Turbulente Zeiten bei den Studentenwerken r

16
Turbulente Zeiten bei den Studentenwerken report biwifo Bildung, Wissenschaft und Forschung 03/2006

Transcript of Turbulente Zeiten bei den Studentenwerken r

Turbulente Zeiten beiden Studentenwerken re

port biw

ifo

Bi ldung, Wissenschaft und Forschung

0 3 / 2 0 0 6

2

E d i t o r i a l b iwi f o repo r t 3 / 2006

Potenziale I n h a l t

I m p r e s s u mDer ver.di Report biwifo Nr. 03/2006 · September 2006Herausgeber: Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di)Fachbereich Bildung, Wissenschaft und ForschungPaula-Thiede-Ufer 10 · 10179 BerlinV.i.S.d.P.: Petra GerstenkornVerantwortliche Redakteurin: Annette JensenInternet: www.verdi.deGrafisches Konzept: Hansen Kommunikation GmbHLayout: einsatz, Wolfgang WohlersDruck: apm AG Darmstadt, Kleyerstraße 3, 64295 DarmstadtTitelbild: Jürgen SeidelW-1728-25-0906

Die Artikel stellen die Meinungsvielfalt unseres Fachbereiches dar und spiegeln nicht in jedem Fall die Meinung des Bundesfachbereichsvorstandes wider.

S e r v i c eFachbereich Bildung, Wissenschaft und ForschungInternet: www.biwifo.verdi.deAnsprechpartner biwifo-Report:[email protected].: 030/69 56-14 10 · Fax: 030/69 56-32 11

Als Kinder haben wir, wenn gut meinendeErwachsene uns Coca-Cola vorenthalten haben,den Reim gesungen: „Die Wissenschaft hatfestgestellt, festgestellt, dass Coca-Cola Giftenthält.“

Nunmehr hat die Politik festgestellt, dassPotenziale, die in Hochschule und Forschungliegen, bei weitem nicht genutzt werden. Ineiner Mitteilung der EU-Kommission an Rat undEuropäisches Parlament vom September heißtes: „Mit 4000 Hochschulen, über 17 MillionenStudierenden und ungefähr 1,5 MillionenMitarbeiterInnen – darunter 435.000 For-scherInnen – verfügen die europäischenUniversitäten über ein enormes Potenzial, aberdieses Potenzial wird nicht voll genutzt undeffizient eingesetzt, um Europas Bemühen ummehr Wachstum und Beschäftigung zu unter-mauern.“ Besonders bemängelt wird, dassUniversitäten sich zu wenig öffnen für denTransfer in Wirtschaft und Gesellschaft und „die Industrie nicht die hinreichende Aufnahme-fähigkeit entwickelt hat, um das Potenzialuniversitärer Forschung zu nutzen.“

Weiterhin konstatiert die Kommission einenormes Finanzierungsdefizit, „von dem dieUniversitäten in der Bildung und der Forschungbetroffen sind.“

Dieser Befund würde nahe legen, dassLänder und Bund gemeinsam ein Programmauflegen, mit dem sie mittel- und langfristigWissenstransfer in Wirtschaft und Gesellschaftverbessern, Qualität und Quantität vonForschung und Lehre fördern und frischesKapital zur Verfügung stellen, um das Unter-nehmertum von WissenschaftlerInnen zu unter-stützen. Weiterhin würde der Befund nahelegen, dass die Forschung an den Schnittstellenakademischer Disziplinen gestärkt wird, anstattmehr und mehr nur bestimmte Segmente im naturwissenschaftlichen Bereich zu fördern.Dieser Befund würde auch nahe legen, dassmehrere Ministerien (Bildung und Forschung,Wirtschaft, Arbeit) ein solches Programm aufden Weg bringen.

An diesen Kriterien gemessen kann derHochschulpakt, der jetzt zwischen Bund und Ländern geschlossen werden soll, nur ein Anfang sein. l

PetraGerstenkornMitglied des

ver.di-

Bundesvorstandes

und Leiterin des

Fachbereichs

Bildung,

Wissenschaft und

Forschung

repo

rt biwif

oFo

tos

v.o.

n.u.

:Fra

nkBi

erm

ann,

Jürg

enSe

idel

(2),

ver.d

iArc

hiv

Schwerpunkt:Studentenwerke im Umbruch

Von der Selbsthilfeeinrichtung zum Wirtschaftsbetrieb 3

Glücksfall Uni-Kita 4

Interview mit dem neuen DSW-Präsidenten 5

Tarifvertrag in NRW 6

Harte Zeiten in Dresden 7

Die Sicht der Studierenden 8

Die AG Studentenwerke bei ver.di 9

Das Urheberrecht soll neu geregelt werden 10

Nach dem Ende des HRG 11

Wie sich die NRW-Regierung „Innovation“ vorstellt 12

Das gute Beispiel: Die TierärztlicheHochschule Hannover 13

ver.di-Wahlen und Seminare 14

Liquidation als Meilenstein 15

Zu guter Letzt 16

3

pb

iwif

oSc h w e r p u n k t : S t u d e n t e n w e r k e i m U m b r u c h

Es gibt in Deutschland 61Studentenwerke in 180 Hoch-schulstädten. Sie bieten Servicefür rund zwei Millionen Studie-rende an über 300 Hochschulen– denn zum erfolgreichenStudium bedarf es auch einersozialen und wirtschaftlichenInfrastruktur.

In 707 Mensen und Cafe-terien erhalten Studierende inder Nähe von Vorlesungsräumenund Bibliotheken schmackhaftesund gesundes Essen. Nicht sel-ten sind Teile der verwendetenZutaten sogar „fair“ gehandelt.

Außerdem organisieren dieStudentenwerke rund 180.000kostengünstige Wohnplätze und betreiben Kitas für 5.100Studierende mit Kind.

Im Auftrag von Bund undLändern erfüllen die Studenten-werke die BAföG-Auszahlungen.

Weil Studentenwerke hoch-schulübergreifend zuständigsind, erzielen sie Effizienz-gewinne. Sie sind Einrichtungender öffentlichen Daseinsvorsorgeund haben per Gesetz einenbesonderen Stellenwert, weil ihrLeistungsangebot ein wichtigerEckpfeiler für mehr Chancen-gleichheit im Bildungssystem ist.So stellen sie auch an vielenbetriebswirtschaftlich ungünsti-gen Standorten eine Versorgungsicher.

Durch die Studienstruktur-und Föderalismusreform kom-men neue Aufgaben auf dieStudentenwerke zu: Die sozialenDienstleistungen der Studenten-werke werden institutionen-übergreifender arbeiten müssen,um den neuen Anforderungen zugenügen. Die bestehen in hoch-schuleigenen Auswahlverfahren,der Internationalisierung desStudiums, Hochschulgebührenund neuen Studienfinanzierungs-angeboten.

I M Ü B E R L I C K

Die Geschichte der Studentenwerkebegann vor fast 90 Jahren. In derschwierigen Phase nach dem erstenWeltkrieg entstand in Dresden 1919 die„Studentenhilfe“, andere Hochschulortefolgten. Ziel war es, die soziale Unter-stützung für die StudentInnen bei einem rechtlich selbstständigen Träger zu bündeln. Die Kontrolle lag bei denStudierenden selbst. Die National-sozialisten gliederten die bestehendenEinrichtungen dann in das zentralistischeReichsstudentenwerk ein.

VON VOLKER SCHATTE

Nach dem zweiten Weltkrieg lebte der Selbst-hilfegedanke wieder auf: Studentenwerke

wurden als eingetragene Vereine mit Selbst-verwaltungscharakter neu gegründet. ÄltereKollegInnen, die dort gearbeitet haben, äußernsich zufrieden über diese Zeit. Nicht zufrieden wardagegen der VDS (Verband Deutscher Studenten-schaften), der eine studentische Selbstverwaltungforderte.

