Kulturmagazin des Gasteig München...PATRICE RUSHEN ABRAHAM LABORIEL 8 DA! 01/2010 Vom 18. bis 20....

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1 GASTEIG OPEN VIDEO s 20 WIE ZENTRAL IST EIN KULTURZENTRUM? s 26 IM SÜDEN DER WELT - DIE MÜNCHNER PHILHARMONIKER AUF SÜDAMERIKA-TOURNEE s 30 Kulturmagazin des Gasteig München 01 2010

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G A S T E I G O P E N V I D E O s 20

W I E Z E N T R A L I S T E I N K U L T U R Z E N T R U M ? s 26

I M S Ü D E N D E R W E L T - D I E M Ü N C H N E R

P H I L H A R M O N I K E R A U F S Ü D A M E R I K A - T O U R N E E s 30

Kulturmagazin des Gasteig München0 1 2 0 1 0

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In der Jubiläumssaison 2010/11 ist GUSTAV MAHLER stark vertreten:

Mi. 12.01.2011, 20:00 | Fr. 14.01.2011, 20:00 | Sa. 15.01.2011, 19:00 | So. 16.01.2011, 19:00Gustav Mahler Symphonie Nr. 9 D-DurChristoph Eschenbach, Dirigent

Do. 24.03.2011, 19:00 | Fr. 25.03.2011, 20:00 | Sa. 26.03.2011, 19:00Gustav Mahler Symphonie Nr. 2 c-Moll „Auferstehungssymphonie“Ivan Fischer, Dirigent | Simona Saturová, Sopran | Birgit Remmert, MezzosopranPhilharmonischer Chor München, Einstudierung: Andreas Herrmann

Jetzt Karten sichern! KlassikLine 0180 / 54 81 810(0,14 €/Min. aus dem dt. Festnetz, max. 0,42 €/Min. aus dem Mobilfunk)

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Brigitte v. Welser, seit 12 Jahren Geschäftsführerin der Gas-teig München GmbH, blickt zurück auf den Tag der offizi-ellen Eröffnung und erinnert sich an ‚gemischte Gefühle’ Wo war ich an jenem legendären 10. November 1985? Natürlich da!: In der Philharmonie im Gasteig, Block R, letzte Reihe. Bei so viel angesagter Prominenz war ich froh, als Abteilungsleiterin für Musik, Theater, Tanz des städtischen Kulturreferats überhaupt in der Gäste-liste des offiziellen Eröffnungs-Festakts vorzukommen. Diese war ein diplomatisches Meisterstück und die ge-heime Kommandosache zwischen städtischem Protokoll und Chefetage der Gasteig Betriebs-GmbH.

Ich war also da, hatte mich durch die gut organisierten Sicherheits-Schleusen des Einlasses in die, im wahrsten Sinn des Wortes, „teure Halle“ durchgekämpft und im letzten Augenblick auf den Sitz im Juchhe begeben. Alle um mich Herumsitzenden schienen genauso aufgeregt wie ich. Schließlich waren wir alle schon eine ganze Weile in unterschiedlichsten Funktionen in das „Projekt Gasteig“ irgendwie involviert.

Es war warm. Die Einweihungsfeierlichkeiten zogen sich hin. Maestro Celibidache navigierte mit der ihm eigenen zauberischen Unnahbarkeit den feierlich-emotionalen Gang der Münchner Philharmoniker durch neuere Münchner Musikgeschichte: Richard Strauss, Carl Orff, Hans Pfitzner, Richard Wagner. (Übrigens ließ er uns im ebenfalls übervollen Abendkonzert die „Musikalischen

Exequien“ von Heinrich Schütz hören. Eine der „kunst-vollsten Trauermusiken des 17. Jahrhunderts“ – kompo-niert für die Riten beim letzten Geleit. Als Eröffnungs-musik seltsam anmutend, oder?)

Zurück zum Vormittag: An die Reden der Politiker kann ich mich, offen gestanden, nicht mehr erinnern. Aber es ist verbürgt, dass OB Kronawitter äußerte, der Gasteig „möge eine Stätte der Freiheit, des Geistes und der Kunst werden“. Und dass Bundespräsident von Weizsäcker, ein wenig mokant, in seiner Rede mit dem Vorzug aufwarte-te, den er als „bedeutenden Mangel“ apostrophierte, dass er kein Münchner sei und somit die Vorgeschichte nicht genau kenne.

Die Vorgeschichte? Sie hatte zu einem nicht geringen Anteil auch mit meinem bisherigen beruflichen Leben zu tun. Als Leiterin der Städtischen Musikbibliothek musste ich in den späten 70er Jahren deren Umzug in das große Haus und die Zentralbibliothek Am Gasteig vorprogrammieren. Mit dem Wechsel ins Kulturreferat, ab 1980, ging es darum, den Anspruch, den Gasteig als eine Art ‚Schaufenster’ der Münchner Kulturpolitik mit Leben zu erfüllen. Wir sollten ab der Teil-Eröffnung im Jahr 1984 „die gebündelten Münchner Möglichkei-ten präsentieren“ (O-Ton Dr. Jürgen Kolbe, damaliger Kulturreferent). Wir erfanden ambitionierte themati-sche Veranstaltungsprojekte für die kleineren Säle des Gasteig. Im Kugelhagel der Münchner Presse sozusa-gen, und der aufständischen ‚Szenen’, die unermüdlich

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darauf hinwiesen, wie viel Geld der Gasteig verschlingt. Dass, pfui!, dort am gachen Steig, in dieser bunkerhaf-ten Architektur, nur wieder die Hochkultur profitiert - während andernorts alternative Kreativzentren, wie die Alabamahalle, eingeäschert werden.

Immerhin: die Stadtbibliothek Am Gasteig, Ende Mai 1984 eingeweiht, erwies sich von Anfang an als Besu-chermagnet. Trotzdem hörte das Gezänke nicht auf, innerstädtische organisatorische Querelen um die Vormacht im Haus (Kultur kontra Kommerz?) scheu-erten wund. Als endlich im Oktober 1984 alles außer dem Carl-Orff-Saal und der Philharmonie in Betrieb gehen konnte, gab es im ersten Monatsprogrammheft ein ungewöhnlich ernstes, sehr verhaltenes Kolbe-Editorial. Er schrieb:

„Jetzt sollen wir – das sind die Münchner Bürger, die Gäste unserer Stadt und die, die ihn zu deren Gunsten nutzen, endlich anfangen, uns auf ihn zu freuen. Wenigs-tens seine großen Chancen und Möglichkeiten wahrzu-nehmen. Zu schwierig?“

Und er fuhr fort: „Wer immer von dieser Kulturimmo-bilie betroffen ist, hat sein besonderes Verhältnis zum Gasteig... Mich, zum Beispiel, hat das Ding gehörig gebeutelt..... Aber, der Gasteig ist da. Gut, dass es so ist. Denn offenbar vergisst es sich leicht, welche - zum Teil skandalösen - Kulturzustände wir gegen den Gasteig eintauschen .....Der Gasteig ist da. Nutzen wir ihn.“

An dieses „Basta!“ dachte ich auf meinen Platz ganz hinten oben in der nagelneuen Philharmonie. Und an die vielen zähen Nutzerkonferenzen, die ich schon erlebt

hatte, an die aufregenden Stadtratssitzungen und an einige bittere Enttäuschungen im Versuch der voran-gegangenen Betriebsmonate, den maximal etwa 500 abendlichen Besuchern der kleinen Säle die Weite der Glashallen-Foyers ‚gemütlich’ zu machen. Wird jetzt, mit der Komplettierung des Hauses und dem Einzug der großen Musik und ebensolcher Besucherströme, endlich alles rund werden? „Der 10. November 1985 wird ein Einschnitt sein, kein Abschluss“ stand im damaligen Monatsprogramm. So war’s, so ist’s in der turbulenten Erfolgsgeschichte des Gasteig.

In den nächsten Ausgaben, wird Ihnen, liebe Leserinnen und Leser von da!, an dieser Stelle und mit künstlerischer Schützenhilfe statt einer Rückschau der spezielle Blick der Geschäftsführerin in die Zukunft eröffnet ......

