Städten in Indien präsent. Neben Messeauf-tritten in Bangalore und Mumbai fanden unter anderem Workshops in Chennai, Pune, Varanasi sowie das Falling Walls Lab in Manipal statt.

Die Themen der Veranstaltungen reichten von künstlicher Intelligenz, frugaler Innovation und Agrarwissenschaften bis hin zu Klima- und Umweltschutz. So fanden etwa Science Circle Lectures zu den Themen „Artificial Intelli-gence and its Social Impact through Film and Literature“ und „The Climate Emergency: The German ,Energiewende’ and the Great Trans-formation“ statt. Vor dem Hintergrund des 100. Geburtstags des Bauhauses organisierte das DWIH zwei Seminare, in denen deutsche und indische Architektinnen und Architekten über die Zukunft der Architektur und urbaner Räume diskutierten.

Die Hauptveranstaltung des Jahres, das Indo- German Symposium „Future of Work“ adres-sierte Fragen rund um das Thema „Innova-tives Arbeiten in einer digitalisierten Welt“. Zwei Tage lang hatten über 300 deutsche und

indische Teilnehmerinnen und Teilnehmer Ge-legenheit, sich interdisziplinär auszutauschen und zu vernetzen. Die Referentinnen und Refe-renten kamen unter anderem aus den Fachbe-reichen Informatik und Robotik, Innovations-management, Gender Studies sowie Architektur und beleuchteten die Fragen nach der Zukunft der Arbeit aus verschiedenen Perspektiven.

Mit der Leibniz-Gemeinschaft hat das DWIH eine neue assoziierte Unterstützerin gewonnen. Ein weiterer Höhepunkt des Jahres war der Be-such der Ministerin für Bildung und Forschung Anja Karliczek, die mit den Unterstützern eine angeregte Diskussion zur deutsch-indischen Hochschul- und Forschungskooperation führ-te. Nicht zuletzt hat das DWIH seine Webseite (www.dwih-delhi.org) komplett überarbeitet und somit einen wichtigen Schritt für den wei-teren Ausbau der Onlinekommunikation getan.

› Besuch der Bundesministerin für Bildung und Forschung, anja Karliczek, im Deutschen wissenschafts- und Innova-tionshaus.

› Science Circle lecture mit Prof. Schellnhuber.

› Indo-German Symposium „Future of works”.

aSIEnneu-Delhi108

Page 111: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Intelligenz (KI), digitale Transformation und maritime Forschung definiert, wobei im Bereich KI ein Fokus auf Gesundheit, Agrarwesen, Mobi-lität und Umwelt gelegt werden soll. Die Bundes-ministerin für Bildung und Forschung unter-zeichnete in Neu-Delhi mehrere Verträge und Absichtserklärungen. Der DAAD und die Univer-sity Grants Commission unterzeichneten eine Vereinbarung über die Fortsetzung des kofinan-zierten Programms Deutsch-Indische Partner-schaften. Beide Seiten werden in den kommen-den vier Jahren mit jeweils 3,5 Mio. Euro die deutsch-indische Hochschulkooperation über einen Zeitraum von vier Jahren fördern.

Die DAAD-Arbeit vor Ort

Die Außenstelle Neu-Delhi ist neben Indien für die Länder Bangladesch, Bhutan, Nepal und Sri Lanka zuständig und verantwortet zudem das Management und die strategische Weiterent-wicklung des Deutschen Wissenschafts- und Innovationshauses (DWIH). Der DAAD unterhält neben Neu-Delhi sechs weitere Standorte mit ei-genen Büros in Indien.

Ein Schwerpunkt der Arbeit der DAAD-Außen-stelle und -Informationszentren ist das Marke-ting für den Studien- und Forschungsstandort Deutschland. Im Jahr 2019 hat das Netzwerk mehr als 350 Informationsveranstaltungen organisiert und erreichte damit rund 35.000

Menschen in 51 Städten. Die Formate variier-ten von kleineren Informationsveranstaltun-gen in der Außenstelle über themenspezifische Web-Seminare bis hin zu großen Veranstal-tungsformaten wie einer eintägigen „Redisco-ver Germany“-Veranstaltung in Mumbai mit acht Referentinnen und Referenten sowie 260 Besucherinnen und Besuchern. Neben den all-gemeinen Informationsveranstaltungen führte der DAAD in Indien und Sri Lanka unter ande-rem Proposal Writing Workshops durch. Für die inhaltliche Gestaltung der Proposal Writing Workshops griff der DAAD auf das Netzwerk der DAAD Research Ambassadors zurück.

Die Außenstelle Neu-Delhi setzt seit mehreren Jahren bewusst auf Multiplikatoren-Netzwerke und hat sowohl ein Young-Ambassador- als auch ein Research-Ambassador-Netzwerk aufgebaut. Als Multiplikatoren dienen Alumni verschiede-ner Hochschul- und Forschungsorganisationen in Deutschland, die in der gesamten Region ver-treten sind. Der DAAD betreut darüber hinaus kontinuierlich das Netzwerk der DAAD-Alumni. So hatten DAAD-Alumni und Deutschland-Alum-ni aus der Region Südasien und Südostasien 2019 Gelegenheit, in Indien an einem Seminar zum Thema Wassermanagement mit anschlie-ßendem Besuch der Fachmesse IFAT in Mumbai teilzunehmen.

› DAAD-Vizepräsident Prof. Joybrato Mukherjee unterzeichnet die Verein-barung über die Fortset-zung des ko finanzierten Programms „Deutsch- Indische Partnerschaften“.

ASIENNeu-Delhi 109

Page 112: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Neben der Stipendienarbeit, die kontinuierlich über das gesamte Jahr hinweg lief, organisier-te die DAAD-Außenstelle im vergangenen Jahr mehrere Workshops. Sie lud beispielsweise Ver-treterinnen und Vertreter der Germanistik-Lehr-stühle ein, neue Lehrmaterialien, die das Pro-jekt Dhoch3 entwickelt hat, kennenzulernen.

Auf Einladung des DAAD besuchten im Novem-ber die Leiterinnen und Leiter von zehn Ins-tituten des Council of Scientific & Industrial Research (CSIR) Deutschland. Die Reise führ-te die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach Dresden, Freiberg und Berlin, wo sie Fraun-hofer-Institute, Universitäten, Helmholtz-Zen-tren, Einrichtungen der Ressortforschung und die Bundesanstalt für Materialprüfung besuchten. Die zahlreichen Institutionsbesu-che dienten dazu, die deutsche Forschungs-landschaft in ihrer Breite zu präsentieren und

Kooperationsansatzpunkte zu identifizieren. Für die DAAD- Außenstelle bot sich mit der von ihr inhaltlich organisierten Reise die Gelegenheit, den Kontakt zu den CSIR-Instituten zu intensi-vieren.

Insgesamt blickt die Außenstelle auf ein ar-beitsintensives Jahr zurück. Im Zuge der Arbeit wurden gemeinsam mit indischen Partnern Themen identifiziert, die im Jahr 2020 weiter-verfolgt werden. Dazu gehören das Monitoring von Hochschulkooperationsprojekten, aber auch der Kapazitätsaufbau im Bereich Interna-tionalisierung von Universitäten. Nicht zuletzt begeht die Außenstelle Neu-Delhi im Jahr 2020 ihren 60. Geburtstag und wird dies zum Anlass nehmen, unter anderem ein großes regionales Alumnitreffen auszurichten.

ProPoSal wrItInG worKShoP In SrI lanKa

Erstmals organisierte der DaaD im august 2019 einen Proposal writing workshop in Sri lanka. Ziel war es, Graduierten, die sich für eine Promo-tion in Deutschland interessieren, Informationen zum Bewerbungspro-zess an die hand zu geben und bei der Vorbereitung der notwendigen Unterlagen zu unterstützen.

Die 30 teilnehmerinnen und teil-nehmer, die der DaaD gemeinsam mit der national Science Foundati-on aus über 350 Bewerberinnen und Bewerbern auswählte, erhielten zu-nächst Informationen zu deutscher Forschungslandschaft und den um-fangreichen Fördermöglichkeiten. Wie finde ich einen Betreuer oder eine Betreuerin für meine arbeit?

wie strukturiere ich ein Exposé? wie formuliere ich eine Forschungsfra-ge? Die antworten auf diese Fragen erarbeiteten die teilnehmenden anschließend unter anleitung er-fahrener Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Indien und Sri lanka, die selbst in Deutschland promoviert haben.

› teilnehmende am ersten Proposal writing workshop in Colombo, Sri lanka.

aSIEnneu-Delhi110

Page 113: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

› Die Jama Masjid Moschee in Delhi.

aSIEnneu-Delhi 111

Page 114: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

34,3 Mio.Anzahl der eingeschrie benen Studierenden (alle Studienstufen)

20.623Anzahl der Bildungs-ausländer in Deutschland

28.779Absolvent/innen Promotion

Dr.

28,06 %Immatrikulationsquote

Quellen: DAAD, Statistik DESTATIS – Statistisches Bundesamt, Wissenschaft weltoffen, The World Bank, Data UNESCO, Institute for Statistics

DATEN ZUM BILDUNGSSYSTEM INDIEN

Die beliebtesten Ziel länder für Studierende

0,99 %Im Ausland Studierende (Anteil an Studierenden gesamt)

Ausländische Studierende im Land gesamt nach Herkunftsländern

0,13 %Anteil ausländischer Studierender

332.033Im Ausland Studierende (Anzahl gesamt)

1. Vereinigte Staaten 2. Australien 3. Kanada 4. Vereinigtes Königreich 5. Deutschland

1. Nepal 2. Afghanistan 3. Sudan 4. Bhutan 5. Nigeria

aSIEnneu-Delhi112

Page 115: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Tabelle 8: DAAD-Geförderte aus dem Ausland und aus Deutschland nach Herkunfts-/Zielland und Förderbereichen Indien

a = Geförderte aus dem auslandD = Geförderte aus Deutschland Indien

I. Individualförderung – gesamtA 576D 91

1. nach Status

Studierende auf Bachelor-niveaua 146D 58

Studierende auf Master-niveaua 178D 6

Doktorand/innena 203D 8

Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen (inkl. Postdoktorand/innen)a 49D 19

2. nach Förderdauer

< 1 Monata 56D 18

1–6 Monatea 137D 58

> 6 Monate (langzeitförderung)a 383D 15

II. Projektförderung – gesamtA 770D 642

1. nach Status

Studierende auf Bachelor-niveaua 60D 119

Studierende auf Master-niveaua 364D 285

Doktorand/innena 148D 100

Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen (inkl. Postdoktorand/innen)a 152D 125

andere Geförderte*a 46D 13

2. nach Förderdauer

< 1 Monata 380D 426

1–6 Monatea 353D 200

> 6 Monate (langzeitförderung)a 37D 16

III. EU-Mobilitätsprogramme – gesamtA 62D 28

1. Mobilität mit Partnerländern

1. Erasmus-Studierendenmobilität (auslandsstudium)a 33D 2

2. Erasmus-Personalmobilität (Dozent/innen, sonstiges Personal)a 29D 26

DAAD-Förderung – gesamt (I + II + III)A 1.408D 761

DAAD-Förderung – Geförderte A und D – gesamt 2.169

*Personen in studienvorbereitenden Maßnahmen sowie projektbetreuendes hochschulpersonal

In der aufstellung der Geförderten des DaaD werden drei Förderbereiche unterschieden. In der Individualförderung unterstützt der DaaD schwerpunktmäßig Studierende sowie Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen, die sich erfolgreich um ein DAAD-Stipendium beworben haben. In der Projektförderung finanziert der DAAD vornehmlich Programme zur Förderung weltoffener Hochschulstrukturen. als nationale agentur für EU-hochschulzusammenarbeit vergibt der DaaD schließlich Fördermittel an Studierende und Mitarbeiter von hochschulen, die insbesondere akademische Mobilität ins europäische ausland unterstützen (EU-Mobilitätsförderung). Die in der tabelle abgebildeten Zahlen zu den Geförderten beziehen sich auf das Projekt 2017 und damit auf die laufzeit 1.6.2017–31.5.2019.

aSIEnneu-Delhi 113

Page 116: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

PEKING

aSIEnPeking114

Page 117: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

aSIEnPeking 115

Page 118: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

„Keine Kraft kann den Status unseres großar-tigen Vaterlandes erschüttern oder den Vor-marsch des chinesischen Volkes und unserer Nation aufhalten“, sagte der chinesische Staatspräsident Xi Jinping zum Jubiläum des 70. Gründungstages der Volksrepublik China im Oktober. Chinas Staatsführung feierte das

Jubiläum mit der bislang größten Militärpara-de unter strengen Sicherheitsvorkehrungen auf dem Platz des Himmlischen Friedens.

Politische Stärke

Weder die anhaltenden Proteste der Hongkon-ger Bevölkerung noch der Handelskrieg mit den USA haben China 2019 von seinem Weg an die Spitze der Welt abgebracht. Das Land hat seinen globalen Einfluss konsequent ausgebaut und versucht verstärkt, seiner Sichtweise im internationalen politischen Diskurs Gehör zu verschaffen. Der chinesische Wirtschaftserfolg, seine Investitionsbereitschaft und internationa-le Wettbewerbsfähigkeit sind starke Argumente. Die chinesische Diplomatie schmiedet Allian-zen, nicht nur um ihre wirtschaftlichen Inter-essen global zu vertreten. Es geht ihnen auch darum, China gegen Vorwürfe menschrechts-verletzenden Handelns zu verteidigen.

} Ungeachtet des Handelskrieges baut China seinen globalen Einfluss aus. Das Streben der Weltmacht geht dabei einher mit totalitärer Überwachung. Vom strategischen Partner wandelt sich China zum systemischen Rivalen. Dieser Konflikt strahlt auf die wissenschaftliche Zusammenarbeit aus. Auch für den DAAD wachsen die Herausforderungen.

Die Außenstelle Peking besteht seit 1994 und beschäftigt derzeit elf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Seit dem 1. Januar 2020 leitet Ruth Schimanowski die Außenstelle.

DIE WELTMACHT CHINA SETZT AUF STÄRKE UND KONTROLLE

› KI-Polizeiroboter auf Pekinger Straßen.

aSIEnPeking116

Page 119: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Chinas Behörden überwachen Meinungsäuße-rungen weltweit. Auf unangenehme Äußerun-gen einzelner Menschen folgen Sanktionen für Unternehmen und Organisationen, bei denen diese beschäftigt oder beheimatet sind. Die Handlungen und Anweisungen von Xi Jinping und seiner Regierung sind eindeutig: China öff-net sich nicht gegenüber westlichen Demokrati-en und Ideen. Es lässt sich nicht in eine liberale Weltordnung einordnen, sondern hat seine ei-genen Vorstellungen von einem harmonischen Zusammenleben. Der chinesische Traum geht einher mit einem mächtigen Überwachungs-staat der Kommunistischen Partei Chinas.

Vom Handelskrieg zum Technologie-wettkampf

Wirtschaftlich spürt auch China die negativen Auswirkungen der weltweiten Unsicherheiten: Die nationalen Wachstumszahlen sanken 2019 auf 6,1 Prozent. Nichtsdestotrotz ist China damit immer noch der Motor der Weltwirtschaft und für viele deutsche Unternehmen ein wichtiger Absatzmarkt. Die chinesischen Standorte ent-wickeln sich von wichtigen Produktionsstätten hin zu Innovationshäusern. Unterstützt durch die politischen und gesellschaftlichen Rahmen-bedingungen kommen aus China immer mehr Trends, Erfindungen und Geschäftsmodelle.

China hat bereits zu Beginn des aktuellen Fünf-jahresplanes und nicht zuletzt mit „Made in China 2025“ klare Ambitionen im Bereich der

› Sonnenuntergang hinter den landmark towers, in denen die DaaD-außenstelle ihre Büroräume hat.

aSIEnPeking 117

Page 120: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Technologieführerschaft formuliert. Es fördert sowohl den Aufbau einer innovationsgetriebe-nen Wirtschaft durch massive Investitionen in neue Technologien und Talente als auch eine umfassende institutionelle Reform des Wissen-schafts- und Innovationssystems. Bis 2025 will China in zehn Schlüsseltechnologien die welt-weit führenden Unternehmen stellen.

Im Handelskonflikt ist die Technologierivalität stärker geworden. Innerhalb kürzester Zeit hat sich China für viele europäische Akteure vom strategischen Partner zum systemischen Rivalen gewandelt. Das gilt nicht nur für Unternehmen. Auch die stark in China engagierten europäi-schen Wissenschaftsorganisationen sehen sich mit diesem Paradigmenwechsel konfrontiert.

Reformprozess beim Chinesisch-Deutschen Hochschulkolleg

Nach 21 Jahren erfolgreicher (Doppel-)Master-ausbildung in den Ingenieur- und Wirtschafts-wissenschaften mit mehr als 2.000 chinesischen und deutschen Absolventinnen und Absolven-ten schlägt das Chinesisch-Deutsche Hochschul-kolleg (CDHK) einen neuen Weg ein. Es wandelt sich von einer Ausbildungseinrichtung hin zu einer Netzwerk-Plattform, die allen interessier-ten Kollegs der Tongji-Universität offensteht. Dieses fördert die bilaterale Masterausbildung, Promotion und Forschung mit deutschen Part-neruniversitäten systematisch.

Seit seiner Gründung im Jahr 1998 verfügte das CDHK mit seinem starken Deutschlandbezug über ein besonderes Alleinstellungsmerkmal innerhalb der Tongji-Universität. Mit 28 deut-schen Partnerhochschulen, 17 Doppelmaster-programmen, 35 Blockvorleserinnen und -vor-lesern, der Deutschausbildung für chinesische

Studierende sowie den zahlreichen Stiftungs-lehrstühlen deutscher Unternehmen entwickel-te sich das CDHK weltweit zu einem Modellpro-jekt der binationalen Wissenschaftskooperation.

Da sich in den letzten 20 Jahren die Rahmen-bedingungen für die Kooperation signifikant geändert haben, wurde ein Paradigmenwech-sel notwendig. Die Beibehaltung des CDHK als eigenständige Entität neben den inzwischen in-ternational gut vernetzten und akademisch er-folgreichen Tongji-Kollegs – sie bieten ähnliche Studiengänge wie das CDHK an – erschien nicht mehr zeitgemäß. Den Empfehlungen der letzten deutsch-chinesischen Evaluationskommissi-on aus dem Jahre 2016 folgend, überführte das CDHK im Wintersemester 2019/2020 die Studi-engänge und das wissenschaftliche Personal des CDHK in die vier Tongji-Kollegs Maschinenbau (SME), Fahrzeugtechnik (SAS), Elektrotechnik (CEIE) und Wirtschaftswissenschaften (SEM). In jedem Kolleg existiert nun ein chinesisch-deut-sches Zentrum, in dem deutschlandbezogen ge-arbeitet und geforscht wird. Neben diesen vier Kollegs soll die Zusammenarbeit in den nächs-ten Jahren auf weitere Tongji-Kollegs ausge-dehnt werden.

Weitere Aufgaben des neuen CDHK sind: Öffent-lichkeitsarbeit und gezieltes Marketing, Einwer-bung von Drittmitteln, Pflege des Alumni-Netz-werks sowie die Beteiligung am systematischen Innovationsdialog zu den Themen Industrie 4.0, Intelligente Stadt, Nachhaltige Gesellschaft, Bildungsinnovation und weiteren für China und Deutschland relevanten Zukunftsthemen.

› tongji-Vizepräsident Prof. wu Zhiqiang und DaaD- Generalsekretärin Dr. Dorothea rüland eröffnen das Chinesisch-Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz.

aSIEnPeking118

Page 121: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Dilemma der deutsch-chinesischen Wissenschaftskooperation

Das gegenseitige Misstrauen ist in der Wissen-schaft angekommen. Der Paradigmenwechsel stellt die bisherige intensive Zusammenarbeit auf den Prüfstand und vor große Herausforderungen. Für die Forscherinnen und Forscher garantieren die deutsch-chinesischen Kooperationen auf der einen Seite den Anschluss an die kommende Weltspitze. Sie sichern den wissenschaftlichen Nachwuchs und gewähren Zugang zu den beson-deren Forschungsbedingungen und Forschungs-räumen in China. Auf der anderen Seite breitet sich auch in der deutschen Forschergemeinschaft die Sorge vor Spionage, dem Abfluss von wissen-schaftlichen Kenntnissen und der Einflussnahme chinesischer Geldgeber aus. Die Freiheit der Wis-senschaft ist in China nicht vorgesehen.

Im vergangenen Jahr haben eine Reihe von Län-dern Orientierungs- und Handlungsrahmen für die internationale wissenschaftliche Zusammen-arbeit veröffentlicht. Das Bundesamt für Wirt-schaft und Ausfuhrkontrolle hat das „Handbuch Exportkontrolle und Academia“ herausgebracht und zeigt darin Bereiche auf, in denen wissen-schaftliche Kooperationen genehmigt werden müssen. Der Missbrauch wissenschaftlicher Er-gebnisse für militärische Zwecke soll unterbun-den werden. Viele deutsche Universitäten und Forschungseinrichtungen achten im Hinblick auf China stärker darauf, dass in der interna-tionalen Zusammenarbeit die Eigeninteressen und Grundwerte wissenschaftlichen Arbeitens beachtet werden.

Das staatliche Zugriffsrecht auf Forschungs- und Unternehmerdaten in China und die totale Kontrolle von Lehre und Hochschulen durch die Partei verstärken die Sorgen. Zuletzt im Dezember 2019 hat das chinesische Bildungs-ministerium ein Dekret erlassen, demnach alle Unterrichtsmaterialien primär der Verbreitung der Parteiideologie dienen müssen. Abweichen-de Meinungen haben sowohl für die Autorin-nen und Autoren der Lehrbücher als auch für die sie verwendenden Institutionen und Per-sonen rechtliche Konsequenzen. Waren frü-her „Grundlagen des Marxismus-Leninismus“

nEUE BEwErtUnGSVorSChlÄGE FÜr DEn hoChSChUlZUGanG ChInESISChEr StUDIErEnDEr

Die Bewertung ausländischer Bil-dungsnachweise – und damit der hochschulzugang für ausländische Studierende nach Deutschland – basiert auf den Beschlüssen der Kultusministerkonferenz (KMK). Das Infoportal www.anabin.de gibt die einzelnen Bewertungsvorschläge für verschiedene Bildungsnachweise bekannt und aktualisiert sie regel-mäßig. Für chinesische Studieren-de hat die KMK im herbst 2019 die

Zugangsvoraussetzungen dahinge-hend ergänzt, dass künftig exzellen-te chinesische abiturientinnen und abiturienten (Gaokao-absolventen) leichter ein grundständiges Studium in Deutschland aufnehmen können.

Gerade hierfür ist in den letzten Jahren die nachfrage chinesischer Schülerinnen und Schüler und ih-rer Eltern kontinuierlich gestiegen. Chinesische Bewerberinnen und

Bewerber müssen nun nicht mehr wie bisher zunächst an einer chine-sischen Universität eingeschrieben sein und ein beziehungsweise drei Semester studiert haben, sondern können mit entsprechend hoher Punktzahl in der Gaokao-Prüfung direkt zu einem Studium in Deutsch-land zugelassen werden. Der DaaD begrüßt diese neuregelung, die die attraktivität des Studienstandortes Deutschland steigert.

› Stille Dorfidylle – auf der Mauer steht das chinesische Zeichen Fu – Glück.

aSIEnPeking 119

Page 122: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

und „Das Mao-Zedong-Denken und die Deng- Xiaoping-Theorie“ sowie die „Kultivierung der korrekten Weltanschauung und Moral“ auf den Politik unterricht beschränkt, zieht die Ideologie nun in die Lehrbücher aller Fachrichtungen ein.

Grundlegende Reform des chinesischen Wissenschaftssystems

Bereits kurz nach seinem Amtsantritt hat Xi Jin-ping die grundlegende Reform des chinesischen Wissenschaftssystems eingeleitet. Es soll effizi-enter werden, den wissenschaftlichen Output erhöhen und die positive Entwicklung der Inno-vationsindikatoren sicherstellen. Die Restruk-turierung der fragmentierten Forschungspro-gramme in fünf Kategorien erfolgte als Teil des neuen Verwaltungs- und Informationssystems,

tÄGlICh DIGItalISIErt SICh DEr alltaG In ChIna

Der Zugang zum Campus einer Uni-versität erfolgt nicht mehr durch den Studierendenausweis, sondern durch automatische Gesichtskon-trollen – wer einen Gast mitbringt, muss sie oder ihn oft einen Tag im Voraus anmelden. Im Seniorenheim erkennt das intelligente Schließ-system, ob Bewohnerinnen oder Bewohner das recht haben, das haus alleine zu verlassen, oder von einem Pfleger, einer Pflegerin begleitet werden müssen. Es gibt Qr-Codes auf den abfalltüten, um

festzustellen, welcher haushalt sich an die neuen Vorschriften zur Müll-trennung hält. Im öffentlichen Park schließen die kleinen Kioske, dafür gibt es autonom fahrende automa-ten, die sofort anhalten, wenn man winkt. Der Polizeiroboter sorgt für Sicherheit bei tag und nacht.

Das staatliche Interesse an der Digi-talisierung ist massiv. Mit größe-ren Datenbanken und vernetzten Plattformen, wie beim Social Credit System für Unternehmen und Indi-

viduen, wird das Verwaltungssys-tem immer leistungsfähiger. Immer mehr Bereiche können umfang-reicher kontrolliert werden. allen Bedenken des westens zum trotz geschieht dies laut der regierung vor allem zur Effizienzsteigerung sowie zur besseren Durchsetzung des rechts und zur Bekämpfung der Korruption. Entsprechend unkri-tisch schätzt die chinesische Bevöl-kerung diese Entwicklung ein.

› Statt traditioneller Verkaufsstände der autonom fahrende KI-Getränkeautomat.

› Der Zutritt zur Sun-Yatsen-Universität in Guangzhou wird über Gesichtserkennung geregelt.

aSIEnPeking120

Page 123: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

über das nun Projekte und Fördermittel bean-tragt werden können. Transparenz bei den För-derrichtlinien und Vergabekriterien sollen die Korruptionsanfälligkeit minimieren.

Im März 2018 gestaltete die Regierung das Wis-senschaftsministerium um und besetzte es nach der Pensionierung des Deutschland-Alumnus Wan Gang mit Wang Zhigang neu. Um die Rekru-tierung von ausländischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern besser in die Reformen einbeziehen zu können, gliederte die Regierung die „State Administration for Foreign Experts“ in das Wissenschaftsministerium ein. Zusätzlichen Einfluss erhielt es durch die Zuordnung der Na-tional Science Foundation of China (NSFC) und erlangte somit die Kontrolle über die nationale Forschungsplanung und -förderung.

Die neuesten Zahlen zeigen, dass sich die For-schungs- und Entwicklungs-Indikatoren (FuE) stark verbessert haben. Zwischen 2012 und 2017

sind Chinas Ausgaben für FuE um 71 Prozent ge-wachsen. Insbesondere im Bereich der Grund-lagenforschung, wo China einen deutlichen Aufholbedarf verzeichnet, stiegen sie sogar um 95 Prozent. 2017 beliefen sich die FuE-Ausga-ben Chinas auf 499 Mrd. US-Dollar, das sind 2,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Zum Ver-gleich: in Deutschland sind es 131 Mrd. US-Dol-lar und 3 Prozent.

In China forschen derzeit 1,7 Millionen Be-schäftige, das entspricht 2,2 Personen pro 1.000 Beschäftigten. In Deutschland forschen 400.000 Menschen, was 9,5 Personen pro 1.000 Beschäf-tigten entspricht. Laut Statistik der Weltbank hat China die USA bereits 2016 mit 426.000 Publika-tionen in internationalen Wissenschaftsjourna-len überholt (103.000 in Deutschland). Auch im Bereich der Patentanmeldungen hat China enor-me Wachstumszahlen zu verzeichnen.

Praktikantenabkommen

2019 haben das Auswärtige Amt und das Minis-try for Human Ressources and Social Security die konkreten Durchführungsbestimmungen des „China-Germany Youth Interns Exchange Programme“ – kurz Praktikantenabkommen – unterschrieben. Auf deutscher Seite hat das Auswärtige Amt die deutsche Handelskammer in China (AHK) mit der Betreuung beauftragt. Seit Ende des Jahres sind die Einzelheiten zu den Voraussetzungen und dem kostenpflichtigen Bewerbungsprozess bekannt. Die bereits seit einigen Jahren gültigen Regelungen für in China eingeschriebene ausländische Studierende für ein Praktikum bleiben weiterhin bestehen. Alle Informationen zu dem Antragsverfahren finden sich in englischer Sprache auf der Webseite der AHK (www.de-jobmarket.com/cgyiep/).