Doch der Staat hatte ganz andere Ambi-tionen: Schon bei der Vorbereitung des BAföG-Getzes war klar, dass diese neue Aufgabe denBundesländern zufallen würde. Auf der Suchenach einem geeigneten Träger stießen Politi-kerInnen auf die Studentenwerke – nur hatten dieden Nachteil, nicht unter staatlicher Kontrolle zustehen. Flugs wurden Ende der 60er und Anfangder 70er Jahre Anstalten des öffentlichen Rechtsgegründet, in denen der Staat das Sagen und dieHochschulen, Studierenden und teils auch dieBeschäftigten lediglich Mitsprache hatten. Für dieBeschäftigten ergaben sich daraus die Vorteile der relativ sicheren Arbeitsplätze mit Verträgennach BAT, BMTG oder MTArb.

Bedrohlich wurden die Zeiten für die Studen-tenwerke, als die öffentlichen Kassen immer leererund die Zuschüsse entsprechend knapper wurden.Manche Leistungen für Studierende wurden ge-kürzt oder ganz gestrichen, vor allem aber gab esRationalisierungen in den Betrieben. Immer weni-ger Beschäftigte mussten die Arbeit bewältigen.Geschäftsführungen und Politiker ersannen immerneue Ideen, wie dem Problem zu begegnen sei.

Zum einen gab es Fusionen: Essen – Duisburg,Erfurt – Ilmenau und Jena – Weimar wurden zu-sammengelegt. In Thüringen gibt es ab dem kom-menden Jahr ein Landesstudentenwerk und inSachsen existieren ähnliche Pläne.

Zum anderen versuchten die Arbeitgeber, mitder ÖTV und später ver.di einen Studentenwerks-tarifvertrag abzuschließen. Die 20-prozentigeLohnsenkung sollte durch Leistungszulagen ver-süßt werden. Manchen erschien sogar ein nochharscherer Angriff auf die Löhne als angemessen.So schreibt Rudolf Pörtner, Geschäftsführer desStudentenwerks Dresden: „Wir sind für einenmodernen, leistungs- bzw. ergebnisbezogenenTarif für unsere Mitarbeiter, der den außerhalbdes öffentlichen Dienstes üblichen Rahmen nichtüberschreitet und uns erlaubt, konkurrenzfähigzu sein.“ Im Klartext: über 30% Absenkung.

Schließlich gibt es vielerorts Ambitionen, dieReinigung der Wohnheime und Mensen sowiedie Werkstätten und Fahrdienste outzusourcen. Indrei Bundesländern (NRW, Hamburg, Berlin) sollnun auch das Kerngeschäft privatisiert werdenkönnen. In die entsprechenden Gesetze wurdehineingeschrieben, dass Studentenwerke sich anUnternehmen beteiligen oder selbst gründenkönnen.

Auch in dieser Bezeihung erwies sich der Ge-schäftsführer des Studentenwerks Dresden alsbesonders dreist: Ohne Gesetzesänderung, abermit Zustimmung der Regierung gründete er eineGmbH. Sie übernimmt keine Dienstleistungen für das Studentenwerk, sondern stellt ihm dasPersonal zur Verfügung – ein Leiharbeitsverhältnisbei abgesenkter Vergütung, abgesenktem Weih-nachtsgeld und weniger Urlaubsanspruch. (SieheSeite 7) Dr. Pörtner vermeldet stolz, durch dieTätigkeit der GmbH seien 2005 rund 200.000 €eingespart worden.

Und der Betriebsfrieden? Dr. Pörtner: „Sicher-lich ist es auch auf die hohe Arbeitslosigkeitzurückzuführen, dass die GmbH sich zufrieden-stellend etablieren konnte und keine nach-haltigen Probleme aus der unterschiedlichenBezahlung der Mitarbeiter entstanden.“ DieMitarbeiterInnen sehen das anders und berich-ten: „Konflikte sind verboten.“

Der wechselvolle Wegder Studentenwerke

4

VON FRANK BIERMANN

Das gute pädagogische Konzept hat sich he-rumgesprochen. Dementsprechend begehrt

sind die Plätze in der Kita Die kleinen Frösche,die seit über 30 Jahren existiert und ganz in derNähe des Uni-Klinikums und der medizinischenund naturwissenschaftlichen Studiengänge liegt.

„Die Nachfrage ist enorm, viermal höher alsunser Angebot“, berichtet Diana Eichinger, stell-vertretende Leiterin der Einrichtung. Sie und ihreKollegin haben die undankbare Aufgabe, dieBewerberInnen nach sozialen Kriterien auszu-wählen. Alleinerziehende kommen zuerst, dannKinder, deren Eltern beide studieren.

Hille Leffringhausen hat trotz zweier Kinderwährend des Studiums kein einziges Semesterverloren; Ende des Jahres macht die gelernteZahnarzthelferin Examen. Ihr Mann praktiziertbereits als Arzt in Norddeutschland. „Ohne dieKita wäre das alles nicht zu realisieren ge-wesen – und schon gar nicht ohne Schulden.“Leffringhausens Resümee: „Für mich war es gut,für die Kinder war es gut. Die haben sich hierimmer sehr wohl gefühlt und dazu früh sozialesVerhalten gelernt“.

Ob und wie lange die Studentenwerke denStudierenden die günstige Kinderbetreuung wei-ter bieten können, steht derzeit allerdings in denSternen. Die Studentenwerke in NRW im All-

gemeinen und deren Kitas im Besonderen müssensparen. „In 2004 und 2005 haben wir schon dieKürzungen von mehr als 2000 Euro bei denSachkosten pro Gruppe hinnehmen müssen. Wirleben von der Substanz, bei Neuanschaffungenwird es schon eng“, berichtet Eichinger. Da die Studentenwerke als so genannter finanz-schwacher Träger anerkannt sind, werden 91Prozent der Kosten von Stadt und Land getragen.Der Rest kommt aus den Sozialbeiträgen allerStudierender.

Dieses bewährte Finanzierungsmodell für dieinsgesamt 17 hochschuleigenen Kitas in NRWwackelt jetzt. „Wir sind in großer Sorge, was dieweiteren Pläne der Landesregierung angeht,“sagt Detlef Rujanski vom landesweiten Arbeits-kreis Tageseinrichtungen der Studentenwerke inNRW, der in Siegen angesiedelt ist. Denn trotzwortreicher Beschreibungen von PolitikerInnen,wie wichtig diese Tageseinrichtungen für dieVereinbarkeit von Familie und Beruf sind, ver-schlechtern sich nach und nach deren Rahmen-bedingungen. Einschränkungen beim Personalund eine stärkere Belastung der Familien könn-ten eine Folge dieser Entwicklung sein, so dieBefürchtung.

„Das Land zieht sich zu Lasten derStudierenden aus der Finanzierung der Tages-einrichtungen zurück“, beklagt Rujanski. „Ent-gegen der Ankündigungen der schwarz-gelbenLandesregierung werden wir in 2006 und 2007keine Sachkostenzuschüsse in alter Höhe be-kommen.“ Zusammen mit der 20-prozentigenKürzung der Mittel für die Studentenwerke reiße dies tiefe Löcher. Zudem hat der zustän-dige Familienminister Armin Laschet eine Neu-konstruktion der Kita-Finanzierung angekündigt.Die geplante Kopfpauschale berge so viele finan-zielle Risiken, dass die Studentenwerke als Trägerzunächst auf die Einrichtung weiterer Kitaplätzeverzichten müssten, erklärt Rujanski.