Ihre Brigitte v. Welser

Geschäftsführerin Gasteig München GmbH

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I N H A L T

I N H A L T / I M P R E S S U M

Winderstein Kartenservice, Telefon 089 38384620 Rund um die Uhr. [email protected]

07.12.10

19.01.11

05.02.11

11.04.11

09.05.11

Dienstag 20 UhrHerkulessaal

Mittwoch 20 UhrPhilharmonie

Samstag 20 UhrPhilharmonie

Montag 20 UhrHerkulessaal

Montag 20 UhrHerkulessaal

Lieder von Gustav Mahler, Anton Webern, Johannes Sebastian Bach und Hugo Wolff

Brahms Klavierkonzert Nr. 1 d-moll op. 15Beethoven Sinfonie Nr. 7 A-dur op. 92

Franz LisztRicordanza, Klaviersonate h-mollFunérailles, Vallée d‘ObermannVenezia e Napoli

CHRiSTiNe

SCHäFeReRiC SCHNeiDeR

SiR ROGeR NORRiNGTONRADiO SiNFONieORCHeSTeR STUTTGART

yUJA WANG

JeWGeNiJ

KiSSiN

eMeRSON STRiNG qUARTeT

HiLARy HAHNVALeNTiNA LiSiTSA

Mendelssohn Bartholdy Streichquartett es-dur op. 44/3Schostakovich Streichquartett Nr. 8Beethoven Streichquartett cis-moll op. 131

Tartini/Kreisler Variationen über ein Thema von CorelliBeethoven Sonate für Klavier und Violine F-dur op. 24 (Frühlingssonate)ives Sonate Nr. 4 für Violine und Klavier(Childrens Day at the Camp meeting)Bach Sonate Nr. 1 für Violine solo g-moll BWV 1001Antheil Sonate Nr. 1 für Violine und Klavier

KLAVieR

KLAVieR

S. 3 STATT EDITORIAL

S. 6 - 7 JAM:M - JAZZ MASTERS MÜNCHEN

S. 8 - 10 EINE MASTERCLASS FÜR

JAZZ-AMATEURE -

CLAUS REICHSTALLER IM GESPRÄCH

S. 11 BROTZEIT IM GASTEIG - LE COPAIN

DAS NEUE CAFÉ IN DER GLASHALLE

S. 12 ÜBER DAS „DA“

S. 13 - 15 KUNST-KOFFER GASTEIG

S. 16 - 18 INTERVIEW MIT

EDITA GRUBEROVA

S. 20 - 25 GOV - GASTEIG OPEN VIDEO

S. 26 - 29 WIE ZENTRAL IST EIN

KULTURZENTRUM

S. 30 - 33 IM SÜDEN DER WELT -

DIE SÜDAMERIKA-TOURNEE DER

MÜNCHNER PHILHARMONIKER

S. 34 - 35 DA!NEBEN - GEMA

S. 36 - 37 KEIN BLABLABLA -

DIE SPRACHWELTEN

DER MÜNCHNER VOLKSHOCHSCHULE

S. 38 TERMINE / IMPRESSUM

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JAM:MJAM:M JAZZ MASTERS MÜNCHEN

18.12. BIS 20.12.

IM RAHMEN DER JUBILÄUMSSAISON „25 JAHRE GAS-

TEIG“ GIBT ES ERSTMALS IM GASTEIG UND AUCH

AN ANDEREN ORTEN IN DER STADT DIE JAZZ MAS-

TERS MÜNCHEN! HERAUSRAGENDE AMATEURE HABEN

DIE GELEGENHEIT, GEMEINSAM MIT INTERNATIO-

NAL RENOMMIERTEN JAZZMUSIKERN ZU ARBEITEN

UND IHRE MUSIK AUF DIE BÜHNE ZU BRINGEN.

ALLE FREUNDE DES JAZZ, DIE NICHT AKTIV MIT

IHREM KÖNNEN AN DEN MASTERS TEILNEHMEN, SIND

EBENSO HERZLICH DAZU EINGELADEN! EIN OPEN RE-

HEARSAL, EINE JAM SESSION, DER JAZZ FRÜHSCHOP-

PEN, EIN JAZZ MASTERS & FRIENDS KONZERT, EINE

PODIUMSDISKUSSION SOWIE EIN LATE NIGHT JAZZ UND

DIE LONG JAZZ NIGHT GEHÖREN ZUM ABWECHSLUNGS-

REICHEN PROGRAMM FÜR DAS MÜNCHNER PUBLIKUM.

DIE DOZENTEN VON JAM:M SIND GROSSE NAMEN DER

INTERNATIONALEN JAZZSZENE:

RANDY BRECKER - TROMPETE, NATHAN DAVIS -

TENOR-SAXOPHON, PATRICE RUSHEN - KLAVIER,

ABRAHAM LABOREL - BASS,

BILLY COBHAM - SCHLAGZEUG.

KOORDINATION VON JAM:M.

VOM 18.12. BIS 20.12. BIETEN DIE BEIDEN KOOPE-

RATIONSPARTNER GASTEIG MÜNCHEN GMBH UND DAS

JAZZ INSTITUT DER HOCHSCHULE FÜR MUSIK UND

THEATER UNTER DER MUSIKALISCHEN LEITUNG VON

PROFESSOR CLAUS REICHSTALLER DIE JAZZ MASTERS

MÜNCHEN IN VERSCHIEDENEN SÄLEN IM GASTEIG, IM

JAZZCLUB UNTERFAHRT, IM RESTAURANT KALYPSO,

IM SCHUMANNS UND IN WEITEREN LOCATIONS AN.

SOWOHL BEIM OPEN REHEARSAL AM 19.12.2010 ALS

AUCH BEIM JAZZ MASTERS & FRIENDS KONZERT AM

20.12.2010 IM GASTEIG IST DIE KOMPLETTE DO-

ZENTENBAND ZU HÖREN. DIREKT VOR JAM:M – AM

16. UND 17.12. – FINDET ZUM ZWEITEN MAL DER

INTERNATIONALE WORKSHOP DER HOCHSCHULE FÜR

MUSIK & THEATER STATT. DIESER RICHTET SICH AN

DIE STUDIERENDEN DER HOCHSCHULE FÜR MUSIK UND

THEATER, JEDOCH IST AUCH BEI DIESEM WORKSHOP

DAS REINHÖREN FÜR GASTEIG-BESUCHER MÖGLICH!

AKTUELLE INFORMATIONEN ZUM PROGRAMM, ZU

TICKETPREISEN USW. FINDEN SIE UNTER WWW.

GASTEIG.DE UND HIER IM PROGRAMMHEFT AN DEN

EINZELNEN VERANSTALTUNGSTAGEN IM DEZEMBER.

FÜR EINIGE DER EVENTS VON JAM:M UND DES IN-

TERNATIONALEN JAZZ WORKSHOP HMT GILT EIN-

TRITT FREI! NEBEN DER GASTEIG MÜNCHEN GMBH

UND DEM JAZZ INSTITUT DER HOCHSCHULE FÜR

MUSIK UND THEATER MÜNCHEN ARBEITEN DIE NEUE

JAZZ SCHOOL MÜNCHEN UND DER JAZZCLUB UNTER-

FAHRT UNTERSTÜTZEND MIT AN DEM PROJEKT.

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NATHAN DAVIS

BILLY COBHAM RANDY BRECKER

PATRICE RUSHEN

ABRAHAM LABORIEL

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Vom 18. bis 20. Dezember bieten die beiden Kooperations-partner Gasteig München GmbH und das Jazz Institut der Musikhochschule die „Jazz Masters München“ (JAM:M) in verschiedenen Sälen im Gasteig, im Jazzclub Unterfahrt, im Restaurant Kalypso, im Schumanns und in weiteren Loca-tions an. Im Rahmen der Jubiläumssaison „25 Jahre Gasteig“ haben herausragende Amateure die Gelegenheit, gemeinsam mit international renommierten Dozenten für Jazz zu arbei-ten und ihre Musik auf die Bühne zu bringen. Andreas Kolb unterhielt sich mit dem Trompeter Claus Reichstaller, Pro-fessor am Jazz Institut der Hochschule für Musik und Thea-ter München, über das neue Kurs- und Konzert-Konzept.

Andreas Kolb: Wie kam es zum Workshop „JAM:M“?

Claus Reichstaller: Gasteig-Chefin Brigitte v. Welser hatte bereits einen Amateur-Excellence-Wettbewerb mit Workshop und Masterclass im klassischen Bereich ins Leben gerufen. Das war das Vorbild für die Jazzmasters.

Wie funktioniert der neue Amateur-Workshop?

Bei den Jazzmasters holen wir eine komplette Rhythm‘ Section mit Schlagzeug, Bass, Piano, Trompete und Saxophon nach München. Dieses Jahr sind das Randy Brecker, Trompete und Flügelhorn, Nathan Davis, Tenor-Saxophon, Patrice Rushen, Klavier, Abraham Laboriel, Bass, Billy Cobham, Schlag-zeug. Die jeweiligen Instrumente werden in Einzelgruppen unterrichtet, dazu leitet jeder Dozent ein Ensemble und gibt Hauptfachunterricht. Aus diesen fünf Ensembles werden dann die besten zwei oder vielleicht sogar drei ausgewählt, die dann beim Abschlusskonzert die Chance haben, aufzutreten.

Muss man eine Aufnahmeprüfung machen?

Nein, die Bewerber reichen CDs und DVDs ein und ein

Gremium wählt dann aus, wer zugelassen wird.

Das sind dann aber Einzelmusiker. Wie entstehen die Bands?

Man kann im Vorfeld abschätzen, wer zusammen passt. Wenn am ersten Tag wirklich der eine mit dem anderen überhaupt nicht kann, dann kann man immer noch wechseln.

Gibt es stilistische Vorgaben für die „JAM:M“-Teilnehmer?

Das ist sehr offen. Es ist erwünscht, dass jeder seine eigene Richtung findet, egal, ob das mehr im expressiven Modern-Free-Bereich liegt oder im traditionelleren Sinne ist.