Aufgrund der starken deutschen Wirtschaft in China und der praxisorientierten Ausbildung in Deutschland erwarten alle Beteiligten, dass das deutsch- chinesische Praktikantenabkom-men eine große Nachfrage auslöst und sogar

erfolgreicher als die französischen oder briti-schen Schwesterprogramme sein dürfte. Diese haben nur sehr niedrige Teilnehmerzahlen und bleiben hinter den Erwartungen zurück. Es gibt in Deutschland viel Interesse an einem Prakti-kum in China. Ein gut funktionierendes Prakti-kantenabkommen würde daher die Bemühungen des DAAD, mehr junge Deutsche für einen China-aufenthalt zu gewinnen, sehr unterstützen.

› Dr. oliver Prüfer informiert über die Voraussetzungen und antragsverfahren im „China-Germany Youth Interns Exchange Programme“.

aSIEnPeking 121

Page 124: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Hochrangige Besuche unterstützen akademische Zusammenarbeit

Im Bereich Bildung und Forschung blicken Deutschland und China auf jahrelange gute Zu-sammenarbeit zurück. Sie zeichnet sich durch eine Vielzahl von Projekten, Kooperationen und Dialogen sowie hochrangigen und häufigen Re-gierungsbesuchen aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bei ihrem letzten Staatsbesuch die Huazhong University of Science and Technology in Wuhan besucht. Wissenschaftsminister Wang Zhigang hat seine Amtskollegin Anja Karliczek im Oktober 2019 in Berlin getroffen und mit Vertreterinnen und Vertretern der Allianz der Wissenschaftsorganisationen gesprochen – so auch mit DAAD-Präsidentin Prof. Dr. Margret Wintermantel.

Anja Karliczek ihrerseits hat im November auf der „China International Import Expo“ in Shanghai die Bundesregierung vertreten. Sie traf gemeinsam mit Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron seinen chinesischen Amts-kollegen Xi Jinping und erklärte: „Eine wichtige Säule der Kooperation mit China, auch zwischen Unternehmen, sind Forschung und Innovation. In diesem Zusammenhang setzen wir uns ge-genüber China bereits seit Langem für Wissen-schaftsfreiheit, Datensicherheit, den Abbau von Marktzugangshindernissen und die Arbeitsfä-higkeit deutscher Wissenschaftsorganisationen in China ein.“

Arbeit des DAAD in China

Trotz 25 Jahren Chinapräsenz und entsprechen-den Netzwerken und Erfahrungen steht der DAAD in China vor großen Herausforderungen. Seit der Registrierung unter dem NGO- Gesetz 2017 obliegt die Arbeit des DAAD sowohl der Genehmigung und Kontrolle des chinesischen Bildungsministeriums als auch der des Minis-teriums für Öffentliche Sicherheit. Das spon-tane und flexible China agiert im Hinblick auf ausländische Nichtregierungsorganisationen äußerst starr und restriktiv: Vorträge an Hoch-schulen, Web-Seminare, Konferenzen, Alumni-treffen oder auch nur Essen mit mehreren chinesischen Partnern sind ohne Genehmigung nicht erlaubt.

Die chinesischen Partner müssen ihrerseits die Zusammenarbeit mit dem DAAD von ihren loka-len Aufsichtsbehörden explizit genehmigen las-sen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Behör-den Anforderungen sehr häufig und kurzfristig ohne Ankündigung ändern. Darüber hinaus ist es schwieriger geworden, Personal ohne chinesi-sche Staatsbürgerschaft einzustellen. Zahlreiche Dokumente müssen in legalisierter Form einge-reicht werden. Eine Neueinstellung dauert in der Regel sechs bis acht Monate. Dies führt zu häufi-gen Vakanzen, die die Arbeit zusätzlich belasten.

› Innovation Lab Jury: Prof. Han Zheng vom CDHK an der Tongji-Universität, Anna Wang von Sartorius, Maximilian Hallensleben vom Deutschen Generalkonsulat Shanghai.

ASIENPeking122

Page 125: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Neue Formate: Multimedia Slam, virtuelle Messe, Innovation Lab und Forschungstag

In China finden neuartige Veranstaltungen im-mer großen Anklang: die Verbindung von Mul-timedia und dem Slam-Format hat in diesem Jahr Einzug in die Wettbewerbslandschaft für Deutschstudierende an chinesischen Hochschu-len gefunden. Kreativität und Medienkompetenz standen bei dem vom Informationszentrum Gu-angzhou sowie DAAD-Lektorinnen und -Lekto-ren organisierten Wettbewerb im Vordergrund. Überzeugen mussten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit ihren fantasievollen Beiträgen nicht nur die hochkarätig besetzte Jury, sondern auch das interessierte Publikum.

Eine virtuelle Messe bietet deutschen Hochschu-len die Möglichkeit, mit relativ wenig Aufwand die ausländische Zielgruppe zu erreichen. Unter-stützt durch das internationale Marketingteam der DAAD-Zentrale konnte die Außenstelle die-ses Format erstmalig für China anbieten. Dabei zeigte sich, dass digitale Beratungsangebote aus Deutschland nur sehr schwer einsetzbar sind. Der Aufruf ausländischer Webseiten aus Chi-na ist zu langsam. Außerdem sind ausländische Plattformen in China nicht bekannt genug, um noch höhere Teilnehmerzahlen zu erreichen.

Großer Aufmerksamkeit erfreute sich das In-novation Lab im German Centre Shanghai. Das DAAD-Informationszentrum Shanghai hat die Veranstaltung in Zusammenarbeit mit deut-schen Einrichtungen an der Tongji-Universität

als Teil des weltweiten „Falling Walls Ber-lin“-Projektes organisiert. Gewinner Zhu Dezhi erklärte in nur drei Minuten sein Forschungs-projekt aus der Quantenphysik. Er konnte anschließend zum 30-jährigen Jubiläum des Mauerfalls nach Berlin fliegen und seine außer-gewöhnliche Idee im Finale auf großer Bühne in der deutschen Hauptstadt präsentieren.

In diesem Jahr hat die Außenstelle Peking ge-meinsam mit dem China Scholarship Council (CSC) einen Forschungstag an der University of Chinese Academy for Sciences (UCAS) angebo-ten. Über 300 Interessierte informierten sich bei Vertreterinnen und Vertretern der Hochschulen und Forschungsorganisationen über Promoti-onen, Postdoc- und Forschungsaufenthalte in Deutschland sowie Stipendienangebote.

Der DAAD betreibt in China seit 2017 einen Re-search in Germany (RiG) WeChat mit über 14.000 Followerinnen und Followern. Dieser chine-sischsprachige Social-Media-Kanal leitet neben Ankündigungen aus dem Forschungsmarketing der Außenstelle auch ausgewählte Posts aus den in China nicht zugänglichen Twitter- und Face-book-Auftritten der RiG-Kampagne weiter.

› Deutsche Stipendiaten von „Sprache und Praxis in China“ beim Firmenbesuch.

› Vor der Messewand von research in Germany bekommen die Studierenden der University of Chinese academy of Sciences erste Informationen.

aSIEnPeking 123

Page 126: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Deutsche Studierende in China

Für 2020 hat sich China zum Ziel gesetzt, 500.000 ausländische Studierende zu beherbergen. Die-ses Ziel rückt in greifbare Nähe, auch weil das Land es mit einem umfangreichen Stipendien-programm des China Scholarship Councils (CSC) sowie einzelner Universitäten beziehungswei-se Lokalregierungen fördert. Das chinesische Erziehungsministerium gibt die Zahl ausländi-scher Studierender 2018 mit über 492.000 an. Der Großteil der ausländischen Studierenden in China kommt aus Korea, Thailand und Japan.

Auch bei Deutschen ist China ein beliebtes Land für einen Auslandsaufenthalt. Nach Australien und den USA belegt China Rang 3 für nicht-eu-ropäische Gastländer und die Zahl der deut-schen Studierenden liegt nach Angaben des chi-nesischen Bildungsministeriums konstant bei rund 8.000.

Laut dem britischen „QS Best Student Cities Ranking“ gehören Peking und Shanghai welt-weit inzwischen zu den 40 beliebtesten Städ-ten für ausländische Studierende. Das Ranking basiert unter anderem auf den Indikatoren Arbeitschancen, Lebensqualität und Diversität der Universitätslandschaft. Die Bewerberinnen- und Bewerberzahlen für Individualstipendien, die der DAAD überwiegend zusammen mit dem China Scholarship Council vergibt, bleiben al-lerdings seit Jahren auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau.

Der Großteil der deutschen Studierenden geht mittlerweile im Rahmen bestehender Koope-rationen ihrer Heimatuniversität an eine chi-nesische Hochschule. Ausnahme ist hier das vom BMBF finanzierte „Sprache und Praxis in China“- DAAD-Graduiertenstipendium. Deutsche Hochschulabsolventinnen und -absolventen können sich durch eine Kombination aus einem zehnmonatigen intensiven Sprachstudium in Peking und einer sich anschließenden halbjäh-rigen Praxisphase zu Fach- und Führungskräften mit Chinabezug weiterqualifizieren. Alumni die-ses Programms haben 2017 den Alumniverein SP China Alumni e. V. (www.spchina.de) gegrün-det und stehen als Mentorinnen und Mentoren für die neuen Stipendiaten zur Verfügung.

› Eröffnung des Büros deutscher hochschulen an der China University of Political Science and law.

› Der DaaD feiert mit der Deutschabteilung der „western returned Scholars association“ das traditionelle alumni-Sommerfest.

aSIEnPeking124

Page 127: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

aSIEnPeking 125

Page 128: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

44,1 Mio.Anzahl der eingeschrie benen Studierenden (alle Studienstufen)

38.983Anzahl der chinesischen Bildungs ausländer in Deutschland

56.464Absolvent/innen Promotion

Dr.

51 %Immatrikulationsquote

Quellen: DAAD, Statistik DESTATIS – Statistisches Bundesamt, Wissenschaft weltoffen, The World Bank, Data UNESCO, Institute for Statistics, Bildungsministerium China

DATEN ZUM BILDUNGSSYSTEM CHINA

Die beliebtesten Ziel länder für Studierende

2,10 %Im Ausland Studierende (Anteil an Studierenden gesamt)

Ausländische Studierende im Land gesamt nach Herkunftsländern

0,40 %Anteil ausländischer Studierender

928.090Im Ausland Studierende (Anzahl gesamt)

1. Vereinigte Staaten 2. Australien 3. Vereinigtes Königreich 4. Japan 5. Kanada

1. Republik Korea 2. Thailand 3. Japan 4. Indien 5. USA

aSIEnPeking126

Page 129: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Tabelle 9: DAAD-Geförderte aus dem Ausland und aus Deutschland nach Herkunfts-/Zielland und Förderbereichen China

a = Geförderte aus dem auslandD = Geförderte aus Deutschland China

I. Individualförderung – gesamtA 363D 190

1. nach Status

Studierende auf Bachelor-niveaua 75D 67

Studierende auf Master-niveaua 64D 35

Doktorand/innena 75D 24

Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen (inkl. Postdoktorand/innen)a 149D 64

2. nach Förderdauer

< 1 Monata 109D 42

1–6 Monatea 50D 53

> 6 Monate (langzeitförderung)a 204D 95

II. Projektförderung – gesamtA 1.049D 1.310

1. nach Status

Studierende auf Bachelor-niveaua 499D 658

Studierende auf Master-niveaua 315D 392

Doktorand/innena 119D 111

Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen (inkl. Postdoktorand/innen)a 77D 144

andere Geförderte*a 39D 5

2. nach Förderdauer

< 1 Monata 442D 496

1–6 Monatea 447D 689

> 6 Monate (langzeitförderung)a 160D 125

III. EU-Mobilitätsprogramme – gesamtA 80D 39

1. Mobilität mit Partnerländern

1. Erasmus-Studierendenmobilität (auslandsstudium)a 49D

2. Erasmus-Personalmobilität (Dozent/innen, sonstiges Personal)a 31D 39

DAAD-Förderung – gesamt (I + II + III)A 1.492D 1.539

DAAD-Förderung – Geförderte A und D – gesamt 3.031

*Personen in studienvorbereitenden Maßnahmen sowie projektbetreuendes hochschulpersonal

In der aufstellung der Geförderten des DaaD werden drei Förderbereiche unterschieden. In der Individualförderung unterstützt der DaaD schwerpunktmäßig Studierende sowie Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen, die sich erfolgreich um ein DAAD-Stipendium beworben haben. In der Projektförderung finanziert der DAAD vornehmlich Programme zur Förderung weltoffener Hochschulstrukturen. als nationale agentur für EU-hochschulzusammenarbeit vergibt der DaaD schließlich Fördermittel an Studierende und Mitarbeiter von hochschulen, die insbesondere akademische Mobilität ins europäische ausland unterstützen (EU-Mobilitätsförderung). Die in der tabelle abgebildeten Zahlen zu den Geförderten beziehen sich auf das Projekt 2017 und damit auf die laufzeit 1.6.2017–31.5.2019.

aSIEnPeking 127

Page 130: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

TOKYO

aSIEntokyo128

Page 131: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

aSIEntokyo 129

Page 132: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Im Mai 2019 begann in Japan eine neue Zeit-rechnung. Mit der Abdankung des Kaisers Aki-hito und der Thronbesteigung seines Sohnes Naruhito wurde die neue Ära Reiwa eingeläutet – die Ära der „schönen Harmonie“. Obwohl die Position des Kaisers eine lebenslange Aufgabe ist, ermöglichte ein spezielles Gesetz den Rück-tritt von Kaiser Akihito zu Lebzeiten.

Der Kaiser gilt als identitätsstiftend für das japa-nische Volk, wobei die Popularität bei den unter

30-Jährigen sehr gering ist. Mit dem Wechsel steht auch wieder im Raum, wie die kaiserliche Linie fortzuführen ist. In der nächsten Genera-tion kommt nur der 13-jährige Neffe des Kaisers in Frage. Eine weibliche Nachfolge wird von konservativen Kreisen strikt abgelehnt und jegli-che Initiativen in diese Richtung werden immer wieder erfolgreich abgewehrt. Obwohl Naruhito sich als Kaiser nicht politisch äußern darf, hat er bereits als Kronprinz deutlich gemacht, dass er für Diversität und Toleranz steht und sich für globale Nachhaltigkeitsziele wie sauberes Was-ser und die Beseitigung von Armut ausspricht.

Allgemeine und politische Entwicklungen

Derweil sitzt Shinzo Abe trotz einiger Skandale fest im Sattel. Nach der im Sommer gewonnenen Oberhauswahl seiner Regierungskoalition der Liberaldemokratische Partei (LDP) und Komeito (Gerechtigkeitspartei) geht er mit acht Jahren

} In der neuen Ära Reiwa bereitet sich Japan auf die Olympischen Spiele vor, sorgt sich um seine Forschungsstärke und treibt in kleinen Schritten Hochschulreform und Internationalisierung voran. Highlights der DAAD-Außenstelle Tokyo und des DWIH Tokyo waren die Veranstaltungen im Bereich Künstliche Intelligenz und das Dialogforum für junge Studierende und Graduierte.

Dorothea Mahnke leitet seit 2017 die DAAD-Außenstelle Tokyo, die für Japan und Südkorea zuständig ist, und das DWIH Tokyo. Zu ihrem Team gehören acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zudem unterstützt der ehrenamtliche Alumniverein „Tomo no kai“ (Freundeskreis) die Arbeit des DAAD mit Wort und Tat.

INTERNATIONALISIERUNG IN „SCHÖNER HARMONIE“

› netzwerken bei „Butterbrot und Bier“.

aSIEntokyo130

Page 133: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Amtszeit als am längsten amtierender Premier-minister in Japans Geschichte ein. Er gilt als konservativer Nationalist, seine Partei LDP als Altherrenpartei, die sich zwar offiziell für The-men wie Frauengleichstellung einsetzt, praktisch aber kaum Führungsposten an Frauen vergibt.

Im Oktober erhöhte die Regierung die Mehr-wertsteuer von acht auf zehn Prozent. Sie will die zusätzlichen Einnahmen nutzen, um die steigenden Sozialkosten angesichts der immer älter werdenden Gesellschaft zu decken. Einen Teil davon wird sie für die kostenfreie vorschuli-sche Bildung und die Reduktion der Studienge-bühren für sehr einkommensschwache Famili-en ab April 2020 nutzen.

Außenpolitisch überschattete der Konflikt mit Südkorea das Jahr. Seinen Ausgang nahm der aktuelle Streit Ende 2018 mit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes Südkoreas, japani-sche Firmen zu Entschädigungen ehemaliger Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in der Kolonial- und Kriegszeit zu verurteilen. Die japa-nische Seite berief sich in ihrem Protest auf den Normalisierungsvertrag von 1965, in dem nach japanischem Verständnis sämtliche Ansprüche abgegolten seien, sowie eine weitere Vereinba-rung von 2015, in der Kompensationszahlungen an ehemalige Zwangsprostituierte vereinbart worden waren. Es folgte ein Schlagabtausch, in dessen Verlauf Japan wirtschaftliche Maßnah-men ergriff und den Export für Hightech-Pro-dukte nach Südkorea erschwerte, ein Novum in der japanischen Außenpolitik. Das Jahr endete

› DaaD-Jahresstipendiatin in Japan. Insgesamt stammen vier Prozent der Studierenden an japanischen hochschulen aus dem ausland, die meisten allerdings aus asien, vornehmlich China.

aSIEntokyo 131

Page 134: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

mit einer vorsichtigen Annäherung durch ein elfminütiges Treffen zwischen Premierminister Abe und Präsident Moon.

Auch wenn die Außenpolitik nationalistischere Züge annimmt, wird das Straßenbild in Japans Großstädten internationaler. Japan erlebt seit einigen Jahren einen Touristenansturm – von acht Millionen Touristinnen und Touristen im

Jahr 2012 auf 31 Millionen 2018. Die Zahl dürfte bis zu den Olympischen und Paralympischen Spielen weiter steigen. Die Regierung nutzt die sportlichen Großereignisse, um für internatio-nalen Austausch zu werben. Die Olympischen Spiele stehen in einer Reihe von sportlichen Großveranstaltungen, deren Anfang 2019 der Rugby World Cup machte. Die dafür ausgewähl-ten Gastgeberstädte sollen die Sportlerinnen

DEUtSCh SChaFFt nEUE PErSPEKtIVEn FÜr JUnGE JaPanErInnEn UnD JaPanEr

„Vertrauen“ lautete das thema des diesjährigen „Interunisemi-nars“, und es hätte passender nicht gewählt worden sein können: Das „Interuni seminar“, eine Sommer-schule für Deutsch lernende japani-sche Studierende, feierte im august sein 40-jähriges Bestehen in Form eines japanisch-südkoreanischen Gemeinschaftsseminars im japani-schen nikko – trotz zwischenzeit-lich politisch angespannter lage zwischen den beiden ländern. 16 japanische und 14 südkoreanische teilnehmerinnen und teilnehmer tauschten sich fünf tage lang inten-siv auf Deutsch über unterschiedli-che Facetten des Begriffs „Vertrauen“ aus. Profitiert haben davon nicht nur die Deutschkenntnisse, die gemein-same Sprache Deutsch ermöglichte den Studierenden auch einen neuen Blick auf ihre nachbarn.

Neue Perspektiven eröffnete auch das Dialogforum Wissenschaft – Wirtschaft, das im November an der Sophia University in tokyo statt-fand. Die Veranstaltung, die sich an Studierende und junge Graduierte richtete, die in Japan ein Studium mit Deutschlandbezug absolvieren, stellte die Frage in den Mittelpunkt, wie sich auch in Japan eine berufli-che Zukunft mit Deutschlandbezug

realisieren lässt. Bei Präsentatio-nen, individuellen Gesprächen und einer Podiumsdiskussion diskutier-ten über zweihundert Menschen mit repräsentantinnen und repräsen-tanten von zehn deutschen Unter-nehmen über das arbeiten in einem japanisch-deutschen Umfeld, mögli-che Karrierewege und den Mehrwert deutscher Sprachkenntnisse.

› Diskussion mit deutschen Firmenvertreterinnen und -vertretern beim Dialogforum.

› Koreanische und japanische teilnehmerinnen und teilnehmer am 40. „Interuniseminar“ in Japan.

aSIEntokyo132

Page 135: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

und Sportler aufnehmen und so gegenseitiges Verständnis auf Graswurzelebene fördern. So bieten viele Gemeinden kostenlose Englischkur-se an, laden Sportteams aus dem Ausland an ja-panische Schulen ein oder veranstalten auslän-dische Kulturevents.

Sorge um die Leistungsfähigkeit von Wissenschaft und Grundlagenforschung

Das diesjährige Weißbuch für Wissenschaft und Technologie der Regierung beginnt mit einem Kapitel der vier Nobelpreisträger Koichi Tanaka (2002, Chemie), Takaaki Kajita (2015, Physik), Yoshinori Osumi (2016, Physiologie oder Medi-zin) und Tasuku Honjo (2018, Physiologie oder Medizin). Die Wissenschaftler warnen darin vor

Asiatische Germanistentagung in Japan und Grimm-Preis 2019

2019 war für die japanische Germanistik ohne Frage ein besonderes Jahr. Im August organi-sierte die Japanische Gesellschaft für Germanis-tik die „Asiatische Germanistentagung“ (AGT). Diese ist ein Gemeinschaftsprojekt der Germa-nistikverbände aus China, Südkorea und Japan und findet alle drei Jahre mit Unterstützung des DAAD statt. Zur AGT reisten 250 Kolleginnen und Kollegen aus 22 Ländern nach Sapporo, das aufgrund seiner Lage auf Japans nördlichster Hauptinsel Hokkaido selbst im Sommer mit an-genehmen Temperaturen aufwartete. In neun Plenar- und 165 Sektionsvorträgen informierten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer rund um das Rahmenthema „Einheit in der Vielfalt? Germanistik zwischen Konvergenz und Diver-genz“ zu verschiedenen Aspekten der Germa-nistik aus den Perspektiven der Literatur- und Kulturwissenschaften, der Linguistik und des Deutschen als Fremdsprache.

Schnell war klar, dass „Einheit“ und „Vielfalt“ nicht als gegensätzlich verstanden werden müs-sen. Vielmehr schaffen die Germanistik und das Interesse an der deutschen Sprache und Kultur Gemeinsamkeiten, die die Fachkolleginnen und -kollegen trotz ihrer fachlichen und kulturellen Diversität verbinden. Den zentralen Diskussi-onspunkt der Tagung bildete die Frage nach der Zukunft der Germanistik. Die Teilnehmenden sprachen sich dafür aus, eine moderne Germa-nistik der „Zukunftsforscher“ zu entwickeln, die Studierenden das Rüstzeug vermittelt, den Her-ausforderungen des digitalen Zeitalters kompe-tent und reflektiert zu begegnen.

Ein weiterer Höhepunkt des Jahres begleitete die AGT: die Meldung über die Verleihung des Jacob- und Wilhelm-Grimm-Preises 2019 an den germanistischen Linguisten Prof. Dr. Yos-hiki Mori von der Graduate School of Arts and Sciences der Universität Tokyo. Er lehrt und forscht in den Bereichen der Theoretischen und der Kontrastiven Linguistik sowie der Seman-tik. Der regionale wie überregionale fachliche Austausch ist dem Preisträger, der Mitglied des Internationalen Wissenschaftlichen Rats des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache ist und herausragende Publikationen nicht nur in japa-nischer und deutscher, sondern auch in engli-scher Sprache vorzuweisen hat, ein besonderes persönliches Anliegen.

› Prof. Yoshiki Mori spricht bei der asiatischen Germanistentagung in Sapporo.

aSIEntokyo 133

Page 136: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Trilateraler Dialog über künstliche Intelligenz

Künstliche Intelligenz (KI) ist in Japan ein Top-Thema. Bei der Lösung zukünftiger ge-sellschaftlicher und wirtschaftlicher Proble-me aufgrund des demografischen Wandels, der schrumpfenden Zahl der Erwerbstätigen und des damit eng zusammenhängenden Fachkräf-temangels wird die Hoffnung in die Entwick-lung neuer Technologien wie KI gelegt. Die USA und China spielen bei der Einführung von KI in der Topliga. Japan kann trotzdem einiges in die Waagschale werfen – eine starke Industri-erobotik, eine industrielle Tiefe und Breite des Landes, eine hohe Technikaffinität der Bevöl-kerung und eine Tradition der Integration des Cyberspace in existierende Serviceangebote. Mit der „Society 5.0“ strebt das Land eine inklu-sive, prosperierende und nachhaltige Infor-mationsgesellschaft an. Die zweite KI-Strategie von 2019 formuliert eine menschenorientierte Ethikrichtlinie, die in der Zukunftsgesellschaft verwirklicht werden soll und die Datenschutz, Menschenrechte, Sicherheit und Gerechtigkeit betont. Alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-mer der Zukunft sollen ein Grundanwendungs-wissen und somit eine „AI Literacy“ erlangen.

Außerdem sollen KI-Fachkräfte ausgebildet wer-den – konkret bis 2025 jährlich 250.000 allgemei-ne und 2.000 Top-Expertinnen und -Experten. Schülerinnen und Schüler in Grund-, Mittel- und Oberschulen und Studierende sollen die Grund-lagen der KI lernen, zusätzliche Abschlüsse in KI sollen neben den gewählten Studiengän-gen an den Universitäten eingeführt werden.

Der Einsatz von MOOCs (Massive Open Online Courses) in die Curricula an den Universitäten, Endgeräte für alle Schülerinnen und Schüler und die Reform der nationalen Hochschulein-gangsprüfung sollen Bausteine auf dem Weg dorthin sein. Im Forschungsbereich sollen die Forschungsumgebung und die Labore verbes-sert werden. „Der Mensch im Mittelpunkt“ – das ist auch die Richtschnur für Deutschland und Frankreich bei der Einführung von künstlicher Intelligenz. So lag es nahe, sich trilateral zusam-menzuschließen und über das DWIH als organi-sierende Einrichtung auszutauschen. Das DWIH organisierte 2019 verschiedene Folgeveranstal-tungen zum ersten deutsch-französisch-japani-schen DWIH-Symposium 2018. In der Konferenz „AI for SDGs – How Can Artificial Intelligence Help Solve Environmental Challenges?“ standen KI-Anwendungen als Antwort auf den Klima-wandel im Fokus. Auf dem Forum zu KI und Ge-sundheitsversorgung „Quality Standards for AI Application in Healthcare and Joint Database on Medical Data“ tauschten sich Expertinnen und Experten zur Qualitätssicherung von KI-Anwen-dungen im Gesundheitswesen und zu nationalen Ansätzen integrierter Datenbanken für medizi-nische Daten aus.

› Prof. Dr. arisa Ema von der tokyo University fasst die Ergeb-nisse der trilateralen Konferenz „aI for SDGs“ zusammen.

› Dr. lothar Mennicken, leiter des referats wissenschaft und technologie an der Deutschen Botschaft auf der trilateralen Konferenz „aI for SDGs“.

aSIEntokyo134

Page 137: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

der Gefahr, sich zu sehr auf die angewandten Wissenschaften zu konzentrieren und dadurch wichtige Entwicklungen zu verpassen. Um die Grundlagenforschung zu retten, werden exzel-lente Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wis-senschaftler, eine gute Forschungsumgebung und ausreichende Finanzierung benötigt.

Tatsächlich fördert die japanische Regierung mit ihrer Strategie der „Auswahl und Konzen-tration“ verstärkt angewandte Forschung und honoriert insbesondere die Zusammenarbeit mit der Industrie in ihren neu ausgeschriebe-nen Programmen. Obwohl Japan heute sehr gut aufgestellt ist und seit der Jahrhundertwende 18 Nobelpreisträger hervorgebracht hat – 2019 erhielt Akira Yoshino von der Universität Kyoto als einer von drei Wissenschaftlern für die Entwicklung der Lithium-Ionen-Batterien den Nobelpreis für Chemie – mehren sich Anzeichen dafür, dass dies nicht so bleiben wird.