Für Hille Leffringhausen sind die Pläne derLandespolitiker ein eindeutig falsches Signal: „Eswar doch immer die Rede von einer familien-freundlicheren Politik mit mehr Ganztagsplätzenfür Kinder unter drei Jahren. Und jetzt passiertdas alles nicht – vielleicht sogar das genaueGegenteil?“

Bezahlbare Kitaplätze sind ein rares Gut.

Hille Leffringhausen (31)konnte zwei der 46 Plätzein der Kita des Studenten-

werkes der UniversitätMünster für ihre beiden

Kinder ergattern. „Das war wirklich ein Glücksfall

für uns, dass wir uns hier beworben haben.

Ohne die kostengünstigeBetreuung von 8 bis

16 Uhr hätten mein Mannund ich unser Studium so

wohl nicht zu Ende bringen können“, erzählt

die angehende Zahnärztin. Lediglich 37 Euro Essens-

zuschuss pro Monat mussten sie zahlen –

deutlich weniger als inanderen Einrichtungen.

Dafür erhalten die Kinder von 4 bis

36 Monaten in derKinderkrippe&Krabbelstube

eine liebevolle Betreuungnach Maß – Köchin

inklusive. Essen auf Rädern gibt es

hier nicht.

S c h w e r p u n k t : S t u d e n t e n w e r k e i m U m b r u c h

Glücksfall Uni-Kita

Kostengünstige Betreuung

zwischen 8 und 16 Uhr

Foto

:Fra

nkBi

erm

ann

biwifoRep0306_RZ.qxp 18.10.2006 12:34 Uhr Seite 4

5

Schwe rpunk t : S t uden tenwe rke im Umbruch

biwifo: Was haben Sie sich vorgenommen für Ihre Amtszeit?

Professor Dr. Rolf Dobischat: Angesichts der laufendenHochschulreformen steht auch bei den Studentenwerken eineVielzahl von Veränderungen an. Ein Schwerpunkt der Arbeit wird sein, wie sich die Studentenwerke neu aufstellen im BereichBeratung. Das betrifft insbesondere die Frage der Studienfinanzie-rung. Sie wird immer schwieriger und komplexer. Bei den Studien-gebühren ist ja nun der Tabubruch erfolgt und damit einher gehenenorme Belastungen der Studierenden. Hinzu kommen die Ver-teuerung durch die Mehrwertsteuererhöhung, die Absenkung desKindergeldes und veränderte Freibeträge bei den Minijobs. Da ist individuelle Beratung der Studierenden nötig, damit sie nichtdurch falsche Entscheidungen riesige Schuldenberge auftürmen.

Welche Folgen erwarten Sie nach die Einführung vonStudiengebühren?

Ich halte Studiengebühren für den falschen Weg. Sie werdennicht dazu beitragen, dass wir unsere Quote von Studierendenerhöhen – obwohl das im Bologna-Prozess ja vorgesehen ist undwir im europäischen Durchschnitt eh schon sehr niedrig liegen.Schon heute kostet ein Studium durchschnittlich mehr als 40.000Euro. Studiengebühren verteuern ein Studium zusätzlich; sie be-lasten die Studierenden und ihre unterhaltsverpflichteten Eltern.

Oder die Studierenden müssen noch mehr jobben ...

Tatsächlich jobben heute 70 Prozent nebenbei. Aber dieStrukturen von Bachelor und Master werden das künftig kaumnoch zulassen, weil die Studierenden gar keine Zeit mehr zumJobben haben werden. Durch die Studiengebühren werden dieKosten für ein Studium immer höher und zugleich wird der Ertrag von Bildungsinvestitionen immer unsicherer, weil sich derBedarf der Wirtschaft immer schneller ändert. Viele Absolventenfinden keine ihrer Ausbildung angemessene Position. Deshalbwerden sich immer mehr Abiturienten überlegen, lieber ins dualeAusbildungssystem zu gehen. Das löst dann dort Verdrängungs-prozesse aus.

Wird das nicht ein politisches Umdenken erzwingen?

Ich fürchte, dass die Studiengebühren sogar im Gegenteil stei-gen werden – und zwar relativ schnell. Allein durch die Exzellenz-initiative gibt es einen Ausdifferenzierungsprozess bei denHochschulen. Je weiter oben im Ranking eine Hochschule landet,desto stärker werden die Studiengebühren steigen. Hessen ist ja schon deutlich von den 500 Euro abgewichen; da sollen fürMasterstudiengänge 1500 Euro verlangt werden. Und anders alsin angloamerikanischen Ländern gibt es bei uns keine ausge-

bauten Stipendiensysteme. Bei der Einführung von Studien-gebühren nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil haben Politik und Wirtschaft großmundig versprochen: Wenn Studien-gebühren kommen, richten wir großzügig Stipendiensysteme ein.Passiert ist überhaupt nichts. Nur zwei Prozent der zwei MillionenStudierenden in Deutschland beziehen ein Stipendium.

Was können die Studentenwerke tun?

Unsere Stärke liegt in der unabhängigen, fundierten Beratungder Studierenden – gerade angesichts der Unübersichtlichkeit der unterschiedlichen Länder-Studiengebührenmodelle. VieleStudierende haben aber nicht nur finanzielle Probleme. DenkenSie an den spezifischen Beratungsbedarf etwa von alleinerziehen-den Studierenden oder von Studierenden mit Behinderung. Auch hier haben die Studentenwerke ihren gesetzlichen Auftrag,für die wirtschaftliche und soziale Situation dieser Studierendenzu sorgen, noch stärker wahrzunehmen.

Es gibt den Trend, Teile der Studentenwerke outzusourcen.Wie schätzen Sie das ein?

Die Möglichkeiten des Outsourcing sind bei den Studenten-werken eng begrenzt. Das liegt am besonderen Charakter derStudentenwerke. Einerseits sind sie wirtschaftlich geführte Dienst-leistungsunternehmen, andererseits haben sie einen klaren gesetz-lichen Sozial-Auftrag zum Wohle der zwei Millionen Studierendenzu erfüllen. Es ist richtig: In einigen Bundesländern wurden diegesetzlichen Grundlagen reformiert, sodass die StudentenwerkeUnternehmen gründen oder sich an Unternehmen beteiligenkönnen. Wenn sie das aber tun, dann deshalb, um ihre Service-und Beratungsleistungen für die Studierenden zu optimieren –und nicht zum Zwecke der Gewinnmaximierung.

Bildungsministerin Schavan hat vor den Wahlen gesagt, dass sie das BAföG zur Disposition stellen will. Rechnen Sie damit, dass sie das demnächst umsetzen wird?

Für diese Legislaturperiode ist das BAföG im Koalitionsvertragabgesichert. Längerfristig steht zu befürchten, dass ans BAföGrangegangen wird. Das passt in die allgemeine Strategie, dieKosten für Bildung zu individualisieren. Das zeigt sich auch amUmgang mit den Vorschlägen der Finanzierungskommission fürdie Weiterbildung. Das Einzige, was die Bundesregierung sich da rausgepickt hat, ist die steuerliche Begünstigung von Bildungs-sparen. Das ist problematisch. Gerade Leuten mit niedrigemEinkommen und Arbeitslosen nützt das gar nichts. DieKommission hatte damals gesagt, dass die Vorschläge nur als Paket Sinn machen. Aber alle anderen Punkte sind einfachunter den Tisch gefallen.

Haben Sie Lust auf ihre neue Position?