Kann man auch seine eigenen Stücke mitbringen oder sagt dann Randy Brecker vielleicht: „Bitte nicht, ich hab hier schon was vorbereitet.“?

Ich kann nicht sagen, was Randy Brecker oder Patrice Rushen wollen. Eigene Stücke sind aber immer erwünscht, weil das natürlich sehr viel über die eigene künstlerische Persönlichkeit aussagt.

Im Prinzip entwickelst Du mit JAM:M auch neue Formen der Publikumsgewinnung für den Jazz?

Im Jazzbereich ist beim Audience Development einiges ver-säumt worden die letzten Jahre. Jazz hat das Image des Beson-deren, des Elitären. Meine Erfahrung ist aber eine ganz ande-re, ich habe diesbezüglich viel von amerikanischen Musikern gelernt. Egal ob ich mit Nathan Davis und Jimmy Woode, mit Curtis Fuller oder Nat Adderley gespielt habe, die amerikani-schen Jazzmusiker dieser Generation haben ein ganz anderes Verständnis, wie man die Musik dem Publikum nahe bringt. Man kennt das aus der Klassik auch – Sergiu Celibidache hat immer gesagt, das Konzerterlebnis ist das Entscheidende.

EINE MASTERCLASS FÜR JAZZ-AMATEURE

CLAUS REICHSTALLER IM GESPRÄCH

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Welche weiteren Initiativen hast du unternommen, damit Studenten neue Auftrittsmöglichkeiten finden?

Wichtig für den Jazzmusiker ist – und daher kommt ja der Begriff „Jam“ –, dass man sich trifft und aus dem Stegreif miteinander spielt, über bestimmte Themen improvisiert und sich musikalisch austauscht. In einem Verbund mit 70 Studen-ten und 20 Dozenten versuchen wir, möglichst viele Spielorte außerhalb der Hochschule zu installieren. Wir haben im Restaurant „Kalypso“ in Schwabing eine monatliche Session gestartet. Im Café Giesing spielen wir auch regelmäßig und eine dritte Geschichte hat jetzt mit der Schumanns-Bar begon-nen: Jeden Freitagabend ab 23 Uhr spielt ein Trio, besetzt mit Studenten. Und kürzlich kam das Hotel Vier Jahreszeiten Kempinski auf uns zu und fragte um Studenten nach. Die guten Häuser sind offensichtlich wieder dabei, ihre Bars oder Clubs zu beleben, indem sie auf junge Live-Musik setzen.

Was sind deine aktuellen Projekte?

Bis zum Ende der Spielzeit 2011 ist noch das Theaterstück „Leichtes Spiel“ von Botho Strauß im Residenztheater zu sehen, für das ich die Musik komponiert habe und bei den Vorstellungen live mit Band zu sehen und zu hören bin. Mit meinem Jazz4tet zusammen, mit Kirk Lightsey am Klavier, Mario Gonzi am Schlagzeug und Paolo Cardoso am Bass sind wir vier vorwiegend auf internationalen Jazzfestivals zu Gast. Aufbauend auf diesem Quartett arbeite ich seit 15 Jah-ren mit einem Streichquartett der Münchner Philharmoniker zusammen – auch das eine Kooperation mit dem Gasteig.

Die Anmeldung für „Jazz Masters München“ (JAM:M) sollte möglichst bis 30.11.2010 bei Till Tesche, Gasteig München GmbH, Center Event Manager, Rosenheimer Str. 5, 81667 München [email protected] eingehen, Tel. 089/480 98-161. Die Teilnahmegebühr beträgt 250 Euro. Weitere Informationen: www.gasteig.de, www.conception-records.de

Was hat sich denn alles verändert mit dir und mit Michael Riessler als neue Jazzprofessoren an der Musikhochschule?

Wir wollen nicht nur national, sondern auch im europäi-schen und internationalen Bereich konkurrenzfähig sein. Dazu muss man sich einerseits in dem Bereich, den Michael Riessler verkörpert, öffnen – einem Grenzbereich zwischen Jazz und Neuer Musik. Andererseits haben wir mit unserer Gesangsdozentin aus Helsinki, Sanni Orasmaa, und mit dem Komponisten und Geiger Gregor Hübner, der im Moment noch in New York lebt, aber auch nach München kommt, attraktive Künstlerpersönlichkeiten nach München geholt. Für die Studienplatzwahl spielt das eine zentrale Rolle.

Liegt die Jazzstadt München wieder mehr im Trend?

Der Gasteig ist natürlich für uns Jazzer eine große Chance, weil er ein sehr offenes Haus ist. Wir merken das bei unseren nahezu täglich stattfindenden Konzerten – den Mittagsmu-siken, Ladenschlusskonzerten, Studiokonzerten –, die bei freiem Eintritt im kleinen Konzertsaal stattfinden. Wir spielen fast nur vor vollem Haus, obwohl die meisten Besucher oft keinen Jazzclub von innen kennen. Im Gasteig verlieren sie ihre Schwellenangst und kommen in den Kontakt mit dem Erlebnis Jazz. Hier bietet der Gasteig eine unglaublich große Plattform für neues, sowohl junges als auch älteres Publikum.

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L E C O P A I N

B R O T Z E I T I M G A S T E I G

L E C O PA I N - D A S N E U E C A F É

I N D E R G L A S H A L L E

Der Name sagt’s. le copain (frz. Kamerad, Freund) bedeutet aus dem Wortstamm abgeleitet: „Der, mit dem

ich das Brot teile“. An der neu gestalteten großen Theke in der Glashalle serviert das Team von le copain

kross gebackene Brote mit geschmackvollen Aufstrichen nach Wahl sowie frische, belegte französische

Baguettes, eigens gebacken in der Hausbäckerei. Außerdem stehen auf der Speisekarte knackige Salate,

süße Köstlichkeiten und frische Früchte. Morgens bietet le copain zu Café au lait und allen anderen Kaffee-

variationen Croissants und verschiedene Teigwaren, mittags gibt es eine feine Suppe und abends werden

gute, französische Weine kredenzt.

le copain ist durchgehend, außer am Sonntag, für alle geöffnet: Hier treffen sich Studenten und Professo-

ren der Hochschule zum Austausch, Sprachschülerinnen der mvhs, Gasteigmitarbeiter zur Besprechung,

Musiker, Konzertbesucher, Bücherliebhaber, Autoren, Mütter mit ihren Kindern, Leute aus den benachbar-

ten Büros zum Mittagessen, Touristen, Weingenießer, Suppenfreunde, Brotfans...

ÖFFNUNGSZEITEN

MONTAG BIS FREITAG VON 8.00 UHR BIS 23.00 UHR SAMSTAG VON 10.00 UHR BIS 23.00 UHR

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Das Wörtchen „da“ ist eines der wichtigsten Wörter unserer Sprache, deswegen spricht man es „da!“aus. Ecco, voilà! „Da“ kommt von Dasein, und ohne das Da hätte das Sein wenig Sinn. Dasein heißt vorhanden sein, aber jeder weiß, daß man physisch anwesend sein kann, ohne richtig präsent zu sein. Also muß es unser Ziel sein, voll da zu sein. Wir brauchen Verstärkung.

Dada sagt das Kind und wächst damit in das Dasein hinein; dada spricht der Dadaist, und bekennt da-durch, daß er begriffen hat. Was? Das da: daß wir überhaupt da sind, das ist das Wunder und nicht genug zu bestaunen. Denn genau so gut könnten wir (rein theoretisch) nicht da sein, und wie nie dagewesen. Dann würden wir nicht einmal vermißt werden. Also ist klar, daß das Da grundlegend ist, praktisch das Fun-da-ment von allem. Nicht zufällig hatte einmal eine Gedichtsammlung den anrührenden Titel „Er-griffenes Dasein“, das war nach dem Krieg, man war froh, daß man noch da war. Die Leute dienten sich sozusagen selbst als Strohhalm. Und heute zum Beispiel, der Gasteig: ist einfach da. Nur, was heißt da „einfach“? So einfach ist das gar nicht – und war es in Wahrheit nie. Daher feiert ja jeder (egal wie er sonst die Feiertage verbringt, Weihnachten, Silvester, Ostern) seinen Geburtstag: Einfach, weil er da ist, feiert er, daß er da ist. Denn, wie schon Matthias Claudius gesagt hat, „Existenz ist die erste aller Eigenschaften.“

Schwieriger ist die Frage, was „da“ genau heißt. Es ist natürlich das Gegenteil von „dort“, aber warum ver-bindet es sich so gern mit ihm? Nicht nur da und dort, sondern ständig. Wir sind da, und nicht dort, das ist doch ein Unterschied, sonst könnte man ja aufs Reisen ganz verzichten! (Aufs Daheimbleiben freilich auch.) Der schärfste Gegensatz zum „da“ ist allerdings und schlechterdings „weg“. Denn wer weg ist, kann nicht einmal richtig Geburtstag feiern, nämlich daß er damals da und da geboren wurde und demzufolge jetzt hier ist. Er kann sich nicht zu Wort melden, um sein Dasein hier und heute zu bekunden – von der Unsitte mal abgesehen, sich auch am Handy mit „hier“ zu melden, was logischerweise regelmäßig die Frage hervor-ruft „wo bist du?“.