Schon seit Jahren wird regelmäßig auf das Ab-sinken in den internationalen Publikationsran-kings, auf die Überalterung des Hochschulper-sonals und die niedrige Zahl der Master- und PhD-Studierenden aufmerksam gemacht. Eine wissenschaftliche Laufbahn wird immer unat-traktiver für junge Universitätsabsolventinnen und -absolventen. So bieten Firmen den jungen Menschen nach ihrem Bachelor interessante Karrieremöglichkeiten, während ein weiterfüh-rendes Studium mit hohen Studiengebühren verbunden ist. Es gibt kaum externe Finanzie-rungsmöglichkeiten, wenige Stellen für Nach-wuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaft-ler und starke Hierarchien.

Die Regierung will das nun ändern. So sollen Postdoc-Verträge künftig auf fünf statt auf zwei Jahre befristet werden, Finanzierungsmöglich-keiten für junge Forscherinnen und Forscher ge-schaffen, Karrierewege diversifiziert und offene Labore eingerichtet werden. Kritische Stimmen konstatieren, dass das eigentliche Problem je-doch die sinkende Grundförderung der nationa-len Universitäten durch die Regierung und das seit Jahren stagnierende staatliche Bildungsbud-get sei, das mit 0,71 Prozent noch unter dem er-klärten Ziel von 1 Prozent zurückliegt.

› als Sprungbrett für eine Karriere im deutsch-japanischen arbeitsumfeld kombiniert das „Sprache und Praxis in Japan“-Programm intensiven Sprachunterricht mit einem Praktikum in einer in Japan ansässigen Firma.

› Deutsche Stipendiatin forscht an der nagoya University.

aSIEntokyo 135

Page 138: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Diese Kürzung ist Teil der seit 2004 stattfinden-den Reform der Universitäten. Dabei wurden die forschungsstarken nationalen Universitäten in Selbstverwaltungskörperschaften umgewandelt und sie erhalten jedes Jahr weniger Grundfinan-zierung, die seit Beginn der Reform um zwölf Prozent gesunken ist. Die freien Gelder werden leistungsorientiert verteilt – über Programme oder Subventionen, die unter anderem an der Höhe der eingeworbenen Drittmittel, insbeson-dere auch aus der Industrie, festgemacht werden.

Internationalisierung der japanischen Hochschulen

Die Absolventinnen und Absolventen der Zu-kunft sollen für die Anforderungen einer Gesell-schaft im digitalen und demografischen Wandel gewappnet sein. Sie sollen kreativ und lösungso-rientiert agieren und auf internationaler Bühne kommunizieren können. Dafür setzte die Regie-rung das „Top Global University Project“ auf, das 37 private und nationale Universitäten seit 2014 für zehn Jahre bei ihrer Internationalisierung fördert. Es soll Universitäten in den internatio-nalen Rankings unter die ersten 100 platzieren und der japanischen Regierung dabei helfen, 300.000 internationale Studierende ins Land zu bringen sowie 120.000 japanischen Studieren-den Auslandserfahrung zu ermöglichen. Die Förderung geht direkt an die Top Global Uni-versities, die sie in Programme umsetzen, zum Beispiel für die Internationalisierung akademi-scher Programme durch ausländische Gastpro-fessuren, Doppelabschlussprogramme und eng-lischsprachige Kurse.

Inzwischen gibt es rund 32.000 englischsprachige Kurse an nationalen Universitäten, eine Verdrei-fachung seit 2012. Auch werden mit den Geldern Auslandsbüros an Partnerhochschulen errich-tet sowie gemeinsame Forschungsprojekte und der Austausch von Studierenden innerhalb von

› Der 35. Jahrgang des Programms „Sprache und Praxis Japan“ auf Exkursion in Kyushu.

› auf der „European higher Education Fair“ stellte Deutschland mit 15 Institutionen die größte ländergruppe.

aSIEntokyo136

Page 139: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Partnerschaftsabkommen finanziert. Nachdem die für die internationalen Studierenden gesteckte Zielmarke fast erreicht ist, scheint die Regierung zukünftig mehr auf Qualität zu setzen und propa-giert qualitätsgesicherte Austauschprogramme wie Doppelabschlussstudiengänge. Auch mit der Europäischen Union hat sie 2019 ein Abkommen geschlossen, das innerhalb des „Inter-University Exchange Project“ Doppelabschlussprogramme fördert – insgesamt drei pro Jahr.

Bezüglich der Rankingziele ist das Ergebnis je-doch durchwachsen: zwar sind insgesamt 110 ja-panische Universitäten im „Times Higher Educa-tion“-Ranking 2020 vertreten, allerdings belegen nur die University of Tokyo und die Kyoto Uni-versity einen Platz unter den Top 100. Diese ge-hören auch zu den „designierten Universitäten“, die seit 2017 sukzessiv vom Bildungsministeri-um ernannt werden. Sie sollen eine besondere Rolle bei der Reform der Universitäten spie-len und sich international als Leuchtturm-For-schungsuniversitäten behaupten. 2019 kam die Hitotsubashi University hinzu. Weitere desig-nierte Universitäten sind die Tohoku University, die Nagoya University, das Tokyo Institute of Technology und die Osaka University.

Internationale Absolventinnen und Absolventen als Fachkräfte umworben

2018 zählte die Statistik der „Japan Student Services Organization“ (JASSO) bereits knapp 299.000 internationale Studierende in Japan, dies entspricht einem Anstieg um 77 Prozent seit 2013. Allerdings erfasst JASSO – anders als die UNESCO – auch Sprachschülerinnen und -schüler. Ohne sie wären es lediglich rund 200.000 Studierende, was einen 1,5-fachen An-stieg in den letzten fünf Jahren bedeutet.

Insgesamt stammen vier Prozent der Studieren-den an japanischen Hochschulen aus dem Aus-land, die meisten aus Asien, vornehmlich China. Sie studieren zum Großteil im Bachelor, auch wenn ein Fünftel aller Master- und PhD-Studie-renden aus dem Ausland kommen. Die japani-sche Regierung ist daran interessiert, die inter-nationalen Absolventinnen und Absolventen in

den japanischen Arbeitsmarkt zu integrieren. Derzeit suchen ein Drittel der internationalen Studierenden eine Stelle in Japan, aber 40 Pro-zent derjenigen, die eine Stelle finden, kündigen innerhalb der ersten fünf Jahre. Die Regierung will künftig die Hälfte der Absolventinnen und Absolventen in Japan halten. Dafür fördert sie zwölf Universitäten, damit diese ihre Absolven-tinnen und Absolventen bei der Arbeitssuche unterstützen. Das Förderprogramm soll ausge-weitet werden und zudem wird eine neue Vi-sakategorie diskutiert.

Deutsch-Japanischer Austausch floriert

Die deutsch-japanischen Hochschulbeziehungen sind sehr gut. Die Anzahl der Hochschulkoope-rationen hat sich seit 2005 auf 804 verdreifacht, insgesamt pflegen 170 deutsche Hochschulen Partnerschaften zu Japan. Immer mehr deutsche Studierende und Nachwuchsforscherinnen und -forscher wählen Japan für Studien- und For-schungsaufenthalte. Beliebt sind Aufenthalte von bis zu sechs Monaten. 2018 studierten laut JASSO 924 Deutsche in Japan, während im gleichen Zeitraum die Zahl der eingeschriebenen japa-nischen Studierenden in Deutschland zwischen 2.000 und 3.000 lag, was auch auf den hohen An-teil der japanischen Musik- und Kunststudieren-den zurückzuführen ist. Japanische Studierende anderer Fachrichtungen bevorzugen hingegen einen Aufenthalt von wenigen Wochen. Die Zahl der Austauschstudierenden nimmt seit Jahren zu, während die Zahl der Studierenden, die ei-nen Abschluss anstreben, stagniert.

› Gruppenarbeit beim Kennenlerntreffen der diesjährigen hochschulsommerkursstipendiatinnen und -stipendiaten

aSIEntokyo 137

Page 140: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Die DAAD-Arbeit vor Ort

2019 war für die Außenstelle wieder ein ereig-nisreiches Jahr mit Schwerpunkten im Marke-ting und in der Deutschförderung sowie vie-len DWIH-Aktivitäten. Im Marketing standen zahlreiche Informationsveranstaltungen auf dem Programm, unter ihnen war die „ European Higher Education Fair“ (EHEF) mit knapp 1.500 Besucherinnen und Besuchern die größte. Deutschland stellte mit 15 Institutionen erst-mals die größte Ländergruppe. Ein PhD-Match-making-Workshop mit deutschen Hochschulen schloss sich an die Messe an.

Das Interesse an Deutschland spiegelte sich auch in der Nachfrage nach Beratungen wäh-rend des Jahres wider – rund 900 interessierte Studierende, Schülerinnen und Schüler sowie Eltern wandten sich an die Außenstelle. Auch die digitale Nachfrage nach Informationen nahm beständig zu, die Außenstelle richtete einen Instagram-Account ein, um auch jüngere Ziel-gruppen über die sozialen Medien zu erreichen.

Die Außenstelle unterstützte viele Initiati-ven, die aus dem Kreis der über 170 deutschen Sprachdozentinnen und -dozenten in Japan so-wie der Japanischen Gesellschaft für Germanis-tik hervorgingen. Neben einer Förderung der Asiatischen Germanistentagung, des „Interuni-seminars“ und mehrerer Rede- und sonstiger Deutschwettbewerbe organisierte die Außenstel-le das Dialogforum Wissenschaft – Wirtschaft,

einen Deutschlandtag an der Universität Fuku-oka sowie mehrere Treffen von in Japan tätigen deutschen Hochschullehrkräften, unter ande-rem zu Dhoch3 (siehe Seiten 132-133). Für die Vernetzung japanischer Alumni und deutscher Stipendiatinnen und Stipendiaten veranstaltete die Außenstelle das traditionelle „Butterbrot und Bier“ und ein Weihnachtskonzert.

Die Aktivitäten des DWIH standen ganz im Zeichen künstlicher Intelligenz (siehe Seite 140). Darüber hinaus organisierten die inzwischen 21 DWIH-Unterstützer insgesamt 20 Veranstal-tungen, unter anderem den „First German- Japanese Nanotechnology Commercialisation Workshop“ (Bayern Invest), die Kyoto-Winter-schule „Quantifying Dynamics of Life“ (Univer-sität Heidelberg) oder das Seminar zum Thema „Digitalization – Recent Developments and Ap-plications for Cutting Edge Technologies“ (NRW Japan K.K.). Wie in den Vorjahren beteiligte sich das DWIH Tokyo am German Innovation Award (GIA), der herausragende japanische Wissen-schaftlerinnen und Wissenschaftler auszeichnet.

› Briefing von japanischen Sprachstipendiatinnen und - stipendiaten vor ihrer ausreise nach Deutschland.

› Japanische Studierende informieren sich auf dem PhD-Matchmaking.

aSIEntokyo138

Page 141: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

aSIEntokyo 139

Page 142: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

3,9 Mio.Anzahl der eingeschrie benen Studierenden (alle Studienstufen)

1.851Anzahl der Bildungs-ausländer in Deutschland

15.674Absolvent/innen Promotion

Dr.

Quellen: DAAD, Statistik DESTATIS – Statistisches Bundesamt, Wissenschaft weltoffen, The World Bank, Data UNESCO, Institute for Statistics

DATEN ZUM BILDUNGSSYSTEM JAPAN

Die beliebtesten Ziel länder für Studierende

0,82 %Im Ausland Studierende (Anteil an Studierenden gesamt)

Ausländische Studierende im Land gesamt nach Herkunftsländern

4,27 %Anteil ausländischer Studierender

31.732Im Ausland Studierende (Anzahl gesamt)

1. Vereinigte Staaten 2. Vereinigtes Königreich 3. Australien 4. Deutschland 5. Kanada

1. China 2. Vietnam 3. Korea, Republik 4. Nepal 5. Indonesien

aSIEntokyo140

Page 143: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Tabelle 10: DAAD-Geförderte aus dem Ausland und aus Deutschland nach Herkunfts-/Zielland und Förderbereichen Japan

a = Geförderte aus dem auslandD = Geförderte aus Deutschland Japan

I. Individualförderung – gesamtA 156D 204

1. nach Status

Studierende auf Bachelor-niveaua 28D 48

Studierende auf Master-niveaua 30D 63

Doktorand/innena 30D 54

Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen (inkl. Postdoktorand/innen)a 68D 39

2. nach Förderdauer

< 1 Monata 93D 79

1–6 Monatea 7D 47

> 6 Monate (langzeitförderung)a 56D 78

II. Projektförderung – gesamtA 255D 759

1. nach Status

Studierende auf Bachelor-niveaua 85D 333

Studierende auf Master-niveaua 51D 287

Doktorand/innena 89D 75

Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen (inkl. Postdoktorand/innen)a 28D 63

andere Geförderte*a 2D 1

2. nach Förderdauer

< 1 Monata 153D 303

1–6 Monatea 84D 394

> 6 Monate (langzeitförderung)a 18D 62

III. EU-Mobilitätsprogramme – gesamtA 27D 30

1. Mobilität mit Partnerländern

1. Erasmus-Studierendenmobilität (auslandsstudium)a 12D 17

2. Erasmus-Personalmobilität (Dozent/innen, sonstiges Personal)a 15D 13

DAAD-Förderung – gesamt (I + II + III)A 438D 993

DAAD-Förderung – Geförderte A und D – gesamt 1.431

*Personen in studienvorbereitenden Maßnahmen sowie projektbetreuendes hochschulpersonal

In der aufstellung der Geförderten des DaaD werden drei Förderbereiche unterschieden. In der Individualförderung unterstützt der DaaD schwerpunktmäßig Studierende sowie Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen, die sich erfolgreich um ein DAAD-Stipendium beworben haben. In der Projektförderung finanziert der DAAD vornehmlich Programme zur Förderung weltoffener Hochschulstrukturen. als nationale agentur für EU-hochschulzusammenarbeit vergibt der DaaD schließlich Fördermittel an Studierende und Mitarbeiter von hochschulen, die insbesondere akademische Mobilität ins europäische ausland unterstützen (EU-Mobilitätsförderung). Die in der tabelle abgebildeten Zahlen zu den Geförderten beziehen sich auf das Projekt 2017 und damit auf die laufzeit 1.6.2017–31.5.2019.

aSIEntokyo 141

Page 144: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

BRÜSSEL

EUroPaBrüssel142

Page 145: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

BRÜSSEL

EUroPaBrüssel 143

Page 146: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Die Wahlen zum Europäischen Parlament haben die politische Bühne der Europäischen Union verändert. Die bisherige inoffizielle große Ko-alition aus Christ- und Sozialdemokraten, der schon mal vorgehalten wurde, sie mache alle wichtigen Entscheidungen im Vorfeld unterein-ander aus, hat keine Mehrheit mehr. Das neue Europäische Parlament ist grüner, liberaler, aber auch europakritischer geworden. Rechte und populistische Parteien legten in den Wahlen zu, ihre Zugewinne blieben jedoch hinter den Prognosen zurück.

Dies ist auch der vergleichsweise hohen Wahl-beteiligung zu verdanken. Sie lag europaweit bei knapp 51 Prozent und damit so hoch wie seit 20 Jahren nicht mehr. Das kann als Zeichen ge-wertet werden, dass sich die Bürgerinnen und Bürger wieder stärker für die EU interessieren. Auch wenn es keinen Grund zur Entwarnung gibt: Europa hat es also noch einmal geschafft.

Das Geschacher um die EU-Spitzenpositionen sorgte jedoch wieder einmal für negative Schlag-zeilen. Die Staats- und Regierungschefs haben das vom Parlament favorisierte System der Spit-zenkandidatinnen und Spitzenkandidaten, die sich in einer Wahl zur Abstimmung stellen, nicht übernommen und stattdessen in einem Überra-schungscoup die deutsche Verteidigungsministe-rin Ursula von der Leyen als Kommissionschefin

} 2019 war Wahljahr in Europa. Die Neukonstituierung des Europäischen Parlaments und Neubesetzung der EU-Spitzenposten haben das politische Geschehen dominiert. Drängende Fragen wie der Brexit, die Haushaltsver-handlungen und die künftigen EU-Förderprogramme mussten trotzdem weiterbearbeitet werden. Die neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat sich klar zum Erasmus+-Programm positioniert und for-dert eine Verdreifachung des Budgets für die nächsten sieben Jahre.

Nina Salden leitet die DAAD-Außenstelle Brüssel seit 2012. Seit 2007 unterhält der DAAD ein Büro in Brüssel, das die Zusammenarbeit mit den Institutionen der Europäischen Union fördert. Die Außenstelle hat insgesamt drei Mitarbeiterinnen.

DIE EUROPÄISCHE UNION STELLT SICH NEU AUF

› Die Kampagne „this time I am voting“ hat die europäischen Bürger im Vorfeld der Europawahl zur teilnahme aufgefor-dert. Sie war erfolgreich. Die wahlbeteiligung stieg europa-weit auf 51 Prozent.

EUroPaBrüssel144

Page 147: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

benannt. Sie war bei der Europawahl nicht ange-treten. Ihr Team aus 27 Kommissaren – das erste ohne britischen Kommissar – nahm am 1. Dezem-ber seine Arbeit auf.

Die neue EU-Kommission bringt Bildung und Forschung zusammen

Für die Bereiche Bildung und Forschung vermel-det die neue Kommission eine erfreuliche Neue-rung. Die Bulgarin Mariya Gabriel wird zukünftig die Politikfelder Bildung, Forschung, Innovation, Jugend und Kultur gemeinsam verantworten. Dies lässt auf eine Stärkung der Synergien zwi-schen Bildung und Forschung in Europa und den jeweiligen EU-Förderprogrammen hoffen. Gera-de für die Hochschulen, die in beiden Bereichen aktiv sind, ist dies von besonderer Bedeutung.

› Plenarsaal des Europäischen Parlaments.

› Die neue Führungsriege der EU (von links): Christine lagarde, Präsidentin der

Europäischen Zentralbank; Ursula von der leyen, Präsidentin der Europäischen

Kommission; Charles Michel, Präsident des Europäischen rats; David Sassoli, Präsident

des Europäischen Parlaments.

EUroPaBrüssel 145

Page 148: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Die großen Themen der neuen EU-Kommission – Klima, Digitales, Migration sowie die Stärkung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit – wer-den auch Auswirkungen auf die EU-Bildungs- und Forschungszusammenarbeit haben. So sollen zukünftig 35 Prozent der EU-Forschungs-förderung für klimafreundliche Technologien bereitgestellt werden. In der Bildungszusammen-arbeit ist eine Aktualisierung des Aktionsplans für Digitale Bildung angekündigt und für das Erasmus+-Programm gibt es Überlegungen, die-ses grüner aufzustellen, zum Beispiel durch die Förderung umweltfreundlicher Verkehrsmittel.

Viel Frustration in den Brexit-Verhandlungen

Die Brexit-Verhandlungen haben die Union im Jahr 2019 wieder intensiv beschäftigt. Dreimal haben die EU-27 einer Verschiebung des Brexit- Datums zugestimmt, da die britische Seite keine Einigung zu einem Abkommen mit der EU errei-chen konnte. Der No-Deal-Brexit hing während des gesamten Jahres wie ein Damoklesschwert über der EU. Erst kurz vor dem ursprünglich ge-planten Austrittstermin am 31. März hatte die EU eine Notfallverordnung für die Erasmus-Studie-renden im Falle eines No-Deals verabschiedet.

Diese garantierte den Geförderten, die sich zum Zeitpunkt des Brexits im Ausland aufhal-ten, ihren Aufenthalt zu Ende führen zu kön-nen. Das ist zwar nur eine Minimallösung. Sie war aber angesichts der großen Unsicherheit, wie es mit dem Erasmus+-Programm weiterge-hen wird, ungeduldig erwartet worden. Denn

Großbritannien ist als drittbeliebtestes Zielland der Erasmus-Studierenden ein wichtiger Partner im Programm.

Donald Tusk, Präsident des Europäischen Rats, brachte die Frustration auf EU-Seite in einem Twitter-Kommentar zum Ausdruck: „Ich frage mich, wie dieser besondere Ort in der Hölle für diejenigen aussieht, die den #Brexit gefordert haben, ohne auch nur die Skizze eines Plans, wie man ihn sicher ausführen kann.“

Mit dem Wahlsieg Boris Johnsons Ende 2019 war der Austritt Großbritanniens zum 31. Januar 2020 sicher. Der Austritt gilt allerdings bisher als der einfachere Teil des Brexits. Innerhalb ei-nes sehr engen Zeitrahmens, nämlich bis Ende des Jahres 2020, muss nun eine Lösung für die künftigen Beziehungen der beiden Parteien gefunden werden. Ansonsten droht erneut ein No-Deal-Szenario. Unklar bleibt bisher auch, ob Großbritannien als Nicht-EU-Mitglied ab 2021 weiterhin an den EU-Programmen für Bildung (Erasmus+ 2021–2027) und Forschung (Horizont Europa) teilnehmen kann und will.

› Ursula von der leyen, Präsidentin der Europäischen Kom-mission, und Boris Johnson, britischer Premierminister.

› nach dem austritt Großbritanniens folgt der schwierigste teil der Brexit-Verhandlungen zu den zukünftigen Beziehun-gen des landes mit der EU, die nach wunsch beider Seiten eine „enge Partnerschaft“ darstellen soll.

EUroPaBrüssel146

Page 149: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Von der Leyen will das Erasmus+-Budget verdreifachen

Der Brexit wird die EU vor enorme Herausforde-rungen stellen. Nach Einschätzung der Europä-ischen Kommission verursacht er eine jährliche Finanzierungslücke von 60 – 75 Mrd. Euro im EU-Haushalt für sieben Jahre. Dies hat die kom-plexen Verhandlungen zum EU-Haushalt für die kommenden sieben Jahre (2021–2027) zusätzlich erschwert. Entgegen der ursprünglichen Pla-nung ist eine Einigung 2019 nicht erzielt wor-den. Sowohl die Größe des Haushaltes als auch die Frage, wie die Gelder verteilt werden, sind zwischen den Mitgliedsstaaten umstritten.

In Bildung und Forschung möchte die Kom-mission zusätzlich investieren. Für das Eras-mus+-Programm ist die neue Kommissions-präsidentin sogar über den ursprünglichen Vorschlag der Verdoppelung des Budgets hin-ausgegangen und hat sich die Position des Eu-ropäischen Parlaments der Verdreifachung zu eigen gemacht.

Eine Garantie für die tatsächliche Erhöhung von Erasmus+ ist dies aber nicht. In den Haushalts-verhandlungen haben die EU-Mitgliedsstaaten das letzte Wort. Sie müssen den EU-Haushalt einstimmig, mit Zustimmung des Europäischen Parlamentes, beschließen.

Erasmus+ 2021–2027: inklusiver und digitaler

Erst mit der Einigung zum Haushalt 2021 bis 2027 können die neuen EU- Förderprogramme verabschiedet werden. Die Verhandlungen zwi-schen Kommission, Rat und Parlament zur neu-en Erasmus+-Verordnung liefen im Spätsommer 2019 an. Einig sind sich die EU-Institutionen darin, dass das Programm zukünftig auch Perso-nen erreichen soll, die bisher aufgrund indivi-dueller oder struktureller Hindernisse nicht von einer Förderung profitieren konnten.

Die Europäische Kommission stellte ihren Plan für eine stärkere Inklusion in Erasmus+ auf ei-nem vom DAAD mitorganisierten Seminar Mitte Februar vor: Eine Inklusionsstrategie mit klar definierten Zielgruppen auf EU-Ebene sowie ein Aktionsplan auf nationaler Ebene, die Änderung der Erasmus+-Charta, eine mögliche Anpassung der Mobilitätszuschüsse, flexiblere Mobilitäts-formen wie kürzere Aufenthalte sowie die Kom-bination von physischer Mobilität und virtuel-lem Austausch sollen helfen, neue Zielgruppen zu erreichen.

Hochschulen und Mitgliedsorganisationen der Academic Cooperation Association (ACA) haben anhand praktischer Programmbeispiele weitere

› Ágnes Sarolta Fazekas, Eötvös loránd University, Budapest. Expertinnen und Experten aus

hochschulen und den aCa Mitgliedsorganisationen diskutierten auf dem DaaD/aCa-Seminar, wie

Inklusion in der internationalen hochschulbildung und dem zukünftigen Erasmus+-Programm erreicht

werden kann.

› Vanessa Debiais-Sainton, referatsleiterin für hochschulbil-dung in der EU-Kommission, stellt auf dem DaaD/aCa-Semi-nar vor, wie Erasmus+ zukünftig mehr Personen erreichen und die Inklusion fördern kann.

EUroPaBrüssel 147

Page 150: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

EU-Afrika-Konferenz zur Hochschulbildung

Am 25. Oktober 2019 trafen sich in Brüssel mehr als 400 Repräsentantinnen und Repräsentanten afrikanischer und europäischer Hochschulen und aus der Politik zur Konferenz „Investing in people by investing in higher education and skills in Africa“. Sie diskutierten dort die Zu-kunft der EU-Afrika-Hochschulkooperation.

Prof. Sarah Mbi Enow Anyang Agbor, Kommis-sarin der Afrikanischen Union, hob in ihrer Eröffnung die Bedeutung von Investitionen in Hochschulbildung hervor: „Investitionen in die tertiäre Bildung junger Menschen in den Län-dern Afrikas sind der Schlüssel einer nachhal-tigen ökonomischen und sozialen Entwicklung des Kontinents. Partnerschaften zwischen Eu-ropa und Afrika werden helfen, dies zu errei-chen“, sagte sie.

In sechs thematischen Workshops haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Empfeh-lungen für die weitere Entwicklung der afrika-nisch-europäischen Kooperation in der Hoch-schulbildung ausgesprochen. Sie fordern unter anderem:

• eine stärkere Zusammenarbeit mit dem Privatsektor.

• die Weiterbildung von akademischem Personal an afrikanischen Hochschulen.

• die Stärkung eines pan-afrikanischen Quali-tätssicherungs- und Akkreditierungssystems.

• die stärkere Verbindung zwischen Hoch-schulbildung und technischer Aus- und Berufsbildung.

• die Stärkung der transnationalen Hochschul-kooperation.

• sowie einen integrativen Ansatz der Hoch-schulbildung, der auch Flüchtlingen den Zugang ermöglicht.

Darüber hinaus erwarten sie, dass Kompeten-zen und Bildung, darunter auch die Hochschul-bildung, auf dem nächsten EU-Afrika-Gipfel der Staats- und Regierungschefs eine zentrale Rolle spielen werden. Der Gipfel wird im zweiten Halbjahr 2020 in Brüssel stattfinden.

Organisiert haben die Konferenz in Brüssel die Europäische Kommission, die Kommission der Afrikanischen Union und die vier europäischen Organisationen DAAD, British Council, Cam-pus France und Nuffic. Der Zusammenschluss dieser zentralen Akteure hat der Veranstaltung zusätzliche Bedeutung verliehen.

Die Europäische Kommission hat mit die-ser Konferenz das Thema Hochschulbildung erstmals im Zusammenhang mit der Entwick-lungs-Partnerschaft mit Afrika so prominent auf die Agenda gesetzt. Die Hoffnung ist, dass die Zusammenarbeit mit Afrika in der Hoch-schulbildung in der kommenden EU-Pro-gramm-Generation eine Aufwertung erhält. Die Afrikanische Union kündigte zum Abschluss an, 2020 eine Folgeveranstaltung auf dem afri-kanischen Kontinent anbieten zu wollen.

› Eröffnung der Konferenz. Von links: Keynote-redner Prof. narciso Matos, Polytechnical University of Mozambique; Dr. Dorothea rüland, Generalsekretärin des DaaD; Prof. Sarah Mbi Enow anyang agbor, Kommissarin der afrikanischen Union; Koen Doens, Generaldirektor für internationale Kooperation und Zusammenarbeit, Europäische Kommission; Moderator Pawel Swieboda, European Political Strategy Centre.

EUroPaBrüssel148

Page 151: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Anregungen gegeben. Der DAAD spricht bei-spielsweise in neuen Programmen gezielt bisher weniger mobile Studierende wie Lehramtsstu-dierende an. Das Seminar hat die Außenstelle Brüssel gemeinsam mit dem ACA-Sekretariat, der norwegischen Partnerorganisation Diku und der Flanders Knowledge Area ausgerichtet.

Neben Inklusion ist auch Digitalisierung ein zentraler Baustein für das künftige EU-Bildungs-programm. Erasmus+ soll in Zukunft mehr virtuelle und kombinierte Austauschforma-te fördern und die Umsetzung des Programms mithilfe digitaler Möglichkeiten einfacher ge-stalten. Der europäische Studierendenausweis wird die Mobilität für Studierende durch zentral

zur Verfügung stehende Informationen auf der Erasmus+-App vereinfachen. Außerdem soll die Digitalisierung die administrativen Prozesse der Hochschulen erleichtern. Mit dem Start des neuen Programms soll Erasmus+ ab 2021 gradu-ell papierlos werden. Hierauf müssen sich die Hochschulen vorbereiten.