Ja, ich sehe den politischen und sozialen Druck, der auf die Studentenwerke zukommt. Und ich freue mich auf die Auf-gabe, in der Position des Präsidenten dagegenzuhalten undgestaltend mitzuwirken. l

Interview: Annette Jensen

Seit Juni ist Professor Dr. RolfDobischat neuer Präsident desDeutschen Studentenwerks(DSW). Der 55-jährige Bildungs-und Berufsforscher von derUniversität Duisburg-Essen wurdezunächst für zwei Jahre gewählt. Fo

to:S

tude

nten

wer

kPr

esse

stel

le

6

VON UWE MEYERINGH

Der Tarifvertrag orientiert sich in den wesent-lichen Punkten am Tarifvertrag für den

öffentlichen Dienst (TVöD) in der Fassung, wie erfür die Kommunen gilt. An einigen Stellen wur-den jedoch auch speziell auf die Studentenwerkezugeschnittene Regelungen getroffen.

Die Einkommens- und Arbeitsbedingungenfür Angestellte und ArbeiterInnen sind nungleich. Auch die schlechtere Bezahlung und län-gere Wochenarbeitszeit von Beschäftigten, die imJahr 2004 oder später eingestellt wurden, gehö-ren der Vergangenheit an. Künftig gilt wieder:Gleiche Arbeitsbedingungen für alle!

Die Anbindung an das Tarifrecht der Kom-munen bedeutet, dass die Tabelleneinkommensich auf ein Arbeitszeitvolumen von wöchentlich38,5 Stunden beziehen. Die längere Arbeitszeitbei den Beschäftigten der Länder wird wohl keineAuswirkungen auf die Studentenwerke haben.

Die Gestaltung der spezifischen Arbeits-beziehungen ist nun möglich. So können Be-schäftigte an Kiosken und anderen Verkaufs-stellen zum Beispiel zusätzliche Erfolgsprämienbekommen, wenn der Personalrat zustimmt.Außerdem soll es für KollegInnen, die nach dem1. September 2006 eingestellt wurden, ergän-zend zu den kommunalen Eingruppierungsmerk-

malen noch spezielle Regelungen in denBereichen Verpflegung, BAföG und Wohnengeben.

Keiner verdient weniger als vorherAlle Beschäftigten der Studentenwerke

werden mit ihrem heutigen Einkommen in dieneue Entgelttabelle übergeleitet. So ist garan-

tiert, dass niemand weniger verdient als vorInkrafttreten des neuen Tarifvertrages.

Neue EingruppierungenGenau wie bei den Kommunen werden die

Tätigkeiten neu bewertet – und entsprechendändert sich die jeweilige Eingruppierung. ImMoment verhandelt ver.di noch, wie das in denBereichen der Studentenwerke konkret aussehensoll. Diese Sonderregelungen werden allerdingsnur für Menschen gelten, die nach dem 1.September 2006 eine Stelle im Bereich Verpfle-gung, BAföG oder Wohnen anfangen.

Die neu geschaffene Entgeltgruppe 1 soll für einfachste Tätigkeiten eingeführt werden wie z.B. Essens- und Getränkeausgabe. DerGrundlohn beträgt 1.286 € für eine Vollzeitstelle. Einige ver.di-Mitglieder vertreten die Position,dass Studentenwerke als Dienstleister nur kom-petenten „Allroundern“ Arbeitsverhältnisse an-bieten sollten. „Einfachste Tätigkeiten“ seien garnicht erst vorzusehen, zumal sie den notwendi-gen Lebensunterhalt nicht sichern könnten.

Kinderbezogene Zuschläge bleiben erhalten

Für bis zum 31. August 2006 geborene Kindervon NRW-Studentenwerksbeschäftigten gibt esauch künftig die bisher geltenden Zulagen. BeiTariferhöhungen werden sie um den entsprechen-den Prozentsatz erhöht.

Verbesserung der AltersversorgungMit dem neuen Tarifvertrag haben die Be-

schäftigten nunmehr auch die Möglichkeit, einenTeil ihres Lohns in die Verbesserung der eigenenAltersversorgung umzuwandeln.

Einmalzahlungen in 2006 und 2007Im Oktober 2006 kann sich jeder Vollzeit-

beschäftigte über 300 € zusätzlich in der Haus-haltskasse freuen; Teilzeitkräfte bekommen einenentsprechenden Anteil. Im April und Juli 2007gibt es dann noch einmal einen warmen finan-ziellen Regen in Höhe von 150 €.

Urlaubs- und Weihnachtsgeldzusammengefasst

Alle Beschäftigten erhalten im November2006 eine Jahressonderzahlung in Höhe von82,14 % ihres Monatslohns. Wurde im Juli nochkein Urlaubsgeld gezahlt, erhöht sich der Betragum 332,34 € (Entgeltgruppen 1–8) bzw. 255,65 €(Entgeltgruppen 9–15).

Ab 2007 wird dann aus Urlaubs- und Weih-nachtsgeld eine jährliche Sonderzahlung ge-bildet. Das Geld gibt es jeweils im November.Maßgeblich für die Höhe (zwischen 60 und 90%

Seit dem 1. September ister in Kraft: Der neue

Tarifvertrag für die zwölfStudentenwerke in

Nordrhein-Westfalen.Darauf haben sich

die Tarifgemeinschaft derStudentenwerke und ver.di

geeinigt. Die Verhand-lungen liefen parallel zum

Großkonflikt imLänderbereich. Mehrfach

demonstrierten dieStudentenwerks-

beschäftigten durch Warn-und Solidaritätsstreiks ihre Unterstützung für

die KollegInnen bei denLändern und machten

damit auch ihre eigeneHandlungsbereitschaft

deutlich. Das hat sicher zum Erfolg

beigetragen.

Schw e rpunk t : S t uden tenwe rke im Umbruch

n Image-Kampagne 2006„Beschäftigte der Studenten-

werke und ver.di gehören zu-sammen“, so lautet der Arbeits-titel einer Image-Kampagne,die im Herbst startet.

Foto

:Jür

gen

Seid

el

Erfolg in NRW

7

eines Monatseinkommens) ist die jeweilige Ent-geltgruppe.

Zusätzliches Geld für LeistungAb 2007 gibt es die Möglichkeit von

Leistungsprämien und -zulagen. Dafür wird einSondertopf eingerichtet. Zum einen zahlen dieArbeitgeber dort hinein einen Betrag, der 1%aller Monatslöhne entspricht. Zum zweiten füllensie ihn im nächsten Jahr auch noch mit 300 € pro

Vollzeitbeschäftigtem und einem entsprechendenBetrag für jeden Teilzeitbeschäftigten.

Wie das Geld anschließend verteilt wird, muss noch geklärt werden. Die Tarifvertrags-parteien wollen zu diesem Thema eine gemein-same Kommission bilden.

Lohnfortzahlung im Krankheitsfallvereinheitlicht

Wer mehr als ein Jahr beim Studentenwerkarbeitet und krank wird, bekommt bis zum Endeder 13. Woche einen Krankengeldzuschuss. Be-schäftigte, die schon mehr als drei Jahre dabeisind, erhalten den Zuschuss bis zum Ende der 39. Woche gezahlt. Damit wird das Krankgeld aufdie Höhe des Nettogehalts aufgestockt – aller-dings ohne Ausgleich für die auf dem Kranken-geld lastenden Sozialabgaben. Glück haben indiesem Fall diejenigen Angestellten, die nach dembisherigen BAT Ansprüche auf eine Entgeltfort-zahlung von 26 Wochen hatten: Sie bekommenauch künftig die Sozialversicherungsbeiträgeausgeglichen.

