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Editorial: Der ewige Streit um die Technische Zone Interview: Sir Alex Ferguson Schiedsrichter- ausbildung Ein Abend im Nou Camp Aus Acht mach Zwölf Das Jahr in Worten INFORMATIONSBLATT FÜR TRAINER N R . 42 MAI 2009

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Editorial: Der ewige Streitum dieTechnische Zone

Interview: Sir Alex Ferguson

Schiedsrichter-ausbildung

Ein Abendim Nou Camp

Aus Achtmach Zwölf

Das Jahrin Worten

I N FORMATIONSBLATTFÜ R TRAI N ER

NR. 42MAI 2009

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I M P R E S S U MREDAKTIONAndy RoxburghGraham Turner

HERSTELLUNGAndré VieliDominique MaurerAtema Communication SADruck: Artgraphic Cavin SA

DANKSAGUNGHélène Fors

TITELSEITEBondscoach Bert van Marwijkgibt während eines WM-Qualifikationsspiels von der Technischen Zone aus Anweisungen. Die Niederlande haben ihre ersten fünf Spiele gewonnen und sind auf bestem Wege, die Endrunde in Südafrika zu erreichen.(Foto: Getty Images)

Bundestrainer Joachim Löw bedankt sich bei Marcell Jansen, als dieser beim Verlassen des Spielfelds die Technische Zone durchquert.

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DER EWIGE STREITUM DIE TECHNISCHE ZONEE D I T O R I A LVON ANDY ROXBURGH,TECHNISCHER DIREKTOR DER UEFA

Es hat lange gedauert, doch jetzt haben die Trainer endlich die Herrschaft über dieTechnische Zone und können in diesem begrenzten Bereich unbehelligt ihrer Arbeitnachgehen.

In den Zwanzigerjahren des letzten Jahr-hunderts richtete der FC Aberdeen einen sogenannten «Dugout», d.h. einen Unterstandmit Bank für den Trainer am Spielfeldrandein – ein früher Versuch, eine direkte Kom-munikation zwischen Coach und Spielernwährend der Partie zu ermöglichen. Dochnoch jahrzehntelang sollte der Chef derMannschaft in den grossen Stadien zumeistausser Hörweite auf der Tribüne sitzen.

Wir machen einen grossen Sprung in dieAchtzigerjahre und sehen die Trainer in einigen grossen Turnieren in Beckenbauer-Manier neben der Bank stehen. Diese Vor-gehensweise beruhte jedoch lediglich aufeinem «Gentleman’s Agreement» und konnteleicht zu Konflikten zwischen dem Coachund etwaigen Paragraphenreitern unter denOffiziellen führen, da sie von der jeweiligenAuslegung abhing. Das IFAB brachte schliess-lich 1994 Ordnung in die verworrene Lage,indem es die Technische Zone einführte.Doch der Konflikt war damit nicht beendet.

Ein Stein des Anstosses blieb. Laut Spiel-regeln hatte der Trainer, nachdem er eineAnweisung am Spielfeldrand gegeben hatte,zur Bank zurückzukehren. Oft reichte schoneine kurze Verzögerung, in der der Coachversuchte, das Spiel zu analysieren, und derVierte Offizielle sah sich zum Einschreiten in Polizeimanier genötigt, was regelmässig zuStreitigkeiten führte. Der unschöne Zwischen-fall bei der EURO 2008, als Österreichs Nationaltrainer Josef Hickersberger und derdeutsche Bundestrainer Joachim Löw nacheinem Disput mit dem Vierten Offiziellen auf die Tribüne verwiesen wurden, war sicherimageschädigend und verschärfte das Pro-blem. Ungeachtet der Frage, wer in diesemspeziellen Fall Recht und Unrecht hatte, war klar, dass etwas getan werden musste,um die Gemüter zu beruhigen.

Bei seiner 123. Jahreshauptversammlung im Februar 2009 beschloss das IFAB, dass

es an der Zeit sei, die strittige Formulierungaus den Spielregeln zu streichen. In der entsprechenden Pressemitteilung heisst esdazu: «Um unnötige Konflikte zwischen demVierten Offiziellen und Trainern oder ande-ren Personen in der technischen Zone zuvermeiden, kam das Gremium überein, dasses einer Person gestattet werden soll, in der technischen Zone zu verbleiben, ohnenach der Erteilung taktischer Anweisungenwieder auf ihren Platz auf der Bank zurück-kehren zu müssen, sofern diese Person sich angemessen verhält.»

Endlich wurden den Trainern freie Arbeits-bedingungen in der Technischen Zone zugestanden. Doch Freiheit bedeutet auchVerantwortung. Die neue Weisung ist keinFreibrief für Anarchie in der Coaching-Zone,und wer sich nicht benimmt, hat nach wievor mit Konsequenzen zu rechnen. Aber wer einfach nicht stillstehen kann odermeint, sich ständig an der Begrenzungslinieaufhalten zu müssen, kann sich nun freientfalten – so lange er nicht übertreibt oderprovoziert. Wenn Martin O’Neill von AstonVilla vor der Ersatzbank auf und ab springt,dann ist das Ausdruck seiner grenzenlosenEnergie und seines Enthusiasmus. JoséMourinhos Körperhaltung – oft steht er ganz einsam da, wie ein Orchesterdirigent –mag dramatisch wirken, wie neulich beimChampions-League-Spiel im Old Trafford,aber gestört wird dadurch niemand. Undwenn sich Marcello Lippi in seine Holly-wood-Pose wirft, fühlt man sich fast einwenig an Paul Newman erinnert, und esweht ein Hauch von Klasse durchs Stadion. Kurz: Der Stil des Trainers und die Wirkungseiner Anweisungen sind Teil des Spiels,doch wenn Trainer die Autorität der Unpar-teiischen untergraben, dann schaden siedem Image des Fussballs und laufen Gefahr,vom Spielfeldrand verbannt zu werden.

Die Technische Zone ist das Revier desTrainers, der Ort, wo er seinen nächstenSchachzug planen, sich mit seinen Mit-arbeitern besprechen und seinen Ersatz-spielern die möglicherweise spielentschei-denden Anweisungen geben kann. Was einCoach an diesem Ort tut, kann gravierendeFolgen für den Spielverlauf haben. Mandenke an Sir Alex Fergusons taktischesManöver in der zweiten Halbzeit des letzt-jährigen Champions-League-Finales inMoskau, als er sein Spielsystem dem 4-3-3des FC Chelsea anpasste und so der Partiedie entscheidende Wende gab, die letzt-endlich zum Sieg von Manchester United(wenn auch durch Elfmeterschiessen) führte.Oder erinnern wir uns an das Endspiel 1997,als BVB-Trainer Ottmar Hitzfeld die Ent-

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Fabio Capello zeigt in der Technischen Zone Emotionen.

scheidung traf, nach nur 15 Minuten seinenMittelfeldmann Paul Lambert als Sonder-bewacher für Zinédine Zidane abzustellen.Der Schotte nahm den Spielmacher vonJuventus aus dem Spiel und so hatte Hitz-feld mit seiner Umstellung den Grundsteinfür den späteren Erfolg seiner Mannschaftgelegt. Es sind dies zwei gute Beispiele für spielentscheidende Massnahmen, die in der Coaching-Zone getroffen wurden.

Durch die Regeländerung hat das IFAB denTrainern und ihrer Rolle im modernen Fuss-ball Respekt gezollt. Eine vernünftige Ent-scheidung, die den langen, teilweise zähenKampf um eine greifbare Anerkennung desTrainerjobs und bessere Arbeitsbedingungenan der Seitenlinie beendet. Die TechnischeZone kann eine wichtige, positive Rolle im Fussball von heute spielen, wenn sie ordentlich genutzt wird. Seit der Einführungder Trainerbank beim FC Aberdeen ist vielZeit vergangen. Hoffen wir, dass die neueFreiheit der Coaches für weniger Konflikteund mehr professionelle Gelassenheit amSpielfeldrand sorgt. Zunächst zählen im Fuss-ball die Spieler. Aber der Trainer kann einenwichtigen Beitrag leisten zum Erfolg desEinzelnen und der Mannschaft – im Training,in der Kabine und in der Technischen Zone.