Das Wörtchen „da“ könnte man übersetzen mit dem veralteten Wort „hierorts“, aber das ist eben zu lang, deswegen hat es nicht überlebt. Und es trifft es auch nicht ganz. Denn ich kann hier stehen, und dorthin weisen, und dabei „da“ sagen. Dann ist das Da nicht hier, sondern steht für „weiter weg“. Und es steht auch nicht, sondern es bewegt sich, was, je nachdem wie ich zeige, unter Umständen ein weiter Weg ist, zum Bei-spiel, wenn ich jemandem zeigen soll, wo der Barthel den Most holt. Da kann ich nicht bloß sagen: „da“, und erst recht nicht „da und dort“ oder gar „hie und da“. Wahrscheinlich muß ich ihm erst einmal zeigen, was eine Harke ist, und das ist Arbeit.

Das „da“ ist offenbar nicht so statisch, wie es auf den ersten Blick erscheint. Es ist zweifellos viel zu dy-namisch, als daß man es an die Kette legen, geschweige denn festnageln könnte. Daher ist die Frage nach der Bedeutung von „da“ rein philosophisch, also schier unlösbar. Da ist guter Rat teuer! Da kann man nur davon abraten, sie zu stellen. Einfach dahin gestellt sein lassen! Sich nichts dabei denken, komme, was da wolle! Denn selig sind, die da da sind, am besten mit Ausrufezeichen: „da!“

Über das „da“v o n S a u l W o l k e n v e r s

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Überall im Gasteig werden sie in den nächsten Monaten zu finden sein - die Koffer-Objekte der Münchener Künstlerin Nele Ströbel. An monatlich wechseln-den Orten packt Ströbel immer neue Geschichten und Gesichter des Gasteig aus und erzählt damit auf ihre ganz eigene Art, was sie bei ihren Recherchen, bei ihren Gesprächen und Gängen durchs Haus über das Leben im großen Kultur-zentrum der Landeshauptstadt München erfahren hat.

Die Spannbreite zwischen E und U, Highlight und Prozess, zwischen Stars und Kuriositäten, zwischen Etabliertem und Experiment wird digital in Bild- und Soundloops künstlerisch visualisiert. Die Bilder und Töne stammen aus den Archi-ven des Gasteig.

E I N E M O B I L E I N S T A L L A T I O N

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NELE STRÖBEL

1979-84 STUDIUM DER BILDHAUEREI AN DER HOCHSCHULE FÜR

ANGEWANDTE KUNST WIEN,

DIPLOM, MAGISTER ARTIUM

SEIT 1979 INTERNATIONALE PROJEKTE,

EINZEL- UND GRUPPENAUSSTELLUNGEN

1985 MEISTERJAHR IN FOTOGRAFIE UND MORPHOLOGIE DER BIL-

DENDEN KUNST BEI PROF. PETER WEIBEL, WIEN

SEIT 1988 UMFANGREICHE

PUBLIKATIONEN WIE MONOGRAPHIEN,

KATALOGARTIKEL, TV-BEITRÄGE ÜBER NELE STRÖBEL UND IHR WERK

1991-92 GASTPROFESSUR AN DER

HOCHSCHULE DER KÜNSTE BERLIN

SEIT 2004 DOZENTUR GESTALTUNG, FACHHOCHSCHULE MÜNCHEN

SIE LEBT UND ARBEITET IN MÜNCHEN ALS

FREISCHAFFENDE KÜNSTLERIN

AKTUELL:

BIS 31.10. „ORTE UND RÄUME“,

GALERIE PAMME-VOGELSANG, KÖLN

BIS 15.11. „KREISENDER

HORTUS“ HERZ JESUFORUM, KÖLN

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K U N S T K O F F E R G A S T E I G

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Da! Heißt unser neues Magazin. Was heißt Da! für Sie?

Nach München! Da! möchte ich hin; da machen wir die Traviata. DA! (lacht). Und 2012 bin ich wieder Da! Mit Bellinis ‚La Straniera’.

Es heißt, Sie singen im Gasteig zum letzten Mal die Traviata?

Ach, ich kann mich nicht erinnern das gesagt zu haben, aber wahrscheinlich war dies im Wissen, dass keine Angebote da waren. Zuletzt habe ich sie vor neun Jahren in Japan gesungen und dann wieder neun Jahre zuvor in Wien. Ich habe mich dann auf Belcanto gestürzt und das war auch so gut so. Jetzt heißt es plötzlich, die letzte Traviata…

Dabei sterben Sie doch so gerne auf der Bühne!

Aber ja! das ist doch so dramatisch! Das muss man übrigens können! Ich wollte schon immer Schauspielerin sein. Wie ich aller-dings in der Philharmonie stehend im Abendkleid sterben soll, weiß ich noch nicht. Ich habe ‚La Traviata’ noch nie konzertant gemacht.(lacht). Es ist auch eine Herausforderung den ganzen Raum zu füllen, Atmosphäre zu erzeugen. Ich freue mich drauf.

Mit der ,Traviata‘ standen Sie 1968 in Banská Bystrica zum ersten Mal auf der Bühne.

Ich war nach vierzig Jahren wieder dort. Meine Tochter führte Regie in ‚Linda de Chamonoix’ - nicht auf mein Drängen hin; sie agiert ja unter dem Namen ihres Vaters Klimo. Ich war ganz gerührt, als ich das Theater sah, in dem ich mit 22 Jahren, frisch vom Konservatorium dastand und die Traviata auf Slowakisch singen durfte. Heute singe ich sie anders.

In Ihrer Biographie zitieren Sie Maria Callas: „Wenn man jung ist, hat man die Tendenz immer nur zu geben, weil man dem Publikum gefallen will“.

Natürlich will man zunächst gefallen und vor allen Dingen richtig singen, man will gute Kritiken. Dann aber verschieben sich die Kriterien, das Reservoir an Gefühlen füllt sich mit Erfahrungen, da kann man nun hineingreifen. Wichtig ist, dass das Publikum ergriffen wird.

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Carlos Kleiber, mit dem Sie 1985 in München die Traviata einstudierten, griff auf dieses Reservoire zurück, indem er Sie fragte, ob Sie für eine Phrase im Duett mit Germont auch diese tiefe Depression kennen würden, gegen die man nichts machen könne.

Ja, damals war ich Mitte Dreißig und hatte noch nicht ganz so viel erlebt, aber ich habe ihn sofort verstanden. Mit ihm durch-streiften wir sämtliche Seelenlandschaften der Traviata. Stets versuchte ich herauszufinden, was er verlangte, was er empfand, denn da, wo das Verbale aufhörte, fing bei ihm das Musizieren an. Bei einer Phrase sprach er über die unendliche Einsamkeit von Polarbären, und sofort sang ich anders. Nichts an seiner Sprache war banal oder ermüdend - wie bei so vielen Dirigenten. Gleichzeitig mussten wir als Sänger viel improvisieren und das kann man nur, wenn man technisch einwandfrei geschult ist und alle Mittel parat hat.

Die Arbeit hört also nie auf?

Nein. Emotionen allein reichen nicht aus. Ich habe Sänger erlebt, die, nachdem sie berühmt wurden, anfingen zu feiern. Das rächt sich mit den Jahren.

Was hat Sie Ihre Stimme behalten lassen?

Der liebe Gott hat über mich gewacht und mich nicht Blödsinn machen lassen! Ich wurde nicht früh von Agenten vermarktet und damit der Gefahr ausgesetzt in falsche Partien gedrängt zu werden. Deshalb muss ich heute auch nicht bangen, ob ein hoher Ton kommt oder nicht.

Analysen über die‚ Energieverteilung im hohen Frequenzbereich’ wurden an Ihrer Stimme durchgeführt, Ihre Stimme mit der von Maria Callas und Joan Sutherland verglichen.

Was soll ich da sagen? Heute zerlegt die Menschheit alles in kleinste Moleküle, stets wird man verglichen. Jeder von uns hat eine einzigartige Persönlichkeit; der wahrhaftigen Kunst kommen all diese durchaus interessanten Analysen sowieso nicht näher. Ich habe mich nie verglichen, niemanden nachgeahmt, das ist das Schlimmste, was man als Sängerin machen kann.

Es heißt, Sie sind sehr gerne in München?

Ich mag München, es erinnert mich an Österreich, dort habe ich mich sehr gut gefühlt, dort sind meine Töchter geboren und es ist nahe an der Slowakei. Ich fühle mich heimisch.

Was machen Sie, wenn Sie nicht auf der Bühne stehen?

Ich gehe sehr gerne ins Kino, besonders in München. Gelegentlich in eine Ausstellung. „Jud Süss“ habe ich gesehen und „Das Leben der Anderen“ mit dem wunderbaren Ulrich Mühe. Das hat mich sehr beeindruckt.

Weil Sie an Ihre ersten vierundzwanzig Jahre in der CSSR, Ihrem Leben in einem totalitären Staat dachten?