S chwe rpunk t : S t uden tenwe rke im Umbruch

Vielerorts gibt es Pläne, beim Lohn der

Mensa-Beschäftigten zu sparen

Fachtagung für Mitglieder inBetriebs- und Personalrätensowie für Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte inStudentenwerken

Die Fachtagung wird sich mit Sozialstandards in den Studentenwerken und denmöglichen Wegen ihrer Durch-setzbarkeit in den Betriebenbefassen.n 24. November 2006 n Berlinn Beginn: 10.00 Uhrn Ende: 16.00 Uhr

Informationen ü[email protected]

F A C H T A G U N G

Das Dresdner Studentenwerk hat seit eini-gen Jahren eine private GmbH mit knapp80 Beschäftigten. Sie verdienen etwa 30% weniger als zuvor im Studentenwerk.Mit den abgesenkten Löhnen könnten die befristet Beschäftigten während derMensa-Sanierung im Studentenwerkgehalten werden und die Semesterbeiträgezugleich stabil bleiben, hatte derGeschäftsführer bei der Gründung gesagt.

VON JENS FESTERSEN

Das ist lange her. Aus der Übergangslösung istlängst eine Dauereinrichtung geworden. Heutewerden nicht nur neue Mensa-Beschäftigte, son-dern auch alle anderen in der GmbH eingestellt.Egal ob HausmeisterInnen, Kita-ErzieherInnenoder BAföG-BearbeiterInnen gesucht werden –sie alle bekommen nun Arbeitsverträge von derGmbH.

Während bei den anderen sächsischenStudentenwerken keine Ausgründungen stattge-funden haben, spart man in Dresden auf Kostender Beschäftigten. Dabei ist die GmbH-Lösung vorallem deshalb so billig, weil der Betrieb wederseine Geschäftsführung noch die Buchhaltungselbst finanzieren muss. Diese Arbeiten werden –

fast kostenlos für die GmbH – von Beschäftigtendes Studentenwerks miterledigt.

Der Personalrat kritisiert, dass die GmbHArbeitsplätze im Studentenwerk gefährdet.Außerdem führt die Konstruktion zu Unfrieden:Wer einen neuen Arbeitsvertrag hat, verrichtetdie gleiche Tätigkeit wie die KollegInnen, dieschon länger dabei sind – verdient aber ein Drittelweniger. Im Frühjahr widersprach der Personalratdeshalb erstmals dem Einsatz der GmbH-Beschäftigten im Studentenwerk. Erreicht wurdeso eine Dienst-Vereinbarung: Künftig sollen alleneuen KollegInnen für zwei Jahre von der GmbHangestellt werden und danach einen festenVertrag vom Studentenwerk bekommen.

Ob das funktioniert, wird sich demnächst zei-gen. Der Verwaltungsrat des Studentenwerkes istdurch die Auseinandersetzungen aufgeschrecktund will inzwischen grundsätzlich über dieZukunft der GmbH beraten. ver.di fordert seit ehund je die Schließung der GmbH und verlangt,dass endlich ordentlich und nachvollziehbargerechnet wird. Auch der Geschäftsführer istmittlerweile nachdenklich geworden: Die unter-schiedliche Behandlung der Beschäftigten könnekeine Dauerlösung sein. Vielleicht bietet der neueTarifvertrag für die Länder eine Perspektive, hießes auf der letzten Personalversammlung. l

Sparen auf Kosten der Beschäftigten

Mit dem Vertragsabschlussist es ver.di gelungen,Einkommen und Arbeits-zeit der rund 3.300Beschäftigten bei den NRW-Studentenwerkenpositiv zu gestalten. Das hat sich bereits herumge-sprochen: Aus der ganzenRepublik gibt es Anfragen von anderenStudentenwerken. DieVorreiter hoffen nun, dass ihr Beispiel Schulemachen wird.Die Arbeitgeberseite hatdem Abschluss zugestimmt,weil auch sie davon ausgeht, dass die neueRegelung den verändertenBedingungen in denStudentenwerken bessergerecht wird.

VON RENÉ VOSS*

Die Internationalisierung derStudienabschlüsse und die

Einführung von Studiengebüh-ren stellen große Herausforde-rungen für die Betroffenen dar. Auch wenn man Studien-gebühren ablehnt, so bleibtdoch nichts übrig, als nachderen Einführung damit umzu-gehen.

Aufgabe der Studenten-werke muss es deshalb sein, dieStudierenden umfassend zuberaten, wie sie ein Studiumtrotz der derzeitigen monat-lichen Mehrbelastung von mindestens 83 €finanzieren können. Hierbei können die KfW-Studienkredite ein Baustein sein. Essenziell istaber der Erhalt und der Ausbau des BAföGs, wiees das deutsche Studentenwerk unisono mit dem BAföG-Bericht der Bundesregierung jedesJahr fordert.

Der Bologna-Prozess als Synonym für denUmbruch im Hochschulwesen führt ebenfalls zuganz konkreten Anforderungen an die Studen-tenwerke. Durch die erhöhte Arbeitsbelastungwird es für Studierende immer wichtiger, dassMensen und Cafeterien ihre Öffnungszeiten indie Abendstunden verlängern.

Die Verschulung des Studiums mit engergepackten Zeitplänen fordert von den Studenten-werken eine hohe Flexibilität, um ihre Angebotezu den Zeiten bereitzuhalten, in denen Sie vonden Studierenden nachgefragt werden.

Auch die Anforderungen an die Studenten-werke als Betreiber von Wohnheimen sindgewachsen. Zwar lebten schon immer Ange-hörige vieler Nationen in den preiswertenHeimen. Doch die weltpolitischen Veränderungenund die Werbung um internationale Studierende

hat den Anteil ausländischer Studierender konti-nuierlich erhöht. Um sie erfolgreich in die Wohn-heime zu integrieren, sind spezielle Angebotevonnöten.

Viele Studentenwerke bieten bereits Tutorienan und wandeln sich vom Vermieter zumRelocater, der Hilfestellung in allen Lebenslagenleistet und Tipps gibt, damit sich unsere ausländi-schen Gäste nicht im deutschen Behörden-dschungel verlieren. l

Die Studiengebühren erhöhen

den Beratungsbedarf vieler Studierender

8

Foto

:Jür

gen

Seid

el

* Student und Vizepräsident des Deutschen Studentenwerks

M I T G L I E D E R D E R B U N D E S A R B E I T S G R U P P E S T U D E N T E N W E R K E

Baden-Württemberg Gisela Schubert, Mannheim [email protected]

Bayern Thomas Syring, München [email protected]

Berlin-Brandenburg Volker Schatte, Berlin V

Hamburg Ulrike Spreen, Hamburg [email protected]

Hessen Marlies Diehl, Frankfurt [email protected]

Nieders.-Bremen Magdalena Vasel, Braunschweig p

Nordrhein-Westfalen Manfred Engelhardt, Aachen M

Rheinland-Pfalz Ingolf Frizsche, Trier [email protected]

Saarland Heinz Hamann, Saarbrücken [email protected]

Sachsen Hans.J. Schulz, Leipzig [email protected]

Schleswig-Holstein Andree Benthien, Kiel [email protected]

Thüringen Elke Wilke, Jena/Weimar [email protected]

Stellv. Sprecherin Sonja Buchterkirchen, Leipzig [email protected]

Studierendebestimmen mit

Schw e rpunk t : S t uden tenwe rke im Umbruch

Bedürftigen Studierendenzu helfen und sie mit

warmen Mahlzeiten zuversorgen, war von

Anfang an die Grundideeder Studentenwerke.

Die Suppenküchen der20er Jahre haben sich

allerdings inzwischen inhochmoderne gastrono-

mische Einrichtungen ver-wandelt. Außerdem

betreiben Studenten-werke Wohnanlagen und

Kindertagesstätten,bieten ein Kulturangebot,

beraten in fast allenFragen rund ums

Studium und verwaltendas BAföG.