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1 • Es ist über 25 Jahre her, seit Sie erstmals einen europäischenPokal gewonnen haben. Wie habensich die Voraussetzungen, die zumErfolg führen, seither verändert?Die Rahmenbedingungen haben sich auf jeden Fall verändert, vor allem imBereich der Sportwissenschaft. Medizi-nische Informationen, Ernährung und die Vorbereitung der Spieler auf Spitzen-spiele haben eine neue Dimensionerreicht. Was sich bei uns jedoch nichtverändert hat, ist der Wille, dass dieSpieler auf hohem Niveau trainieren. Wir haben immer die bestmögliche Qua-lität angestrebt. Diesen Ansatz habe ichnie geändert, weil sich das Geschehenauf dem Trainingsplatz meiner Meinungnach auf die Spiele überträgt. LockereTrainingseinheiten gibt es bei uns nicht.Beim Training können die Spieler bewei-sen, dass sie Profis sind. Spieler, die imTraining keinen Einsatz zeigen, könnenandere negativ beeinflussen – dannkann alles auseinanderfallen, dann ist

man kein echter Fussballklub mehr. Bei Manchester United und Aberdeenherrschte ausserdem immer ein sehrguter Teamgeist. Es ist nie perfekt und heute gibt es immer mehr egois-tische Spieler, die dem Trainer dasLeben schwer machen. Mit dem Auf-tauchen von Agenten und Beraternhaben einige Spieler nicht mehr die-selbe Eigenverantwortung wie vor 20 oder 30 Jahren. Damals buchtenzum Beispiel alle ihren Urlaub selber,heute ist dies nicht mehr der Fall.Eine grosse Veränderung ist natürlichdie grössere Anzahl Stars, die manbraucht, um auf höchster Ebene mit-zuspielen. In unserem Klub gibt es 18 verschiedene Nationalitäten – dieseEntwicklung hätte ich zu Beginn meinerKarriere nicht voraussagen können. Wir sind nun soweit, dass ich zwei Voll-zeit-Scouts in Brasilien habe, einen inArgentinien, weitere in Deutschland,Frankreich usw. Meine Leute sind über-all, was zeigt, wie stark die Premier

SIR ALEX FERGUSON

I N T E R V I E WVON ANDY ROXBURGH,TECHNISCHER DIREKTOR DER UEFA

VOR ÜBER 30 JAHREN WURDE ALEX FERGUSON TRAINER DES FC ABERDEEN.

KURZ NACH SEINEM AMTSANTRITT ERKLÄRTE ER IM SCHOTTISCHEN FERNSEHEN, ER WOLLE MIT

ABERDEEN UND JEDEM ANDEREN VEREIN, DEN ER EINES TAGES TRAINIEREN WERDE, EINEN

EUROPÄISCHEN POKAL GEWINNEN. DIESES ZIEL HAT ER BISHER VIERMAL ERREICHT – EINMAL MIT

ABERDEEN, DREIMAL MIT MANCHESTER UNITED. 1983 SIEGTE ER MIT DEN «DONS» IM ENDSPIEL

DES UEFA-POKALSIEGERPOKALS GEGEN REAL MADRID. ACHT JAHRE SPÄTER TRIUMPHIERTE ER MIT DEN

«RED DEVILS» IM SELBEN WETTBEWERB GEGEN DEN FC BARCELONA, UND BEIDE MALE HOLTE

ER IM VORBEIGEHEN AUCH NOCH DEN UEFA-SUPERPOKAL. DEN GIPFEL ERREICHTE ER MIT DEM

GEWINN DER UEFA CHAMPIONS LEAGUE 1999 (GEGEN BAYERN MÜNCHEN) UND 2008 (GEGEN CHELSEA).

DER EUROPA/SÜDAMERIKA-POKAL – BESSER BEKANNT ALS WELTPOKAL – SOWIE DIE FIFA

KLUB-WELTMEISTERSCHAFT KAMEN 1999 BZW. 2008 ZU SEINER SAMMLUNG HINZU. AUF NATIONALER

EBENE LIEST SICH DIE BILANZ ALEX FERGUSONS MIT ZEHN MEISTERTITELN IN ENGLAND

UND DREI IN SCHOTTLAND SOWIE INSGESAMT 21 POKALSIEGEN EBENFALLS BEEINDRUCKEND,

DOCH DAS I-TÜPFELCHEN SIND DIE ERFOLGE AUF DER EUROPÄISCHEN BÜHNE. DER UEFA-TRAINER DES

JAHRES VON 1999 UND AKTUELLE EHRENVORSITZENDE DES UEFA-TRAINERZIRKELS IST EINE IKONE

DES EUROPÄISCHEN VEREINSFUSSBALLS, EIN SUPERSTAR AN DER SEITENLINIE.

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Triumphzug durch Aberdeen für die schottische Mannschaft nach dem Sieg gegen Real Madrid im Finale desPokalsiegerpokals 1983.

Sir Alex Ferguson mit der Trophäe der UEFA Champions League, die er 2008

mit Manchester United gewann.

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Doch wie bereits gesagt ist eine dergrössten Entwicklungen in letzter Zeit das schneller gewordene Umschalten.Konterfussball sieht heute anders aus –nicht mehr so wie der klassische italie-nische Stil der 60er-Jahre, als weitePässe auf einzelne Angreifer gespieltwurden, die dann vielleicht genügendRaum für eine 1-zu-1-Situation vorfan-den. Heute kommen Mittelfeldspielerund Aussenverteidiger mit nach vorne,so dass 4 bis 5 Spieler am schnellenGegenstoss beteiligt sind. Dieses kol-lektive Konterspiel hat den Fussball aufjeden Fall stark verändert.

3 • Was braucht es heute, um einSpitzenspieler in Europa zu sein?Einigen Spielern wie Kaká, Messi undRonaldo wurde das Talent in die Wiegegelegt. Damit ist es jedoch nicht getan,sie müssen sich den Erfolg hart erar-beiten. Cristiano Ronaldo bleibt nachjedem Mannschaftstraining auf dem Platz und nicht wenige tun es ihm gleich.Einige Teile des Trainings dienen der Verbesserung der Technik, der Bewe-gungsabläufe, des Pass- und Tempo-spiels, doch für das gewisse Etwas mussman bereit sein, nach dem Trainingweiter an sich zu arbeiten – das zeich-net einen grossen Spieler aus. Verlässter sich nur auf sein Talent, wird er diesen Status nicht erreichen. Er mussauf eigene Faust zusätzliche Anstren-gungen unternehmen.

4 • Wie sehen Sie die UCL im Vergleich zur EM oder WM?Einige WM-Endrunden und sogar dieeine oder andere EURO waren ein wenig enttäuschend. Die letzte tolle WMwar 1986 in Mexiko, als Argentinien im Finale Deutschland mit 3:2 besiegte.Seither gab es nichts Vergleichbaresmehr. Einige werden sagen, dass heutedie meisten Nationalmannschaften harteGegner sind und sich das allgemeineNiveau verbessert hat. Doch wenn mansich die Qualität der UEFA ChampionsLeague ansieht – da gab es viele schlichtfantastische Spiele, und zwar auf aller-höchstem Niveau. Unsere Partie gegenChelsea war eines der hochstehendstenEndspiele der letzten Jahre. Natürlichblenden wir gerne das eine oder andereFinale vor zwanzig Jahren aus, das nacheinem faden 0:0 im Elfmeterschiessenentschieden wurde. Doch denken Sie an

League geworden ist und wie wir uns als Fussballklub entwickelt haben. Wirsehen uns als globales Unternehmen.Für mich ist das gut, weil ich so ver-schiedene Kulturen kennenlerne, wasaus technischer Sicht sehr interessant ist. Ein Trainer kann heute einfach nichtmehr engstirnig sein.