Ja, als ich den Film sah, fühlte ich als sei ich mitten im Geschehen, als schaute ich mir meine eigene Existenz an. Schauerlich. Jetzt erst erfahre ich von Schulfreundinnen, was sich Grauenhaftes in den Siebziger Jahren abgespielt hat, wie sie bespitzelt wurden! Wie kommunistische Bewacher bei Auslandreisen der slowakischen Philharmonie angesetzt wurden und Familien aufs Allerschlimmste drangsalierten. Auch mein Vater wurde vom System zum psychischen Krüppel gemacht. Ich konnte das sin-kende Schiff verlassen, als ich mit meiner Mutter nach Wien floh. Ich bin froh, dass ich dem damals entronnen bin und eine neue Heimat für mich und meine Töchter fand. Ich bin endlich angekommen.

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Bei ausgewählten Festivals, die im Gasteig stattfinden, gibt es einen Live-Stream. Visuelle Inhalte von

den Gigs in den Sälen und Foyers werden auf die Großleinwand im Celibidacheforum transferiert und

künstlerisch interpretiert. TV-twilight gab es bisher bei: Zither8, whitenoise - blacksilence, Lautwechsel,

Lange Nacht der Musik, Klangfest 2010, Jazzfest München und digital/analog.

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Wie zentral ist ein

Kulturzentrum?von Klaus v. Welser

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D as Kulturzentrum am Gasteig besteht 25 Jahre. Im Jahr der Einweihung, 1985, sah die Welt noch etwas anders aus. Man wurde erst mit 21 volljährig, es gab noch kein allgemeines Internet, und es gab noch die DDR und die Mauer. Das

schreckliche „1984“, wie George Orwell es beschrieben hatte, war gerade an uns vor-über gegangen. Alle Welt schaute zu, wie die Russen lernen mußten, was und wer Af-ghanistan ist; doch keiner hätte damals glauben können, daß dies die Deutschen nicht davon abhalten würde, bald ähnliche Erfahrungen zu machen. Auch kulturell konnte man noch nicht in die Zukunft blicken, noch gab es in Deutschland keine Talkshow der Superklugen à la Christiansen und Will, und es sollte noch eine Weile dauern, bis sich der Wetterbericht zu einer dramatischen Kunstform entwickelte. Immerhin aber wurde schon der sogenannte Hooligan weltweit bekannt, der Gewalt als „Kick“ betrieb, was an sich weltgeschichtlich nichts Neues war, was man aber neuerdings als „Hooligan-Kultur“ bezeichnete. Ob dies dazu beigetragen hat, daß Kulturzentren wie die Pilze aus dem Boden schossen?

Merkwürdig ist nur der Begriff „Kulturzentrum“, die Sache selbst ist relativ einfach. Es handelt sich schlicht um einen Ort für diverse Veranstaltungen, die keiner alleine stemmt. Ein Buch kann man ja gut alleine lesen. Für eine Symphonie dagegen braucht man Mehrere, und dazu natürlich ein zahlendes Publikum, anders wäre das Orchester nicht finanzierbar.

Der Begriff „Kulturzentrum“ aber deutet an, daß hier nicht nur Leute zusammenkom-men, sonst würde es Versammlungszentrum heißen; sondern daß sich etwas Besonde-res zusammenballt, Kultur; und daß das Drumherum weniger dicht mit Kultur besetzt ist, Tankstelle, Wohnhäuser, Läden, Kneipen, Waschsalon, Kino. Leben eben. Solche Nachbarschaft muß deswegen nicht gleich kulturlos genannt werden, ähnlich wie man aus dem Begriff „Kulturminister“ nicht automatisch folgert, daß die anderen Minister Banausen sind. Was ist mit Kultur gemeint?

Kultur ist mindestens so problematisch zu definieren wie Zentrum. Laut Brockhaus ist Kultur „die Gesamtheit der Lebensäußerungen eines Volkes“. Solche Volks-Äußerungen müßten, möchte man meinen, doch wohl einigermaßen gleichmäßig verteilt sein, also nicht zentriert oder gar zentralisiert, zumindest nicht in einer Demokratie. Andernfalls hat es wenig Sinn, hier von Volk und Gesamtheit zu reden. Wollte man dem Brockhaus folgen – was sich aber nicht empfiehlt – müßte man unter Kultur-„Zentrum“ sozusagen die Senkrechte auf der Waagrechten verstehen, also „Hoch“-Kultur auf Basis der allge-meinen Lebensäußerungengesamtkultur, quasi ein Wolkenkratzer auf dem platten Lan-de. Die Faust auf dem Auge?

Die deutschen zusammengesetzten Wörter sind vertrackt. Fast immer ist das Ganze mehr oder weniger als die Summe seiner Teile. So auch „Kulturzentrum“. Der Bestand-teil „Kultur“ darin ist emphatisch, d.h. betont und bedeutungsgeladen „Kultur!“, – etwa im Vergleich zum Kulturbeutel. Doch die Bedeutung bleibt Andeutung, die Emphase treibt Blasen. Wie man das Wort auch betont, fest steht, daß niemand ernstlich glaubt, hier würde die Kultur zusammengefaßt, oder auch nur ihr Kernbestand, ihre geistige Goldreserve bewahrt oder hier würden ihre wesentlichen Kriterien gestaltet.

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Im Gegenteil: man muß froh sein, wenn man irgendwie alles noch zur Kultur rechnen kann, von der Ladenzeile bis zum Restaurant; notfalls sagt man „Schöne Aussicht“, siehe Elbphilharmonie. Wie kommt es zu dieser Schwammigkeit?

Es kommt, wie immer, vom Alltagsgebrauch. Dieser ist bemerkenswert wenig „kulturell“ geprägt. Denn im Alltag der Brockhaus-Gesamtkultur wird die umgebende Kultur so wenig wahrgenommen wie die Luft zum Atmen am Grunde der Erdatmosphäre. Deshalb ist unser Kulturbegriff in der Praxis viel enger und bezieht sich hauptsächlich auf Ein-zelwahrnehmungen, so wie wir die Luft wieder deutlicher bemerken, wenn Wind oder Sturm aufkommt. Daher gibt es viele einzelne Kulturbegriffe, und Kultur ist dem einen ein Freizeitvergnügen, dem anderen ein Geschäft oder ein Wirtschaftsbereich; für den Politiker ein Zuschußgeschäft, für den Künstler eine Rahmenbedingung. Der Politiker sagt, daß im Zentrum der Kultur die Kunst stehe, sei dem Bürger nicht zu vermitteln. Und der Künstler sagt, daß Kunst existentiell ist, ist dem Politiker nicht zu vermitteln. Denn dieser meint, es gehe dem Künstler nur um seinen eigenen Lebensunterhalt, jener meint, es gehe um die Menschheit. Daher nimmt einerseits die Aufblähungs-Gesamt-Emphase zu, andererseits kommen diverse einzelne Kulturbegriffe zum Zuge, konkrete-re und kontroverse. Das hat Folgen für unser Kulturzentrum. Eine Zerreißprobe? Hier kommt Goethe zu Hilfe: „Man soll alle Tage wenigstens ein kleines Lied hören, ein gutes Gedicht lesen, ein treffliches Gemälde sehen und, wenn es möglich zu machen wäre, einige vernünftige Worte sprechen.“

Das kann man im Gasteig. Fast jeden Tag. Er pflegt nicht nur, er ist Kulturgut. All den vereinzelten, oft Autonomie fordernden, zentrifugal auseinanderstrebenden Kultur- und Kunstbegriffen versucht das Kulturzentrum eine Zentripetalkraft entgegen zu setzen. Sozusagen instinktiv, denn beauftragt, bzw. finanziell eingerichtet ist es da-für nicht. Dies kann man schon an der Geschichte des Gasteig-Zentrums ablesen. Von Anfang an waren die Überlegungen nicht primär von der Idee einer kulturellen Grün-dung bestimmt, sondern von der Lösung von Raumproblemen. „Unterbringung“ war das Stichwort. Schon vorhandenen, aber ausgebombten Institutionen sollte geholfen werden. Insofern hat die Zufälligkeit der Bombentreffer Spuren weit über die Zerstörung hinaus hinterlassen. Denn auch heute noch sehen viele die Ansiedlung von Volkshoch-schule, Stadtbibliothek, Philharmonikern und Musikhochschule als zufälliges Konglo-merat an. Eine geistige Herausforderung, eine kulturelle Leistung wird kaum je darin gesehen. Aber das ist natürlich ein intellektueller Fehler. Denn die „zufällige“ räumli-che Nähe ist in Wahrheit die stärkste kulturbildende und sogar staatstragende Macht überhaupt. Was anderes, als die rein territoriale Nachbarschaft der Menschen hat denn die Völker und die Sprachen und die Staaten geformt?! Natürlich die Notwendigkeit, miteinander auszukommen und konsensfähige Lebensformen zu entwickeln. So weiß heute jeder Kulturteilnehmer, daß während eines Konzertes nicht gesprochen wird, in einer Bibliothek nur halblaut, in der Volkshochschule aber laut und deutlich gesprochen wird, und in den Foyers je nach Situation gedämpft oder unbeschwert – auch ohne, daß dies irgendwo angeschrieben stehen muß. In dem scheinbar „zufälligen“ Nebeneinan-der liegt eine unauffällige, aber wesentliche Kulturleistung: das Traversieren-Können zwischen den Bereichen. Der Kulturteilnehmer hat gelernt, die Perspektive zu wechseln.