In all den Jahren habensich Studentenwerke als

moderne Art der Fürsorgedurch die öffentliche Hand

auf der einen und alssozialer Dienstleister für

Studierende auf deranderen Seite erwiesen.

Dies liegt nicht zuletztdaran, dass Studierende

in den entscheidendenGremien über strategische

Ausrichtung, Leistungs-spektrum und Preisbildung

der Studentenwerkemitbestimmen.

In manchen Kollegial-organen sitzt auf jedem

zweiten Stuhl einStudierender. Im Dach-

verband der Studenten-werke bilden jeweils drei

GeschäftsführerInnen, drei ProfessorInnen und

drei StudentInnen den Vorstand.

Volker Schatte ist Sprecher

der AG Studentenwerke

9

VON VOLKER SCHATTE

Nordrhein-Westfalen machte den Anfang.Schon vor 26 Jahren haben sich die Personal-

räte der Studentenwerke zu einer AG zusammen-geschlossen. Immer wieder versuchten dieKollegInnen, auch eine bundesweite Vernetzunghinzukriegen. Schließlich trafen sich ja auch dieGeschäftsführerInnen des Deutschen Studenten-werkes (DSW) regelmäßig bei Tagungen, und eswar zu vermuten, dass sie dabei Strategien zumUmgang mit den Beschäftigten entwickelten.

Es waren denn auch die GeschäftsführerInnen,die diese Vernetzung der Personalräte zu verhin-dern wussten. Durch ein Gerichtsurteil ließen siesich bestätigen, dass die Personalräte unter-schiedlicher Bundesländer nichts miteinander zutun hätten, weil sie auf Grundlage unterschiedli-cher Landespersonalvertretungsgesetze agierten.

Doch die GeschäftsführerInnen waren esauch, die die bundesweite Vernetzung schließlichprovozierten und nicht mehr verhindern konnten.Ihr 1999 gestarteter Versuch, einen eigenen Tarif-vertrag für alle Studentenwerke zu entwickelnund mit der ÖTV zu verhandeln, brachte inBayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalzund dem Saarland die KollegInnen der Personal-räte dazu, sich in ihrem Bundesland zu vernetzenund dann mit den erfahrenen KollegInnen ausNRW zusammenzusetzen.

Mit einem ÖTV-Seminar für Personalräte derStudentenwerke in Saalfeld kam der Zug 2001auf ein gewerkschaftliches Gleis. Beschlossenwurde die Gründung der Bundesarbeitsgemein-schaft der Studentenwerke. Die Mitglieder wur-den gleich auf dem Seminar aus dem Teil-nehmerkreis heraus bestimmt. Noch im selbenJahr fand die erste Sitzung statt. Diese der ÖTVabgerungene Arbeitsgemeinschaft wurde in ver.di als AG des Bundesfachbereichs Bildung,Wissenschaft und Forschung bestätigt.

Wir treffen uns zweimal im Jahr, berichten uns gegenseitig über neue Entwicklungen in denBundesländern, entwickeln gemeinsam Strate-gien, reagieren auf neue Angriffe und suchennach Partnern. So haben wir in einer SitzungBernhard Liebscher, den BAföG-Referenten desDeutschen Studentenwerkes, zu Gast gehabt. Mitihm diskutierten wir über die Zukunft des BAföG,die drohenden Studiengebühren und den Um-gang mit den Studienkrediten. Wir überlegten,wie wir gemeinsam vorgehen könnten.

Erfreulich ist, dass mittlerweile ratsuchendeAnfragen bei unserer AG eingehen, die an unsweitergeleitet wurden. Meistens können wir sieauch zufriedenstellend beantworten.

Im November 2005 haben wir einen Schwer-punkt unserer Arbeit für dieses und wohl auch für das kommende Jahr beschlossen: SozialesBenchmarking.

Benchmarking? Ein betriebswirtschaftlichesKonzept aus der Managementperspektive: Ichvergleiche mich mit dem besten oder zweitbestenmeiner Branche und versuche, meine Prozesse soumzustellen, dass ich seinen wirtschaftlichenErfolg erreiche. Innerhalb des DSW geben dieStudentenwerke im Zahlenspiegel ihre Grund-daten an: Zahl der Studierenden, Umsatzerlöse,Personalaufwand, Anzahl der Mitarbeiter, derMensen, der Wohnheime etc. Die ostdeutschenStudentenwerke weisen zudem für die Speise-betriebe und Wohnheime aus, mit wie vielPersonal sie wie viele Mensaessen zu welchemPreis produzieren – und nennen das dann Bench-marking.

AG StudentenwerkeBundesweit vernetzt

S c h w e r p u n k t : S t u d e n t e n w e r k e i m U m b r u c h

Konkret heißt „SozialesBenchmarking“: Wirnehmen uns die Zahlen, mit denen operiert wirdund betrachten sie aus derBeschäftigtenperspektive.Nadja Förtsch, Beraterinund Trainerin, die schonviele Seminare für Personal-räte von Studentenwerkendurchgeführt hat,beschreibt das so: „Sozial-benchmarking ist einbeteiligungsorientierterBeurteilungs- undBewertungsprozess zurSituation der Beschäftigtenin Studentenwerken mittels Kennzahlen. . .“.

Um das gründlicher zubeleuchten, lädt ver.di imRahmen der Kampagne„Campus der Zukunft“ zueinem Studentenwerks-workshop am 24.11.2006nach Berlin ein.

G R U P P E S T U D E N T E N W E R K E

[email protected]

[email protected]

[email protected]

[email protected]

[email protected]

[email protected]

[email protected]

[email protected]

[email protected]

[email protected]

[email protected]

[email protected]

[email protected]

Foto

:Priv

at

10

Neue s Ge se t z i n A rbe i t

Vor etlichen Jahren brachte die „Süd-deutsche Zeitung“ die Karikatur einesSchülers, der seinem Lehrer erklärt: „Ich konnte meine Hausaufgaben nichtmachen – wegen dem Urheberrecht.“Der Witz scheint Politik geworden zu sein.Vielfach wird die Forderung erhoben, das Urheberrecht müsse „bildungs- undwissenschaftsfreundlicher“ werden.Manche zweifeln sogar, ob es überhauptzur „Informationsgesellschaft“ passe.

VON WOLFGANG SCHIMMEL

Gegenwärtig wird der Entwurf zum „ZweitenGesetz zur Regelung des Urheberrechts in

der Informationsgesellschaft“ diskutiert (siehenebenstehende Spalte). Niemand ist richtigzufrieden damit. Zum einen hagelt es Protestevon Verlagen, Urheberorganisationen wie denver.di-Kunst- und Medienfachgruppen und vonVerbraucherschützerInnen. Zugleich kommt auchKritik von Seiten der Bildung, Wissenschaft undForschung sowie aus Bibliotheken.

Dabei behindert das Urheberrecht im Kernweder die Informationsfreiheit noch die For-schung und Lehre: Wir alle haben Lesen undSchreiben aus urheberrechtlich geschütztenBüchern gelernt; kein Urheberrecht unterbindetso etwas. Auch in Wissenschaft und Forschung istes nicht nur erlaubt, sondern wird erwartet,Werke anderer AutorInnen auszuwerten unddaraus neue Erkenntnisse zu entwickeln. Nurabkupfern ist ebenso verboten wie verpönt.