Im Juli kamen 25 Beschäftigte der Hum-boldt-Universität zu Berlin, die sich mit dem Erasmus+-Programm beschäftigen, nach Brüs-sel, um sich rund um die Zukunft von Erasmus+ mit Brüsseler Entscheidungsträgerinnen und -trägern auszutauschen. Auch andere deutsche

› Inklusion und Digitalisierung sind zentrale themen für das zukünftige Erasmus+-Programm.

MarIYa GaBrIEl: DIE nEUE EU-KoMMISSarIn FÜr InnoVatIon, ForSChUnG, KUltUr, BIlDUnG UnD JUGEnD

Die Bulgarin Mariya Gabriel ist in der neuen EU-Kommission für die Poli-tikbereiche Innovation, Forschung, Kultur, Bildung und Jugend zustän-dig. Das Europäische Parlament und die wissenschaftliche Community setzten kurz vor arbeitsbeginn durch, dass ihr titel nun auch die wichtigen Begriffe Forschung und Bildung ent-hält, die ursprünglich zugunsten des Kurztitels „Innovation und Jugend“ weggelassen worden waren.

Mariya Gabriel gehört seit 2017 dem Kollegium der Kommission an. Dort war sie für das thema „Digitales“ zuständig. Zuvor war sie abgeord-

nete der konservativen Fraktion im Europäischen Parlament. Mariya Gabriel hat ihre akademische aus-bildung in Frankreich absolviert. Sie arbeitet unter dem griechischen Vizepräsidenten, Margaritis Schinas, der für die „Förderung der europäi-schen lebensweise“ zuständig ist.

Für die Ausgestaltung der zukünfti-gen EU-hochschulbildungspolitik hat Mariya Gabriel die folgenden Prioritäten genannt:

• Verdreifachung des Erasmus+- Budgets im zukünftigen EU- haushalt.

• Umsetzung eines inklusiveren und grüneren Erasmus+-Programms.

• Unterstützung für Exzellenz und netzwerke Europäischer hoch-schulen.

• Umsetzung des Europäischen Bildungsraums inkl. Einführung des Europäischen Studierenden-ausweises ab 2021.

• aktualisierung des europäischen aktionsplans für Digitale Bildung.

› Mariya Gabriel, EU-Kommissarin für Innovation, Forschung, Kultur, Bildung und Jugend.

EUroPaBrüssel 149

Page 152: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

„HOPES gegen Ungleichheit“ – Feras Oyun auf den Europäischen Entwicklungstagen

Feras Oyun, syrischer Studierender und ehe-maliger HOPES-Stipendiat, hat auf dem Forum der Europäischen Entwicklungstage erläutert, welche Herausforderungen Flüchtlinge mit Stu-dienwunsch in den Aufnahmeländern meistern müssen. Die sprachliche Barriere ist für viele Flüchtlinge besonders hoch. So musste Feras Oyun, der in Syrien seinen Bachelor auf Ara-bisch abgeschlossen hatte, nach der Flucht in den Libanon auf Englisch weiterstudieren. Das libanesische Hochschulsystem war neu für ihn, seine Zeugnisse aus Syrien mussten anerkannt und die Finanzierung für das Studium mit nicht unerheblichen Studiengebühren und Lebenshal-tungskosten gesichert werden. Letzteres war für ihn nur dank des HOPES-Stipendiums möglich. „Das HOPES-Stipendium hat mir die Türen geöff-net, um meine persönlichen und akademischen Kompetenzen zu entwickeln“, sagt Feras Oyun.

Dieser Aspekt ist auch der Europäischen Kom-mission wichtig, die HOPES finanziert. Isabel-le Combes, Leiterin des „Madad Funds“, des EU-Treuhandfonds für Syrien, erläuterte, dass Projekte wie HOPES helfen, die Auswirkungen der sozialen und wirtschaftlichen Zerstörung,

die mit Krisen wie der in Syrien einhergehen, zu lindern. Der Zugang zur Hochschulbildung ist nicht nur für die jungen Menschen selbst, sondern auch für ihre Familien und Gemein-schaften von Bedeutung.

Schließlich benötigen Post-Konflikt-Gesellschaf-ten während des Wiederaufbaus dringend Leh-rerinnen, Ingenieurinnen, Architekten und wei-tere Experten. Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR hat sich vor diesem Hintergrund das Ziel gesetzt, den Zugang von Flüchtlingen zur Hochschul-bildung von derzeit 3 auf 15 Prozent bis 2030 zu erhöhen. Dies gab der UNHCR anlässlich des Weltflüchtlingstages bekannt, der nur einen Tag vor der Diskussion in Brüssel stattfand.

Die Lab-Session im Rahmen der Europäischen Entwicklungstage (EDDs) hat die Außenstelle Brüssel gemeinsam mit den HOPES-Projekt-partnern British Council, Campus France und Nuffic ausgerichtet. Die EDDs sind eine seit 2006 jährlich von der EU organisierte Großver-anstaltung. Um die 8.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Politik und Gesellschaft neh-men an über 120 Veranstaltungen teil.

› Die referentinnen und referenten der vom DaaD organisier-ten Session „hoPES against inequalities“ (von links): nesma Desouki, Englisch-Dozentin an der ain Shams University, Ägypten; Isabelle Combes, geschäftsführende Managerin des Madad-Funds, Europäische Kommission; rabih Shibli, Direktor an der american University in Beirut; Feras oyoun, ehemaliger hoPES-Stipendiat im libanon.

› nina Salden, leiterin der außenstelle Brüssel, moderierte die Session „hoPES against inequalities“. Der DaaD war 2019 erstmals mit einer eigenen Session auf den Europäi-schen Entwicklungstagen in Brüssel präsent.

EUroPaBrüssel150

Page 153: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Hochschul- und Landesvertreterinnen und -ver-treter nutzen die DAAD-Außenstelle Brüssel, um sich vor Ort über die EU-Hochschulpolitik zu informieren. Ein weiteres vielgefragtes The-ma neben der Mobilitätsförderung in Erasmus+ war die neue EU-Förderlinie der Europäischen Hochschulen. Sie ist unter den deutschen Hoch-schulen auf besonderes Interesse gestoßen.

Die ersten 17 Europäischen Hochschulen

Die ersten 17 Allianzen Europäischer Hochschu-len stehen seit Mitte des Jahres 2019 fest. Die deutsche Beteiligung an dieser ersten Pilotaus-schreibung ist erfreulich: 15 deutsche Hoch-schulen sind an 14 Verbünden beteiligt. Nur die französischen Hochschulen sind noch stärker vertreten. Nicht erstaunlich und durchaus als Brexit-Vorbote zu verstehen ist, dass lediglich drei britische Hochschulen an den Allianzen beteiligt sind. Wäre es bereits 2019 zu einem harten Brexit gekommen, hätten die britischen Hochschulen aller Voraussicht nach keine EU-Gelder mehr aus dem Erasmus+-Programm erhalten können.

Die ausgewählten Allianzen sind vielfältig. Sie reichen von strategisch übergreifenden Part-nerschaften bis zu thematisch fokussierten Netzwerken. Die Erwartungen an die Allian-zen sind groß. Sie sollen innovative Formen der Zusammenarbeit entwickeln, sich langfristig

etablieren und einen zentralen Beitrag zur Ent-wicklung eines europäischen Bildungsraums leisten. Der Erfolg der Initiative wird sich auch daran messen lassen müssen, inwieweit es ihr gelingt, über die beteiligten Hochschulen hin-aus verändernd auf das gesamte Hochschulsys-tem in Europa zu wirken.

Bei einer ersten Zusammenkunft der beteiligten deutschen Hochschulen, die der DAAD im No-vember nach Brüssel eingeladen hatte, wurde deutlich, dass die Arbeit noch ganz am Anfang steht. In den kommenden Monaten werden sich möglicherweise die ersten Hindernisse in Form rechtlicher Regelungen auf regionaler, natio-naler und europäischer Ebene zeigen, die die Umsetzung der Initiative erschweren. Der DAAD wird Potenziale und Herausforderungen im Dia-log mit politischen Entscheiderinnen, Entschei-dern und den Hochschulen diskutieren und so auch weiterhin einen Beitrag zur Weiterentwick-lung der Initiative leisten.

Hochschulkooperation in der Entwicklungs-zusammenarbeit

Neben den Aktivitäten rund um Erasmus+ hatte die Außenstelle sich für 2019 das Ziel gesetzt, den Beitrag der Hochschulkooperation für die europäische Entwicklungszusammenarbeit in Brüssel sichtbarer zu machen. Zum ersten Mal war der DAAD dafür mit einer eigenen

› themis Christophidou, Generaldirektorin für Bildung und Kultur der Europäischen Kommission, präsentiert auf der auftaktveranstaltung zu den Europäischen hochschulen am 7. november die ersten 17 allianzen. 85 Mio. Euro standen in der ersten Pilotausschreibung zur Verfügung, für den zweiten Piloten soll das Budget auf 120 Mio. Euro ansteigen.

EUroPaBrüssel 151

Page 154: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Lab-Session bei den Europäischen Entwick-lungstagen in Brüssel vertreten. Passend zum Oberthema der Veranstaltung „Abbau der Un-gleichheiten: Aufbau einer Welt, die niemanden zurücklässt“ präsentierte der DAAD das EU-ge-förderte Projekt „Higher and Further Educati-on Opportunities and Perspectives for Syrians“ (HOPES). Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer diskutierten über die allgemeine Bedeutung von Hochschulbildung im Fluchtkontext.

Der DAAD ist mit HOPES bereits seit 2016 aktiv und ermöglicht syrischen Flüchtlingen in der Türkei, dem Libanon, Jordanien, Ägypten und Nordirak darüber den Zugang zu Hochschulbil-dung. Die Europäischen Entwicklungstage boten eine exzellente Plattform, um auf den wichtigen Beitrag der Hochschulbildung im entwicklungs-politischen Kontext aufmerksam zu machen.

Für die europäischen Außenbeziehungen steht Afrika weit oben auf der politischen Agenda. Ende 2018 hat der damalige Kommissionschef Jean-Claude Juncker die „Afrika-Europa Alli-anz für nachhaltige Investitionen und Arbeits-plätze“ ins Leben gerufen, die unter anderem fordert, in die Kompetenzen und die Bildung junger Menschen zu investieren. Dies hat der DAAD zum Anlass genommen, um mit einer in-ternationalen Konferenz in Brüssel die wichtige Rolle der Hochschulzusammenarbeit zwischen

Europa und Afrika bei der ökonomischen und sozialen Entwicklung in Afrika hervorzuheben (siehe Seite 148).

Die EU erkennt zunehmend, dass Investitionen in alle Bildungsstufen und die Beschäftigung junger Menschen in Entwicklungs- und Schwel-lenländern von zentraler Bedeutung für die Sta-bilität und die wirtschaftliche Entwicklung sind. Für den DAAD, der sich mit seinem weltweiten Netzwerk in über 60 Ländern in der Hochschul-bildung engagiert, bietet dies interessante Mög-lichkeiten der Zusammenarbeit.

› afrika steht weit oben auf der EU-agenda. Investitionen in (hochschul-)Bildung und Kompetenzen junger Menschen tragen entscheidend zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung des Kontinents bei.

› Mehr als 400 Vertreter europäischer und afrikanischer hochschulen und policy-maker nahmen an der Konferenz in Brüssel teil.

EUroPaBrüssel152

Page 155: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Ausblick 2020

Nachdem sich die EU im Jahr 2019 vorrangig mit der Neu-Aufstellung ihrer Institutionen beschäf-tigt hat, stehen im Jahr 2020 wichtige Beschlüsse, etwa zum nächsten EU-Haushalt an. Dieser ent-scheidet darüber, wo die politischen Prioritäten der EU in den nächsten sieben Jahren liegen wer-den. Deutschland wird im zweiten Halbjahr 2020 die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen und die EU somit in einer wichtigen Phase führen.

› Von links: Majdi Bido, Universität Siegen; Kaisu Piiroinen, Finnisches Ministerium für Bildung und Kultur; David Crosier, Eurydice (Moderator); Mathieu Schneider, Universität Straßburg; Julia Kracht araújo, DaaD.

EUroPawEItEr aUStaUSCh ZUr IntEGratIon GEFlÜChtEtEr In DaS EUroPÄISChE hoChSChUlSYStEM

Knapp 150 Vertreterinnen und Vertreter aus hochschulen, EU-In-stitutionen und europäischen Ver-bänden haben sich auf einer vom DaaD mitorganisierten Konferenz zur Integration Geflüchteter in das europäische hochschulsystem aus-getauscht. Die DaaD-Flüchtlings-programme „Integra“ und „wel-come“ dienten als Beispiele dafür, wie Geflüchteten der Zugang zum hochschulstudium in Europa geeb-

net werden kann. Die Konferenz in Brüssel war abschluss der EU-Pro-jekte „Guiding refugees via Europe-an Exchange and training” (GrEEt) und „academic refuge“.

Das EU-Forschungsprogramm horizont 2020 fördert „Guiding refugees via European Exchange and training” (GrEEt). Es stärkt die europäische Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zur

Integration hoch qualifizierter Ge-flüchteter in Bildungssysteme und arbeitsmarkt. Der DaaD ist gemein-sam mit der finnischen Nationalen agentur für Bildung, EDUFI, Projekt-partner in dem von der academic Cooperation association geleiteten Konsortium. Das nachfolgeprojekt „Career advancement for refugee researchers in Europe“ (CarE) ist im selben Jahr gestartet.

› Das „GrEEt“-Projekt fördert den europäischen austausch zur Integration hoch qualifizierter

Flüchtlinge in die hochschulen.

EUroPaBrüssel 153

Page 156: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

› Die EU hat sich 2019 mit der wahl zum Europäischen Parlament und der neubesetzung der Spitzenposten in Kommission, rat und Europäischer Zentralbank neu aufgestellt.

EUroPaBrüssel154

Page 157: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

28Mitgliedsstaaten (27 seit dem 1.2.2020)

11,6 % EU-Hochschulabsolventen mit Auslandserfahrung (2017)

19,8 Mio.Studierende im Tertiärbereich in der EU (2017)

23,3 Mrd.EU-Haushalt für Wettbewerbs-fähigkeit für Wachstum und Beschäftigung (2019 in EUR)

2,8 Mrd.hiervon für Erasmus+

12,3 Mrd. hiervon für Horizont 2020

513 Mio. Bevölkerungszahl

Quellen: Eurostat, Europäische Kommission

STATISTISCHER ÜBERBLICK EUROPÄISCHE UNION 2019

40,7 % EU-Hochschulabsolventen 2018 (Prozentsatz der 30- bis 34-Jährigen)

85,5 % Beschäftigungsquote bei EU-Hochschulabsolventen (20–34 Jahre) 2018

ca. 470.000 Erasmus+-geförderte Studierende 2017/18

rund 4,4 Mio. seit 1987

EUroPaBrüssel 155

Page 158: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

LONDON

EUroPalondon156

Page 159: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

LONDON

EUroPalondon 157

Page 160: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Das Brexit-Drama in drei Akten

2019 stand wieder ganz im Zeichen des an-stehenden Brexits und war von politischem Stillstand und einer in zwei Lager gespaltenen Gesellschaft gekennzeichnet. Es endete mit vor-gezogenen Neuwahlen am 12. Dezember, denen ein kurzer, aber harter Wahlkampf vorausging. Interessierte sahen mit Spannung und großem Erstaunen der ältesten Demokratie der Welt

dabei zu, wie sich der prominente Parlaments-sprecher John Berkow nicht scheute, auch eine Konvention von 1604 – die seit 1920 nicht mehr zitiert worden ist – zu nutzen, um die Regierung zu bändigen.

Im ersten Akt lehnte das Unterhaus den noch unter Premierministerin Theresa May im Okto-ber 2018 mit der EU ausgehandelten Austrittsver-trag mehrfach ab. Dieser fehlende Rückhalt aus ihrer eigenen Partei konnte letztendlich nur zum Sturz der Premierministerin führen. Die große Zerrissenheit des Landes, die sich bereits im Brexit-Referendum 2016 gezeigt hatte, verstärkte sich in den Monaten nach dem ersten avisierten Austrittsdatum für den 31. März 2019 noch. Die unterschiedlichen Haltungen zu Brexit-Vertrag und No-Deal Brexit-Szenario führten dazu, dass mit den bestehenden Machtverhältnissen keine parlamentarische Einigung mehr möglich war.

Im zweiten Akt musste der neue Premierminis-ter zunächst bei dem Versuch, das Parlament zu entmachten, eine Niederlage einstecken.

} Im Vereinigten Königreich herrschte 2019 wegen des verschobenen Brexits in vielen Politikbereichen Stillstand. Eine Studie zeigte, dass die Bildungsreformen im Hochschulsektor die Finanzierungslast noch weiter vom Staat zum Individuum verlagert haben. Für die Außenstelle London war 2019 ein intensives Beratungsjahr zu der Frage, wie deutsche Hochschulen sich auf den Brexit vorbereiten können.

Ruth Krahe leitet die 1952 gegründete Außenstelle seit dem 1. November 2019. Sie ist für das Vereinigte Königreich und Irland zuständig und hat sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

DAS VEREINIGTE KÖNIGREICH ZWISCHEN „BREXIT FATIGUE“ UND „GET BREXIT DONE“

EUroPalondon158

Page 161: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Johnson wollte die Abgeordneten in eine Zwangspause schicken. Er erhoffte sich, so das Patt im Unterhaus zu umgehen und den Brexit mit dem von ihm verhandelten Vertrag vollzie-hen zu können. Das Unterhaus reagierte darauf mit der Verabschiedung eines Gesetzes, das dem Premierminister nicht erlaubte, sein Land ohne Austrittsvertrag aus der EU zu führen.

Das Parlamentsschauspiel ging weiter mit dem Antrag der britischen Regierung zur zweiten Verschiebung des Austrittsdatums auf den 31. Januar 2020. Etwas, über das Johnson noch kurz vorher gesagt hatte, er würde „lieber tot in einem Graben liegen“, als um eine weitere Ver-längerung bitten.

Im dritten Akt erreichte das Drama seinen Hö-hepunkt in der vorher mehrfach verweigerten Zustimmung der oppositionellen Labour-Partei zu vorgezogenen Neuwahlen. Das parlamentari-sche Gezerre, besonders in den letzten Wochen vor dem ursprünglich avisierten Austrittsdatum am 31. Oktober, hatte der britischen Bevöl-kerung einiges abverlangt. Die Briten waren den Streit um den Brexit leid. Eine allgemeine Brexit- Müdigkeit („Brexit Fatigue“) hatte sich im ganzen Land ausgebreitet.

› Demonstration von Brexit-Befürworterinnen und Befürwortern am 19. Januar in london.

EUroPalondon 159

Page 162: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Die Unterhauswahlen im Dezember 2019

Die Briten waren im Dezember 2019 zur dritten Parlamentswahl in fünf Jahren aufgerufen. An den zwei einzig relevanten Wahlkampfthemen, dem Brexit und dem „National Health Service“, arbeiteten sich die Parteien ab. Im zum Teil stark ideologisch geprägten Wahlkampf, in dem die Tories mit dem Slogan „Get Brexit Done“ zu punkten versuchten, hatte sich Labour nicht mit einer eindeutigen Haltung zum Brexit positio-niert. Angesichts einer nun bereits dreijährigen Diskussion um einen EU-Austritt verlangte die Bevölkerung tatsächlich wie im Slogan der To-ries: „Get Brexit Done“. Dabei war diese „Brexit Fatigue“ nicht zwangsläufig der Ausdruck für eine Haltung, dass man die EU unbedingt auch ohne Vertrag verlassen sollte. Die Unsicher-heit, wie es nach einem Austritt weitergehen würde, und der Stillstand, der mit der unklaren Post-Brexit-Lage zu tun hatte, lähmte in vielen Augen das Land und hielt es davon ab, bei wirk-lich wichtigen Fragen voranzukommen.

Anders als in früheren Wahlkämpfen, in denen die Frage der Studiengebühren prominent be-setzt war, spielte das Thema Bildung im Wahl-kampf 2019 nur eine untergeordnete Rolle. Das Gleiche galt für ein vorherrschendes Thema der letzten Wahl: Einwanderung. Bei den Wahl-kampagnen zur Unterhauswahl 2019 fand das Thema kaum mehr Beachtung. Die Abkopplung des Austritts von der Einwanderungsfrage ist in-sofern erstaunlich, weil sie in der Vergangenheit immer eng mit dem Brexit assoziiert wurde.

„Got Brexit Done“

Anders als in Deutschland sind für Großbri-tannien Wahlprognosen zum Ausgang und zur Sitzverteilung ungleich schwieriger, da im briti-schen Mehrheitswahlrecht der Vorsprung einer Stimme für den Sieg eines Unterhaussitzes aus-schlaggebend sein kann. Der Sieg der Tories war letztendlich nicht überraschend, die Höhe des Vorsprungs mit 80 Sitzen indes beachtlich.

Nach der Wahl bestand kein Zweifel mehr über die Tatsache, dass Großbritannien die EU am 31. Januar 2020 verlässt. Premierminister John-son hatte den Weg dafür bereitet, als er am 20. Dezember 2019 seinen Brexit-Vertrag ins Parla-ment einbrachte und dafür eine Zustimmung be-kam. Die Boulevard-Zeitung „The Sun“ dichtete für diesen Erfolg extra den Slogan der Tories um in „Got Brexit done“ und die „Daily Mail“ titelte erfreut: „Der Tag, an dem Remain endlich starb“.

Am 1. Februar beginnt nach dem Brexit die elf-monatige Übergangsphase zur Verhandlung ei-nes Freihandelsabkommens. Am 30. Juni endet die von der EU gesetzte Frist, die eine einver-nehmliche Verlängerung der Übergangsphase erlaubt. Wer die achtjährigen Verhandlungen der EU für das Freihandelsabkommen mit Kana-da (CETA) verfolgt hat, fragt sich, wie es möglich sein soll, ein so komplexes Vertragswerk in nur elf Monaten erarbeiten und ratifizieren zu las-sen. Noch ist der Brexit also keineswegs „done“. Der Ausgang bleibt weiterhin ungewiss.

› nach der wahl bestand kein Zweifel mehr über die tatsache, dass Großbritannien die EU am 31. Januar 2020 verlässt.

EUroPalondon160

Page 163: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Veränderungen im Hochschulsektor

Die Auswirkungen der Reformen von 2012, 2015 und 2017 und der Augar-Bericht

Am 30. Mai 2019 wurde der „Post-18 review of education and funding: independent panel report“, der sogenannte Augar-Report, veröf-fentlicht. Noch unter der damaligen Premier-ministerin May beauftragt, untersuchte die Exper-tengruppe um Dr. Philip Augar die tertiäre Bildung in Großbritannien. Bis 2012 kam es in Großbritan-nien zu einer tiefgreifenden Reform im Bildungs-wesen, die unter anderem auch die Höhe der Studiengebühren und das kreditbasierte Finanzie-rungssystem betraf. Großbritannien erhöhte die

Obergrenze für Studiengebühren 2012 von 3.000 auf 9.000 britische Pfund jährlich und hob im nächsten Schritt 2015 die Deckelung von Studie-rendenzahlen auf. Abgesehen von einem kurzen Einbruch der Studierendenzahl 2012 ist die Zahl der Einschreibungen in den letzten zehn Jahren kontinuierlich gestiegen. 2019 traten rund 50 Pro-zent der Schulabgängerinnen und -abgänger ein Hochschulstudium an, 1990 waren es unter 20 Pro-zent. Während man zunächst annahm, die Höhe der Studiengebühren pendele sich für die meisten Studiengänge auf 6.000 bis 7.000 Pfund ein, muss-ten rund 98 Prozent der Studierenden 2019 das Maximum von 9.000 Pfund (bzw. 9.250 Pfund für Studiengänge mit einem „Teaching Excellence and Student Outcomes Framework Award“) zahlen.

Schreibwettbewerb „Victoria & Albert: Love Letters“

Zum sechsten Mal hatte die DAAD-Außenstel-le gemeinsam mit dem „Institute of Modern Languages Research“ (IMLR) der Universität London einen Schreibwettbewerb zur Förde-rung der deutschen Sprache organisiert. Anlass boten die 200-jährigen Geburtstage von Königin Victoria (1819–1901) und Prinz Albert (1819–1861). Die oft zitierte innige Liebe des Paares und ihre Offenbarung in etlichen Liebesbriefen setzen das Thema für den Schreibwettbewerb „Love Letters“. 75 Teilnehmerinnen und Teil-nehmer aus Großbritannien nahmen die Her-ausforderung an und übermittelten ihre Versi-on eines Liebesbriefes zwischen dem royalen

Paar – in Form eines Briefes, Gedichts oder auch eines Comics. Ehrengast auf der Preisver-leihung in den Räumlichkeiten der Deutschen Botschaft war die englische Drehbuchautorin der Fernsehserie „Victoria“, Daisy Goodwin. Sie thematisierte die Herausforderungen interkul-tureller Aspekte wie Sprache, Geschichte und Politik beim Schreiben eines Drehbuches. Im Anschluss trugen die Gewinnerinnen und Ge-winner ihre Liebesbriefe vor. Der Schreibwett-bewerb war eine von vielen Veranstaltungen anlässlich der Geburtstagsfeierlichkeiten von Victoria und Albert in Deutschland und im Ver-einigten Königreich.

› Prof. Godela weiss-Sussex von der SoaS University of london und Drehbuchautorin Daisy Goodwin im Gespräch bei der Preisverleihung des „V&a: love letters“-wettbewerbs.

› Begrüßung durch die Ständige Vertreterin der Deutschen Botschaft in london, Julia Gross, bei der Preisverleihung des „V&a: love letters“ – wettbewerbs an der Deutschen Botschaft in london, 28. Juni 2019.

EUroPalondon 161

Page 164: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Die Bildungsreformen verschoben die Finanzie-rungslast vom Staat zum Individuum. Das neue Gebührenregime hat dabei eine besorgniserre-gend hohe Verschuldungsrate der Studierenden mit sich gebracht. Alle beteiligten Interessen-gruppen wie Studieninteressierte, Studieren-de, Absolventinnen und Absolventen sowie die allgemeine Öffentlichkeit sehen in der Senkung der Studiengebühren eine Hauptaufgabe für Nachbesserungen am bestehenden System.

Auf den ersten Blick nahm man als positiven Effekt der Reformen eine Ausweitung des Bil-dungsangebots wahr. Diese Ausweitung brachte aber auch negative Effekte mit sich wie das Ab-senken von Zugangsqualifikationen. Die Zunah-me an Partizipation im tertiären Bildungssektor um jeden Preis ist kritisch zu sehen, wenn dafür das Bildungsniveau der Studierenden sinkt. Eine Studierendenkohorte mit niedrigeren Abitur-resultaten wird allgemein mit einer höheren Studienabbruchquote assoziiert. Für 14 britische Universitäten gingen Schätzungen davon aus, dass weniger als 70 Prozent einen Abschluss

Das „Klassenzimmer auf vier Rädern“ unterwegs in Irland

Das Deutschmobil nahm im September 2019 seine Reise durch Irland auf. Es ist ein gemein-sames Projekt zur Förderung der deutschen Sprache der DAAD-Außenstelle London, des Goethe-Instituts Dublin und der deutschen Bot-schaft Dublin. Um Interesse an der deutschen Sprache zu wecken, tourt der von Volkswagen Irland gesponserte Elektro-Golf bis Juni 2020 durch das ganze Land, um Primar- und Sekun-darschulen zu besuchen. Bis Ende 2019 hatte das Deutschmobil, das Christine Kopke, eine DAAD-Sprachassistentin an der Dublin City Uni-versity, lenkte, mehr als 50 Schulen mit rund 1.500 Schülerinnen und Schüler besucht und da-bei etwa 7.500 Kilometer mit dem Elektro-Golf zurückgelegt. Anders als in Großbritannien sind die Deutschlernendenzahlen durch eine weit-sichtige Bildungspolitik Irlands in den letzten Jahren erfreulicherweise gestiegen.

› „Das Klassenzimmer auf vier rädern“: DaaD-Sprachassistentin Christine Kopke

unterwegs in Irland.

› DaaD-Sprachassistentin Christine Kopke besucht Schülerinnen und Schüler der Scoil-Satain-Schule in Dublin mit dem e-Golf.

