Wehwellig: Robert Helps, Brahms, Bartók bei Spectrum€¦ · Robert Helps‘ Nocturne für...

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24/01/2018 Wehwellig: Robert Helps, Brahms, Bartók bei Spectrum | Hundert 11 - Konzertgänger in Berlin https://hundert11.net/spectrum2018-1/ 1/6 Wehwellig: Robert Helps, Brahms, Bartók bei Spectrum Spät starten die Spectrum Concerts in die Saison, aber sie tuns, und bessere Kammermusik wird man in Berlin schwerlich nden – selbst wenn der erwartete Höhepunkt gar nicht mal das aufregendste Stück des Abends wird. Ein Nachtstück, ein Herbststück, ein Frühlingsstück im Kammermusiksaal. Robert Helps‘ Nocturne für Streichquartett (1960) senkt sich von fern und hoch oben in den Klang hinein, wie aus dem Nichts. Und am Ende nach ein paar Minuten wieder hinaus, dann aber in der Erinnerung an nächtliche Eruption und den berückend elegischen Ton der ersten Violine (Clara-Jumi Kang). Der Amerikaner Helps (1928-2001) wird in Deutschland wenig gespielt, und wenn, dann bei Spectrum. Das Nocturne wurde auch beim allerersten Spectrum-Konzert vor auf den Tag genau 30 Jahren gespielt. Hier eine Aufnahme von 2011: C Hundert 11 – Konzertgänger in Berlin mehr Ausdruck der Empndung als Kritik

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Wehwellig: Robert Helps, Brahms, Bartók bei

Spectrum

Spät starten die Spectrum Concerts

in die Saison, aber sie tuns, und

bessere Kammermusik wird man in

Berlin schwerlich �nden – selbst

wenn der erwartete Höhepunkt gar

nicht mal das aufregendste Stück des

Abends wird. Ein Nachtstück, ein

Herbststück, ein Frühlingsstück im

Kammermusiksaal.

Robert Helps‘ Nocturne für Streichquartett (1960) senkt sich von fern und

hoch oben in den Klang hinein, wie aus dem Nichts. Und am Ende nach

ein paar Minuten wieder hinaus, dann aber in der Erinnerung an

nächtliche Eruption und den berückend elegischen Ton der ersten Violine

(Clara-Jumi Kang). Der Amerikaner Helps (1928-2001) wird in

Deutschland wenig gespielt, und wenn, dann bei Spectrum.

Das Nocturne wurde auch beim allerersten Spectrum-Konzert vor auf den

Tag genau 30 Jahren gespielt. Hier eine Aufnahme von 2011:

C

Hundert 11 – Konzertgänger in Berlin

mehr Ausdruck der Emp�ndung als Kritik

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Robert Helps: Nocturne for String Quartet (1960)

Aus unbekannten Nachtgründen gehts auf einen Gipfel im Herbst,

Johannes Brahms‘ spätes Klarinettenquintett h-Moll opus 115. Zum

Streichquartett tritt der Bläser Thorsten Johanns mit feinem emotionalen

Ton, energisch kommunikativ und vielleicht einen Tick zu zentral. Kangs

Violine wiederum schmerzvoll-schön bis an die Grenze des Kitschs, aber

nie darüber hinaus. Permanente Variation ruhiger Bewegung (Habakuk

Traber) gilt hier vollumfänglich, ein sehr weicher und selbstredend

welliger Klang ohne allzu heftige dynamische Ausschläge, auch nicht ins

Stille. Eine Interpretation von unerhörter Einheitlichkeit, alles scheint

aus einem und in eins zu �ießen. Wie komplex das komponiert ist, glaubt

man kaum und spürt es doch.

Klingt es sehend anders als blind? Der Konzertgänger schließt wie meist

nach erstem abschätzenden Blickschein die Augen, eine Bekannte aber

hält sie o�en und konstatiert mit dem Ohr eine gewisse Unruhe, die vom

Klarinettisten ausgehe, auch gelegentliche Unsauberkeiten. Ein weiterer

Blindhörer wiederum widerspricht.

Doch ob Makel oder nicht, hier wird auf einsamen Gipfeln bekrittelt.

Was kann nach letztem Brahms noch kommen? Früher Bartók. Guter

Einfall, dem Spätherbst den Frühling folgen zu lassen, mit vorzeitigen

heftigen Hitzeausbrüchen. Fülle und fetter Tonsatz in Béla

C

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Bartóks Klavierquintett C-Dur opus

BB33 (1903) lassen auf rührend

sinnige Weise an den jungen,

kraftmeierischen Brahms denken.

Im Habitus natürlich, nicht im

Klangbild. Da begegnet einem

Zigeunermoll statt den Früchten

systematisch erforschter

Volksmusik (die begann Bartók erst

einige Jahre später), auch Debussy

und gewiss vieles andere.

Nicht jede starke Geste scheint beseelt, aber alles ist voll Feuer. Mit

vereinten Kräften halten die Streicher dem Klavierdonner des virtuosen

Vadym Kholodenko stand, selbst wenn sie dafür ihre Instrumente

durchsägen müssen. Die Musiker spielen das ohne Frühwerk-Vorbehalt:

Boris Brovtsyn jetzt am ersten Pult, Kang am zweiten, Maxim Rysanov an

der Bratsche, Jens Peter Maintz am Cello. Volle Pulle plus X, und dennoch,

niemals entgleist der Klang ins Ohrenbetäubende, und es gibt schöne

Inseln der Ruhe und des Tanzes.

Und immer noch denkt man an den alten Brahms und ist voll

wohlwollender Wehmut vor diesen Wellen, in denen die Kraft strotzt. Ein

Heidenspaß, kann man auch sagen, selbst wenn es einen nicht

durchgehend fesselt. Am Ende kocht der Saal vor Begeisterung.

Im April und Mai gibts weitere Spectrum-Konzerte mit je einem großen

Brahmswerk dabei, im Juni dann zum Abschluss eins mit Sergej Tanejew,

der manchmal russischer Brahms genannt wird und jedenfalls

hierzulande viel zu wenig gespielt. Und dazu so manche Rarität.

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.24. Januar 2018 +Albrecht Selge

) Béla Bartók, Johannes Brahms, Kammermusiksaal, Philharmonie, Robert Helps,

Spectrum Concerts

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