Wo also liegt das Problem? Dem Urheberallein steht das Recht zu, sein Werk zu vervielfäl-tigen – also auch zu kopieren oder ins Internetbzw. ein Intranet zu stellen. Dieses Recht desUrhebers gilt allerdings nicht schrankenlos: Füreigene wissenschaftliche Zwecke, Unterricht undBildung dürfen geschützte Werke unter be-stimmten Voraussetzungen ohne Zustimmungdes Urhebers kopiert werden. Dafür wird eineVergütung fällig. Die müssen die NutzerInnenallerdings nicht direkt zahlen, sondern sie wirddurch Verwertungsgesellschaften gedeckt. Diekassieren zum Beispiel beim Verkauf einesKopierers mit oder erhalten auf Grund von Ver-trägen einen Obolus von der Kultusverwaltung.

Das Urheberrecht, auf das auch AutorInnenwissenschaftlicher Werke nicht verzichten wollen,könnte also mit den Bedürfnissen von Bildungund Wissenschaft bestens harmonieren – gäbe esda nicht ein technisches Problem: Die Schrankendes Urheberrechts stammen aus dem vergange-nen Jahrtausend, sind also auf die analoge(Papier-)Kopie abgestimmt. Die aber ist inWissenschaft und Forschung bereits weitgehenddurch digitale Medien abgelöst. Auch in Schulensetzt sich der Computer zunehmend durch. DieKonsequenz: Was bisher an Forschergruppen,SeminarteilnehmerInnen oder Schulklassen aufPapier verteilt wurde, steht künftig im Intranet zurVerfügung.

Dafür enthält schon das bisherige Urheber-rechtsgesetz eine bis 2008 befristete Erlaubnis.

Die aber geht manchen nicht weit genug. Ein neuer § 52 b soll nun die Wiedergabe vonWerken an elektronischen Leseplätzen erlauben,soweit sie sich in nichtkommerziellen Bibliothe-ken, Museen und Archiven befinden. Streitig ist,wie viele dieser Plätze gleichzeitig mit einemWerk bedient werden dürfen. Die Verlage und derBundesrat verlangen, dass die Anzahl nicht höhersein darf als die der Papierexemplare im Bestandder Einrichtung. Sie befürchten, dass Bibliothekensonst künftig auch von viel genutzten Standard-werken nur noch ein einziges Exemplar bestellen.Die digitale Kopie hat nämlich Vorteile, die für alle, die vom Verkauf der Originale leben,tückisch sind: Sie ist im Prinzip beliebig oft ab-rufbar und ohne Qualitätsverlust kopierbar. Sieverschleißt nicht und bietet oft bessere Such- und Auswertungsmöglichkeiten als Bücher oderZeitschriften.

Genau an solchen Stellen liegen die Konflikt-punkte. Der Interessenausgleich wird sicher nichteinfach. Die Sorgen der Verlage und der nach ver-kauften Exemplaren honorierten Autoren sindnachvollziehbar – der Anspruch der NutzerInnen,auf Informationen effizient zugreifen zu können,ist aber ebenfalls verständlich. l

Urheberrecht contra Bildung und Wissenschaft?

Das geplante Gesetz zumUrheberrecht erfüllt – wennauch befristet – eine wichtigeForderung der großen Wissen-schaftsinstitutionen: Die Erlaub-nis netzbasierter Wissens-vermittlung und Forschungs-kommunikation soll bis Ende2008 verlängert werden (§ 52a).

Außerdem will die Gesetzes-novelle nicht kommerziellenBibliotheken, Museen undArchiven grundsätzlich erlauben,veröffentlichte Werke in ihrenRäumen an elektronischenLeseplätzen zur Forschung undfür private Studien zugänglich zu machen (§ 52b). Auch derKopienversand auf Bestellung soll abgesichert werden (§ 53a).Allerdings beschränkt er sich auf die Übermittlung einzelnerZeitungs- oder Zeitschriften-beiträge sowie kleiner Teile er-schienener Werke in Form grafi-scher Dateien. In beiden Fällensollen aber Angebote derVerlage Vorrang haben.

Eine Erlaubnis, interne elek-tronische Archive in öffentlichgeförderten wissenschaftlichenEinrichtungen aufzubauen,fehlt im Entwurf. Ebenso wenig soll gestattet werden, dasstechnische Maßnahmen (§ 95b UrhG), umgangen wer-den – selbst wenn die Nutzungan sich zulässig ist.

Das bewährte System, mitdem Urheber durch Verwer-tungsgesellschaften vergütetwerden, soll zwar bestehenbleiben. Doch durch sachfremdeRegelungen zur Vergütungshöhewird es entwertet oder sogarganz in Frage gestellt. l

ws

D A R U M G E H T E S

11

Be f r i s t e t e A rbe i t s v e r t r äge im W i s s en s cha f t sbe re i ch

Schnell und geräuschlos legte das Bundes-ministerium für Bildung und Forschung(bmbf) Ende Juli einen Referentenentwurfvor. Der Titel: „Gesetz zur Änderungarbeitsrechtlicher Vorschriften in derWissenschaft (AVWÄndG).“ Dahinterverbirgt sich eine Nachfolgeregelung zumHochschulrahmengesetz (HRG). Konkretgeht es um die Befristung der Arbeits-verträge von wissenschaftlichen undkünstlerischen MitarbeiterInnen an Hoch-schulen und Forschungseinrichtungen. Eine erste Verbändeanhörung hat bereitsstattgefunden. Das neue Gesetz soll Anfang März 2007 in Kraft treten.

VON KARL-HEINRICH STEINHEIMER UNDHANNELORE REINER

Seit mehr als 20 Jahren regelt der Bundes-gesetzgeber befristete Arbeitsverträge in der

Wissenschaft per Gesetz. Das ist stets nur unzu-reichend gelungen. Auch die HRG-Änderungenvom Februar 2002 haben nur einige Problemegelöst, zugleich aber neue verursacht. ver.di hatdeshalb immer wieder einen Tarifvertrag über die Befristung von Arbeitsverhältnissen für daswissenschaftliche Personal gefordert. Ein neuesGesetz wäre dann überflüssig.

Grund für das neue Gesetz ist zum einen der Versuch, in der Praxis auftauchende Problemezu lösen. Zum zweiten geht es darum, rechtzeitigErsatz zu schaffen für das HRG, das in Folge derFöderalismusreform absehbar wegfallen wird.

Tatsächlich gibt es im Gesetzentwurf vielegleichlautende Formulierungen wie im HRG. DieBefristungen ohne Sachgrund von höchstenssechs Jahren ohne und weiteren sechs Jahren mitPromotion bleiben erhalten. Doch auch einigegravierende Änderungen sind vorgesehen. Sosollen Arbeitsverträge künftig auch dann befristetwerden können, wenn „die Beschäftigung über-wiegend aus Mitteln Dritter finanziert wird, dieFinanzierung für eine bestimmte Aufgabe undZeitdauer bewilligt ist und der Mitarbeiter ...überwiegend der Zweckbestimmung dieser Mittelentsprechend beschäftigt wird“. Eine Höchst-dauer für die Summe der befristeten Verträge solles in diesem Fall nicht geben. Das Wörtchen

„überwiegend“ ist entscheidend: Wer zu 49,9%aus Haushalts- und zu 50,1% aus Drittmittelnfinanziert wird, kann also ohne Ende befristetbeschäftigt werden.

Eine wesentliche Erweiterung der Befristungs-möglichkeiten betrifft das technische, Verwal-tungs- und Bibliothekspersonal. Auch dieseBeschäftigten sollen im Rahmen einer Finanzie-rung über Drittmittel befristete Verträge bekom-men können. ver.di lehnt dies strikt ab: Es gibtkeine Notwendigkeit, in wissenschaftlichen Ein-richtungen anders zu verfahren als sonst wo imöffentlichen Dienst. Tarifliche Regelungen unddas Teilzeit- und Befristungsgesetz eröffnen aus-reichende Möglichkeiten für sachlich begründeteBefristungen wie auch für Befristungen ohneSachgrund. Mit seiner Gesetzesnovelle schießtdas bmbf weit hinaus über das Urteil desBundesverfassungsgerichts, das eine Sonder-regelung für WissenschaftlerInnen erlaubt hat.