2 • Welches sind die bedeutendstentaktischen Entwicklungen, die Sie in den letzten zehn Jahren in derUEFA Champions League beobachtenkonnten?Es wird eindeutig schneller umgeschal-tet. Die Qualität der Trainer hat sich ver-bessert und dank Sportwissenschaft undTechnologie kann man seine Gegnergründlicher studieren. Wir haben Zugriffauf statistische Daten über jeden Spieler,der gegen uns antritt. Solche Informa-

tionen sind für jeden Trainer phäno-menal – wir können jedes Detail aus-leuchten, über das wir Bescheid wissenmüssen. Die taktische Vorbereitung hat sich dadurch verändert. Was sich je-doch nie ändern wird, ist die Hoffnung,dass man einen Cristiano Ronaldo oder Lionel Messi findet – Spieler, dieeine Begegnung im Alleingang ent-scheiden und taktische Konzepte vonTrainern zerstören können. Einen Spie-ler wie Messi zu stoppen ist keine einfache Aufgabe. In jedem Spiel wirdes Momente geben, wo er mit demBall auf einen zuläuft und man denkt:«Oh nein, nicht schon wieder!» Alle grossen Spieler wie Lionel Messibesitzen einen gewissen Mut, der sie – neben ihrem herausragendenfussballerischen Können – von allenanderen unterscheidet.

SEINE ERSTE CHAMPIONS-LEAGUE-TROPHÄE

HOLTE SIR ALEX FERGUSON 1999 MIT MANCHESTER UNITED

GEGEN BAYERN MÜNCHEN IN BARCELONA.

Sir Alex Ferguson mit dem legendären Sir Matt Busby nach dem Triumph der «Red Devils» imPokalsiegerpokal 1991.

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das 3:3 zwischen Liverpool und Milanund wie dramatisch das war! OderManchester United gegen Bayern Mün-chen mit den beiden entscheidendenToren in der Nachspielzeit. Bei der WMgibt es viele gute Begegnungen, dochim Allgemeinen ist das Niveau der gros-sen Champions-League-Spiele meinerMeinung nach höher. Allerdings war ich bisher nur bei zwei WM-Endspielendabei. Zuerst 1998, als FrankreichBrasilien demontierte und alle nur vonden Problemen Ronaldos und derenAuswirkungen auf die Mannschaft vonZagallo sprachen. Das letzte Finalezwischen Frankreich und Italien fand ichaus taktischer Sicht allerdings packend.Es war ein sehr intensives Spiel, unddie Idee von Marcello Lippi, in derzweiten Halbzeit mit drei Mittelfeld-spielern zu agieren, war entscheidend,weil sie Italien mehr Stabilität verlieh,als Frankreich immer stärker aufkam.Um auf die anfängliche Frage zurück-zukommen: Ich denke, dass die UEFA Champions League in SachenLeistungsdichte, Qualität und Dramatiknur schwer zu übertreffen ist. Wobeiman natürlich bedenken muss, dass die WM nur alle vier Jahre stattfindetund die Kontinuität unter den vielenVeränderungen bezüglich Spielern undTrainern leidet.

5 • Welches sind die grösstenSchwierigkeiten für einen Klub, der an einem europäischenWettbewerb teilnimmt?Am schwierigsten ist die Vorbereitung.Wir befinden uns in einer sehr an-spruchsvollen Liga mit dicht gedräng-tem Spielkalender und haben daher nur wenig Zeit, uns auf die Spiele derChampions League vorzubereiten. Doch im Grunde gibt es keine wirk-lichen Probleme. So sind zum Beispieldie Leistungen der Schiedsrichter mei-ner Meinung nach besser geworden –es herrscht mehr Respekt zwischenSchiedsrichter und Spielern. Die Organi-sation ist sehr gut und es gibt nur sel-ten Probleme. Das Einzige, was michmanchmal stört, ist, dass beim Trainingim Stadion am Vortag des Spiels zu viele Leute anwesend sind und wir nichtwirklich ernsthaft arbeiten können. Zwarverschwinden die TV-Kameras nach 15 Minuten, doch man kann trotzdemnicht garantiert ungestört trainieren.Wenn man am Samstag spielt, am Sonn-tag regeneriert und dann am Dienstagein Auswärtsspiel in der ChampionsLeague ansteht, bleibt nur noch dasMontagstraining im Stadion des Gegnersund man weiss nicht, von wem man beobachtet wird. Es ist schwer, mitdieser Situation zurechtzukommen.

6 • Ändern Sie für Europapokal-Spiele etwas an der Vorbereitung?Eine eingehende taktische Vor-bereitung ist aus Zeitgründen wiegesagt nicht möglich. Im Vordergrundstehen eher die Erholung und dasEinstimmen der Spieler auf das Spiel.Wir richten uns stets nach britischerZeit, egal wo wir sind. Spieltageziehen sich ein bisschen in die Längeund die Zeitverschiebung ist auchnicht hilfreich. Um etwa 10.00 Uhrmachen wir ein Bewegungstraining,oft mit Spass und Musik. Dann folgendie Videoanalyse und das Mittag-essen. Erst dann mache ich die Auf-stellung für das Spiel am Abend.

7 • Sind Sie mit der Auswärtstor-Regel zufrieden?Ich denke, sie ist kein so grossesThema mehr wie vor 20 Jahren. Auf-grund der Schnelligkeit und Effizienzdes heutigen Konterspiels ist es keingrosser Nachteil mehr, auswärts an-zutreten. Ich mache mir keine grossenGedanken darüber, doch es ist natür-lich eine gute Sache, wenn man aus-wärts trifft. Verstehen Sie mich nichtfalsch – für das Auswärtsteam ist die Regel ein Vorteil, doch ich lassemir dadurch keine taktischen Fesseln anlegen. Ich denke nicht, dass dieRegel abgeschafft werden muss, da sie diesen kleinen Anreiz bietetund verhindert, dass die Auswärts-mannschaften nur am eigenen Straf-raum verteidigen.

8 • In den letzten Jahren wurden in der UEFA Champions Leagueweniger Tore durch Freistösseerzielt – ist das Zufall oder gibt eskonkrete Gründe dafür?Der einzige Grund, den ich mir vor-stellen kann, ist mangelndes Training.Wie gesagt, Cristiano Ronaldo übtständig Freistösse, was man auchsehen kann, weil er sie fast immergefährlich aufs Tor bringt. Die Leutesagen, dass der Ball schwer zu kon-trollieren ist, doch das ist seit zwanzigJahren so und kann aus meiner Sichtkein wesentlicher Grund sein. An der Distanz der Mauer kann es auchnicht liegen, da die Schiedsrichter ihre Sache in der Regel gut machen.Nein, ich denke, dass es mit fehlen-dem Training und Zufall zu tun hat.

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ERTEILT WAYNE ROONEY ANWEISUNGEN.PA W

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Alan Smith erzielt den zweiten Treffer fürManchester United beim Rekordsieg gegen AS Roma in der UEFA Champions League2006/07.

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9 • Welches sind die grösstenUnterschiede zwischen den nationalen Wettbewerben und derUEFA Champions League?Die unterschiedliche Vorbereitung unddie Stimmung in den Stadien. DenkenSie an die Atmosphäre im Old Trafford,im Nou Camp, im San Siro oder imBernabeu an einem Champions-League-Abend – dann wissen Sie, wovon ichspreche. Bei unserem letzten Auftritt inMailand hatten wir 84 000 Zuschauerund die Atmosphäre war geladen – ansolchen Abenden bekommt man Gänse-haut. Hinzu kommen das Flutlicht, dasEreignis und die Besonderheit des Auf-einandertreffens zweier Fussballkulturen.Die Premier League ist fantastisch undsehr hart umkämpft, doch einige Spielereissen einen nicht gerade von denSitzen. In der Champions League sinddie meisten Spiele prickelnd, dramatischund hochstehend. Es ist eine Cham-pions League, kein reiner Pokalwett-bewerb, und der aktuelle Modus ist fürdiesen Wettbewerb unter den bestenKlubmannschaften der beste.

10 • Welches war Ihr bestesEuropapokal-Spiel aller Zeiten?Ohne Zweifel das 7:1 gegen AS Romaim Old Trafford im Viertelfinale der UEFA Champions League 2006/07 – es war der höchste je errungene Sieg in dieser Wettbewerbsphase. Wir tratengegen ein italienisches Spitzenteam an, das uns im Hinspiel 2:1 geschlagenhatte. Die Leistung, die wir in der erstenHalbzeit vor unseren Fans zeigten, warvon einem anderen Stern. Unser schnel-les Direktspiel funktionierte besser dennje und Luciano Spallettis Spieler wusstennicht, wie ihnen geschah. Einige Torewaren herrlich herausgespielt, insbeson-dere jenes von Alan Smith nach einerflüssigen Kombination. Dieses Spielsticht sicherlich hervor. Dann gab es auchdas 3:3 beim FC Barcelona, das auch20:20 hätte ausgehen können bei demAngriffsspektakel, das beide Mann-schaften boten. Manche Spiele spiegelndie Geschichte der jeweiligen Vereinewieder und das war ein gutes Beispiel.Diese wunderschönen, speziellenAbende vergisst man nie.