EUroPalondon162

Page 165: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

erlangen. Eine dieser Universitäten ging bei ihrer Prognose sogar nur von einer Erfolgsrate von 51,7 Prozent.

Eine weitere nicht gewollte Folge der Reform: Sie bewirkte eine Inflation guter Abschlussno-ten („first und upper second-class“). Dies lässt sich unzweifelhaft nicht nur mit der wachsen-den Leistungsfähigkeit der Studierenden erklä-ren. Man muss davon ausgehen, dass der Anteil sehr guter und guter Studienabschlüsse eines Abschlussjahrgangs auch eine Form des Reputa-tionsmanagements ist.

In Bezug auf die akademische Post-18-Bildung kamen die Expertinnen und Experten zu fol-genden Empfehlungen für das System der Stu-dienfinanzierung: Die Obergrenze für Studi-engebühren soll ab 2021/2022 auf 7.500 Pfund jährlich reduziert werden. Diese Grenze soll bis 2022/2023 eingefroren werden und dann in Ein-klang mit der Inflationsrate steigen. Neben die-ser Basisfinanzierung durch die Einnahmen aus Studiengebühren sollen die Hochschulen ihren zusätzlichen Finanzierungsbedarf durch staatli-che Subventionen („average per-student grant“) decken. Dabei soll sich die Gesamtfinanzierung der Studiengänge nicht gravierend ändern. Die Expertinnen und Experten des Panels empfah-len, für eine ausbalancierte Finanzierung detail-lierte Analysen zu den tatsächlichen Kosten von Studiengängen und dem sozialen und ökono-mischen Wert der Fächer für Studierende und Steuerzahlende zu erstellen.

Brexit and Beyond: Britische Bildungspolitik unter der zweiten Regierung Johnson

Das Thema universitäre Bildung spielte im Wahlkampf kaum eine Rolle. Die Konservativen gingen nur sehr oberflächlich auf die Empfeh-lungen des Augar-Berichts ein. Die im Wahlpro-gramm der Konservativen zugesagte Neugestal-tung des Forschungsförderungssystems und die Erhöhung der zu allokierenden Mittel auf 2,4 Prozent des BIP müssen nun mit den beiden un-terschiedlichen Strategien zur Forschungsförde-rung versöhnt werden.

Johnsons Berater Dominic Cummings sprach da-von, dass man mit der Neugestaltung des Förder-systems auch hoch risikoreiche, hoch profitable Forschung fördern würde „at arm’s length from government“. Gleichzeitig soll Forschung betrie-ben werden, die der Industriestrategie der Re-gierung Rechnung trägt. Ein Spagat, der auch zu Spannungen innerhalb der Wissenschaft führen kann. Die Erhöhung der Forschungsförderung soll ebenfalls dazu führen, dass sich die Univer-sitäten auf das Einwerben dieser Mittel konzent-rieren und ihre Forschung nicht aus den Gebüh-reneinnahmen quersubventionieren müssen.

Auch eine Antwort auf die Frage nach einer neuen Strategie zum regionalen Ausbalancieren dieser Forschungsmittel wird die neue Regie-rung in Angriff nehmen müssen. Johnsons Be-rater Cummings wich nach der Wahl von seinen bisherigen Visionen für ein britisches Silicon Valley im „Golden Triangle“ von London, Oxford und Cambridge ab und betonte ausdrücklich die positiven Effekte, die eine breiter angelegte For-schungsförderung für das Land haben könne.

Eine neue Umfrage im Auftrag von Universi-ties UK (UUK) hat gezeigt, dass sich die Hal-tung der breiten Öffentlichkeit zur Immigration von hoch qualifizierten EU-Bürgerinnen und -Bürgern positiv entwickelt hat. Bezogen auf den Wissenschaftsbereich scheint die größte Stolperfalle in den UK-EU-Beziehungen der-zeit die Frage nach der Beteiligung am EU-For-schungsprogramm „Horizont Europa“ zu sein.

› Das King’s College london ist eine der angesehensten hochschuleinrichtungen der welt und das älteste College der University of london.

EUroPalondon 163

Page 166: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Hierbei sind einerseits der sehr enge Zeitplan für einen Verhandlungserfolg bis zum Start des Programms Anfang 2021 zu nennen sowie die Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofes, die sich aus der Teilnahme Großbritanniens an EU-Förderprogrammen ergäbe. Das Beenden dieser Gerichtsbarkeit war für viele Brexiteers ein zentraler Baustein der Leave-Kampagne mit dem Slogan „Take back control“. Das Kernstück europäischer Mobilitätsförderung, Erasmus+, läuft wohlmöglich Gefahr, als Pfand zu dienen, sollte Großbritannien den Eindruck bekommen, nicht genug „value for money“ zu bekommen.

Die DAAD-Arbeit vor Ort

Für die Außenstelle London war 2019 ein inten-sives Beratungsjahr. Aufgrund der Unwägbar-keiten und ungeklärten Sachverhalte, die der zunächst für Ende März, dann für Ende Okto-ber anstehende Brexit mit sich brachte, leistete die Außenstelle viel Informationsarbeit für die deutschen Hochschulen. Aber auch die briti-schen Partnerorganisationen des DAAD sowie viele mit Deutschland kooperierende Hochschu-len nahmen die Gelegenheit wahr, sich mit dem DAAD auszutauschen und abzustimmen.

Die britischen Hochschulen hatten schon früh erklärt, dass ein Austritt ohne Vertrag nicht im Sinne der Universitäten sei und Nachteile für die Wissenschaft auf beiden Seiten hätte. Im Juni moderierte der damalige Außenstellenleiter Dr. Georg Krawietz ein Gespräch im Rahmen der strategischen Partnerschaft der TU München mit dem Imperial College London. Prominen-te Gesprächspartnerinnen und -partner waren die Präsidentin des Imperial College, Prof. Alice P. Gast, sowie der designierte Präsident der TU München, Prof. Dr. Thomas Hofmann.

Der DAAD University of Cambridge Research Hub for German Studies

Seit 2016 fördert der DAAD das „DAAD Univer-sity of Cambridge Research Hub for German Studies“ an der University of Cambridge. Es ist das erste dezidierte Forschungszentrum inner-halb des weltweiten Netzwerks für Deutschland- und Europazentren. Mit der Durchführung von fachlichen Veranstaltungen und der Publikation von Ergebnissen seiner Forschungen trägt das Zentrum dazu bei, das zeitgenössische Deutsch-land in einem europäischen Rahmen zu kontex-tualisieren.

Die DAAD-Förderung finanziert schwerpunkt-mäßig die Durchführung von verschiedenen Veranstaltungen, hauptsächlich Workshops und Konferenzen. Daneben fanden auch 2019 wieder einige öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen des Hubs statt, darunter ein Vortrag des deut-schen Botschafters im Vereinigten Königreich, Dr. Peter Wittig. Im Oktober lud der DAAD wei-tere prominente Rednerinnen und Redner zu zwei weiteren „DAAD Cambridge Hub Lectures“ ein: die Leibniz-Preisträgerin Prof. Dr. Barbara Stollberg-Rilinger und der Generalsekretär der Alexander von Humboldt-Stiftung, Dr. Enno Auf-derheide. Im November schloss sich die „DAAD Cambridge Hub Annual Lecture“ an, dieses Jahr mit einem Vortrag von Botschafter a. D. Wolf-gang Ischinger, dem Vorsitzenden der Münche-ner Sicherheitskonferenz.

› „DaaD Cambridge research hub“: Gastvortrag „annual lecture“ mit Botschafter

a. D. wolfgang Ischinger.

EUroPalondon164

Page 167: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Zum Ende der ersten fünfjährigen Förder phase (2020) evaluierte ein Team externer Expertin-nen und Experten das „DAAD Cambridge Hub“. Neben einer Online-Befragung von Teilneh-menden und Geförderten führten sie eine Vor-Ort-Begehung durch und sprachen mit Mit-arbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Wissen-schaftlerinnen und Wissenschaftlern der Uni-versität Cambridge.

Kampf auf verlorenem Posten? Deutsch als Fremdsprache im Vereinigten Königreich

Der DAAD unterstützte auch 2019 britische Hochschulen dabei, dem kontinuierlichen Abwärtstrend der Zahl der Deutschlernenden im universitären Bereich entgegenzuwirken. Deutsch nimmt im nationalen Vergleich zum Beispiel zu Spanisch seit 2004 weiter ab. Dazu beigetragen hat auch, dass Fremdsprachen an Schulen im Vergleich zu den Naturwissenschaf-ten einem strengeren Benotungsschema unter-liegen und es demnach schwieriger ist, ein gutes Ergebnis in diesen Fächern zu erzielen.

Seit 2010 gibt es 45 Prozent weniger Abiturprü-fungen im Fach Deutsch. Die direkten Auswir-kungen sind auch im Hochschulbereich spürbar: Von den 15.600 Deutschlernern belegten 2019 13.300 Studierende Deutsch in Sprachlernzent-ren und nur 2.300 in der klassischen Germanis-tik. Studierende sehen das Erlernen der Sprache mehr und mehr als Chance, um auf dem Arbeits-markt bessere Berufschancen zu haben.

Basierend auf dem Potenzial des Deutschen als Fachsprache unterstützte der DAAD 2019 die fünfte Konferenz für „Languages for Specific Purposes in Higher Education“. Darüber hin-aus förderte die Außenstelle London die deut-sche Sprache durch ihr großes DaF-Netzwerk, das 2019 mit 34 Lektoratsstellen und sieben Sprachassistenzen an britischen Hochschulen vertreten war. Die DAAD-Außenstelle betreute auch 2019 die DaF-Dozentinnen und -Dozenten inklusive Ortslektorinnen und -lektoren fach-lich, unter anderem durch das Themensemi-nar „Vielfalt im Curriculum“, das Netzwerktref-fen der Fachlektorinnen und -lektoren und das Jahrestreffen, das 19 Fortbildungen zu diversen Themen anbot und die Möglichkeit der Vernet-zung unterstützte.

› Diskussionspanel DaaD Cambridge research hub annual lecture (v. l. n. r.): Prof. Brendan Simm (U Cambridge), Sir richard Shirreff (Strategia worldwide), Prof. Beatrice heuser (U Glasgow), Botschafter a. D. wolfgang Ischinger.

EUroPalondon 165

Page 168: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

2,4 Mio.Anzahl der eingeschrie benen Studierenden (alle Studienstufen)

2.065Anzahl der Bildungs-ausländer in Deutschland

27.366Absolvent/innen Promotion

Dr.

59,40 %Immatrikulationsquote

Quellen: DAAD, Statistik DESTATIS – Statistisches Bundesamt, Wissenschaft weltoffen, The World Bank, Data UNESCO, Institute for Statistics

DATEN ZUM BILDUNGSSYSTEM VEREINIGTES KÖNIGREICH

Die beliebtesten Ziel länder für Studierende

1,45 %Im Ausland Studierende (Anteil an Studierenden gesamt)

Ausländische Studierende im Land gesamt nach Herkunftsländern

17,92 %Anteil ausländischer Studierender

35.252Im Ausland Studierende (Anzahl gesamt)

1. Vereinigte Staaten 2. Niederlande 3. Deutschland 4. Australien 5. Frankreich

1. China 2. Hongkong (CN) 3. Indien 4. Malaysia 5. Vereinigte Staaten

EUroPalondon166

Page 169: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Tabelle 11: DAAD-Geförderte aus dem Ausland und aus Deutschland nach Herkunfts-/Zielland und Förderbereichen Vereinigtes Königreich

a = Geförderte aus dem auslandD = Geförderte aus Deutschland

Vereinigtes Königreich

I. Individualförderung – gesamtA 195D 672

1. nach Status

Studierende auf Bachelor-niveaua 82D 179

Studierende auf Master-niveaua 30D 263

Doktorand/innena 44D 100

Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen (inkl. Postdoktorand/innen)a 39D 130

2. nach Förderdauer

< 1 Monata 102D 136

1–6 Monatea 46D 193

> 6 Monate (langzeitförderung)a 47D 343

II. Projektförderung – gesamtA 438D 843

1. nach Status

Studierende auf Bachelor-niveaua 42D 416

Studierende auf Master-niveaua 31D 260

Doktorand/innena 307D 134

Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen (inkl. Postdoktorand/innen)a 51D 26

andere Geförderte*a 7D 7

2. nach Förderdauer

< 1 Monata 398D 564

1–6 Monatea 23D 217

> 6 Monate (langzeitförderung)a 17D 62

III. EU-Mobilitätsprogramme – gesamtA 33D 5.992

1. Mobilität mit Programmländern

1. Erasmus-Studierendenmobilität (auslandsstudium)a

D 3.437

2. Erasmus-Studierendenmobilität (auslandspraktikum)a

D 1.753

3. Erasmus-Personalmobilität (Dozent/innen, sonstiges Personal)a 33D 802

DAAD-Förderung – gesamt (I + II + III)A 666D 7.507

DAAD-Förderung – Geförderte A und D – gesamt 8.173

*Personen in studienvorbereitenden Maßnahmen sowie projektbetreuendes hochschulpersonal

In der aufstellung der Geförderten des DaaD werden drei Förderbereiche unterschieden. In der Individualförderung unterstützt der DaaD schwerpunktmäßig Studierende sowie Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen, die sich erfolgreich um ein DAAD-Stipendium beworben haben. In der Projektförderung finanziert der DAAD vornehmlich Programme zur Förderung weltoffener Hochschulstrukturen. als nationale agentur für EU-hochschulzusammenarbeit vergibt der DaaD schließlich Fördermittel an Studierende und Mitarbeiter von hochschulen, die insbesondere akademische Mobilität ins europäische ausland unterstützen (EU-Mobilitätsförderung). Die in der tabelle abgebildeten Zahlen zu den Geförderten beziehen sich auf das Projekt 2017 und damit auf die laufzeit 1.6.2017–31.5.2019.

EUroPalondon 167

Page 170: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

MOSKAU

EUroPaMoskau168

Page 171: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

EUroPaMoskau 169

Page 172: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Russische Politik in Zeiten des digitalen Medienwandels

Der „direkte Draht zum Präsidenten“ bedeutet einen alljährlichen kommunikativen Höhepunkt in der russischen Politik. Kurz vor der Sommer-pause stellt sich der Amtsinhaber mehr als vier Stunden lang Anruferinnen und Anrufern aus dem ganzen Land. Es liegt in der Natur der Sa-che, dass sich dieses im Fernsehen live übertra-gene Dialogereignis zwischen Machtspitze und Zivilgesellschaft sorgfältig inszeniert vollzieht.

So war es sicherlich kein Zufall, wer Präsident Wladimir Putin zu den Missständen bei der Müllentsorgung befragen konnte – dem The-ma, an dem sich in den Monaten zuvor landes-weit viel lokaler Protest entzündet hatte und das schon bei der Präsidentenwahl im Vorjahr eine Rolle gespielt hatte. Durchgestellt wurden weder staatsnahe Vertreter noch oppositionelle Ökoaktivisten. Vielmehr plauderte mit Wladimir

Putin eine noch schulpflichtige Influencerin, die durch ihre Lifestyle-orientierten Instagram- Postings in Russland bekannt geworden ist und mit ihrem YouTube-Kanal mittlerweile über fünf Millionen Follower erreicht.

Inhaltlich überraschte der Gesprächsverlauf nicht sonderlich. Der Präsident konzedierte dringenden Reformbedarf und drückte seine Erwartung aus, rasch ein effektives Abfallver-wertungssystem einführen zu können. Dennoch sagt dieser Austausch einiges über die politi-schen und kulturellen Zustände im Land aus.

Die Digitalisierung schreitet auch in Russland in allen Bereichen voran. Sie wird als „natio-nales Projekt“ zur Modernisierung von Wirt-schaft, Infrastruktur und Bildung mit 22 Mrd. Euro staatlichen Fördermitteln bis 2024 un-terstützt. Eine Folge ist der Bedeutungsver-lust des weitestgehend staatlich kontrollierten

} Auch in Russland lösen digitale Medien inzwischen das Fernsehen bei der Deutungshoheit ab. In der Hochschulpolitik treibt die Regierung die Internationalisierung konsequent voran und setzt auf Exzellenz. Die Website des Deutsch-Russischen Jahres der Hochschulkooperation und Wissenschaft weist bereits über einhundert Einträge zu bereits durchgeführten oder geplanten Veranstaltungen in Deutschland und der Russischen Föderation auf.

Dr. Andreas Hoeschen leitet die DAAD-Außenstelle Moskau seit 2018. Er ist auch für das Deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus in Moskau verantwortlich. Insgesamt beschäftigt das Büro zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

ZWISCHEN KOOPERATIONSWILLEN UND KONTROLLDISKURS

EUroPaMoskau170

Page 173: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Informationsmediums Fernsehen bei den jünge-ren und sozial aktivsten Bevölkerungsgruppen.

Das unabhängige Meinungsforschungsinstitut Lewada-Zentrum zeigte in einer ausführlichen Studie zur russischen Medienlandschaft 2019 auf, wie stark die jahrzehntelang unangefoch-tene Informationsinstanz Fernsehen auf dem Rückzug ist. Während vor zehn Jahren noch 94 Prozent der russischen Bevölkerung dieses Me-dium nutzten und den Informationsgehalt zu 80 Prozent als glaubwürdig einstuften, liegt der Be-nutzeranteil nun bei 72 Prozent und das Vertrau-en in das Fernsehen ist auf 55 Prozent gefallen.

Verantwortlich dafür sind insbesondere die Be-fragten unter 25 Jahren. In dieser Alterskohorte haben Videoblogs und Informationen aus sozialen

Netzwerken das Fernsehen als relevantes und glaubwürdiges Medium abgelöst. Der generations-bezogene Scheitelpunkt für das Vertrauen bezie-hungsweise Nicht-Vertrauen in das Medium Fern-sehen liegt laut Lewada-Studie bei etwa 35 Jahren.

Den Verlust der durch ein Medium garantier-ten Informationshegemonie sehen nicht nur die Machteliten als Herausforderung. Die zuneh-mend fragmentarisierte Öffentlichkeit im und durch das Internet verunsichert generell viele konservativ orientierte Kräfte im Land. Dies äußert sich beispielsweise in bisher frucht- und folgenlosen Debatten über eine Wiedereinfüh-rung von Zensur, um etwa den vermeintlich ver-derblichen Einflüssen des ebenso populären wie sprachlich oft provokanten russischen Hip-Hops auf die Jugend entgegenzuwirken.

› Die Digitalisierung verändert auch das Verhältnis von Kreml und Öffentlichkeit in russland.

EUroPaMoskau 171

Page 174: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Moskauer Halbzeitveranstaltung des Themenjahres

Zur Halbzeit des Deutsch-Russischen Jahres der Hochschulkooperation und Wissenschaft 2018 bis 2020 fand im Dezember das „Deutsch-Russi-sche Forum für universitäre Forschung in Mos-kau“ statt. Gastgeber dieser ersten Großveran-staltung des Themenjahres war der Koordinator auf russischer Seite, die Moskauer Universität MISiS. Ganz im Sinne des partnerschaftlichen Geistes im Themenjahr wirkte der DAAD mit Unterstützung durch das DWIH Moskau bei der Gestaltung dieses Dialogforums mit.

Politische Spitzenvertreterin bei der Eröffnung war die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Michelle Müntefering, auf russischer Seite ka-men Präsidentenberater Prof. Andrej Fursenko sowie der Erste Vize-Minister für Wissenschaft und Hochschulbildung Prof. Grigorij Trubni-kow. Unter den rund 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmern waren mehr als fünfzig deut-sche Gäste, darunter Prof. Dr. Jörg Hacker, der Präsident der Deutschen Akademie der Natur-forscher Leopoldina, Prof. Dr. Arnold van Zyl, DAAD-Vorstandsmitglied und Präsident der Dualen Hochschule Baden Württemberg, sowie der Rektor der Technischen Universität Ilme-nau, Prof. Dr. Peter Scharff.

Bei den drei hochrangig besetzten Podiums-diskussionen des Eröffnungstages diskutier-ten Expertinnen und Experten beider Länder über das Verhältnis zwischen universitärer und außeruniversitärer Forschung, Modelle und

Praktiken der Förderung von Hochschul- und Wissenschaftskooperation sowie über die Um-setzung der deutsch-russischen Roadmap für die Zusammenarbeit in Bildung, Wissenschaft, Forschung und Innovation. Der zweite Tag war der Begegnung des wissenschaftlichen Nach-wuchses gewidmet und schloss nach weiteren Podiumsdiskussionen mit einem anregenden Science Slam deutscher und russischer For-scher ab.

Hervorzuheben ist außerdem die Beteiligung der deutschen Wirtschaft in Russland. Bei ei-ner von der Außenhandelskammer Moskau moderierten Diskussion zum Transfer wissen-schaftlicher Forschungsergebnisse nahmen auf deutscher Seite Vertreterinnen und Vertreter vom Auerhammer Metallwerk sowie von Bayer, Bosch und Siemens teil. Ausschlaggebend für den Erfolg der Veranstaltung war nicht zuletzt die breite Beteiligung deutsch-russischer Pro-jekte durch Doktoranden, Forscher, Hochschul-lehrerinnen und Institutsleiter. Sie präsentier-ten die Ergebnisse ihrer Zusammenarbeit auf Postern und reicherten die Diskussionen mit ihren konkreten Erfahrungen an.

› Gastgeber des Deutsch-russischen Forums für universitäre Forschung war die Moskauer Universität MISiS.

› Staatsministerin Michelle Müntefering mit teilnehmerinnen und teilnehmern der Moskauer halbzeitveranstaltung des Deutsch-russischen themenjahres der wissenschaft und hochschulkooperation.

EUroPaMoskau172

Page 175: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Ein Umgang der Macht mit der sich wandelnden Öffentlichkeit besteht zum einen darin, deren neue Akteure einzubinden, wie der Dialog zwi-schen Social-Media-Influencerin und Präsident gezeigt hat. Ein anderer liegt in dem Versuch, mehr Kontrolle zu gewinnen. Sehr weitreichend drückt sich dieser Ansatz in dem am 1. Novem-ber verabschiedeten Gesetz über ein „souverä-nes russisches Internet“ aus.

Welche Wirkung dieses Gesetz haben kann und wird, ist umstritten. Im Kern formuliert es den Auftrag, eine zusätzliche digitale Infrastruktur aufzubauen, die ausschließlich russische Daten-server verknüpft. Dieses Ersatzinternet könnte dann bei einem Cyberangriff von außerhalb den digitalen Austausch im nationalen Netz stö-rungssicher übernehmen. Kritische Stimmen befürchten aber vor allem staatliche Eingriffe zur Begrenzung der in Russland faktisch weithin unreglementierten Internet-Öffentlichkeit.

Da noch keine Durchführungsbestimmungen für das Gesetz vorliegen und die technischen Voraussetzungen für die umfassenden Pläne ungeklärt sind, bleibt abzuwarten, welche prak-tischen Konsequenzen sich daraus ergeben wer-den. Aktuell ist das Gesetz zunächst Ausdruck eines offenbar gesteigerten Kontrollbedürfnis-ses durch die Staatsmacht, aber auch eines wei-teren Kreises politischer Kräfte, die in der Duma vertreten sind. Der von ihnen angestrengte Kon-trolldiskurs ist überall da anzutreffen, wo die Modernisierung Russlands Fortschritte macht.

Insgesamt präsentiert sich die politische Lage zu Jahresende als relativ stabil. Laut Lewada- Umfrage von Dezember 2019 liegen die Zustim-mungswerte für den Präsidenten bei 66 Prozent. Regierungschef Medwedew erhält 44 Prozent. Eine relative Mehrheit von 49 Prozent meint, dass das Land sich in die richtige Richtung bewege, während 43 Prozent dies verneinen und 8 Prozent angeben, nicht zu wissen, wohin es gehe.

Im Vorfeld der Regionalwahlen im September äußerte sich in politischen Protesten Unzu-friedenheit über die Kandidatenzulassung. Sie nahm insbesondere in Moskau und St. Pe-tersburg größere Ausmaße an. Hierauf reagier-te die staatliche Seite verschärft, in Einzelfällen auch strafrechtlich. Der nichtsdestoweniger im Großen und Ganzen ungebrochene Konsens der Bevölkerungsmehrheit mit dem politischen Sys-tem hängt nach Meinung vieler Beobachter im Land in erster Linie mit der positiven Entwick-lung der materiellen Lebensverhältnisse in den letzten zwei Jahrzehnten zusammen.

rUSSISChE DaaD-alUMnI taUSChEn SICh MIt DEUtSChEn wISSEnSChaFtlErInnEn UnD wISSEnSChaFtlErn aUS

Im oktober diskutierten russische DaaD-alumni von Universitäten in Moskau, St. Petersburg und Irkutsk mit den deutschen Experten Prof. Dr. rudolf Kawalla von der tech-nischen Universität Freiberg und

dem Präsidenten der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, Prof. Dr. hans wiesmeth, darüber, wie Internationalisierung die Qualität der hochschulausbildung steigern kann. rund einhundert Gäste be-

teiligten sich am Fachgespräch, das die DaaD-außenstelle gemeinsam mit der Moskauer Forschungsuni-versität MISiS veranstaltete.

› DaaD-alumni haben individuelle Erfolgsgeschichten von Internationalisierung zu berichten.

EUroPaMoskau 173

Page 176: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Allerdings trübt die seit 2012 anhaltende Stagna-tion der Realeinkommen diese positive Grund-stimmung. Eine Verbesserung hin zu einer wieder dynamischen Wirtschaftsentwicklung mit steigenden Einkommen erfordert nach dem Urteil von russischen Wirtschaftsfachleuten, strukturelle Hindernisse zu überwinden, etwa die private Investionsschwäche.

Wissenschaft und Hochschulen: Qualitäts-differenzierung und Internationalisierung treiben die Modernisierung

Im Wissenschaftsbereich – das sind in Russ-land Hochschulen und außeruniversitäre For-schungseinrichtungen – verfolgt die russische Regierung seit Beginn der letzten Dekade ambi-tionierte Modernisierungsziele. Sie weisen alle einen Internationalisierungsbezug auf. Ähnlich wie andere Wissenschaftsnationen beabsichtigt Russland, die Wettbewerbsfähigkeit des eigenen

Landes in Forschung und Innovation durch eine möglichst weitreichende Einbindung in inter-nationale Kooperationsstrukturen zu steigern. Im Herbst 2019 legte das russische Ministerium für Wissenschaft und Hochschulbildung eine als „Konzept der internationalen wissenschaft-lich-technischen Zusammenarbeit“ betitelte In-ternationalisierungsstrategie vor, die dies noch einmal bekräftigt.

Für die russischen Hochschulen bedeutet Inter-nationalisierung eine wesentliche Profilanfor-derung bei der qualitätsorientierten Verteilung staatlicher Mittel. Im April 2019 wurde bekannt gegeben, dass die Exzellenzinitiative „Projekt 5/100“ über das Jahr 2020 hinaus verlängert und die Zahl der an der Exzellenzförderung partizi-pierenden Hochschulen durch eine weitere Wett-bewerbsrunde von 21 auf 30 erhöht wird. Dafür wurde ein um 50 Prozent erhöhter Förderumfang in Aussicht gestellt: Ab 2021 sollen insgesamt 215 Mio. Euro pro Jahr zur Verfügung stehen.

Plakative Zielbeschreibung des „Projekts 5/100“ in der laufenden Runde ist, bis zum Jahr 2020 mindestens fünf russische Universitäten auf ei-nen der ersten 100 Listenplätze der wichtigsten internationalen Rankings zu befördern. Dieses Ziel haben 2019 sieben Universitäten erreicht, wenn neben den institutionellen auch disziplin-spezifische Rankings betrachtet werden.

naChhaltIGEr aUStaUSCh: 15. rÜCKKEhrErSEMInar IM „Kant“- UnD „loMonoSSow“-ProGraMM

Seit 15 Jahren vergibt der DaaD gemeinsam mit dem russischen Ministerium für Wissenschaft und hochschulbildung Deutschland-Sti-pendien für den russischen For-schernachwuchs in den Program-men lomonossow und Kant. am 26. und 27. april fand ein gemeinsam

mit der DaaD-außenstelle veranstal-tetes rückkehrerseminar erstmals im russischen Wissenschaftsminis-terium statt. russische nachwuchs-forscherinnen und nachwuchsfor-scher von hochschulen des ganzen landes kamen zusammen, um die Erfahrungen und Ergebnisse ihrer

Deutschlandaufenthalte zu bilan-zieren. Deutlich wurde, dass vom austausch nicht nur die individuelle Karriere profitiert. In vielen Fällen konnten längerfristige Kooperati-onen angebahnt werden, die den Institutionen in beiden ländern zugutekommen.