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Ein weniger humaner Kulturbegriff wird dominant, wenn die Medien ins Spiel kom-men, und fördert eine neue Passivität. Die eigentliche Produktion gerät aus dem Blick. Hier versteht man unter „Künstler“ nicht den Schöpfer, den Komponisten, Maler oder Schriftsteller, sondern den Interpreten, den auftretenden Star. Erfindung wird ausge-blendet und Produktion wird umdefiniert in Vorbereitung der Aufführung und techni-sche Aufnahme. Diese Medien–Öffentlichkeit wirkt auf das Kulturzentrum zurück und prägt ihm Bedingungen auf, zum Beispiel, daß man unter Erfolg den Reflex der Masse zu verstehen habe. (Man kann dies im Konzert beobachten, sobald es fürs Fernse-hen übertragen wird. Die Menschen in den abzufilmenden Reihen werden arrangiert, ebenso der Beifall; und während das Orchester spielt, dürfen Filmer und Fotografen sich ungeniert vor dem Publikum aufbauen und herumlaufen.) Die Fernsehleute sind die Herren des Verfahrens, weil sie Maximierung versprechen. So leben wir in einer Kulturlandschaft, wo nicht selten das Kunstverständnis zur Kunst sich verhält wie der Raubbau zum Bau. Zusätzlich tritt an die Stelle der alten Alternative von Traditionell und Modern (E-Musik und U-Musik usw.) eine gemeinsame Entwicklung in Richtung Event. Auch Teile der Klassik wollen Hit werden und open air gehen. Während die Reste des Bildungsbürgertums unter dem Trommelfeuer allgegenwärtiger Unterhaltung sich ins Understatement wegducken und der Qualitätsfrage ausweichen, kommt die Quo-te an die Herrschaft. Aber Qualität mit Quote zu vertauschen, ist wie Produktprüfung mit Empfangsbestätigung verwechseln. Und da bekanntlich Konsens am leichtesten aus Nonsens entsteht, wird aus solchem Kulturbetrieb leicht ein schlichter Kultur-Vertrieb: man vertreibt die Kultur in Sparten, an der und an die Peripherie. Doch es kommt vor, daß einer im Abseits steht und auf dem Abseits besteht, und dennoch einen zentralen Kulturbegriff formuliert, wie Goethe ihn einmal für sich definiert hat:

„Die ungeheuerste Kultur, die der Mensch sich geben kann, ist die Überzeugung, daß die anderen nicht nach ihm fragen. “

In diesem Statement steckt u. a. die unzeitgemäße Erkenntnis, daß Kultur keine Unter-abteilung des Sozialen ist. Die Kultur kann auf den Einzelnen nicht verzichten, das un-terscheidet sie von Wirtschaft, Wissenschaft und Medien. Für solche Einsicht ist freilich der marktgängige Kulturbegriff zu ausgeleiert. Wer alle Widersprüche unter einen Hut gebracht hat, dem paßt er nachher nicht mehr.

Trotzdem, oder gerade deswegen, darf ein Kulturzentrum keine Kultur-Nische sein. (Vielleicht sollte es einige Nischen bereithalten, damit gelegentlich wie in einer Gärtne-rei auch einmal neue „Kulturen angelegt“ und ausprobiert werden können.) Der Erwar-tungsdruck erzwingt, daß es im Ganzen repräsentativ sei. Und das ist es auch, allerdings repräsentativ für unseren Gesamt-Zustand, nicht unbedingt fürs Renommierbedürfnis geeignet. Manchmal sieht das Erscheinungsbild aus wie von einem Hieronymus Bosch gemalt. Das freut natürlich vor allem die nicht, die sich darin wiederfinden. Interessant ist aber, daß Hieronymus Bosch noch nach 500 Jahren bekannt ist, die Dargestellten nicht oder nur durch ihn. Das ist eben Kultur.

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Der Zeitpunkt war perfekt. Ein spätsommerliches Hoch, das die Tage vorher noch zum Oktoberfest gelockt hatte, verab-schiedete sich gerade. Der Regen meldete sich mit einem kräf-tigen Gewitter zurück, und die Münchner Philharmoniker, die am Flughafen auf ihren Abflug nach Südamerika warteten, konnten sich auf den dort bevorstehenden Frühling freuen.

„Als wir in den Jahren 1992/93 das letzte Mal - damals mit Sergiu Celibidache - auf Südamerika-Tournee waren, hatten wir zwischen den Konzerten immer einige Tage Zeit und konnten die Tennisplätze kennenlernen“, erinnert sich Cellist Stephan Haack. Auf der aktuellen Tournee mit Zubin Mehta würde es weniger Muße geben. Das war den Musikern klar. Sechs Konzerte sind in sieben Tagen geplant, von einem zu-sätzlichen Open-Air-Auftritt in Buenos Aires werden sie erst kurz nach Beginn der Tournee in Sao Paulo erfahren.

Dort angekommen im Hotel Makzoud Plaza ist erstmal Zeit, sich nach zwölf Stunden Flug zu akklimatisieren, bevor es am Tag darauf den Auftakt im Parque Ibirapuera geben wird. Bei der Open-Air Matinee feiern die brasilianischen Zuhö-rer die Münchner Philharmoniker und Zubin Mehta über-schwänglich. Soviel Verve legt das Orchester unter Leitung seines Ehrendirigenten in die Werke von Johann Strauss, Dvorak und Brahms gelegt, dass die grellen Rückkoppelungen, die die Tonanlage zwischendrin produziert, schnell vergessen sind. Mit grandioser Virtuosität beeindruckt Violinsolistin

Mayuko Kamio in Pablo de Sarasates „Carmen-Fantasie“; und am Ende bittet Maestro Zubin Mehta bei der „Ouvertüre 1810“ von Peter Tschaikowsky noch eine brasilianische Bläsersekti-on hinzu.

Damit nimmt Mehta den Faden auf für einen Programm-punkt, der zwei Tage später folgen soll. Denn neben den weiteren beiden abendlichen Konzerten in der Sala Sao Paulo stattet rund ein Dutzend der Orchestermusiker dem Instituto Baccarelli im Slumviertel Heliópolis einen Besuch ab. Gewiß ein Höhepunkt dieser Südamerika-Tournee der Münchner Philharmoniker. Denn, jungen Talenten dieser seit 1996 bestehenden Musikschule Unterricht zu geben, das bedeutet eine Nachhaltigkeit, die die Konzerte selbst so nicht bieten können. Mit 36 Musikschülern und dem Ziel, durch Instrumentalunterricht die Kriminalität und das Drogengeschäft zu bekämpfen, hatte der brasilianische Musiker und kulturelle Förderer Silvio Baccarelli anfangs sein Projekt auf den Weg gebracht. Inzwischen ist daraus ein dreistöckiger Leuchtturm geworden, der rund 1.000 Jugendliche aus dem Viertel mit Instrumentalunterricht als Lebenselexier versorgt. Nebenan ist gerade für die gleiche Anzahl ein Rohbau beendet. Und vom dritten Stock des bereits fertigen Gebäudes blickt man in eine Baugrube, in der schon der Orchestergraben für ein späteres Theater zu sehen ist. Über die rasante Entwicklung, die hier nach dem Vorbild aus Venezuela vor sich geht, braucht man keinen Zweifel zu haben.

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Drei Stunden Meisterklasse geben die Musiker, wie etwa Phil-harmoniker-Konzertmeister Lorenz Nasturica-Herschcovici, und staunen nicht schlecht über das Niveau, das hier manch einer schon hat. Wie der 22-jährige Jesse da Silva Siceira, der Saint-Saens „Rondo Capricioso“ vorträgt. Seit seinem 15. Lebensjahr, so erzählt er, besuche er das Instituto Bacarelli. Das Violinspiel mache ihm Spaß, da könne man was im Leben werden. Sein drei Jahre älterer Kollege Douglas, der unter den jungen Zuhörern ist, kann das aus eigener Erfahrung bestäti-gen. Er sei jetzt professioneller Violinist, sagt er, Mitglied bei der Amazonas-Philharmonie in Manaus.

Dass man durch ernsthafte Arbeit an einem Instrument dem hoffnungslosen Millieu eines Slums entkommen kann, beweisst Bratschist Julio Lopez. Seit 2007 ist der 1980 geborene Hon-duraner Mitglied der Münchner Philharmoniker.