11 • Welches sind die schönstenund die schlimmsten Aspekte,wenn man eine Mannschaft ineinem europäischen Wettbewerbbetreut?Das Schönste ist sicherlich, mit grossen Trainern wie Marcello Lippi, Ottmar Hitzfeld oder Carlo Ancelottidie grosse Bühne zu teilen – erstaun-licherweise hatte ich noch nie FabioCapello als Gegner. Ich erinnere mich an ein Spiel in Turin, als SignorLippi auf der Bank sass, eine schwarzeLederjacke trug und in aller Ruheeinen Zigarillo rauchte, während ichim Trainingsanzug im strömendenRegen stand – welch ein Unterschied!Gegen die besten Trainer und in dengrössten europäischen Stadien an-zutreten ist wirklich wunderbar. Es istdie Magie des europäischen Fussballs– dank der UEFA Champions Leaguekonnte ich meine Kindheitsträumeverwirklichen. Ajax Amsterdam ist daseinzige europäische Schwergewicht,auf das ich im Europapokal nie getroffen bin.Am schlimmsten finde ich die an-strengende Medienarbeit nach denSpielen – bis zu sechs TV-Interviewsund eine grosse Pressekonferenz.Wenn die Spieler geduscht und ge-kleidet sind, haben wir immer nochzu tun.

12 • Welche gegnerischen Spielerhaben Sie seit der Einführung der UEFA Champions League ammeisten beeindruckt?Wenn ich an die aktuelle Generationdenke, dann ist Lionel Messi Spitzen-klasse. Kaká hat mich auch beein-druckt, ohne mir jedoch den Atem zu verschlagen. Zinédine Zidane warein begnadeter Fussballer, doch ohneZweifel hat mir Paolo Maldini wäh-rend meiner bisherigen Zeit als Cham-pions-League-Trainer am besten ge-fallen – mit seiner Präsenz, seinemKampfgeist, seiner Athletik, und ob-wohl er technisch nicht der Beste war,hat er in seiner langen, erfolgreichenKarriere alle Milan-Teams geprägt. Ein wirklich wunderbarer Spieler.

SIR ALEX FERGUSON

UND MARCELLO LIPPI.

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Paolo Maldini, einer von Sir Alex Fergusons «Lieblingsgegnern».

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WAS WISSEN SCHIEDSRICHTER ÜBER DIE TRAINERAUSBILDUNG? UND WAS WISSEN TRAINER

ÜBER DIE SCHIEDSRICHTERAUSBILDUNG?

SCHIEDSRICHTER-AUSBILDUNG

Das Verhältnis zwischen den beiden genannten Berufsgruppen ist einer derewigen Diskussionspunkte im Fussball. Die UEFA versucht, über einen proaktiven

Ansatz Kontakte und Kommunikation zu fördern. So nahm beispielsweise derfrühere internationale Schiedsrichter Hugh Dallas, der heute der UEFA-Schieds-

richterkommission angehört, an der UEFA-Konferenz für Nationaltrainer nach der EURO 2008 teil – und berichtete anschliessend bei

zwei Schiedsrichterevents in Málaga und Cannes von seinen dort gemachten Erfahrungen.

Bei der Veranstaltung in Málaga handelt es sichum einen jährlich stattfindenden Kurs, bei demdie Ausbildung neuer internationaler Schieds-

richter mit der Weiterbildung von Topschiedsrich-tern im Fortgeschrittenenkurs der UEFA für Elite-

und Spitzenschiedsrichter kombiniert wird. «Eshandelt sich um unterschiedliche Programme», so

Hugh Dallas. «Die Spitzenschiedsrichter kennenwir in- und auswendig; die Newcomer dagegenbrauchen wirklich unsere Unterstützung, umden grossen Sprung vom nationalen in den internationalen Fussball zu schaffen.»

Die Parallelen zur Trainerausbildung beginnendamit, dass es auch bei den Unparteiischennicht allein um Tests und Prüfungen geht, son-dern darum, gute Referees auszubilden, genauwie wir gute Coaches ausbilden möchten. Sobestehen zum Beispiel die Fitnesstests inzwi-schen aus einer Serie von sechs 40-Meter-Sprints in maximal 6,2 Sekunden sowie mindes-tens 20 Tempoläufen von 150 Metern Länge in 30 Sekunden mit einer Erholungsphase von35 Sekunden, in denen 50 Meter zurückgelegtwerden müssen. In anderen Worten entspre-chen die Tests nunmehr sehr viel eher denBedingungen im Spiel als die Langstrecken-läufe von früher, und Beschwerden wie «DerSchiedsrichter konnte mit dem Spieltemponicht mithalten» gehören der Vergangenheitan. Angepasst wurden auch die Englisch-Anforderungen. Die neuen internationalenSchiedsrichter mussten in Màlaga keineschriftliche Prüfung absolvieren. Der Schwer-punkt lag vielmehr auf Konversation und

nützlichen Themen wie Familie, Beruf,Trainingspläne und sportliche Vorlieben.«Das ist viel nützlicher für beide Parteien»,erklärt Hugh Dallas. «Die UEFA möchte sie kennen lernen und sie die UEFA.»

«Wir beziehen auch psychologische As-pekte mit ein», fährt er fort. «Es ist wichtig,mit Druck, Enttäuschung, Kritik und derBeurteilung durch andere umgehen zulernen – und auch, sich selbst einschätzenzu können.» Dieser Satz könnte ebensogut aus einem Kurs zur Trainerausbildungstammen.

Noch mehr Ähnlichkeiten traten bei einemVortrag des Technischen Direktors derUEFA, Andy Roxburgh, zutage, bei dem esum die Bedeutung von Führungsqualitätenging. «Das war spannend und sehr nütz-lich», fand Hugh Dallas anschliessend. «Er hat uns klar gemacht, wie viel Schieds-richter von erfahrenen Trainern lernenkönnen. Wir wissen, dass es für aktiveTrainer schwierig ist, Zeit für uns zu finden,aber wir können sicherlich von denjenigenprofitieren, die gerade nicht an vordersterFront stehen. Natürlich sind das Trainer-geschäft und das Schiedsrichterwesennicht dasselbe. Schiedsrichter kann manzum Beispiel nicht einfach unter Vertragnehmen – man muss sie ausbilden. Aber es gibt sicher Berührungspunkte.»

So sind beide Berufe in einen durch unddurch wettkampforientierten Sport einge-bunden, der kontinuierlich im Rampenlichtsteht. Sie müssen mit Krisen, Stress undgrossen Egos fertig werden. Sie müssenRisiken in Kauf nehmen und wichtige Ent-scheidungen treffen. Soll heissen: Wissenund Talent sind eine Sache, reichen abernicht unbedingt aus. Was zählt, ist die Persönlichkeit – besonders in einer Zeit,

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HUGH DALLAS BEIM

UEFA-SCHIEDSRICHTERKURS

IM FEBRUAR IN MALAGA.

Hugh Dallas leitet eine Begegnungder schottischenPremier League.

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in der Entscheidungen von Führungsper-sonen und auch die Verantwortlichenselbst nur allzu schnell in die Kritik geraten.

Ein Schiedsrichter ist, genau wie ein Trai-ner, der Chef eines Teams. Der Trainersteht seinem Trainerstab vor, der Schieds-richter seinen beiden Assistenten unddem vierten Offiziellen. Ihre Leistungenwerden gleichermassen beurteilt – voneinem Schiedsrichterbeobachter einerseits,von einem Präsidenten oder Vorstand auf der Tribüne andererseits. Sie müssenVerantwortung übernehmen. Jedes Team-mitglied muss klare Vorgaben und Pflich-ten haben; es muss festgelegt werden,wer wofür zuständig ist. Kommunikation ist dabei ein Schlüsselbegriff. Es müssenklare Ansagen gemacht werden. DerSchiedsrichter muss, genau wie der Trainer,ein Gefühl für den richtigen Momenthaben: Er muss wissen, wann er loben,wann er kritisieren kann – und wann erbesser nichts sagt. Gleichzeitig muss ereine Atmosphäre von Vertrauen und Opti-mismus schaffen. Er muss motivieren,indem er realistische Ziele vorgibt. Und er muss den Teamgeist stärken.