› Stipendiatinnen und Stipendiaten der Programme „lomo-nossow“ und „Kant“ tauschen sich über ihre Erfahrungen in Deutschland aus und diskutieren Zukunftsperspektiven.

EUroPaMoskau174

Page 177: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Wissenschaftspolitisch – und inhaltlich bedeut-samer – geht es bei dieser Exzellenzinitiative aber darum, dass von den traditionell auf die akademische Lehre fokussierten russischen Hochschulen die leistungsfähigsten Anschluss an die internationale Spitzenforschung gewin-nen. Dafür erhalten sie zusätzliche staatliche Förderung und mehr Gestaltungsautonomie bei der Vergabe von Abschlüssen. Zugleich unterlie-gen sie einem Performanz-Monitoring, dessen Indikatoren Internationalisierung, die Zahl der Lehrenden und Studierenden aus dem Ausland, Forschungsprojekte sowie Publikationen mit ausländischen Partnerinstitutionen sind.

Eine sozialwissenschaftliche Begleitforschung verfolgt die Veränderungen, die der Reformpro-zess im Hochschulsystem bewirkt. Die im No-vember vorgestellte Studie des Wissenschafts-verlags Elsevier hat ermittelt, dass mittlerweile ein Drittel aller Forschungspublikationen an russischen Hochschulen auf die 21 Univer-sitäten im Exzellenzwettbewerb entfallen. Die beiden ebenfalls sehr forschungsstarken

autonomen Flaggschiff-Universitäten Moskau-er Staatliche Universität und St. Petersburger Staatliche Universität werden hierbei nicht mitgezählt, da sie außer Konkurrenz Exzellenz-förderung erhalten. Eine Konzentration der Forschung in der Spitzengruppe eines Gesamt-sektors von über 500 russischen Hochschulen ist demnach offensichtlich.

Bemerkenswert erscheint weiterhin, dass laut Elsevier-Studie 29 Prozent der Publikationen von 5/100-Hochschulen in Ko-Autorschaft mit ausländischen Wissenschaftlerinnen und Wis-senschaftlern verfasst sind. Aufschluss über die bevorzugten Forschungspartnerländer für alle Hochschulen und Forschungseinrichtungen liefert das vom russischen Wissenschaftsminis-terium gemeinsam mit der Moskauer Higher School of Economics herausgegebene Jahrbuch „Indikatoren der Wissenschaft“. Nach den Zah-len für 2019 teilen sich die USA und Deutschland die Spitzenpositionen als Ko-Autor-Herkunfts-länder mit 9.353 beziehungsweise 8.984 Veröf-fentlichungen. Mit deutlichem Abstand folgen Frankreich (5.385), Großbritannien (5.162) und China (3.928).

Wettbewerb um die besten Studienanfän-ger und Expansion des Ausländerstudiums

Gemeinsam mit staatlichen Steuerungsimpul-sen wirkt sich auch die Studienplatzwahl der russischen Studienanfänger auf die Qualitätsdif-ferenzierung der russischen Hochschulen aus. Ein russlandweites Zentralabitur und ein ein-heitliches, portalbasiertes Zulassungsverfahren ermöglichen, dass Studienangebot und Studien-interessierte in einem landesweiten Matching zusammengeführt werden. Dies hat zu einer bis vor wenigen Jahren noch unbekannten Binnen-mobilität der Studienanfängerinnen und Studien-anfänger geführt, die nunmehr oft weit von ihren Heimatorten entfernt ihr Studium aufnehmen.

Die selektive Vergabe der staatlich finanzierten „Budget“-Studienplätze beeinflusst diese Dyna-mik. Von 715.000 russischen Studienanfängern im Jahr 2019 konnten 465.000 ein gebührenfrei-es Studium aufnehmen, die übrigen mussten

› russische Studierende besuchen oft hochschulen des landes weit entfernt von ihrem heimatort.

EUroPaMoskau 175

Page 178: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Gebühren bezahlen. Ein jährliches Monitoring der Hochschulzulassung durch das statistische Forschungsinstitut der Moskauer Higher School of Economics registriert die durchschnittlichen Abiturnoten der zugelassenen Studierenden je nach aufnehmender Institution und erstellt so eine Art Studienanfängerranking aller russi-schen Hochschulen.

Für die gut 325.000 internationalen Studieren-den an russischen Hochschulen standen im Jahr 2019 knapp 100.000 kostenfreie Plätze zur Verfügung. Studierende aus dem Ausland sind eine umworbene Zielgruppe. Zum Jahresende brachte die Regierung einen Gesetzentwurf in die Duma ein, der es ihnen erlauben soll, ohne Zusatzgenehmigung 20 Stunden pro Woche zu arbeiten. Die strategischen Motive bei der An-werbung sind ein Mix aus finanziellen Vorteilen durch Studiengebühren, wirtschaftspolitischen und Soft-Power-Zielen sowie der Bedarf an For-schungsnachwuchs.

Etwa zwei Drittel der Studierenden aus dem Ausland kommt aus Staaten der ehemaligen Sowjetunion. Eine wichtige Rolle spielen hier si-cherlich Russischkenntnisse, die die Aufnahme eines Studiums erleichtern. In den letzten Jah-ren kommen aber auch mehr Studierende aus Asien und Afrika. Als offizielle Zielzahl für das Jahr 2024 nannte Wissenschaftsminister Michail Kotjukow in einem Interview im Herbst 425.000 internationale Studierende in Russland.

Interner Erlass zum Umgang mit ausländischen Partnern in der Wissenschaft löst öffentliche Proteste aus

Die Internationalisierung der Wissenschaft sorgt in Russland auch für Widerspruch. Die Furcht vor dem Braindrain der eigenen Talente oder unerwünschter Beeinflussung von außen können immer wieder gesellschaftliche Kräfte mobilisieren, die den Wert vertiefter akademi-scher Zusammenarbeit und verstärkten Austau-sches mit dem Ausland infrage stellen.

Im Jahr 2019 gab es eine Irritation jedoch von unerwarteter Seite. Im August hatte der Leiter eines russischen Forschungsinstituts größere Teile eines in der ersten Jahreshälfte anschei-nend an alle universitären und außeruniversitä-ren Einrichtungen verteilten internen Erlasses des russischen Wissenschaftsministeriums über den Umgang mit Ausländerinnen und Auslän-dern an eine unabhängige Wissenschaftszeit-schrift weitergegeben. Inhalt war die Forderung nach einem Kontrollregime, wie es der russische Staat sonst nur bei als sicherheitsrelevant Einge-stuftem – insbesondere in der Militärforschung – anwendet: Ausländische Gäste seien fünf Tage im Voraus dem Ministerium zu melden, Treffen wären nur in dafür bestimmten Räumlichkeiten durchzuführen, Aufzeichnungsgeräte dürften nur in Ausnahmefällen benutzt werden.

In scharfem Kontrast dazu steht der kollegia-le Umgang mit ausländischen Partnern ohne administrativen Genehmigungsweg, den viele russische Wissenschaftlerinnen und Wissen-schaftler in so gut wie allen zivilen Forschungs-bereichen und insbesondere an Hochschulen pflegen. Erst diese Freizügigkeit ermöglicht eine produktive Zusammenarbeit.

Genau darauf wies auch der Urheber des Leaks hin. In einem offenen Begleitbrief bezeichnete er den Erlass als „sinnlosen Anachronismus“. Andere Stimmen aus der Wissenschaft äußer-ten sich mit ähnlichen Kommentaren in Tages-presse und Internet. Selbst der Präsidentenspre-cher ließ aus dem Kreml verlauten, dass es sich – unbeschadet aller gebotenen Wachsamkeit gegenüber Spionageversuchen des Auslands – bei der ministeriellen Anweisung wohl um eine „Übertreibung“ handle. Schließlich forderte das Präsidium der Russischen Akademie der Wis-senschaften das Ministerium auf, den für die In-ternationalisierung schädlichen Erlass zurück-zunehmen.

EUroPaMoskau176

Page 179: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Welchen offiziellen Status der vom Ministerium sogleich zu einer „Empfehlung“ herabgestufte Erlass mittlerweile hat, bleibt zum Jahresende unklar.1 Zumindest gibt es keine Anzeichen da-für, dass die russischen Wissenschaftseinrich-tungen aufgrund des Erlasses ihren Umgang mit ausländischen Partnern deutlich geändert hätten. Dies wäre ihrer Internationalisierung in Forschung und Lehre wenig zuträglich und passt überdies nicht zum kooperativen und kol-legialen Geist, den viele russische Hochschulen im Umgang mit ihren internationalen Partnern an den Tag legen.

Es bleibt zu hoffen, dass das russische Wissen-schaftministerium sich zukünftig konsequent an seine eigene Internationalisierungsstrategie hält. Darin wird mehrfach hervorgehoben, dass die „globale horizontale Vernetzung“ der Wis-senschaftlerinnen und Wissenschaftler ebenso wie Leitwerte wie „Offenheit“ und „Gegensei-tigkeit“ Voraussetzungen für das Gelingen von Internationalisierung sind.

1 am 11. Februar 2020 gab der neu ernannte wissenschaftsminister walerij Falkow die aufhebung des umstrittenen Erlasses bekannt.

Halbzeit des Deutsch-Russischen Jahres der Hochschulkooperation und Wissenschaft 2018 bis 2020

Dank des von den Außenministern beider Länder Ende des Vorjahres eröffneten The-menjahres erhielt die deutsch-russische Hoch-schul- und Wissenschaftskooperation 2019 eine besondere Sichtbarkeit. Der DAAD und das DWIH Moskau koordinierten die deutschen Aktivitäten. Kommunikationsplattform des The-menjahres ist auf deutscher Seite die Webseite www.wissenschaftspartner.de.

Ende des Jahres waren dort bereits weit über einhundert Einträge zu bereits durchgeführten oder geplanten Veranstaltungen in Deutsch-land und der Russischen Föderation zu finden. Das laufende Themenjahr bietet damit auch die Gelegenheit, über die Vielzahl der deutsch-rus-sischen Kooperationen hinaus ein Schlaglicht auf das synergetische System von Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Wissenschaftsorganisationen des deutschen Partners zu werfen. Dies findet in Russland, das seinen eigenen Weg in der wissenschaftlichen Internationalisierung sucht, aufmerksame Be-achtung und positive Resonanz.

› Mehr als 70 Veranstaltungen wurden im Jahr 2019 im rahmen des Deutsch-russischen themenjahres der wissenschaft und hochschulkooperation durchgeführt – wie hier die „week of the Young researcher“ von DaaD und DFG an der Moskauer Staatlichen Universität zum thema Quantenphysik.

EUroPaMoskau 177

Page 180: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

6,2 Mio.Anzahl der eingeschrie benen Studierenden (alle Studienstufen)

9.730Anzahl der Bildungs-ausländer in Deutschland

27.212Absolvent/innen Promotion

Dr.

81,81 %Immatrikulationsquote

Quellen: DAAD, Statistik DESTATIS – Statistisches Bundesamt, Wissenschaft weltoffen, The World Bank, Data UNESCO, Institute for Statistics

DATEN ZUM BILDUNGSSYSTEM RUSSISCHE FÖDERATION

Die beliebtesten Ziel länder für Studierende

0,96 %Im Ausland Studierende (Anteil an Studierenden gesamt)

Ausländische Studierende im Land gesamt nach Herkunftsländern

4,26 %Anteil ausländischer Studierender

56.659Im Ausland Studierende (Anzahl gesamt)

1. Deutschland 2. Tschechien 3. Vereinigte Staaten 4. Vereinigtes Königreich 5. Frankreich

1. Kasachstan 2. Usbekistan 3. Turkmenistan 4. Ukraine 5. Tadschikistan

EUroPaMoskau178

Page 181: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Tabelle 12: DAAD-Geförderte aus dem Ausland und aus Deutschland nach Herkunfts-/Zielland und Förderbereichen Russische Föderation

a = Geförderte aus dem auslandD = Geförderte aus Deutschland

Russische Föderation

I. Individualförderung – gesamtA 823D 413

1. nach Status

Studierende auf Bachelor-niveaua 273D 304

Studierende auf Master-niveaua 209D 32

Doktorand/innena 188D 19

Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen (inkl. Postdoktorand/innen)a 153D 58

2. nach Förderdauer

< 1 Monata 229D 208

1–6 Monatea 169D 31

> 6 Monate (langzeitförderung)a 425D 174

II. Projektförderung – gesamtA 2.599D 1.535

1. nach Status

Studierende auf Bachelor-niveaua 873D 658

Studierende auf Master-niveaua 602D 289

Doktorand/innena 210D 66

Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen (inkl. Postdoktorand/innen)a 565D 372

andere Geförderte*a 349D 150

2. nach Förderdauer

< 1 Monata 1.904D 1.173

1–6 Monatea 586D 327

> 6 Monate (langzeitförderung)a 109D 35

III. EU-Mobilitätsprogramme – gesamtA 364D 176

1. Mobilität mit Partnerländern

1. Erasmus-Studierendenmobilität (auslandsstudium)a 191D 65

2. Erasmus-Personalmobilität (Dozent/innen, sonstiges Personal)a 173D 111

DAAD-Förderung – gesamt (I + II + III)A 3.786D 2.124

DAAD-Förderung – Geförderte A und D – gesamt 5.910

*Personen in studienvorbereitenden Maßnahmen sowie projektbetreuendes hochschulpersonal

In der aufstellung der Geförderten des DaaD werden drei Förderbereiche unterschieden. In der Individualförderung unterstützt der DaaD schwerpunktmäßig Studierende sowie Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen, die sich erfolgreich um ein DAAD-Stipendium beworben haben. In der Projektförderung finanziert der DAAD vornehmlich Programme zur Förderung weltoffener Hochschulstrukturen. als nationale agentur für EU-hochschulzusammenarbeit vergibt der DaaD schließlich Fördermittel an Studierende und Mitarbeiter von hochschulen, die insbesondere akademische Mobilität ins europäische ausland unterstützen (EU-Mobilitätsförderung). Die in der tabelle abgebildeten Zahlen zu den Geförderten beziehen sich auf das Projekt 2017 und damit auf die laufzeit 1.6.2017–31.5.2019.

EUroPaMoskau 179

Page 182: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

PARIS

EUroPaParis180

Page 183: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

PARIS

EUroPaParis 181

Page 184: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Der brave deutsche Michel mag sich verwundert die Augen reiben. Selbst bei größter Unzufrieden-heit mit den Plänen der Regierung akzeptieren die Menschen in Deutschland in der Regel doch, dass wichtige Reformvorhaben nach Abstim-mung mit den Sozialpartnern im parlamentari-schen Verfahren durchgesetzt werden. Zum Bei-spiel die Erhöhung des Rentenalters auf 67 Jahre unter einem sozialdemokratischen Sozialminis-ter im Jahr 2007, die das Wahlvolk bisweilen mur-rend, aber doch widerstandslos hinnahm.

In Frankreich hingegen entscheidet nicht selten die Macht der Straße über die Durchsetzbarkeit einer Reform. Preiserhöhungen, Gesetzes- und Reformvorhaben nehmen nicht alle Teile der Bevölkerung einfach hin. Der Unmut entlädt sich jenseits des Rheins schnell mit Streiks, Blockaden und Demonstrationen. Das liegt al-lerdings weniger am viel beschworenen rebelli-schen Geist der „widerspenstigen Gallier“, son-dern eher an den Eigenheiten der Verfassung der Fünften Republik.

Das Mehrheitswahlrecht ermöglicht einer Partei, deren Kernanhängerschaft um die 25 Prozent beträgt, eine komfortable absolute Mehrheit. Das ermuntert Regierungen nicht unbedingt, nach Abstimmung, Kompromiss und Ausgleich zu suchen. Die starke präsidia-le Ausrichtung der Demokratie geht mit einer schwachen Stellung des Parlaments einher. Zu-dem kommt die politische Klasse fast durchgän-gig aus denselben Elitehochschulen und gilt als technokratisch und wenig bürgernah.

Für viele entspricht Emmanuel Staatspräsident Macron diesem Bild in idealtypischer Weise. Ha-ben sich frühere Präsidenten wie Jacques Chirac als jovial und volksnah oder François Hollande als „président normal“ inszeniert, haftet Macron das Etikett der Arroganz der Macht an. Unge-schickte und mangelnde Kommunikation lassen ihn als abgehoben und von den Bürgern ent-fremdet erscheinen.

Massenproteste, Demonstrationen und Streiks stellten die ehrgeizige Reformagenda Macrons

} Die bisweilen gewalttätigen Massenproteste stellen wichtige Vorhaben der Regierung Macron infrage. Auch die von der Regierung geplanten Studiengebühren für grundständig Studierende, die nicht aus der EU kommen, stießen auf Widerstand: Die Studierenden protestierten und auch die Hälfte der Universitätspräsidentinnen und -präsidenten lehnt die Einführung dieser Gebühren entschieden ab.

Dr. Christian Thimme leitet das Büro der Pariser Außenstelle des DAAD seit September 2017. Die Außenstelle wurde im Jahr des Elysée-Vertrages 1963 gegründet. Das Team besteht aus sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

DIE MACHT DER STRASSE – PROTEST GEGEN REFORMEN

EUroPaParis182

Page 185: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

2019 gleich zweimal infrage. Im November 2018 war die Bewegung der Gelbwesten entstanden, die sich zunächst an einer geringfügigen Erhö-hung der Dieselsteuer entzündete und sich dann zu Massenprotesten mit einem Sammelsurium unterschiedlichster Forderungen ausweitete. Etwa sechs Monate zogen sich die Proteste der Gelbwesten hin. Jeden Samstag demonstrier-ten sie in Paris, anderen Städten und an vielen „rond points“, den Kreisverkehren. Vor allem aber blockierten sie jeden Samstag die Pariser Innenstadt, sie zerstörten Geschäfte, Busstatio-nen und öffentliches Mobiliar.

Die Regierung hatte als Antwort auf die Protes-te, die der überwiegende Teil der Bevölkerung anfänglich richtig fand, finanzielle Zugeständ-nisse in Höhe von über 10 Mrd. Euro für eine

Einkommensteuersenkung, Erleichterungen für Rentnerinnen und Rentner sowie eine Erhö-hung des Mindestlohns gemacht. Große Teile der Bewegung kritisierten die Maßnahmen aber als unzureichend.

Um dem Unmut der Bevölkerung zu begegnen, organisierte die Regierung eine „grand débat“, eine große nationale Debatte, über die wichtigen gesellschaftlichen Fragen. In über 10.000 lokalen Versammlungen und auf einer Internetplattform beteiligten sich mehr als 1,9 Millionen Bürgerin-nen und Bürger an der Diskussion. Auch Prä-sident Macron stellte sich in mehreren großen Treffen mit der Bevölkerung der Diskussion mit Intellektuellen, Schülerinnen und Schülern so-wie Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern.

› ritual am Samstag: Gelbwesten blockieren die Innenstadt von Paris.

EUroPaParis 183

Page 186: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Kernthemen waren die hohe Steuerlast, das Be-dürfnis nach mehr Bürgernähe und politischer Teilhabe. Die Regierung Macron stellte konkre-te Änderungen in verschiedenen Bereichen in Aussicht. Dazu zählten eine geringere Einkom-menssteuer für die Mittelklasse, die Abschaffung der bekannten Elitehochschule Ecole d‘adminis-tration nationale (ENA), der Erhalt von Kran-kenhäusern und Schulen sowie mehr Volks-abstimmungen. Allerdings setzte sie viele der Ankündigungen bisher nicht um – mit der Folge, dass Macron die enorme Mobilisierung in dieser öffentlichen Debatte nicht für sich nutzen konnte.

Bei den Europawahlen im Mai profitierte die rechtsradikale Partei Rassemblement National von Marine Le Pen am stärksten von der Bewe-gung der Gelbwesten. Sie schnitt mit knappem Vorsprung und 23,34 Prozent der Stimmen als stärkste Partei ab.

Im Dezember 2019 stellte die Regierung Macron ihr wichtigstes und lange angekündigtes Re-formpaket vor: die Rentenreform. Etliche

Vorgängerregierungen hatten sich bereits an der Reform des unübersichtlichen und ungerechten Rentensystems die Zähne ausgebissen.

In Frankreich gibt es 42 verschiedene Renten-systeme für die Berufsgruppen. Die Grundren-te berechnet sich nicht wie in der überwiegen-den Mehrheit der europäischen Staaten nach Punkten. In der Privatwirtschaft erfolgt die Bemessung nach den 25 besten Jahren und im

ForSChUnGSKooPEratIon ZwISChEn FranKrEICh UnD DEUtSChlanD

Deutschland und Frankreich zeich-nen sich durch eine enge For-schungskooperation auf hohem niveau aus. 50 Prozent der For-schungsausgaben der EU-Staaten kommen aus Deutschland und Frankreich, beide länder arbeiten in

insgesamt 3.091 hochschulkoope-rationen zusammen. Für Deutsch-land ist Frankreich der drittstärkste Partner bei Ko-Publikationen. Insge-samt sind 24.573 Ko-Publikationen erschienen, davon 10.190 mit dem Centre national de la recherche

Scientifique als größter Forschungs-organisation. Spitzenreiter in der Forschungskooperation sind die Fächer Physik (3.011), weltraum-wissenschaften (1.657) und Chemie (1.538).

› während des Streiks bleiben die meisten Metrostationen ge-schlossen, die Pariser laufen oder fahren mit dem Fahrrad.

› Großdemonstration gegen die renten-reform.

EUroPaParis184

Page 187: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Alumnireise nach Frankfurt

Eine buntgemischte, multidisziplinäre Gruppe von 25 DAAD-Alumni besuchte im November die Stadt Frankfurt, traf sich dort mit hochran-gigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft-lern und besuchte mehrere Forschungseinrich-tungen in der Main-Metropole.

Zum Auftakt des vielfältigen Programms emp-fing Uwe Becker, Bürgermeister und Stadt-kämmerer der Stadt Frankfurt am Main, die DAAD-Alumni persönlich im Römer, dem histo-rischen Rathaus der Stadt. An der Goethe-Uni-versität begrüßten Vizepräsident Prof. Dr. Rolf van Dick und die Leitung des International Office die Gruppe. In allen Ansprachen stand die wichtige Rolle des DAAD für internationale Hochschulkooperationen und wissenschaftli-chen Austausch im Vordergrund, die Arbeit des DAAD erfreut sich großer Wertschätzung.

Ein besonderer Schwerpunkt lag auf den Tref-fen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft-lern. Bei Besuchen des Fritz-Bauer-Instituts, des Exzellenzclusters „Die Herausbildung norma-tiver Ordnungen“ und des Max-Planck-Instituts für Hirnforschung tauchten die Alumni in die verschiedenen wissenschaftlichen Materien ein und nahmen aus den anregenden Diskussionen viele neue Erkenntnisse mit.

Abends führten die Alumni die Gespräche mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft-lern in einem informelleren Rahmen fort, tra-fen Mitglieder der Regionalgruppe Rhein-Main des DAAD-Freundeskreises oder ehemalige DAAD-Lektorinnen und -Lektoren, die an fran-zösischen Universitäten unterrichteten.

› DaaD-alumni besuchen die Goethe-Universität.

› Besuch bei der Europäischen Zentralbank.

› Ein highlight der alumnireise war der Besuch im Max-Planck-Institut für hirnforschung.

EUroPaParis 185

Page 188: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Tagung zur Internationalisierung der Lehrerbildung in Nizza

Der hessische Staatssekretär Dr. Manuel Lösel von der Ständigen Konferenz der Kultusminis-ter der Länder (KMK) eröffnete die gemeinsa-me Tagung des DAAD, der Deutsch-Französi-schen Hochschule (DFH) und der Universität Nizza. Rund 90 Interessierte aus Wissenschaft, Politik und Praxis trafen sich vom 27. bis 28. Mai in Nizza, um über „Internationalisierung der Lehrerbildung“ zu diskutieren. Die Tagung vereinte Fachleute aus allen Phasen der Lehrer-bildung sowie der nationalen und regionalen deutschen und französischen Schulbehörden.

Manuel Lösel betonte, dass aus KMK-Sicht die Internationalisierung der Lehrerbildung not-wendig und wünschenswert sei, da sich der Schulalltag neuen Herausforderungen anpas-sen müsse und Kinder und Jugendliche mit Migrationserfahrung zunehmend die Klassen-zimmer prägten. Allerdings habe im föderalen System die nationale Ebene eher eine koordi-nierende Funktion und nur sehr bedingt Ein-fluss auf Entscheidungen der Länder.

DFH fördert binationale Lehrerbildung

Prof. Dr. Olivier Mentz, Vizepräsident der DFH, erläuterte drei Ebenen der Internationalisie-rung, bei denen die Komplexität aufgrund der beteiligten Entscheidungsträgerinnen und -träger immer größer werde. Während die ein-fachste Form der Internationalisierung in der Lehrkräftebildung davon geprägt sei, dass nur die eigene Hochschule internationale Elemen-te in ihre Studiengänge integriere, stimme sich auf der mittleren Ebene die eigene Hochschule eng mit der Partnerhochschule im Ausland ab. Beide Partner sorgten in enger Abstimmung für einen strukturierten Studienverlauf und arbei-teten auf einen Doppelabschluss hin.

Die komplexeste Form von Internationali-sierung sei dadurch definiert, dass am Ende die doppelte Lehrbefähigung stehe – also die Möglichkeit, in beiden Ländern als Lehr-kraft zu arbeiten. Aufgrund der unterschied-lichen Ausbildungssysteme müssten sich die deutsch-französischen Studiengänge beson-deren Herausforderungen stellen, die von den vier Studiengängen unter dem Dach der DFH in unterschiedlicher Art gelöst wurden.

› Knapp 100 teilnehmerinnen und teilnehmer diskutieren über internationale lehrerbildung.

› Staatssekretär Dr. Manuel lösel eröffnet die tagung.

EUroPaParis186

Page 189: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

öffentlichen Dienst meist nach dem Gehalt der letzten sechs Monate. Einige der Rentenkassen sind hoch defizitär, bei der Bahn müssen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler 64 Prozent der Renten gegenfinanzieren. Das aktuelle Ren-tensystem hat dazu geführt, dass einige Berufs-gruppen mit starker Durchsetzungsmacht enor-me Vorteile haben.

Die Regierung will nun ein einheitliches Ren-tensystem einführen. Die 42 berufsbezogenen Rentenkassen sollen in eine universelle Kasse überführt werden. Geplant ist eine relativ lange Übergangszeit, erst für die Jahrgänge ab 1975 soll das neue System voll greifen.

Da das bisherige Rentensystem defizitär ist, soll außerdem von 2027 an das Mindestalter für den abzugsfreien Renteneintritt von 62 auf 64 Jahre steigen. Auch beim Eintritt ins Rentenalter gab es Sonderregelungen für einzelne Berufsgrup-pen mit enormen, kaum begründbaren Unter-schieden zu anderen Berufsgruppen. So gehen die Beschäftigten der Nahverkehrsbetriebe RATP schon mit 56,9 Jahren und bei vollen Bei-tragsjahren mit einer Durchschnittsrente von 3.700 Euro in Pension. Ihre Rente ist damit mehr als doppelt so hoch wie die allgemeine Durch-schnittsrente im Land.

Bereits eine Woche vor Offenlegung der Reform-pläne riefen Anfang Dezember verschiedene Gewerkschaften präventiv zum Streik gegen die Reform auf. Die Beschäftigten der Eisenbahn und der Pariser Nahverkehrsbetriebe, die mit der Reform langfristig einen Teil ihrer Privile-gien verlieren würden, führten die Proteste an und blockierten mit ihrem wochenlangen Streik das gesamte Land.

Angesichts der Tatsache, dass in der Vergangen-heit bisher jeder Versuch einer Rentenreform zu Massenprotesten geführt hat, hätte man eine professionelle Kommunikationsstrategie der Regierung vermuten können. Nach fast zwei Jahren Vorbereitung war aber nur in Umrissen bekannt, wie die Reform konkret aussehen soll-te. Insbesondere mit der Erhöhung des Renten-eintrittsalters hatte niemand gerechnet.

Neues DAAD-Programm zur Internatio-nalisierung der Lehrerbildung

In einem weiteren Plenarvortrag stellten Dr. Christian Thimme, Direktor der Außen-stelle Paris, und Tabea Kaiser, die im DAAD für die Internationalisierung der Lehre zu-ständig ist, eine DAAD-Untersuchung zur Mobilität von Lehramtsstudierenden sowie das neue Förderprogramm „Lehramt.Inter-national“ des DAAD vor.