Nach seinem eintägigen Gastspiel im Teatro Municipal von Rio de Janeiro - auch dort, wie bei den Konzerten in Sao Paulo mit „Standing Ovation“ bedacht - erreicht das Orchester aus München die letzte Station seiner Südamerika-Tournee: Buenos Aires, Teatro Colon. Ein Trichter, der mit seinen sechs Rängen und seinem gerade frisch-renovierten architektonisch

verspielten Charme von 1908 sowohl akustisch wie visuell ein echtes Juwel ist. Und dies nun ergänzt ein über den ganzen Verlauf der Tournee ungeheuer vitaler und souverän agie-render Zubin Mehta, der hier nochmal zu seiner Höchstform aufläuft. Beim ersten Abend steht wieder Verdis Ouvertüre zu „Macht des Schicksals“ auf dem Programm, Bruchs Violin-konzert und Mahlers erste Symphonie. Aber es ist nach Sao Paulo und Rio de Janeiro noch einmal ein neues Erlebnis, es in diesem Haus zu hören. Mit einem voll konzentrierten Spit-zenorchester, einem Dirigenten, der schon seit 30 Jahren re-gelmäßig hierher kommt. Und mit Zuhörern, die zum Teil aus anderen Ländern des südamerikanischen Kontinents ange-reist sind, nur um diese besonderen Klassik-Abende im Teatro Colon zu erleben. Zubin Mehta höre er schon zum dritten Mal, sagt ein Mann, das erste Mal sei vor dreißig Jahren gewesen. „Phantastisch“, jubelt eine Frau. Sie sei extra aus Bolivien angereist, um das Orchester und den Maestro zu hören. Ein Dritter meint, in Buenos Aires gäbe es mehr Musikkultur als im ganzen Rest von Südamerika. Das läge natürlich an den europäischen Wurzeln. Da sei die besonders stark vertretene italienische Gemeinde, die spanische, die deutsche und die polnische. Das habe über viele Jahre eine einzigartige musika-lische Kultur hervorgebracht.

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Eindrucksvoll zeigt sich die Begeisterung am Tag nach dem ersten Colon-Abend beim mittäglichen Open-Air-Konzert auf dem Platz vor dem Obelisken. Es ist dies das zusätzliche Konzert, das die argentinischen Veranstalter den Münch-ner Philharmonikern und Zubin Mehta abgerungen haben. 30.000 Zuschauer werden offiziell gemeldet, die Platz genommen haben auf der 120 Meter breiten Prachtstraße „Nueve de Julio“. Über sie rollt normalerweise siebenspurig in beide Richtungen der Verkehr. Aber den hat man an diesem Morgen abgeriegelt zugunsten eines einmaligen Klassik-Großereignisses. Auch dieses lebt, wie der Tournee-Auftakt der Münchner Philharmoniker im Park von Sao Paulo, von der Leichtigkeit einer enthusiastischen Stimmung. Begünstigt noch durch die Frühlingssonne, die dem harten argentini-schen Winter den letzten Rest gibt. Am Abend beenden die Philharmoniker mit einem zweiten Konzert im Teatro Colon ihre überaus erfolgreiche Tournee in Südamerika. Anstelle von Mahlers Erster spielen sie jetzt Tschaikowskys Vierte. Bei beiden Werken höre er, so Maestro Zubin Mehta, was ein großer seines Fachs an klanglichen Feinheiten angelegt hat, mit dem die Philharmoniker das letzte Mal in Südamerika auf Tournee waren. Und so war auch Sergiu Celibidache im Geiste noch einmal mit dabei.

I M S Ü D E N D E R W E L T

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Die Adresse des Gasteig lautet Rosenheimer Str. 5, die der GEMA Rosenheimer Str. 8. Die beiden Einrichtungen sind direkte Nachbarn. Ihre beiden Gebäude haben die gleiche architektonische Anmutung. Und nicht nur das: auch das Innenleben der beiden Giganten hat ein gemeinsames The-ma: die Musik. Der Vorstandsvorsitzende der GEMA, Dr. Harald Heker, gratuliert zum 25-jährigen Geburtstag des Gasteig und beantwortet einige Fragen:

Dr. Heker: Mit jährlich rund 750.000 Besucherinnen und Besuchern - allein in den Veranstaltungssälen - ist das Haus derzeit einer der meistbesuchten Kulturbetriebe Deutschlands und eine wichtige Institution im Münchner Kulturbetrieb.

Die GEMA gratuliert dem Gasteig zu 25 Jahren innovativer Kulturgestaltung!

Was bedeutet es für die GEMA, Deutschlands größtes Kul-turzentrum als Nachbarn zu haben?

Dr. Heker: In unmittelbarer Nähe zur Hochschule für Musik und Theater und den Münchner Philharmonikern zu sein, ist für eine Institution wie die GEMA nicht nur ein unschätzba-rer Standortvorteil sondern ein wahres Geschenk. Denn den Gasteig und die GEMA verbindet mehr als der mittig platzier-te Erich-Schulze-Brunnen und die Georg Elser-Gedenkplatte – beide Institutionen verstehen sich als „Heimat“ der Musik-schaffenden und Kreativen.

Jährlich gibt es im Gasteig nahezu 2000 Veranstaltungen – die meisten davon sind musikalischer Art. Nicht nur die großen Stars der Klassik sondern auch mehr und mehr des Rock, Pop und der Weltmusik spielen oder singen live. Mehr und mehr entstehen Festivals oder Live-Musik-Parties

wie beispielsweise digitalanalog, das Klangfest oder der Jalla-Club. Die Besucherzahlen steigen, mehr und mehr junge Leute besuchen diese Events – und dies in Zeiten, der intensiven Musikdownloads im Internet? Wie sehen Sie die Entwicklung der nächsten Jahre – Livemusik contra Inter-net oder beides parallel.

Dr. Heker: Dass die Konzertbranche, gegenläufig zu den Ent-wicklungen der Musikbranche, in den letzten Jahren Zuwäch-se erwirtschaftete, ist bekannt. Ein Live-Konzert ist nun ein-mal durch keine andere Musiknutzung ersetzbar. Daher sind die Entwicklungen von Live-Musik und der Internet-Nutzung von Musik keineswegs konträr, sondern durchaus parallel zu sehen. Musik wird heute soviel genutzt wie nie zuvor.

Wichtig ist aus Sicht der Musikurheber aber die Frage, wie eine angemessene Beteiligung der Musikschaffenden an den Erlösen auch im Online-Zeitalter weiter sichergestellt werden kann.

Dr. Heker, die GEMA engagiert sich für das Urheberrecht, zurecht. Ohne die Werke der Komponisten, sowohl die der großen Meister aus vergangenen Zeiten wie auch der inter-essanter zeitgenössischer Schöpfer, gäbe es keine Konzerte. Wie gefährdet ist das Urheberrecht in unserer globalisierten bzw. mehr und mehr virtuellen Welt?

Wie auch die Bundesjustizministerin jüngst in ihrer "Berliner Rede zum Urheberrecht" zu Recht betont hat, bildet der Schutz der Kreativen durch das Urheberrecht auch und gerade im digitalen Zeitalter eine wesentliche Voraussetzung dafür, das Musik, Filme und andere geschützte Inhalte überhaupt geschaffen werden. Wenn urheberrechtlich geschützte Wer-ke grundsätzlich mit einem einzigen Mouse-Click zugänglich gemacht und massenhaft vervielfältigt werden können, besteht

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das Risiko, dass die Kreativen die Kontrolle über die Nutzung ihrer Werke verlieren. Parallel zur technischen Weiterent-wicklung bedarf daher auch das Urheberrecht einer perma-nenten Anpassung. Die GEMA unterstützt diese Fortentwick-lung des Urheberrechts und beteiligt sich daher z.B. aktiv an den derzeit laufenden Anhörungen des Bundesjustizminis-teriums zu einem "Dritten Korb" der Urheberrechtsreform. Zur Förderung eines legalen grenzübergreifenden Marktes für geschützte Inhalte - insbesondere im Onlinebereich - sind aber nicht nur nationale Regelungen, sondern auch gewisse Harmonisierungen des europäischen Rechtsrahmens erforder-lich. Die GEMA hat sich deshalb frühzeitig für das Vorha-ben einer EU-Richtlinie für die Rechtewahrnehmung durch Verwertungsgesellschaften eingesetzt, das mittlerweile auch von der Europäischen Kommission aufgegriffen worden ist.

Gibt es musikalische Momente, die sie speziell im Gasteig genießen? Wenn ja, welche?

Dr. Heker: Oh ja, ich denke da an eine großartige Aufführung von Carl Orff’s Carmina Burana in der Philharmonie im Gasteig. Mit meiner Frau und meinen Kindern habe ich letztes Jahr vor Weihnachten ein Konzert mit den Regensburger Domspatzen gehört. Als Vater möchte ich doch gerne etwas für die musikalische Früherziehung tun.

Häufig gehe ich in den Gasteig, um in der Glashalle Tickets auch für Musikveranstaltungen an anderen Orten Münchens zu kaufen. Ich finde es sehr praktisch, dass dies möglich ist.

Am Ende unserer Jubiläumssaison haben wir ein Intensiv-Wochenende mit 250 Veranstaltungen geplant: Gasteig Elements. Konzerte, Tanz, Shows, Experi-mentelles, Theater, Oper, Rap, Poetry Slam und Vieles mehr möchten wir bei diesem Kultur-

Marathon anbieten. Hätten Sie bzw. die GEMA Lust dabei zu sein - als Nachbar sowie als Kooperationspartner?