Genau wie ein Trainer muss auch ein Unparteiischer über «emotionale In-telligenz» verfügen, basierend auf Selbst-erkenntnis, Selbstbewusstsein, Selbst-motivation und Selbstkontrolle. «Ein Spielzu leiten ist wie Reiten», meint HughDallas. «Man muss locker sein und gleich-zeitig die Kontrolle behalten.»

Auf der Tagesordnung in Málaga standauch gute Spielerführung – ein Thema, um das es auch in Trainerausbildungskur-sen stets geht. Und vielleicht ist es bei den Referees sogar noch besser aufgeho-ben. Ein Coach wird die Spielbesprechungmeist nicht direkt nach der Partie ansetzen,wenn das Adrenalin noch in den Adernpocht. Ein Schiedsrichter hingegen ist ge-zwungen, mit Sportlern zurechtzukommen,die gerade voll im «Spielrausch» sind. Auto-rität, Charakter, Glaubwürdigkeit, Energieund verschiedene Formen von Kontrollesind deshalb äusserst wichtig. Die Vor-stellung, dass die Kenntnis der Spielregelnausreicht, um ein Spitzenschiedsrichter zu sein, ist ebenso naiv wie die Ansicht,dass ein Spieler im Elfmeterschiesseneines UEFA-Champions-League-Finales nur schiessen können muss.

In Málaga stand denn auch das Thema«grosse Entscheidungen» im Zentrum desInteresses. Hugh Dallas erläutert: «WennSie an die Spitze wollen, dann müssen siestark sein und mutig. Deshalb hatten wir in Málaga Module, in denen es um spiel-entscheidende Entscheidungen im Straf-raum und um die korrekte Bewertung vonTacklings ging. Schiedsrichter müssen dafürgeschult sein, mit spezifischen Situationenrichtig umzugehen und sich bei Haltenund Sperren im Strafraum richtig zu ver-halten. Manchmal kann das heissen, richtigzu stehen und gegenüber den SpielernPräsenz zu demonstrieren. Manchmal bedeutet es, entschlossen durchzugreifen.

Und es scheint, als würden die Schieds-richter in solchen Situationen immercouragierter.»

Betont wurde auch, dass Mut und Füh-rungsqualitäten auch für den Schutz desImages des Fussballs eine herausragendeRolle spielen, wo das Zauberwort Respektheisst und die Zusammenarbeit mit denTrainern von grosser Bedeutung ist. «Wirhaben uns mit Meinungsverschieden-heiten, Konfrontationen und Privatfehdenzwischen Spielern befasst. Solche Dingesehen die Assistenten meist besser alsder Schiedsrichter, da sie häufig hinterdessen Rücken passieren», erklärt HughDallas. «Auch hier ist es unerlässlich, mit Menschen umgehen zu können. Der Trainer übernimmt diese Aufgabe in der Kabine – wir haben sie auf demSpielfeld zu erfüllen.»

Hugh Dallas übt seine Rolle als «Aus-bilder» derzeit im Rahmen seiner Funk-tion als Mitglied der UEFA-Schiedsrichter-kommission aus. Der «Ausbilder» vor Ort bei den Spielen ist hingegen derSchiedsrichterbeobachter, und in diesemBereich hat sich in den vergangenenMonaten Einiges getan. «Wir möchtennicht, dass der Beobachter eine passiveRolle ausübt und nur Noten vergibt. Wir wollen, dass er sich proaktiv einbringt,was die einheitliche Auslegung der Spiel-regeln betrifft, und wir möchten, dass die Schiedsrichterbeobachter selbst ein-heitliche Massstäbe anlegen bei dem,was sie den Schiedsrichtern beim Spielvermitteln, und diese Massstäbe auch inihre Nationalverbände hineintragen. Siesollten gewährleisten, dass bis hinunterzum Breitensport dieselben Grundsätzegelten. Deshalb haben wir die Beobachterzu einem speziellen Kurs nach Canneseingeladen, und direkt davor war ich beieinem Kurs für zehn neue Beobachter in Manchester.»

Zeitgleich zur Veranstaltung an der Côted’Azur genehmigte das UEFA-Exekutiv-komitee den Beitritt von sieben weiterenKandidaten zur Schiedsrichterkonvention.Mit den Färöer-Inseln, Island, Malta, denNiederlanden, Nordirland, Schweden und der Slowakei steigt die Anzahl derMitglieder – nach nur drei Jahren – aufzwanzig. Dreissig weitere Bewerbungenwerden derzeit geprüft. Es tut sich wasbei der Schiedsrichterausbildung.

HUGH DALLAS BEI DER

UEFA-KONFERENZ FÜR NATIONALTRAINER IM

VERGANGENEN SEPTEMBER IN WIEN.

Informationssitzung für die französische U17-Auswahl bei der EM-Endrunde 2007/08.

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eine taktische Umstellung vor, indem er François Clerc aus dem Spiel nahm,den defensiven Mittelfeldmann JérémyToulalan auf die frei gewordene Positiondes Rechtsverteidigers beorderte undMathieu Bodmer als Speerspitze der Mit-telfeldraute einwechselte. Auf psycho-logischer Ebene wies er seine Spielerdarauf hin, wie wichtig ein zweiter Trefferwäre, weil sich dadurch beim HeimteamZweifel und die Angst vor dem Verliereneinschleichen würden. Er wollte, dassseine Spieler an ihre Chance glaubten –und er ging mit gutem Beispiel voran.Claude und seine Assistenten PatrickCollot, Robert Duverne und Joël Bats

«bestritten» die zweite Spielhälftemit Leidenschaftund Engagement.Als Juninho nur drei Minuten nachWiederanpfiff auf2:4 verkürzte,sprang Claude auf,reckte die Faust indie Höhe und triebseine Spieler an,den Anschlusstref-fer zu suchen, derdie katalanischenNerven einer hartenBelastungsprobeausgesetzt hätte.

Zu Beginn desSpiels waren beideTrainer sehr ruhig

und standen mit den Händen in denHosentaschen oder Hüften in der tech-nischen Zone. In der zweiten Halbzeitgingen sie weniger besonnen zu Werke.Pep erinnerte seine Spieler mit deut-lichen Zeichen wiederholt daran, dieganze Spielfeldbreite auszunützen undzum Kombinationsspiel zurückzukehren,das ihnen eine 4:0-Führung eingebrachthatte. Claude vermittelte seiner Mann-schaft mit energischer Gestik den Glau-ben, dass das Unmögliche möglich war.Doch letztlich sorgte der eingewechselteSeydou Keita für die Entscheidung, als er in der Nachspielzeit Lyon-Torwart Hugo Lloris umspielte und zum 5:2 insleere Tor traf.

Die Spieler hatten den Zuschauern ein90-minütiges, temporeiches Spektakelgeboten. Für die beiden Trainer dauertedas Spiel jedoch Tage.

Nach einem kurzen Zwischentief mit je zwei Unentschieden und Niederlagenhatte Barça am vorherigen Samstag dank eines spektakulären 2:0-Erfolgsneues Selbstvertrauen getankt. Vor demMittwochspiel gegen OL liess sich PepGuardiola etwas Besonderes einfallenund stellte die Vorbereitung um. DasDienstagtraining fand nicht nachmittags,sondern vormittags statt, und nach derMedienkonferenz am Mittag und derBekanntgabe des 22-Mann-Kaders durf-ten die Spieler nach Hause. Um 19.00Uhr kehrten sie zum Stadion zurück, woder Teambus auf sie wartete. Dann ging

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IM NOU CAMPALS SICH LIONEL MESSI IN DER 40. MINUTE IN DEN STRAFRAUM VON OLYMPIQUE LYONNAIS

DRIBBELTE UND NACH EINEM DOPPELPASS MIT SAMUEL ETO’O PER INNENRIST ZUM 3:0

FÜR DEN FC BARCELONA TRAF, VERGRUB OL-TRAINER CLAUDE PUEL DAS GESICHT IN DEN HÄNDEN.