10-Punkte-Plan für stärkere Internatio-nalisierung in der Lehrerbildung

In verschiedenen Arbeitsgruppen beschäf-tigten sich die Teilnehmerinnen und Teil-nehmer mit den Herausforderungen einer binationalen Lehrerbildung: Sie spannten einen weiten Bogen, der Szenarien für Ko-operation und Austausch bis hin zum Auf-bau binationaler Studiengänge sowie die Desiderate gemeinsamer Bildungsforschung umfasste.

Am Ende der Tagung verabschiedeten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen Appell an Ministerien, Schulbehörden und Hochschulen, sich deutlicher für die Erhö-hung der Mobilität von Studierenden und Lehrkräften sowie für bessere Rahmenbe-dingungen einer international ausgerichte-ten Lehrerbildung einzusetzen.

Sie forderten die konsequente Einrichtung von strukturierten Mobilitätsfenstern – auch für Praxisphasen – in allen Lehramtsstudien-gängen, die großzügigere Anerkennung im Ausland erbrachter Praxisphasen in Studium und Vorbereitungsdienst sowie die Flexibi-lisierung der Rahmenverordnungen in bi-nationalen Studiengängen und der Beurlau-bungsgrundsätze nach Studienabschluss.

EUroPaParis 187

Page 190: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Die größte Gewerkschaft CFDT, die eigentlich die Rente nach Punkten befürwortet, schloss sich daraufhin der Streikbewegung an und ver-schaffte den Protesten gegen die Reform eine breite öffentliche Unterstützung. Das löste einen der längsten und heftigsten Streiks der letzten Jahrzehnte aus, der auch im weihnachtlichen Reiseverkehr keine Pause fand und für den Han-del schmerzhafte Einbußen im Weihnachtsge-schäft bedeutete. Nach 40 Tagen Streik nahm die Regierung schließlich die Erhöhung des Ren-tenalters zurück, um die reformistischen Ge-werkschaften wieder ins Boot zu holen. Ob die Reform im Kern noch durchsetzbar ist, war zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Beitrags noch nicht abzusehen.

Hochschulpolitik – Internationalisierungs-strategie mit kleinen Schritten

Ende 2018 hatte die Regierung eine neue Inter-nationalisierungsstrategie für die Hochschulen beschlossen, um die Zahl der ausländischen Studierenden von 324.000 auf 500.000 zu erhö-hen. Die Strategie „Bienvenue en France“ beruht im Wesentlichen auf zwei Pfeilern: Die Regie-rung möchte die Aufnahmebedingungen durch Visaerleichterungen verbessern, zusätzliche Aufenthaltstitel für die Arbeitssuche nach dem

Studium schaffen und ein Label für die gute Betreuung von ausländischen Studierenden ein-führen. Außerdem sollen grundständige Studie-rende, die nicht aus der EU kommen, Studienge-bühren zahlen.

Die geplanten Studiengebühren führten nicht nur zu Protestaktionen der Studierenden, auch die Hälfte der Universitätspräsidentinnen und -präsidenten lehnt die Einführung dieser Ge-bühren entschieden ab. Nur etwa zehn Pro-zent der Universitäten haben die Einführung der Studiengebühren bisher umgesetzt. Viele Hochschulen haben zunächst von ihrem Recht Gebrauch gemacht, zehn Prozent der ausländi-schen Studierenden von den Gebühren auszu-nehmen, oder haben administrative Probleme aufgrund der Kurzfristigkeit der Umsetzung angeführt. Falls der Gesetzestext nicht geändert wird, werden sie ihn längerfristig allerdings um-setzen müssen. Einige weniger prestigereiche Universitäten fürchten aufgrund der Gebühren einen Rückgang der internationalen Studieren-den. Viele Hochschulpräsidentinnen und -prä-sidenten sprechen sich für eine Differenzierung der Studiengebühren aus, nicht flächendeckend, sondern etwa für neue internationale Master-studiengänge. Gleichzeitig fordern die Universi-täten mehr Mittel, um die gewünschten höhe-ren Studierendenzahlen umsetzen zu können.

GErManIStIK UnD DEUtSChUntErrICht an FranZÖSISChEn hoChSChUlEn

Unter den auslandsgermanisti-ken nimmt die französische schon immer eine Spitzenposition ein. 56 hochschulen bieten heute klassische Germanistik (llCE – langues, littéra-tures et civilisations étrangères) oder Deutsch als angewandte Fremd-sprache (lEa – langue étrangère appliquée) an. allerdings blieb auch Frankreich nicht von dem weltweiten rückgang der Germanistik und der Deutschlernenden verschont.

2018/19 waren 2.421 Studierende an 34 hochschulen in Studiengängen

der klassischen Germanistik und 5.231 Studierende an 43 hochschu-len im Fach lEa eingeschrieben. Insgesamt studierten also 8.130 Studierende in germanistischen Stu-diengängen. Dazu kommen mehrere zehntausend Studierende, die stu-dienbegleitendend Deutsch lernen. allein in den Vorbereitungsklassen für die Elitehochschulen, auf die sich die Besten bewerben, lernen über 12.300 Studierende Deutsch als Fremdsprache. an den rund 200 Ingenieurhochschulen sind über 10.500 Studierende in Deutsch-

kurse eingeschrieben. außerdem sind in den 184 Studiengängen der Deutsch-Französischen hochschule etwa 3.000 französische Studieren-de eingeschrieben.

Der DaaD unterstützt die Germanis-tik in Frankreich mit 46 lektorinnen und lektoren. Sie vermitteln den Studierenden ein aktuelles Deutsch-landbild und bereichern die lehre in Frankreich durch wissenschaftliche Seminare in literatur, linguistik, Ge-schichte, Wirtschaft und Jura.

EUroPaParis188

Page 191: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Die geplanten jährlichen Studiengebühren von 2.770 Euro für Bachelor-, beziehungsweise 3.770 Euro für Masterstudierende decken nur zu etwa einem Drittel die zusätzlichen Kosten ab. Nach dem protestreichen Jahr 2019 bleibt abzuwar-ten, ob die geplanten Studiengebühren tatsäch-lich eingeführt werden.

Erfolgreicher ist ein neues Label für die gute Be-treuung von ausländischen Studierenden, das mit einer Ausschreibung für zusätzliche Projektmittel verbunden ist. Um das von Campus France verge-bene Label zu erhalten, führen die Hochschulen zunächst eine Selbstevaluation in fünf Bereichen mit insgesamt 20 Indikatoren durch.

Die Bereiche betreffen: • den Zugang zu Informationen: Mehrsprachig-

keit, transparente Infos zu Ausbildung und Abschlüssen, Online-Bearbeitung von Bewer-bung und Administration des Studiums, Zu-gang zum Internet in Wohnheim und Hoch-schule sowie Zugang zu Computern.

• Qualität der Betreuungsstrukturen: „Welcome Desk“, schriftliche Informationen zu Studium, Studienort und Kulturangeboten sowie Ange-bote zur Erstintegration.

• Studienbegleitung: Kurse auf Englisch, Pro-pädeutika, E-Learning-Angebote und Kurse in Französisch als Fremdsprache.

• Wohnen und Campus-Leben: mehrsprachiges Betreuungsteam für Erstintegration, Unter-stützung bei Wohnungssuche, Buddy-Pro-gramme, kulturelle Angebote sowie Ansprech-partnerinnen und -partner für internationale Studierende in jeder Einrichtung.

• Nachbetreuung: Career-Service, Kontakte zu Unternehmen, Alumniaktivitäten und Erfolgs-messung.

Nach Auswertung des Fragebogens vergibt eine Kommission das Label. Im Jahr darauf folgen Begehungen und ein Audit. Inzwischen wurden schon 56 Label an Hochschulen verliehen. 152 Projekte sind 2019 erstmals für die Förderung von Modellprojekten ausgewählt worden.

EUroPaParis 189

Page 192: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

2,5 Mio.Anzahl der eingeschrie benen Studierenden (alle Studienstufen)

6.783Anzahl der Bildungs-ausländer in Deutschland

13.016Absolvent/innen Promotion

Dr.

64,44 %Immatrikulationsquote

Quellen: DAAD, Statistik DESTATIS – Statistisches Bundesamt, Wissenschaft weltoffen, The World Bank, Data UNESCO, Institute for Statistics

DATEN ZUM BILDUNGSSYSTEM FRANKREICH

Die beliebtesten Ziel länder für Studierende

3,53 %Im Ausland Studierende (Anteil an Studierenden gesamt)

Ausländische Studierende im Land gesamt nach Herkunftsländern

10,20 %Anteil ausländischer Studierender

89.379Im Ausland Studierende (Anzahl gesamt)

1. Kanada 2. Vereinigtes Königreich 3. Belgien 4. Schweiz 5. Deutschland

1. Marokko 2. China 3. Algerien 4. Tunesien 5. Italien

EUroPaParis190

Page 193: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Tabelle 13: DAAD-Geförderte aus dem Ausland und aus Deutschland nach Herkunfts-/Zielland und Förderbereichen Frankreich

a = Geförderte aus dem auslandD = Geförderte aus Deutschland Frankreich

I. Individualförderung – gesamtA 411D 361

1. nach Status

Studierende auf Bachelor-niveaua 163D 71

Studierende auf Master-niveaua 71D 83

Doktorand/innena 100D 53

Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen (inkl. Postdoktorand/innen)a 77D 154

2. nach Förderdauer

< 1 Monata 221D 132

1–6 Monatea 121D 75

> 6 Monate (langzeitförderung)a 69D 154

II. Projektförderung – gesamtA 192D 636

1. nach Status

Studierende auf Bachelor-niveaua 33D 349

Studierende auf Master-niveaua 52D 87

Doktorand/innena 65D 124

Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen (inkl. Postdoktorand/innen)a 24D 76

andere Geförderte*a 18D

2. nach Förderdauer

< 1 Monata 100D 600

1–6 Monatea 77D 28

> 6 Monate (langzeitförderung)a 15D 8

III. EU-Mobilitätsprogramme – gesamtA 3D 6.097

1. Mobilität mit Programmländern

1. Erasmus-Studierendenmobilität (auslandsstudium)a

D 4.748

2. Erasmus-Studierendenmobilität (auslandspraktikum)a

D 870

3. Erasmus-Personalmobilität (Dozent/innen, sonstiges Personal)a 3D 479

DAAD-Förderung – gesamt (I + II + III)A 606D 7.094

DAAD-Förderung – Geförderte A und D – gesamt 7.700

*Personen in studienvorbereitenden Maßnahmen sowie projektbetreuendes hochschulpersonal

In der aufstellung der Geförderten des DaaD werden drei Förderbereiche unterschieden. In der Individualförderung unterstützt der DaaD schwerpunktmäßig Studierende sowie Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen, die sich erfolgreich um ein DAAD-Stipendium beworben haben. In der Projektförderung finanziert der DAAD vornehmlich Programme zur Förderung weltoffener Hochschulstrukturen. als nationale agentur für EU-hochschulzusammenarbeit vergibt der DaaD schließlich Fördermittel an Studierende und Mitarbeiter von hochschulen, die insbesondere akademische Mobilität ins europäische ausland unterstützen (EU-Mobilitätsförderung). Die in der tabelle abgebildeten Zahlen zu den Geförderten beziehen sich auf das Projekt 2017 und damit auf die laufzeit 1.6.2017–31.5.2019.

EUroPaParis 191

Page 194: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

WARSCHAU

EUroPawarschau192

Page 195: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

EUroPawarschau 193

Page 196: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Zwei Urnengänge prägten in Polen das Jahr 2019: Im Mai stimmten die Bürgerinnen und Bürger über das neue Europaparlament ab, im Okto-ber standen die Wahlen zu den beiden Kam-mern des nationalen Parlaments an. Aus beiden Wahlen ging die nationalkonservative Regie-rungspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (Prawo i Sprawiedliwość, PiS) als klare Siegerin hervor. Im Mai konnte sie mit dem Slogan „Polen – das Herz Europas“ ihr Elektorat massiv mobilisieren und erzielte mit 45,6 Prozent einen deutlichen

Vorsprung vor der proeuropäischen Koalition (38,3 Prozent). Damit erreichte die PiS das bes-te Ergebnis, das eine Partei nach 1989 bei einer Parlamentswahl für sich verbuchen konnte.

Im Dauerkonflikt mit der Europäischen Union

Seit der Regierungsübernahme durch die PiS 2015 liegt das Land im Konflikt mit der Europä-ischen Union. Grund dafür ist der tiefgreifende Umbau des Justizsystems, in dem viele Beobach-ter einen systematischen Abbau der Gewalten-teilung sehen. Die Europäische Kommission hat deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren nach Artikel 7 eingeleitet, da sie die Rechtsstaatlich-keit in Polen gefährdet sieht. Rechtsstaatlichkeit scheint für viele Polen jedoch ein eher abstrak-ter Begriff. Aktuellen Umfragen zufolge hat ein Drittel der Bevölkerung keine Meinung zu dem Thema. Die Proteste gegen die Erosion der

} Der Blick sowohl nach vorn als auch zurück – das bestimmte die politische Debatte 2019 in Polen. Einerseits standen zwei wichtige Wahlen auf der politischen Agenda, andererseits waren historische Jahrestage Anlass für feierliche nationale Selbstvergewisserung. Währenddessen versetzte das Gesetz 2.0 die Hochschulen in Unruhe.

Dr. Klaudia Knabel leitet die DAAD-Außenstelle Warschau seit 2016. Der DAAD unterhält seit 1997 das Büro in Polen, das derzeit sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt.

POLEN ZWISCHEN GESTERN UND HEUTE

› Parteichef Jarosław Kaczyński (PiS) bei der Präsentation der neuen regierungsmannschaft im november

EUroPawarschau194

Page 197: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Gewaltenteilung konzentrieren sich auf Groß-städte, die überwiegende Mehrheit der Polinnen und Polen mobilisieren sie allerdings nicht.

Ökonomisch ist die Mitgliedschaft in der Euro-päischen Union hingegen konkret spürbar. An-lässlich des 15. Jahrestages der Osterweiterung der Europäischen Union legte Eurostat im Mai Berechnungen vor, die die wirtschaftlich positi-ven Auswirkungen der EU-Mitgliedschaft auf das Land belegen: Der Wohlstand nahm in diesem Zeitraum um 20 Prozent zu, die Exporte erhöhten sich um den Faktor 2,5, das Wirtschaftswachstum stieg überdurchschnittlich und die Arbeitslosig-keit nahm stark ab. Dank EU-Mittel in Höhe von 110 Mrd. Euro wurde die Infrastruktur moder-nisiert und ausgebaut. Auf der Negativseite ist jedoch zu verbuchen, dass seit 2004 mehr als 2,5

Millionen Polen ihre Heimat verlassen haben und nun auf dem heimischen Arbeitsmarkt feh-len. Dennoch lag im Vorfeld der Europawahlen die Zustimmung zur EU bei 86 Prozent.

Dieser hohe Wert mag Parteichef Jarosław Ka-czyński – er regiert das Land ohne Staatsamt aus dem Hintergrund – veranlasst haben, seine Kon-frontation mit der EU zumindest rhetorisch zu entschärfen. Nicht der „Polexit“ sei das Ziel, wie es der PiS zuweilen zugeschrieben wird, son-dern eine nachhaltige Veränderung der EU von innen: „Alles was Polen wehtut, alles was als Gefahr gesehen wird, das wird nicht realisiert, wenn die PiS an der Macht ist“, so Kaczyński vor der Europawahl. Als Gefahr in diesem Sinne gilt beispielsweise die Aufnahme von Flüchtlingen oder die Ehe für alle. Und in diesen Punkten

› Bundeskanzlerin Merkel beim Besuch der Gedenkstätte auschwitz-Birkenau

EUroPawarschau 195

Page 198: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

weiß der heimliche Regierungschef die Mehr-heit der polnischen Bevölkerung hinter sich.

Nach dem deutlichen Erfolg bei der Europawahl hoffte die Partei auch auf einen überragenden Sieg bei der nationalen Parlamentswahl, hatte sich die PiS doch in der vergangenen Legislatur-periode auf ihr Elektorat konzentriert und den So-zialstaat massiv ausgebaut: Die Partei setzte damit ihre Wahlversprechen zügig um, senkte das Ren-tenalter, sorgte für eine zusätzliche Rentenzah-lung pro Jahr und führte ein attraktives Kinder-geld ein – um nur einige Beispiele zu nennen.

Die Warnungen von Wirtschaftsexperten, dass die in Aussicht gestellten üppigen Sozialge-schenke den Staatshaushalt nachhaltig belasten und dringend notwendige Investitionen in Bil-dung, Gesundheit und Infrastruktur verhindern

würden, blieben ungehört. Die Erfolgsbi-lanz sollte der Partei die verfassungsgebende Zwei-Drittel-Mehrheit verschaffen. Das Kalkül ging jedoch nicht auf, schlimmer noch: Die PiS und ihre Koalitionäre verloren knapp die Mehr-heit im Senat. „Wir haben viel bekommen, aber wir haben mehr verdient“, mit diesen Worten kommentierte Kaczyński sichtlich enttäuscht die errungenen 43 Prozent.

Hinzu kommt, dass die Opposition gestärkt aus der Wahl hervorgegangen ist: Linke Par-teien, die zuletzt nicht mehr im Sejm vertre-ten waren, eroberten durch Bündelung ihrer Kräfte 13 Prozent der Stimmen und schicken nun junge, rhetorisch geschickte Hoffnungsträ-ger ins Parlament. Zu den Ergebnissen gehört auch, dass die „Konfederacja“, eine ultrarechte Partei, die bei den Europawahlen noch an der

EIn aUSGEZEIChnEtEr BrÜCKEnBaUEr ZwISChEn oSt UnD wESt

Der hedwigspreis für die deutsch-polnische Versöhnung ging 2019 an den DaaD. Seit 2004 verlei-hen Stadt und Universität Breslau gemeinsam mit dem Schlesischen Salon den „Preis der Fürstin hedwig von Schlesien“. Sie würdigen das Engagement für die Vertiefung der friedlichen deutsch-polnischen Be-ziehungen und für besondere Ver-dienste um die Verständigung bei-

der Völker. Der Preis ist nach hedwig von andechs benannt, die im 13. Jahrhundert herzogin von Schlesi-en war und heute als Patronin der Versöhnung und Brückenbauerin zwischen Polen und Deutschen gilt. alljährlich werden jeweils zwei Personen oder Institutionen geehrt, eine deutsche und eine polnische. Zu den bisherigen Preisträgern auf deutscher Seite gehören altbundes-

kanzler helmut Kohl, der ehemalige Präsident des Deutschen Bundesta-ges wolfgang thierse, der Dirigent Kurt Masur und der frühere Präsi-dent des Europäischen Parlaments Martin Schulz. neben dem DaaD erhielt in diesem Jahr das ossoline-um-Institut in Breslau den Preis, das eine der größten Bibliotheken in Po-len beherbergt und als Forschungs-stelle und Verlagshaus fungiert.

› Die leiterin der DaaD- außenstelle Dr. Klaudia Knabel nahm den hedwigs preis im oktober an der Universität Breslau in Empfang.

EUroPawarschau196

Page 199: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Fünf-Prozent-Hürde gescheitert war, fast sieben Prozent der Stimmen verbuchen konnte und der PiS nun am rechten Rand Konkurrenz macht.

Deutsch-polnische Erinnerungsorte

Der Zweite Weltkrieg ist ein historisches Ereig-nis, das sich in besonderer Weise in das polni-sche kollektive Gedächtnis eingeprägt hat. Po-len verlor durch den deutschen Überfall am 1. September 1939 seine erst 1918 wiedererlangte nationale Souveränität und erlebte eine brutale Okkupation, die bis 1945 fast jeden fünften Ein-wohner das Leben kostete.

2019 jährte sich der Kriegsbeginn zum 80. Mal. Die Präsenz des deutschen Bundespräsidenten bei den Gedenkfeierlichkeiten war langfristig geplant. Die Bundeskanzlerin kündigte dagegen spontan ihre Teilnahme an der zentralen Ver-anstaltung in Warschau an – ganz offenbar als Reaktion auf die Absage Donald Trumps, des ei-gentlichen „Stargastes“. Die Enttäuschung über die Absage des aus Sicht der polnischen Regie-rung wichtigsten Bündnispartners war groß, die Anwesenheit Merkels immerhin eine gewisse Kompensation. Auch die Auftritte des Bundes-präsidenten ernteten Anerkennung und Wert-schätzung. Das Thema der Reparationen für Polens Verluste im Zweiten Weltkrieg, das in den letzten Jahren für Spannungen im bilateralen Verhältnis gesorgt hatte, klang jedoch in vielen politischen Äußerungen deutlich an.

Einen Monat vorher, am 1. August, erinnerte Polen an den Beginn des Warschauer Aufstands im Jahr 1944 – ein Datum, dessen historische Einordnung im Land nicht unumstritten ist. Das Aufbegehren gegen die deutsche Über-macht, das bis zu 200.000 Opfer forderte und von Beginn an ein Scheitern einkalkulieren musste, sehen manche als einen heroischen Akt nati-onaler Selbstverteidigung, anderen gilt es als sinnloses Opfer tausender junger Menschen. In

› „nichts kann die Vergan-genheit ungeschehen machen. worte können den Schmerz nicht heilen. taten können das Verlorene nicht zurückbringen”, so Bun-despräsident Steinmeier anlässlich des 80. Jahres-tages des ausbuchs des Zweiten weltkrieges.

› Der warschauer aufstand ist seit der wende ein wichtiges Element polnischer Erinnerungskultur: hier ein Gedenk-marsch in der hauptstadt.

EUroPawarschau 197

Page 200: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

der sozialistischen Ära war der Warschauer Auf-stand kein zentrales Element der offiziellen pol-nischen Befreiungserzählung von der national-sozialistischen Herrschaft. Grund dafür war der politische Gegensatz zwischen der polnischen Nationalbewegung und den mit der Sowjetunion verbündeten polnischen Kommunisten.

Seit 1989 gewinnt das historische Ereignis im po-litischen Diskurs jedoch zunehmend an Bedeu-tung und ist aktuell ein herausragendes Element

der Geschichtspolitik der PiS. Der Aufstand wurde erbarmungslos niedergeschlagen und belastet bis heute das deutsch-polnische Verhältnis. Dass Heiko Maas in diesem Jahr zu den Gedenkfeier-lichkeiten eingeladen war, werteten politische Be-obachter als eine versöhnliche Geste gegenüber Deutschland, aber auch als Nachweis besonders guter persönlicher Beziehungen zwischen dem polnischen und dem deutschen Außenminister.

Anfang Dezember besuchte Angela Merkel zum ersten Mal die KZ-Gedenkstätte Auschwitz- Birkenau. In ihrer Rede bezeichnete sie die Erin-nerung an die NS-Verbrechen und die deutsche

alS DaaD-lEKtorIn oDEr -lEKtor In PolEn

1986 nahm erstmalig ein DaaD-lek-tor seine tätigkeit in Polen auf – im osten des landes, an der Katholi-schen Universität in lublin. Es blieb nicht bei diesem einen Standort, ins-besondere nach dem Mauerfall stieg die Zahl der Lektorate sprunghaft an: 1992/93 waren 28 junge Deutschleh-rer und -lehrerinnen im Auftrag des DaaD an polnischen hochschulen. Seit der Jahrtausendwende ging die Zahl langsam zurück und liegt jetzt bei 16 lektoraten an 12 Standor-ten. Der wichtigste Grund für diesen rückgang ist die sinkende nachfra-ge nach Deutsch an hochschulen, bedingt durch dramatisch fallen-de Studierendenzahlen und einen

schleichenden Bedeutungsrückgang der deutschen Sprache an Schulen.

Das aufgabenspektrum der lektorin-nen und lektoren reicht von Sprach-vermittlung, Prüfungsabnahme und Mitwirkung in akademischen Gremi-en über Beratung zum Studium in Deutschland bis hin zu kulturellen und sozialen Veranstaltungen, in deren Zentrum die deutsche Spra-che steht. Jan Bogdanovic blickt auf sechs Jahre als DaaD-lektor in Po-len zurück: „Der interessanteste teil des Profils ist sicher die Organisation von kulturellen Veranstaltungen. Bei der lesung des lyrikers Jan wagner oder dem Konzert des Singer-Song-

writers hannes wittmer hatte ich die Möglichkeit, deutsche Kultur vor ort und im austausch mit Polen leben-dig werden zu lassen. Gerade dieser kulturelle austausch ist es, der die arbeit als DaaD-lektor so spannend macht. Die eigene Kultur hat man bei der ausreise als lektor irgendwo im Gepäck. Die zunächst fremde – in meinem Fall polnische – Kultur, wird mit jedem Jahr weniger fremd. Das Erstaunliche ist jedoch, dass man am Ende des lektorats nicht nur die polnische, sondern auch die deutsche Kultur besser kennenge-lernt hat.“

› Jan Bogdanovic unterrichtete drei Jahre an einer der lubliner Universitäten bevor er an die

technische Universität warschau wechselte.

› DaaD-lektoren bei ihrem treffen an der Schlesischen Universität in Kattowitz

EUroPawarschau198

Page 201: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Die Top 10 der polnischen Hochschullandschaft

Zehn polnische Hochschulen erlangten Ende Oktober den Status einer „Forschungs- oder Exzellenzhochschule“. Vorausgegangen war ein Wettbewerb, der zwar unter dem Titel „Exzel-lenzinitiative“ lief, jedoch nicht in Gänze mit dem deutschen Verfahren vergleichbar ist. In Polen bewarben sich zwanzig Hochschulen, die klar definierten Qualitätskriterien entsprechen mussten. Ziel der polnischen Initiative ist es, einen kleinen Kreis exzellenter Institutionen international sichtbar zu machen und ihnen den Anschluss an die internationale Wissen-schaft zu erleichtern. Nicht zuletzt geht es auch darum, den Anteil des Landes an der europä-ischen Forschungsförderung zu erhöhen. Die Partizipation des Landes an dem europäischen Forschungsprogramm Horizont 2020 ist gering. Mit Blick auf den Budgetanteil liegt Polen der-zeit auf Platz 15, dies ist gemessen an der Größe des Wissenschaftssystems unbefriedigend.

Ein international besetztes Gremium prämier-te im Oktober zehn Institutionen an sieben Standorten: Die Universitäten in Breslau, Kra-kau, Posen, Thorn und Warschau sowie die Technischen Universitäten in Danzig, Gleiwitz und Warschau, außerdem die Krakauer Akade-mie für Bergbau und Hüttenwesen sowie die

Danziger Medizinische Universität. Was be-deutet die Auszeichnung für die erfolgreichen Hochschulen? Neben dem Zuwachs an Prestige bringt der Sieg eine Erhöhung des Haushalts um zehn Prozent für die nächsten sechs Jahre. Auch die „Verlierer“ des Wettbewerbs gehen nicht leer aus: Sie erhalten immerhin zwei Pro-zent mehr finanzielle Mittel. Nach sechs Jahren soll es einen erneuten Wettbewerb geben: Das Ministerium rechnet damit, dass einige Sieger-plätze dann neu besetzt werden, so dass weitere Hochschulen in den Genuss einer mehrjähri-gen Budgeterhöhung kommen.

› Die Universität warschau ist eine der führenden hochschulen in Polen und errang in der polnischen „ Exzellenzinitiative“ den ersten Platz.

Verantwortung dafür als einen Teil deutscher Identität. Sie wies nachdrücklich darauf hin, dass Auschwitz-Birkenau „ein deutsches, von Deutschen betriebenes Vernichtungslager“ war. Diese Darstellung ist in dem bilateralen Verhält-nis beider Länder besonders wichtig, da aus-ländische Politiker und internationale Medien unachtsam immer wieder von „polnischen La-gern“ sprechen. Dies sorgt in Polen für heftige Kritik und führte 2018 zu einem Gesetz, das sol-che Äußerungen unter Strafe stellt.

Schulen und Hochschulen

Die PISA-Untersuchung 2019 brachte für Polen sehr gute Nachrichten: Polnische Schülerinnen und Schüler befinden sich in der europäischen Spitzengruppe. In den Disziplinen Lesefähigkeit und Naturwissenschaften landeten sie im euro-päischen Vergleich auf dem dritten Platz, in Ma-thematik sogar auf dem zweiten. Teilgenommen haben Schüler der polnischen Gymnasien, eine Schulform, die 2017 abgeschafft wurde und sich nun in der Auslaufphase befindet. Damit dreht sie das schulpädagogische Rad zurück: Das bis-herige dreigliedrige Schulsystem kehrt zur Zwei-stufigkeit der Vorwendezeit zurück.