Die GEMA engagiert sich stets gerne bei Veranstaltungen des Gasteig, die für die Musikschaffenden, d. h. die Musikurheber, relevant sind. So waren wir auch in diesem Jahr Partner des Gasteig bei der Premiere des Klangfestes im Mai 2010.

Herr Dr. Heker, ich danke Ihnen sehr für das Gespräch und die Glückwünsche zum Jubiläum.

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„ES HEISST JA, DASS JEDER EUROPÄER NICHT NUR ENGLISCH, SONDERN NOCH EINE WEITERE EUROPÄISCHE

SPRACHE LERNEN SOLLTE. M PLUS 2 LAUTET DIE FORMEL, ALSO MUTTERSPRACHE PLUS ZWEI WEITERE EURO-

PÄISCHE SPRACHEN. MIT INSGESAMT 50 FREMDSPRACHEN UNTERSTÜTZT DIE MÜNCHNER VOLKSHOCHSCHU-

LE DIESES SPRACHPOLITISCHE ZIEL. DABEI GEHT ES NICHT ALLEIN UM DAS ERFORDERNIS INTERNATIONALER

KOMMUNIKATION UND FUNKTIONIERENDER GESCHÄFTSBEZIEHUNGEN. UNSER PROGRAMMSCHWERPUNKT:

„WELTSPRACHEN -SPRACHWELTEN“ ZEIGT: MEHRSPRACHIGKEIT BILDET UND BILDUNG IST IMMER AUCH MEHR-

SPRACHIG. DIE ANKUNFT IN EINER NEUEN SPRACHWELT IST IMMER AUCH DIE GEWINNUNG EINES NEUEN

STANDPUNKTES UND EINER NEUEN PERSPEKTIVE. ICH BEFREUNDE MICH MIT DEM ANDEREN, ICH LASSE MICH

AUF DAS ANDERE EIN, WIE ES JÜRGEN TRABANT SO TREFFEND FORMULIERT HAT.„

DR. SUSANNE MAY

PROGRAMMDIREKTORIN DER MÜNCHNER VOLKSHOCHSCHULE

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Die Globalisierung der Wirtschaft und die multikulturelle Ge-sellschaft haben eines gemeinsam: Vielsprachigkeit. Sprach-kompetenz wird immer wichtiger. „Mehrsprachigkeit ist heute eine ganz zentrale Schlüsselkompetenz“, sagt Susanne May, die Programmdirektorin der Münchner Volkshochschule. „Sprachen erweitern den Horizont und vergrößern die Kom-munikationschancen“.

Mit ihrem Programmschwerpunkt „Weltsprachen – Sprach-welten“ lädt die mvhs im Semester Herbst/Winter 2010/2011 ein zu einer Sprachweltreise. Mit einem ebenso umfangreichen wie differenzierten Angebot an über 50 Fremdsprachen – erst-mals auch mit Kursen in Estnisch, Burmesisch, Mongolisch und Tibetisch – ist die Münchner Volkshochschule die größte Sprachenschule der Landeshauptstadt München.

„Über Sprache sprechen“ lautet eine Veranstaltungsreihe mit Sprachforscher, Philosophen, aber auch Künstlern und Kabarettisten. Sie bietet Vorträge, Diskussionen, Musik und Kabarett und geht beispielsweise den Fragen nach: Was ist die Sprache, mit der sich der Mensch die Welt erschließt, die ihm verschiedene Ansichten der Welt bietet und die ihm neue Welten zu schaffen erlaubt? Wie verhalten sich Sprache und Vernunft zueinander? Was teilt Körpersprache anderen mit? Können Ideen ohne Umweg über die gesprochene Sprache in einer Schrift dargestellt werden?

Zum Thema „Sprachkunst“ liest und erzählt Harry Rowohlt. Rowohlts englische, irische und amerikanische Sprachkom-petenz ist beeindruckend. Die zweisprachigen Präsentatio-nen des Multitalents Rowohlt – er ist Übersetzer, Rezitator, Vortragskünstler, Kolumnist in der „Zeit“ und Gelegenheits-Schauspieler in der Lindenstraße – sind umwerfend. Thomas Steinfeld zeigt in seinem Buch „Der Sprachverführer“ den

Reichtum und die Schönheit der deutschen Sprache. Er öffnet Ohren und Augen für deren Lebendigkeit.

Von Afghanisch bis Vietnamesisch – das Fremdsprachenpro-gramm der Münchner Volkshochschule umfasst 50 Sprachen in rund 4500 Kursen pro Jahr. Es gibt Teilnehmer, die mit der mvhs gleich mehrere Sprachen erlernen, so z.B. der Arzt Ger-hard Schneider, der mittlerweile bei der zehnten Fremdsprache angelangt ist, Albanisch belegt er inzwischen im 20. Semester, die erste exotische Sprache für ihn war türkisch. In Chinesisch hat er beispielsweise die Volkshochschulprüfung abgelegt.

Eine Checkliste mit Fragen hilft bei der Suche nach dem pas-senden Sprachkurs. Es gibt einen europäischen Referenzrah-men, an dem sich die Kurse orientieren. Diesen Rahmen haben Experten aus den Mitgliedsländern der Europäischen Union entwickelt. Er beschreibt genau, was auf sechs verschiedenen Niveaustufen ausgedrückt und verstanden werden kann. Die-sem Rahmen entsprechend, können die international aner-kannten Prüfungen bei der mvhs abgelegt werden.

Nicht nur klassisch in abendlichen Kursen in der Innenstadt können Sprachen gelernt werden, sondern auch mit Muse und freiem Blick in die Natur am Ostufer des Starnberger Sees, ein Wochenende oder eine Woche lang im eigenen Bildungszent-rum „Haus Buchenried“ in Leoni. Personen mit Sinn für das Kulinarische finden ein buntes Menu vor von unterschiedli-chen Sprachkursen: von Russisch kochen und dabei Russisch lernen über die ukrainische Festtafel bis zum vietnamesischen Neujahrsmahl ist für jeden Appetit etwas dabei. www.mvhs.de/sprachwelten Angelika Schindel

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AUSSTELLUNG “CELLISTEN” 25 JAHRE GASTEIG12.11.2010 B IS 16.01.2011

Berühmte Cellisten der Gegenwart und große Nachwuchstalente sind das Thema dieser Fotoausstellung von Uta Süße-Krause.

51. MÜNCHNER BÜCHERSCHAU18.11. B IS 05.12.2010 IM GANZEN GASTEIG

Namhafte Autoren und ihre Verlage bieten ein spannendes Leseprogramm.

JAZZ IN MÜNCHEN 25 JAHRE GASTEIG17.12. B IS 20.01.2011

“Von 1924 bis zu den 80er Jahren” Ausstellungsgestaltung: Hermann Wilhelm

FESTLICHE MUSIK ZUM HEILIGEN ABEND 24.12.2010 PH ILHARMONIE IM GASTEIG - 16.00 UHR

Elmar Schloter, Orgel; Guido Segers, Trompete; Dany Bonvin, Posaune.

JEWGENIJ KISSIN, KLAVIER05.02.2011 PH ILHARMONIE IM GASTEIG - 20.00 UHR

Kissins Konzerte sind Sternstunden der Musik - das bewegende Geschenk eines begnadeten Genies. Nach einer Pause von einem Jahr kommt der 39jäh-rige nach München, um Franz Liszts 200. Geburtstag zu feiern.

Auf dem Programm stehen Liszts Ricordanza, Klaviersonate h-Moll, Funérailles, Vallée d’Obermann, Venezia e Napoli.

T E R M I N E ZU HÖREN UND ZU SEHEN!

I M P R E S S U M D A ! 0 1 / 2 0 1 0

HERAUSGEBER

Gasteig München GmbHGeschäftsführerin:

Brigitte v. Welserwww.gasteig.de

VERLAG UND REALISATION

KommunikationAgentur für Öffentlichkeitsarbeit

Steinstr. 11, 81667 MünchenTel. 089-4107396

Fax [email protected]

REDAKTION

Angelika Schindel (verantwortlich),Andreas Kolb, Ulrich Möller-Arnsberg,

Teresa Pieschacon-Rafael, Klaus v. WelserFotos und Abbildungen in den Artikeln:

Stefan M. Prager, Ulrich Möller-Arnsberg, Andreas Merz, Nele Ströbel, Guido Rückel,

Georg Sagmeister, Kunst und Reklame

ANZEIGENMANAGEMENT

Arno Schindel (verantwortlich)

GESTALTUNG UND LAYOUT

raus+weber designMünchen

[email protected]

Druckerei Blueprint AG, München

AUSGABE DA! 01/2010,

ERSCHEINUNGSTERMIN: 14.11.2010

AUFLAGE: 20.000 EX.

AUSGABE DA! 02/2011

WIRD AM 15.2.2011 ERSCHEINEN

ALICE SARA OTT, KLAVIER05.12.2010 PH ILHARMONIE IM GASTEIG - 16.00 UHR

Die junge ECHO KLASSIK-Preisträ-gerin 2010 spielt mit der Tschechischen Philharmonie Prag das berühmte Kla-vierkonzert von Edvard Grieg.

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