UND ALS ETO’O DREI MINUTEN SPÄTER EINEN VIERTEN TREFFER NACHLEGTE, DAUERTE CLAUDES

GESTE DER VERZWEIFLUNG NOCH EIN BISSCHEN LÄNGER. ALS JEDOCH JEAN MAKOUN SEKUNDEN

SPÄTER EINEN ECKBALL INS NETZ KÖPFTE, FASSTE ER WIEDER NEUEN MUT.

Man konnte sich fragen, ob es für ihn oder für Barça-Coach Josep «Pep» Guar-diola einfacher sein würde, in der Kabinedie richtigen Worte für die Pausenan-sprache zu finden. Dies ist natürlich aucheine rhetorische Frage. Wer bei der Wahl zwischen einem 4:1-Vorsprung undeinem 1:4-Rückstand die zweite Variantebevorzugt, müsste wohl in eine psychia-trische Klinik eingewiesen werden – erstrecht, wenn es um ein Achtelfinale derUEFA Champions League geht.

Während Pep seine Spieler aufforderte,das Tempo hoch zu halten und konzen-triert zu bleiben, nahm Claude zunächst

LYON-TRAINER CLAUDE PUEL

MIT SEINEN SPIELERN AUF DEM

RASEN DES NOU CAMP.

Claude Puel schaut zu, wie sein Kapitän Juninho nach der roten Karte das Spielfeld verlässt.

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Stade de Gerland gingen die Spieler nach Hause – nicht so Claude. Mit seinenMitarbeitern erstellte er eine 20-minü-tige Zusammenfassung der guten undschlechten Szenen des letzten Spiels. Als er zuhause ankam, war es zwischendrei und vier Uhr morgens.

Um 11.00 Uhr begann das Sonntags-training. Claude war da, um die Mann-schaft zu begrüssen. Auf dem Programmstanden auch Einzelgespräche mit Spie-lern und Mitgliedern des Trainerstabs. Am Mittag ging es zur Medienkonferenz,und dann konnte er endlich einmaldurchatmen.

Am Montagmorgen, 9.00 Uhr, traf sichClaude auf dem Trainingsgelände mitseinen technischen Mitarbeitern, um sichdie für das Spiel gegen Barça vorbereiteteDVD anzusehen. Am Mittag folgten wei-tere Medienaktivitäten, gefolgt von logis-tischen Abklärungen für die Reise nachBarcelona und der Vorbereitung desNachmittagtrainings. Um 15.00 Uhr ana-lysierte die Mannschaft die Partie gegenLille, um 15.45 Uhr fand das Training statt und um 17.30 Uhr ging es zum Flug-hafen. Drei Stunden später folgte dasAbendessen im Hotel in Barcelona undbei Claude begann die geistige Vorberei-tung auf das Spiel.

Am Dienstagmorgen um 10 studierteClaude die lokale Presse und schaute sichdas Spiel Barcelonas vom letzten Samstagaufmerksam an. Mittag- und Abendessennutzte er, um mit seinen MitarbeiternEinzelheiten abzusprechen, und die Zeitdazwischen wurde mit einem Stadion-besuch, der Medienkonferenz vor demSpiel und einer intensiven und tempo-reichen Trainingseinheit im Nou Campüberbrückt.

Pep wollte am Tag des Spiels in ersterLinie verhindern, dass bei seinen SpielernLangeweile aufkommt. Bedenken für sichselbst hatte er diesbezüglich allerdingskeine. Unmittelbar nach dem Frühstückbereitete er sich auf die DVD-Analyse mitden Spielern vor, die auf 11.00 Uhr ange-setzt war. Dann ging es zurück zum Sta-dion für ein lockeres Fun-Training, gefolgtvon weiteren Videoanalysen zu ruhendenBällen. Nach dem Mittagessen im Hotelsuchte er mit seinen technischen Mitar-beitern die Spielszenen für die letzte DVD-Besprechung heraus. Vor der Abreise ausdem Hotel fand die Teambesprechung

statt und im Stadion folgte die letzteVideoanalyse, bevor die Spieler um20.10 Uhr den Rasen betraten, um dieZuschauer zu begrüssen und sich auf-zuwärmen.

Einen Moment lang fragte sich Claude,ob seine Spieler genügend Zeit für einordentliches Aufwärmen haben würden.Der Mannschaftsbus geriet auf dem Weg ins Stadion in einen Stau, aus demihn nicht einmal eine Polizeieskorte befreien konnte. Die Handys liefen heiss und der Adrenalinspiegel stieg,doch letztlich erreichte der Bus eine gute Stunde vor Spielbeginn sein Ziel.

Im Verlauf des Tages hatte Claude die 18 (von 21) Spieler bekannt gegeben,die auf dem Spielblatt figurierten. Beieiner einstündigen Sitzung vor dem Mittagessen wurde der Gegner in Wortund Bild analysiert und die Schlüssel-szenen des Hinspiels in Lyon (1:1) wur-den gezeigt. Unmittelbar vor der Abfahrtzum Stadion setzte sich Claude nocheinmal mit den Spielern zusammen, umStandardsituationen und die taktischeMarschroute zu besprechen. In der Um-kleidekabine wurden die Spieler dannindividuell oder in Gruppen betreut undeingestimmt.

Der Rest ist bekanntlich Geschichte.Nach dem Spiel mussten Pep undClaude für die (wichtigen) TV-Interviewsvor den dafür vorgesehenen Stellwän-den und für die Medienkonferenz zurVerfügung stehen. Anschliessend durfteder völlig erschöpfte Pep nach Hause,während der OL-Tross den FlughafenBarcelona um 1.15 Uhr verliess. Claudegingen die Worte Arsène Wengers in Bezug auf die Schwierigkeiten beimMotivieren von Spielern nach grossenEnttäuschungen wie dem Ausschei-den aus der UEFA Champions Leaguedurch den Kopf. Gedanklich war er bereits beim nächsten Ligaheimspielgegen AJ Auxerre, das bezeichnender-weise verloren ging.

Die Fans hatten einen weiteren denk-würdigen Fussballabend im Nou Camperleben dürfen. Für die beiden Trainerhingegen, die schon 1993/94 als Spieler von Barcelona bzw. AS Monacoin der UEFA Champions League auf-einandergetroffen waren, bedeuteten die 90 Minuten Fussball vier Tage harte Arbeit.

es zum ersten Mal in ein Hotel auf dem Berg Tibidabo, der eine herrliche Aussicht auf Barcelona bietet. Pep hatteam Nachmittag versucht, sich mit Lesenetwas abzulenken – mit wenig Erfolg, wie er zugab: «Ab der zweiten Seite seheich jeweils keine Wörter mehr, nur nochFlügelspieler und Aussenverteidiger.“ Da die DVDs für die Teambesprechungschon bereit waren, nutzte er den trai-ningsfreien Nachmittag, um sich Aufstel-lung und Taktik durch den Kopf gehen zu lassen und sich Gedanken über die wichtigsten Anweisungen an seineSpieler zu machen.

Für Claude Puel begann das Spiel inBarcelona bereits am frühen Sonntag-morgen. Nach der 0:2-Meisterschafts-niederlage gegen LOSC Lille im Stade de France war um 00.30 Uhr der Flugnach Lyon. Nach der Ankunft beim

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DIE BARCELONA-SPIELER

BEDANKEN SICH NACH DER

VIERTELFINALQUALIFIKATION

BEI IHREN FANS.

Josep Guardiola,Trainer des FC Barcelona.

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Es ist eine bedeutende Veränderung.Während bei der EURO 2008 vierMannschaften mitmischten, die 2004 in Portugal nicht dabei waren, herr-schen im Frauenfussball und im Futsalwesentlich klarere Hierarchien. Aller-dings wurden in den Ländern der

«zweiten Garde» ernsthafte Entwick-lungsprogramme geschaffen, die daraufangelegt sind, die führenden Nationenkünftig stärker herauszufordern.