EUroPawarschau 199

Page 202: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Die Regierungspartei erhob die Schulreform zu einem ihrer wichtigsten Projekte – kritische Stimmen sehen darin in erster Linie einen be-quemen Weg, die Lehrpläne neu zu schreiben und dort eigene Akzente unter anderem in „pa-triotischer Erziehung“ zu setzen. Wohlwollen-de Beobachter erkennen durchaus Vorteile im zweistufigen System, weil es Schülerinnen und Schüler nicht mehr zu einem zweimaligen Schul-wechsel zwingt. Aber auch sie kritisieren, dass die Reform mangelhaft konzipiert und zu hastig umgesetzt worden sei. Die Folge waren das Feh-len entsprechender Lehrmaterialien, übervolle Klassen sowie Unterricht von morgens sehr früh bis abends spät durch die Zusammenlegung von

Schulen. Kritiker unken bereits, dass die nächste PISA-Untersuchung der Schulreform ein schlech-tes Zeugnis ausstellen dürfte.

Nicht nur die Schulen, auch die Hochschulen erleben derzeit eine tiefgreifende Reform: Im Oktober 2018 trat das neue Hochschulgesetz, das „Gesetz 2.0“, in Kraft, dessen Umsetzung 2022 vollendet sein wird. Die Reform war notwendig, so der zuständige Minister Jarosław Gowin, da das polnische Hochschulsystem nach 1989 zwar einen rasanten Zuwachs an Studierenden und

› auch die bilaterale Kooperation in der Forschungsförderung läuft hervorragend. Im September hat Bundesministerin Anja Karliczek gemeinsam mit ihrem Kollegen Jarosław Gowin die ersten beiden DIoSCUrI Centres of Scientific Excellence eröffnet. Mit diesem Instrument unterstützt das BMBF gemeinsam mit dem polnischen wissenschaftsmi-nisterium die Max-Planck-Gesellschaft beim aufbau von exzellenten wissenschaftseinrichtungen in Polen durch junge nachwuchswissenschaftler.

wElChE ZUKUnFt FÜr EUroPa?

Um diese Frage kreiste eine trilate-rale Diskussionsrunde am tag nach den wahlen zum Europäischen Par-lament. „Die Europäische Union ist ein Zuhause für uns Wissenschaftler und wir wollen, dass dieses Zuhau-se nach den wahlen aus- und nicht abgebaut wird“, sagte der Physiker und humboldtianer Prof. adam Bor-kowski zur Eröffnung. Jedoch zwei-felte niemand der teilnehmerinnen und teilnehmer daran, dass Europa

schwierige Zeiten bevorstehen. Die Moderation der runde besorgte DAAD-Alumna Dr. Agnieszka Łada, Mitarbeiterin eines unabhängigen think tanks in warschau. Stellt der in vielen ländern aufblühende Popu-lismus die größte Gefahr dar? wie ist seine Genese und wie könnten seine Konsequenzen für die EU-Strukturen aussehen? So lauteten die Fragen an das Podium, auf dem deutsche, polnische und französische wissen-

schaftlerinnen und Wissenschaftler saßen. Die warschauer Diskussi-onsrunde im Zeichen des weimarer Dreiecks war eine gemeinsame Ini-tiative der Botschaften Frankreichs und Deutschlands, des französischen Kulturzentrums an der Universität warschau, des polnischen alumni-vereins der alexander von hum-boldt-Stiftung und der DAAD-Außen-stelle warschau.

› Stimmen aus Polen, Frankreich, Deutschland – unterschied-liche Perspektiven auf die Zukunft der Union im nachgang der wahl zum Europäischen Parlament Im Bild v.l.: Prof. Jerzy wilkin, Dr. aleksandra Maatsch, Prof. Małgorzata Molęda-Zdziech, Dr. habil. Pierre-Frédéric Weber, Dr. Agnieszka Łada

EUroPawarschau200

Page 203: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Institutionen erlebt hatte, es jedoch bis heu-te nicht vermocht hat, sich im internationalen Wettbewerb zu behaupten. In der Tat: Polen hat zwar die Bologna-Reform erfolgreich umgesetzt und ist Teil des Europäischen Hochschulraums, polnische Einrichtungen sind in den einschlägi-gen Hochschulrankings jedoch nicht unter den 200 Besten. Der Minister führte dies unter an-derem auf das Finanzierungsmodell der Hoch-schulen zurück, das die staatlichen Mittel an die Zahl der Studierenden koppelt und so die Her-ausbildung von Massenuniversitäten fördert.

Seine Reform nahm daher auch die Hochschul-finanzierung in den Blick. Im Ergebnis wurde die Betreuungsrelation bei 1:13 fixiert, während die Finanzierung nun anhand des wissenschaft-lichen Ertrags einer Institution erfolgt. Dieser bemisst sich nicht mehr nach der Quantität der Publikationen, sondern an deren Qualität. 2019 veröffentlichte das Ministerium für Wissen-schaft und Hochschulwesen eine neue Liste von Publikationsorganen, die Grundlage für die Evaluation ist. In der Scientific Community löste sie so heftigen Widerspruch aus, dass Go-win Nachbesserungen versprach. Ein weiteres wichtiges Element der Reform ist die Einfüh-rung neuer Hochschulstatuten. Diese sollten bis zum Beginn des akademischen Jahres 2019/20 von den einzelnen Institutionen selbst erarbei-tet werden. Ein Teil der Hochschulen nutzte die-se Gelegenheit, um grundlegende Strukturver-änderungen vorzunehmen. So lösten einzelne Universitäten die bestehenden Fachbereiche auf und stellten die Fächer in neuen Einheiten zu-sammen. Andere Hochschulen veränderten hin-gegen wenig. Alle Institutionen waren jedoch verpflichtet, einen Hochschulrat als beratendes Gremium zu berufen und interdisziplinäre Dok-torandenschulen einzurichten.

Ein Kernstück der Reform ist der deutliche Kompetenzzuwachs des Rektors, der von vie-len kritisch betrachtet wird, da er die Autono-mie universitärer Gremien untergrabe. Diese war an polnischen Hochschulen bisher stark ausgeprägt und Kritiker der Reform befürch-ten, dass die Zentralisierung von Befugnis-sen eine politische Einflussnahme begünsti-gen könnte. Kritisch sehen einige auch den

Exzellenzwettbewerb (siehe Seite 199) der in diesem Jahr die Reform begleitet hat. Er sorge dafür, dass sich zusätzliche Mittel für den chro-nisch unterfinanzierten Hochschulsektor auf einige wenige Hochschulen konzentrierten – kleinere Einrichtungen könnten dadurch mar-ginalisiert werden. Zieht man in Betracht, dass polnische Studierende ihre Ausbildung bisher familiennah und ortsgebunden absolvieren, so könnte die Reform in der Tat negative Konse-quenzen haben: Das Studium an den wenigen „Leuchtturmuniversitäten“ wird nicht mehr für alle Kandidatinnen und Kandidaten ohne Weite-res erreichbar sein.

Die DAAD-Arbeit vor Ort

Die Förderung der Individualmobilität war und ist ein Grundpfeiler des wissenschaftlichen Austauschs mit Polen, den der DAAD schon seit mehr als sechzig Jahren unterstützt. Die Ausschreibung und Bewerbung von Stipendi-en sowie die Durchführung von Auswahlen ist nach wie vor ein wichtiges Aufgabenfeld, jedoch eines, das sich insbesondere in den letzten Jah-ren spürbar wandelte. Wichtige Merkmale sind dabei die Digitalisierung der Arbeits- und Kom-munikationsprozesse sowie eine rückläufige Nachfrage. So beantragen Studierende und Wis-senschaftler Stipendien inzwischen online, der DAAD begleitet sie dabei auch im Rahmen von Web-Seminaren und Chats.

› Deutsche und polnische Studierende beim Begegnungsseminar an der

Universität Warschau.

EUROPAWarschau 201

Page 204: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Der Bewerberrückgang im Rahmen von DAAD-Programmen, der in den letzten zehn Jahren bei 40 Prozent lag, ist zum einen durch den dramatischen Rückgang der Studieren-denzahl an polnischen Hochschulen bedingt. Diese ist zwischen 2005 und 2015 um ein Viertel geschrumpft. 2005 war Polen noch das dritt-platzierte Land auf der Liste der wichtigsten Herkunftsländer ausländischer Studierender in Deutschland – inzwischen steht es auf Platz 18. Dennoch behauptet Deutschland nach wie vor die Position als wichtigstes Gastland polnischer Studierender. Der demografische Wandel ist je-doch nicht die einzige Ursache für die rückläufi-ge Nachfrage nach DAAD-Stipendien. Eine Rolle spielt auch der große Erfolg der europäischen Förderung im Rahmen von Erasmus+. Außer-dem verliert die deutsche Sprache im Sekundar-bereich deutlich an Bedeutung, wenngleich sie nach wie vor die wichtigste zweite Fremdspra-che vor Russisch und Spanisch ist.

Zwar haben sich die Rahmenbedingungen ver-ändert, dennoch floriert der wissenschaftliche Austausch zwischen Deutschland und Polen, auch dank bewährter und neuer Förderinstru-mente. So steigt die Zahl der deutsch-polnischen Hochschulkooperationen beständig: 2019 er-reichte sie fast die Marke von 1.600, Polen liegt damit als Partnerland deutscher Hochschulen auf dem 6. Rang, knapp hinter Großbritannien. Der DAAD leistet hierzu seit Jahrzehnten einen wichtigen Beitrag. Ein wesentliches Programm

sind dabei die Ostpartnerschaften, aber auch andere Instrumente wie zum Beispiel integrier-te Studiengänge mit Doppelabschluss, germanis-tische Institutspartnerschaften oder strategische Partnerschaften.

Diese Entwicklung tangiert auch die Aufgaben der Außenstelle. Sie verlagern sich hin zu mehr Veranstaltungsorganisation und Beratung. Dabei geht es um die Wahl der passenden Kooperati-onspartner im Nachbarland sowie der adäquaten Förderinstrumente. In diesem Kontext hat der DAAD seit zwei Jahren einen neuen Partner in Polen – die Nationale Agentur für den Akademi-schen Austausch (Narodowa Agencja Wymiany Akademickiej, NAWA), die ebenfalls bilaterale Hochschulkooperationen unterstützt. Beide Insti-tutionen arbeiten beständig an der Verbesserung der Rahmenbedingungen für den deutsch-polni-schen Wissenschaftsaustausch und wollen 2020 ein Kooperationsabkommen schließen.

› Strahlende polnische DaaD-Stipendiatinnen nach der feierlichen Urkundenübergabe in der Deutschen Botschaft.

EUroPawarschau202

Page 205: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

› Moderne und farbenfrohe außenansicht der Bibliothek der Universität warschau.

EUroPawarschau 203

Page 206: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

1,6 Mio.Anzahl der eingeschrie benen Studierenden (alle Studienstufen)

4.231Anzahl der Bildungs-ausländer in Deutschland

3.764Absolvent/innen Promotion

Dr.

67 %Immatrikulationsquote

Quellen: DAAD, Statistik DESTATIS – Statistisches Bundesamt, Wissenschaft weltoffen, The World Bank, Data UNESCO, Institute for Statistics

DATEN ZUM BILDUNGSSYSTEM POLEN

Die beliebtesten Ziel länder für Studierende

1,61 %Im Ausland Studierende (Anteil an Studierenden gesamt)

Ausländische Studierende im Land gesamt nach Herkunftsländern

4,12 %Anteil ausländischer Studierender

24.918Im Ausland Studierende (Anzahl gesamt)

1. Vereinigtes Königreich 2. Deutschland 3. Frankreich 4. Dänemark 5. Vereinigte Staaten

1. Ukraine 2. Belarus 3. Indien 4. Norwegen 5. Schweden

EUroPawarschau204

Page 207: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Tabelle 14: DAAD-Geförderte aus dem Ausland und aus Deutschland nach Herkunfts-/Zielland und Förderbereichen Polen

a = Geförderte aus dem auslandD = Geförderte aus Deutschland Polen

I. Individualförderung – gesamtA 276D 111

1. nach Status

Studierende auf Bachelor-niveaua 142D 55

Studierende auf Master-niveaua 58D 9

Doktorand/innena 46D 12

Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen (inkl. Postdoktorand/innen)a 30D 35

2. nach Förderdauer

< 1 Monata 158D 42

1–6 Monatea 42D 36

> 6 Monate (langzeitförderung)a 76D 33

II. Projektförderung – gesamtA 1.069D 755

1. nach Status

Studierende auf Bachelor-niveaua 182D 217

Studierende auf Master-niveaua 206D 276

Doktorand/innena 248D 40

Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen (inkl. Postdoktorand/innen)a 362D 199

andere Geförderte*a 71D 23

2. nach Förderdauer

< 1 Monata 944D 705

1–6 Monatea 114D 30

> 6 Monate (langzeitförderung)a 11D 20

III. EU-Mobilitätsprogramme – gesamtA 5D 1.520

1. Mobilität mit Programmländern

1. Erasmus-Studierendenmobilität (auslandsstudium)a

D 1.014

2. Erasmus-Studierendenmobilität (auslandspraktikum)a

D 94

3. Erasmus-Personalmobilität (Dozent/innen, sonstiges Personal)a 5D 412

DAAD-Förderung – gesamt (I + II + III)A 1.350D 2.386

DAAD-Förderung – Geförderte A und D – gesamt 3.736

*Personen in studienvorbereitenden Maßnahmen sowie projektbetreuendes hochschulpersonal

In der aufstellung der Geförderten des DaaD werden drei Förderbereiche unterschieden. In der Individualförderung unterstützt der DaaD schwerpunktmäßig Studierende sowie Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen, die sich erfolgreich um ein DAAD-Stipendium beworben haben. In der Projektförderung finanziert der DAAD vornehmlich Programme zur Förderung weltoffener Hochschulstrukturen. als nationale agentur für EU-hochschulzusammenarbeit vergibt der DaaD schließlich Fördermittel an Studierende und Mitarbeiter von hochschulen, die insbesondere akademische Mobilität ins europäische ausland unterstützen (EU-Mobilitätsförderung). Die in der tabelle abgebildeten Zahlen zu den Geförderten beziehen sich auf das Projekt 2017 und damit auf die laufzeit 1.6.2017–31.5.2019.

EUroPawarschau 205

Page 208: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

ADRESSEN

206 aDrESSEn

Page 209: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

207aDrESSEn

Page 210: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

ADRESSEN IM IN- UND AUSLANDDAAD-Zentrale Bonn Deutscher Akademischer Austauschdienst Kennedyallee 50 53175 Bonn (Deutschland) tel. +49 (228) 882-0 [email protected] www.daad.de

Büro Berlin Deutscher Akademischer Austauschdienst Im WissenschaftsForum am Gendarmenmarkt Markgrafenstraße 37 10117 Berlin (Deutschland) Hauptstadtbüro tel. +49 (30) 20 22 08-0 Berliner Künstlerprogramm tel. +49 (30) 20 22 08-20 [email protected] www.berliner-kuenstlerprogramm.de

DAAD-Außenstellen sowie Deutsche Wissenschafts- und Innovationshäuser (DWIH)

Außenstelle Amman (seit 2019)zuständig für Jordanien, den (Nord-)Irak und die Vereinigten Arabischen Emirate German Academic Exchange Service ahmed al-tarawneh Street 2nd Investment Building, 4th Floor 11942 amman (Jordanien) tel. +962 (79) 603 7181 [email protected] www.daad-jordan.org

Außenstelle Bogotá (seit 2019)zuständig für Kolumbien, Ecuador, Peru und Venezuela Oficina Regional de Bogotá Carrera 11a no. 93-52 Bogotá (Kolumbien) tel. +57 (1) 6019418 [email protected] www.daad.co

Außenstelle Brüssel (seit 2007) zuständig für die EU-InstitutionenDeutscher Akademischer Austauschdienst rue d’arlon 22–24 1050 Brüssel (Belgien) tel. +32 (2) 609 52 89 [email protected] www.daad-brussels.eu

Außenstelle Hanoi (seit 2003) zuständig für Vietnam, Kambodscha, Laos und MyanmarDeutscher Akademischer Austauschdienst Vietnamesisch-Deutsches Zentrum trung tam Viet Duc hanoi University of Science and technology Dai Co Viet/tran Dai nghia hanoi (Vietnam) tel. +84 (24) 38 68 37 73 [email protected] www.daad-vietnam.vn

Außenstelle Jakarta (seit 1990) zuständig für Indonesien, Malaysia und Singapur DAAD Jakarta Office JI. Jend. Sudirman, Kav. 61–62 Summitmas II, lt. 14 12190 Jakarta (Indonesien) tel. +62 (21) 520 08 70, 525 28 07 [email protected] www.daad.id

Außenstelle Kairo (seit 1960) zuständig für Ägypten und Sudan Deutscher Akademischer Austauschdienst 11 Street El-Saleh ayoub Kairo-Zamalek (Ägypten) tel. +20 (2) 27 35 27 26-0 [email protected] www.daad.eg

Außenstelle London (seit 1952) zuständig für das Vereinigte Königreich und Irland German Academic Exchange Service 1 Southampton Place wC1a 2Da london (Vereinigtes Königreich) tel. +44 (20) 78 31-95 11 [email protected] www.daad.org.uk

Außenstelle Mexiko-Stadt (seit 2000) zuständig für Mexiko Servicio Alemán de Intercambio Académico Calle Kepler 157 Col. nueva anzures Del. Miguel hidalgo C.P. 11590 Mexico, D.F. (Mexiko) tel. +52 (55) 52 50 18 83 [email protected] www.daad.mx

208 aDrESSEn

Page 211: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

Außenstelle Moskau (seit 1993) zuständig für die Russische Föderation verantwortlich für das DWIH Moskau Deutscher Akademischer Austauschdienst leninskij Prospekt 95a 119313 Moskau (russische Föderation) tel. +7 (499) 132 49 92 [email protected] www.daad.ru

Außenstelle Nairobi (seit 1973) zuständig für Kenia, Äthiopien, Burundi, Ruanda, Südsudan, Tansania und Uganda German Academic Exchange Service Regional Office for Africa Madison Insurance house, 3rd floor, Upper Hill Close P.o. Box 14050 00800 nairobi (Kenia) tel. +254 (733) 92 99 29 [email protected] www.daad.or.ke

Außenstelle Neu-Delhi (seit 1960) zuständig für Indien, Bangladesch, Bhutan, Nepal und Sri Lanka verantwortlich für das DWIH Neu-Delhi German Academic Exchange Service c/o Dlta Complex, r.K. Khanna Stadium, 1 africa avenue 110 029 new Delhi (Indien) tel. +91 (11) 66 46 55 00 [email protected] www.daad.in

Außenstelle New York (seit 1971) zuständig für USA und Kanada verantwortlich für das DWIH New York German Academic Exchange Service 871 United nations Plaza 10017 new York, n.Y. (USa) tel. +1 (212) 758 32 23 [email protected] www.daad.org

Außenstelle Paris (seit 1963) zuständig für Frankreich Office Allemand d’Echanges Universitaires Maison de la recherche Sorbonne Université 28, rue Serpente 75006 Paris (Frankreich) tel. +33 (0) 153 10 58 32 [email protected] www.daad-france.fr

Außenstelle Peking (seit 1994) zuständig für die Volksrepublik China (einschließlich Hongkong) Deutscher Akademischer Austauschdienst landmark tower 2, Unit 1718 8 north Dongsanhuan road, Chaoyang District 100004 Beijing (Vr China) tel. +86 (10) 65 90-66 56 [email protected] www.daad.org.cn

Außenstelle Rio de Janeiro (seit 1972) zuständig für Brasilien verantwortlich für das DWIH São Paulo Serviço Alemão de Intercâmbio Acadêmico rua Professor alfredo Gomes, 37 Botafogo 22251-080 rio de Janeiro (Brasilien) tel. +55 (21) 25 53 32 96 [email protected] www.daad.org.br

Außenstelle Tokyo (seit 1978) zuständig für Japan und Südkorea verantwortlich für das DWIH Tokyo Deutscher Akademischer Austauschdienst Deutsches Kulturzentrum akasaka 7-5-56, Minato-ku 107-0052 tokyo (Japan) tel. +81 (3) 35 82 59 62 [email protected] www.daad.jp

Außenstelle Warschau (seit 1997) zuständig für Polen Niemiecka Centrala Wymiany Akademickiej Przedstawicielstwo w Warszawie ul. Zielna 37 00-108 warszawa (Polen) tel.: +48 (22) 395 54 00 [email protected] www.daad.pl

209aDrESSEn

Page 212: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

DAAD-Informationszentren und Information Points

ArgentinienBuenos [email protected]

ArmenienEriwan [email protected]

AserbaidschanBaku [email protected]

ÄthiopienAddis [email protected]

AustralienSydney [email protected]

[email protected]

[email protected]

ChileSantiago de Chile [email protected]

ChinaGuangzhou [email protected]

Shanghai [email protected]

Costa RicaSan José [email protected]

GeorgienTiflis [email protected]

GhanaAccra [email protected]

GriechenlandAthen [email protected]

[email protected]/ic-bangalore

Chennai [email protected]/ic-chennai

[email protected]/ic-mumbai

Pune [email protected]/ic-pune

IrakErbil [email protected]

[email protected]

IsraelTel [email protected]

ItalienRom [email protected]

KamerunYaoundé [email protected]

KanadaToronto [email protected]

KasachstanAlmaty [email protected]

KirgisistanBischkek [email protected]

Korea, RepublikSeoul [email protected]

LettlandRiga [email protected]

LibanonBeirut [email protected]

210 aDrESSEn

Page 213: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

MalaysiaKuala Lumpur [email protected]/kualalumpur

PakistanIslamabad [email protected]/islamabad

Palästinensische GebieteOst-Jerusalem [email protected]

RumänienBukarest [email protected]

Russische FöderationKasan [email protected]/kasan

Nowosibirsk [email protected]/nowosibirsk

St. Petersburg [email protected]/st-petersburg

SerbienBelgrad [email protected]

Singapur, RepublikSingapur [email protected]

SpanienMadrid [email protected]

Sri LankaColombo [email protected]

SüdafrikaJohannesburg [email protected]

TaiwanTaipeh [email protected]

ThailandBangkok [email protected]

Tschechische RepublikPrag [email protected]

TürkeiAnkara [email protected]

Istanbul [email protected]

[email protected]

UkraineKiew [email protected]

UngarnBudapest [email protected]

Vereinigte StaatenSan Francisco [email protected]/ic-san-francisco

VietnamHo-Chi-Minh-Stadt [email protected]/ho-chi-minh-stadt

Die webseiten der außenstellen, Informationszentren (IC) und Information Points (IP) des DaaD finden Sie unter www.daad.de/offices

Die webseiten der Deutschen Wissenschafts- und Innovationshäuser (DwIh) finden Sie unter www.dwih-netzwerk.de

Stand: Dezember 2019

211aDrESSEn

Page 214: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

IMPRESSUMHerausgeberDeutscher akademischer austauschdienst (DaaD)German academic Exchange ServiceKennedyallee 5053175 Bonn (Deutschland)www.daad.de

Christian Müller, DaaD (verantwortlich)

Koordination Claudia nospickel, DaaD

Redaktion Jörn Breiholz, Michael netzhammer, netzhammer und breiholz (PartG), hamburg und München. www.netzhammerbreiholz.de Christine arndt, Christoph hansert, Silvia Schmid, Suad Shumareye, Fangfang Xu, DaaD

Bildredaktion thomas Pankau, DaaD

Lektorat anke Brettnich, Public relations, hofheim am taunus.

Gestaltung und Satz Atelier Hauer + Dörfler, Berlin

Druck w. Kohlhammer Druckerei Gmbh + Co KG, Stuttgart

Auflage April 2020 – 2.500alle rechte vorbehalten© DaaD

Bildnachweis shutterstock.com (titel, 6/7, 9, 17, 20/21, 31, 34/35, 48/49, 60/61, 72/73, 86/87, 100/101, 111, 128/129, 142/143, 156/157, 158 unten, 163, 192/193, 206/207), lichtenscheidt (S. 4), Michael asaad (S. 8, 10, 11, 12, 14, 15, 16), Mahmoud hamed/aS Kairo (S. 12 oben, 13), Isabell Mering (S. 14 unten), DaaD (S. 22, 29 unten, 30, 74, 77, 80-83, 102 unten, 106 oben, 108, 109, 130, 162, 182), Beate Schindler-Kovats (S. 23), aS nairobi (S. 24, 26-29), ICIPE (S. 25), aS Mexiko (S. 36, 38-45), Vic hinterlang/shutterstock.com (S. 37), ambika Singh (S. 50, 54 unten), Beowulf Sheehan (S. 50 unten), Benedikt Brisch (S. 51, 57), Mehdi Karan (S. 52), nathalie Schueller (S. 54 oben), Krystopher Maniecki (S. 55 oben), naFSa (S. 55 unten), Barak Shrama/GaIn (S. 56), rafael wallace (S. 62, 65, 69), Daniel Marenco/agência o Globo (S. 63), Fabíola Gerbase (S. 64 rechts), Bruno Kaiuca/agência o Globo S. 64 links), Maria raquel Serrão (S. 67), Stefan hase-Bergen (S. 75, 76, 78 unten), DaaD-Informationszentrum HCMC (S. 78 oben), Nguyen Thi Anh Duong (S. 79), Ivan Annusyirvan (S. 88), Thomas Zettler (S. 89, 96, 97), Taufik Awadi (S. 90), Universitas ahmad Dahlan (S. 91), aS Jakarta (S. 92 links, 95), ribka Gloria (S. 92 rechts), olivia Deskarina (S. 93), Yovita Santoso (S. 94), alex Spineanu (S. 102), ankit M/shutterstock.com (S. 103), Sunil prajapati/shutterstock.com (S. 104), Kugler/Bundesregierung (S. 105), DwIh (S. 106 unten), IIt Madras (S. 107), Colombo (S. 110), shan shan/shutterstock.com (S. 114/115), aS Peking (S. 116, 117, 119-121, 123, 124 unten, 125), thomas willems (S. 118), German Centre Shanghai (S. 122), ren Jie (S. 123), Jie liu (S. 124 oben), Borissova (S. 130 unten), Müller (S. 131), Buchmann (S. 132), Shimazu (S. 134, 138), aS tokyo (S. 135), liesfeld (S. 135 unten), Sato-Prinz (S. 136), Blecken (S. 136 unten), Schilling (S. 137, 138 oben), ampika Muangthong/shutterstock.com, Dani oshi (S. 144), European Union, 2019 (S. 144 unten, 145, 146, 148, 149, 151, 152, 154), Iris haidau (S. 147, 149 oben), EDD (S. 150), Bruno achen (S. 153), aCa (S. 153 unten), Sandra Deichsel (S. 157 oben), Ink Drop/shutterstock.com (S. 159), PhilGatesPhotography/shutterstock.com (S. 160), German Embassy london (S. 161), nico Marchant/U Cambridge (S. 164, 165), random Institute/unsplash.com (S. 168/169), aS Moskau (S. 170, 174), olga Matveeva/DwIh Moskau (S. 171), Pressestelle MISiS (S. 172), Sergey Gnuskov/Pressestelle MISiS (S. 173), Sergej tepljakov/DwIh Moskau (S. 175, 177), daniele d andreti/unsplash.com (S. 180/181), norbuw/unsplash.com (S. 183), Jeanne Menjoulet (S. 184 oben), Stephan Drawin (S. 184 unten, 185), Jérémy Jager (S. 186), john towner/unsplash.com (S. 189), M.Kaźmierczak (S. 194), Mateusz Marek/PAP (S. 194 unten), Andrzej Grygiel/PAP (S. 195), Magdalena Marcula/Uniwersytet Wrocławski (S. 196), Klaudia Knabel (S. 197 oben), Leszek Szymański/PAP (S. 197), Mirosław Kaźmierczak (S. 198, 199), Elisabeth Venohr (S. 198 rechts), Tomasz Gzell/PAP (S. 200), M.Szrajber-Czerwińska (S. 200 unten), Krystian Szczęsny (S. 201, 202), irena iris szewczyk/shutterstock.com (S. 203)

Page 215: AUßEN 2019 STELLEN BERICHT · Geförderte aus Deutschland seit 1950, davon 85.078 im Jahr 2019 1.060.000 Geförderte aus dem Ausland seit 1950, davon 60.581 im Jahr 2019 33.000 weltweit

www.daad.de