Bei den Frauen haben sich die acht Teilnehmer der Endrunde 2005 in England erneut qualifiziert. Mit Island, den Niederlanden, Russland und derUkraine können somit vier Teams vonder Erweiterung profitieren und gegendie Elite antreten. Hier gilt es hinzu-zufügen, dass der Frauenspielkalendermit dem Algarve Cup und dem CyprusCup aufstrebenden Ländern nochandere Gelegenheiten bietet, gegenstarke Konkurrenz Erfahrungen zusammeln. Im Futsal ist dies weitausweniger der Fall.

Hier ist die Aufstockung der EM-End-runde somit von umso grösserer Be-deutung. In Ungarn werden sieben deracht Teams am Start sein, die 2007 inPorto um die europäische Krone kämp-ften. Gastgeber Ungarn zählt zu denNeulingen, und auch Aserbeidschan,Belarus, Belgien und Slowenien kön-nen sich erstmals bei einem bedeu-tenden und im Fernsehen übertragenenTurnier mit den Besten messen.

«Mit den Besten messen» ist keineÜbertreibung. Bei der WM Ende 2008in Brasilien stellte Europa drei der vier

Halbfinalisten – wobei es letztlich derGastgeber war, der dank einem 4:3 imSechsmeterschiessen (2:2 nach Ver-längerung) den Titel holte. Interessanter-weise stellte die «Seleção» mit einemDurchschnittsalter von 30,7 Jahren dieerfahrenste Mannschaft und hatte dreiAkteure in ihren Reihen, die in der spanischen Profiliga spielten. Italien, dasim kleinen Finale Russland besiegte,zählte sogar sieben Spanien-Legionäre.Spanien wird in Ungarn somit nicht nurseinen EM-Titel verteidigen, sondern sichauch Gedanken betreffend die Einsatz-möglichkeiten für lokale Nachwuchs-spieler in der heimischen Liga machen.

Dank der Ausweitung der Endrunde aufzwölf Mannschaften können auch mehrTrainer Erfahrungen sammeln – zumalbei einigen Topnationen neue Leute amSteuer sitzen. José Venancio, der dasspanische Team kurz vor der EM 2007übernommen hatte, ist noch da. Der Italiener Alessandro Nuccorini hingegenist nach zwölfjähriger Amtszeit zurück-getreten; Nachfolger ist sein langjährigerAssistent Roberto Menichelli. Oleg Ivanovhat das Zepter der russischen Mann-schaft an Sergey Skorovich übergeben,der – wie José Venancio 2007 – gleich-zeitig Klubtrainer ist und mit Viz-SinaraEkaterinburg Ende April den Titel imUEFA-Futsal-Pokal verteidigte. Die dienst-ältesten Coaches sind somit der Portu-

DEUTSCHLAND – DÄNEMARK

BEIM ALGARVE CUP IN MÄRZ.Celio

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AUS ACHTMACH ZWÖLFIN DEN NÄCHSTEN MONATEN STEHEN ZWEI EM-ENDRUNDEN AUF DEM PROGRAMM,

DIE NICHT NUR FÜR SPORTLICHE SPANNUNG SORGEN, SONDERN AUCH SPIEGELBILD EINES

FASZINIERENDEN FORTSCHRITTS SEIN WERDEN. FÜR DIE WOMEN’S EURO 2009

IM AUGUST IN FINNLAND UND DIE FUTSAL-EUROPAMEISTERSCHAFT IM JANUAR 2010 IN UNGARN

WURDE DAS TEILNEHMERFELD VON ACHT AUF ZWÖLF TEAMS AUFGESTOCKT.

Das Qualifikationsspiel Albanien – Georgienim Rahmen der Futsal-Europameisterschaft.

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giese Orlando Duarte, der UkrainerGennadiy Lysenchuk und der TschecheTomas Neumann, der sein Land schonzur EM-Endrunde 2007 geführt hatte.Acht von zwölf Trainern werden inUngarn erstmals bei einer Europameis-terschaft an der Seitenlinie stehen.

Sie freuen sich auf die Premiere. Der weissrussische Trainer Valeri Doskospricht über die lange Durststrecke:«Das ist die Belohnung für 15 Jahreharte Arbeit. Es war hart, so oft Zweiterin unserer Qualifikationsgruppe zu wer-den und die Endrunde immer zu ver-passen.» Für den belgischen National-coach Benny Meurs ist die Qualifikationfür die EM-Endrunde nicht nur in sport-licher Hinsicht ein herausragenderErfolg: «Die Qualifikation ist für die Ent-wicklung des Futsal und auch des Fuss-balls in Belgien äusserst wichtig, weilunser Sport über grosses Entwicklungs-potenzial verfügt», so Meurs. «Wir rich-teten ein Qualifikations-Miniturnier ausund unsere Mannschaft konnte voreiner fantastischen Kulisse von rund 2 500 Zuschauern spielen, von denenviele erstmals ein Futsal-Spiel besuch-ten. Viele von ihnen sagten, dass sieden Sport attraktiv fänden und wieder-kommen werden.»

Die Attraktivität des Futsal war aucheiner der Diskussionspunkte der WM2008, bei der sich die Torquote auf den ersten Blick positiv entwickelte –von 5,93 (2004) auf 6,91 Treffer proSpiel. Dieser Wert ist jedoch irreführend,weil er die drei Partien des NeulingsSalomon-Inseln beinhaltet, der in dreiSpielen 69 Gegentore kassierte – da-runter ein 2:31 gegen Russland. In derzweiten Gruppenphase der Endrundemit insgesamt 20 Mannschaften fiel der Schnitt auf 5,75 Tore pro Spiel undin der entscheidenden K.-o.-Phase garauf 4,5 Tore. Gewisse Überlegungenbetreffend die Erhaltung des Futsal alsschneller, spektakulärer und torreicherSport sind also durchaus angebracht.

Das Spieltempo gab in Brasilien keinenAnlass zur Sorge. Es herrschte die Mei-

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nung vor, dass sich die Fitnesswerte der Spieler in den letzten Jahren derartverbessert haben, dass sie die Taktik der Trainer vermehrt beeinflussen. Dankbesserer Ausdauerwerte können dieTeams bei Bedarf ein intensives Pressingaufziehen, statt hinten reinzustehen. Auf der anderen Seite hat sich das vonvielen Nationalteams gepflegte Konter-spiel verändert, weil schneller von Angriff auf Abwehr umgeschaltet wird –wie im Fussball wird auch im Futsalimmer mehr darauf geachtet, dass mannicht in einen gegnerischen Konter läuft.Gegenstösse mit Überzahlsituationenkommen immer seltener vor, was be-deutet, dass die Trainer nach Wegen suchen müssen, ein positionelles stattnumerisches Übergewicht zu schaffenund die Spieler dazu zu bringen, ver-schiedene Positionen zu beherrschen.

Auch die Rolle des Torhüters war einThema. Seit es die Spielregeln demTorwart erlauben, den Ball direkt in diegegnerische Platzhälfte zu spielen, zieht sich die verteidigende Mannschafthäufiger zurück, wenn der gegnerischeSchlussmann den Ball hat, statt «aus-zuschwärmen» und Druck auszuüben.Der Torwart kann somit zur Mittellinievorrücken und als Anspielstation für einmanchmal langweiliges und frustrie-

rendes Ballgeschiebe dienen. Diese Verzögerungstaktik ist immer häufigerbei Teams zu beobachten, die gegen vermeintlich stärkere Gegner antreten.

Der niederländische Nationaltrainer Vic Hermans, der in Brasilien und auchbei der EM 2007 der technischen Expertengruppe angehörte, brachte einpersönliches Anliegen ein: «Ich kann nur schwer akzeptieren, dass sich dieFutsal-Spielregeln in einem besonderenPunkt von den Fussball-Spielregelnunterscheiden. Notbremsen werden im Futsal nur mit einer gelben Karte bestraft. Ist das gerecht? Persönlich bin ich ausserdem der Meinung, dassGrätschen verboten werden sollten. Sie sind nicht nur gefährlich, sondernverzögern auch das Spiel. Oft kommt es deswegen zu Unterbrechungen, weil der Boden gewischt werden muss.Wir möchten, dass der Futsal ein schnel-les Spiel bleibt. Deshalb müssen wir uns ständig mit den Dingen befassen,die das Spiel verlangsamen, und nachLösungen suchen.»

An Gesprächsthemen dürfte es bei der ersten Futsal-Europameisterschaftmit zwölf Mannschaften im kommen-den Januar in Ungarn jedenfalls nichtmangeln.

VIC HERMANS, DER NIEDERLÄNDISCHE

FUTSAL-NATIONALTRAINER.

Das Futsal-WM-Finale 2008 zwischen Brasilien und Spanien.

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Die UEFA möchte für ihre Wettbewerbeallerdings weit mehr, als nur eine Sieger-liste ins Netz stellen. Für Trainer ist es viel nützlicher zu erfahren, wie bei einemTurnier gespielt wurde. Wie die Spielegewonnen oder verloren wurden. Ihnenhelfen Statistiken, Mannschaftsanalysenund die Besprechung aktueller Themen.Die UEFA bietet diesen Service gerne an – und freut sich zu hören, dass er beiden Coaches gut ankommt. Lars Lager-bäck beispielsweise dürfte sich der stillenZufriedenheit, die er mit einem Interviewwährend der EURO 2008 auslöste, kaumbewusst sein. Er sagte: «Der SchwedischeFussballverband schickte früher selbstLeute zu diesen Turnieren, um technischeBerichte erstellen zu lassen. Doch mittler-

DAS JAHRIN WORTENWER GEWANN DIE UEFA-U19-EUROPAMEISTERSCHAFT 2008?

WER GEWANN DIE U17-EM? WELCHE MANNSCHAFTEN HOLTEN

DIE ENTSPRECHENDEN TITEL BEI DEN FRAUEN? WER SICH

FÜR JUNIORENFUSSBALL INTERESSIERT, WEISS VIELLEICHT DIE

ANTWORTEN. FÜR ALLE ANDEREN GIBT ES UEFA.COM.

weile sind die Berichte von der UEFA so gut, dass wir dafür kein Geld mehr ausgeben.» Danke, Lars!

Die Palette der Technischen Berichte der UEFA reicht von den grossen Wett-bewerben wie der EURO 2008 bis hin zu den Junioren-Endrunden, die ansons-ten womöglich gänzlich unbeachtet vor-übergehen würden. Statistisch erfasstwerden Aspekte wie die Spielposition unddie Einsatzzeiten eines jeden Spielers.Diese Daten werden ergänzt durch Be-obachtungen erfahrener Experten in Formeiner Auflistung der wichtigsten taktischenMerkmale der einzelnen Teams sowieeiner Reihe von aktuellen Diskussions-punkten, die im Verlauf eines Turniers

zum Thema werden. So gab es 2008Denkanstösse zu den Spielsystemen, zumSpiel mit einer einzigen Sturmspitze, zurVerwertung von Hereingaben (Befindensich genügend Spieler im Strafraum?), zur Effektivität von Schüssen aus der Distanz, zu den Entwicklungen betreffenddie effektive Spielzeit, zur Notwendigkeit,Fussball von hinten heraus zu spielen(oder: Über welche spielerischen Quali-täten muss ein Verteidiger verfügen?), und bei den unteren Altersklassen zumKarrieremanagement bzw. zur Tendenz,eher im Januar/Februar als am Jahres-ende geborene Spieler zu nominieren.

Die Technischen Berichte sind je nach Zielgruppe mehr oder weniger umfassend,doch ihr Hauptziel liegt darin, Trends aufzudecken – und insbesondere solche,die Auswirkungen auf Fussballentwick-lungsprogramme haben könnten.

So soll der Technische Bericht zur UEFAChampions League eine Diskussions-grundlage für das am Beginn einer jedenSaison stattfindende UEFA-Elitetrainer-Forum darstellen. Mit dem Bericht über die EURO 2008 wiederum wurde bei derUEFA-Konferenz für Nationaltrainer ver-gangenen September in Wien gearbeitet.

Auch 2009 werden Andy Roxburgh undsein Team bestehend aus technischen Beobachtern wieder eine ganze Serie vonBerichten verfassen. Neben der UEFAChampions League werden auch die U21-EM-Endrunde im Juni in Schwedenund die UEFA Women’s EURO 2009 im August und September in Finnlandabgedeckt werden.

Allerdings wird es bei den Berichten überdie Juniorenwettbewerbe der kommendenMonate einige Veränderungen geben. DieU17- und die U19-Endrunde für Männer in Deutschland bzw. der Ukraine werden in einem Bericht zusammengefasst wer-den. Gleiches gilt für die entsprechendenFrauenwettbewerbe in der Schweiz bzw. in Belarus, was bedeutet, dass erstmalsauch die Frauen-U17-EM-Endrunde austechnischer Sicht beleuchtet werden wird.

Auch wenn die Technischen Berichte zu einem späteren Zeitpunkt jeweils über die UEFA-Website der Allgemeinheit zu-gänglich gemacht werden, bleiben Sie –die Trainer – das vorrangige Zielpublikum.Feedback ist daher mehr als willkommen– auch wenn es nicht so positiv ausfälltwie das von Lars Lagerbäck.Das Qualifikationsspiel Frankreich – Republik Irland im Rahmen der U19-Europameisterschaft.

DIE TECHNISCHEN BERICHTE DER UEFA 2008.

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6. – 18. Mai● Endrunde der 8. U17-Europa-

meisterschaft (Deutschland)

16. + 23. Mai● Endspiel des UEFA-Frauenpokals

(Hin- und Rückspiele)

20. Mai ● Endspiel des UEFA-Pokals

(Istanbul)

27. Mai● Endspiel der UEFA Champions

League (Rom)

15. – 22. Juni ● Endrunde des UEFA-Regionen-

Pokals (Kroatien)

15. – 29. Juni ● Endrunde der U21-Europameister-

schaft (Schweden)

22. – 25. Juni ● Endrunde der 2. U17-Europa-

meisterschaft für Frauen (Nyon)

13. – 25. Juli ● Endrunde der 8. U19-Europa-

meisterschaft für Frauen (Belarus)

21. Juli – 2. August ● Endrunde der 8. U19-Europa-

meisterschaft (Ukraine)

23. August – 10. September● Endrunde der Europameisterschaft

für Frauen (Finnland)

A G E N D A

TRAININGSÜBUNG

VON DAVID MOYESCheftrainer des FC Everton

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Übung 3 – Erweiterung 2

Je nach Wunsch des Trainers steht Angriff oder Verteidigung im Vordergrund

Rahmenbedingungen● Team Gelb darf alle drei Tore

angreifen● Team Gelb darf nicht auf Tore,

die vom «Ausputzer» geschützt werden, schiessen

● Team Blau spielt auf das reguläre Tor

Kurzpassspiel undschnelle Spielverlagerungen

Schlüsselpunkte● Wie zuvor erläutert● Förderung des konstruktiven

Angriffsspiels (mit Torabschluss)● Seitenwechsel / Schüsse /

Hereingaben / Doppelpässe● Verteidiger dürfen schiessen, wenn

Tore unbewacht sind

Übung 2 – Erweiterung 1

RahmenbedingungenGleich wie oben, aber:● Auf Tore, die vom «Ausputzer»

geschützt werden, darf nicht geschossen werden

Übung 1

Rahmenbedingungen● Spielfeldgrösse je nach Anzahl

Spieler● Ideal für 6 gegen 6, 7 gegen 7,

8 gegen 8 oder 9 gegen 9● Beide Teams dürfen alle drei Tore

angreifen

Schlüsselpunkte● Entscheid, ob Seitenwechsel /

Diagonalpass nach vorne● Ballführendes Team sollte versu-

chen, Pässe zwischen gegnerischenSpielern hindurch zu spielen

● Wenn kein Torabschluss möglich ist – in Ballbesitz bleiben

SchlüsselpunkteGleich wie oben, aber:● Spieler des ballführenden Teams

müssen den Kopf heben undschauen, wo der «Ausputzer» ist, um nicht auf dieses Tor zu spielen

● Dadurch sollten sich die Spieler ohne Ball schneller bewegen

Team Gelb● Spielaufbau von hinten heraus● Umgehen des «Ausputzers» durch

schnelles Spiel

Team Blau● Zuordnung und Positionierung

ohne Ball● Pressing durch die vorderen

Spieler – wenn möglich

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