Immerhin enthält der Gesetzentwurf aucheinige positive Ansätze. So soll die zulässige Zeit,die wissenschaftliche MitarbeiterInnen insgesamtbefristet beschäftigt sein dürfen, bei Eltern umzwei oder drei Jahre pro Kind verlängert werden.

Auch die geschilderte Befristungsregelung imRahmen von Drittmitteln wird von vielen Orga-nisationen, in denen sich betroffene Wissen-schaftlerInnen zusammengeschlossen haben, be-grüßt. Dazu gehören maintainbrain, THESIS, dieBundesvertretung des Akademischen Mittelbaus(BAM) und die Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen(BuKoF). Die konkrete Praxis in den Hochschulenhat nämlich gezeigt, dass bisher vielen Wissen-schaftlerInnen eine (Weiter-)Beschäftigung ver-wehrt wurde, obwohl diese befristet oder unbe-fristet möglich gewesen wäre. Deshalb hat ver.diin einer Stellungnahme zum Entwurf des geplan-ten Gesetzes solcherlei Befristungsmöglichkeit für Hochschulen akzeptiert. Auf Forschungs-einrichtungen ist die Regelung jedoch so nichtübertragbar.

Die Grundsatzkritik aber bleibt: Der Gesetz-entwurf liegt im Trend, das unternehmerischeRisiko – auch in Einrichtungen der öffentlichenHand – auf die Beschäftigten abzuwälzen. l

n Jugend- und Ausbil-dungsvertreterInnen –auf nach Berlin!

Am 21. und 22. Novemberfindet in Berlin eine Tagungstatt, bei der es um die Situationder Azubis an Hochschulen, inBibliotheken und Forschungs-einrichtungen gehen soll.Immerhin 15.000 jungeMenschen machen in diesenBereichen derzeit eine Aus-bildung. Die Veranstaltungrichtet sich an die gewähltenVertreterInnen. Thematisiertwerden sollen Tarifverträge,persönliche Ausbildungspläneund die Übernahmeproblematik.Vieles wird in kleinenArbeitsgruppen besprochen.Anmeldeschluss ist der 20. Oktober 2006.

Infos bei Silvia Wieduwilt,Tel. 030-263 99 89-18 oder perE-Mail an [email protected]

n Wie weiter mit derWeiterbildung?

Die Perspektiven beruflicherWeiterbildung als Instrumentaktiver Arbeitsmarktpolitik sollenam 9. November 2006 bei einerTagung in Berlin beleuchtet wer-den. Die Veranstaltung dauertvon 9.00 bis 15.30 und findet in der ver.di-Bundesverwaltungstatt.

Weitere Infos sind zu erfragen unter [email protected]

n Das Studium imWandel

Wie verändert sich Studierenangesichts von Studiengebührenund Kreditangeboten? WelcheMöglichkeiten, Einfluss zu neh-men gibt es? Vom 10. bis 12.November sollen diese Fragenauf einem Perspektivenworkshopder AG Studierende des ver.di-Fachbereichs Bildung, Wissen-schaft und Forschung erörtertwerden.

Veranstaltungsort ist dieJugendherberge in Rotenburg ander Fulda.

Weitere Infos sind zuerfragen unter [email protected]

T A G U N G E N

Das HRG geht – ein neues Gesetz kommt

12

n Deutschland hat dengrößte Rechnerverbundin Europa

Der Höchstleistungsrechner,der im Neubau des im Juli eröff-neten Leibniz-Rechenzentrums(LRZ) in Garching steht, gehörtzu den weltbesten Computern.Er hat heute schon eine Spitzen-leistung von 26 BillionenRechenoperationen pro Sekunde(26 Teraflops). Im Endausbau soll er 2007 bis zu 69 Teraflopsleisten, und damit in die Top Ten der Welt vorstoßen. DieGesamtkosten für den Neubauund die Installation belaufensich auf 80 Millionen Euro undwerden gemeinsam von Bundund Bayern finanziert. Der neueComputer bildet gemeinsam mit den Höchstleistungsrechen-zentren in Jülich und Stuttgarteinen Verbund – der größte inEuropa. Die Hochgeschwindig-keitsvernetzung und die wissen-schaftliche Zusammenarbeit derdrei gleichberechtigten Stand-orte werden vom Bundes-forschungsministerium von 2007bis 2009 mit 30 Millionen Eurogefördert.

n Kulturkonferenz inSlowenien

Beschäftigte des öffentlichenDienstes im Bereich Kulturhaben spezifische Interessen und Anliegen, wenn es umOsteuropa geht. Deshalb hat die IÖD gemeinsam mit denGewerkschaften im Kultur-bereich der Slowakei und derTschechischen Republik eineinternationale Konferenz fürdiese ArbeitnehmerInnen inOsteuropa organisiert. WeitereTeilnehmerInnen werden aus derUkraine, Ungarn, Aserbaidschanund aus ausgewählten Balkan-ländern erwartet. Im Zentrumdes Programms werdenFinanzierungsmodelle und –quellen für das Kulturwesen und die Arbeitsbedingungen in dem Bereich stehen. Auch dieBedeutung von Kultur für die europäische Integration sollthematisiert werden.

M E L D U N G E N

Fo r s chung i n NR W

Überraschend kam der Angriff nicht.Schon in der Opposition hatte die CDU-Landtagsfraktion Nordrhein-Westfalenseinen Entschließungsantrag gestellt. „DasLand finanziert zahlreiche selbstständigewissenschaftliche Einrichtungen undBildungseinrichtungen, deren Aufgaben . . .zukünftig von den Hochschulen des Landes wahrgenommen werden.“ Eineähnliche Formulierung findet sich imKoalitionsvertrag wieder, nachdem CDUund FDP die NRW-Wahlen im Mai 2005gewonnen hatten. Jetzt erfolgt dieUmsetzung.

VON WALTER WEIß

Es ist zu vermuten, dass hinter Schlagwortenwie Verschlankung, Entbürokratisierung und

Kostenreduktion vor allem inhaltliche Gründestehen. Die hängen mit einem Verständnis vonInnovation zusammen, das der Minister für Inno-vation, Wissenschaft, Forschung und TechnologieAndreas Pinkwart (FDP) immer wieder hervor-hebt. Demnach liegen die innovativen Stärkendes Landes auf den Feldern Life Science, Zu-kunftsenergien, Nano- und Mikrotechnologiesowie Materialien und Werkstoffe. Sozialwissen-schaftliche Themen sind für Pinkwart & Co da-gegen minderwertig; Forschungen zu Arbeits-organisation und -zeit, Arbeitsmarkt, Gesund-heitspolitik, Mitbestimmung, Gleichberechtigungund Erziehung gelten als uninteressant. DiesePerspektive tut so, als ob Technik ohne Menschenund abgeschnitten von konkreter Anwendungeinen Sinn machen würde. Ökologische undgesellschaftliche Hintergründe werden zuMarginalien erklärt und als ‚arbeitnehmer-orientierte’ Forschung abgetan – die es somit zuzerschlagen gilt.

In NRW sind eine ganze Reihe von Einrich-tungen betroffen: Die Sozialforschungsstelle inDortmund (sfs), das Forschungsinstitut Arbeit,Bildung, Partizipation (FIAB), das Kulturwissen-schaftliche Institut in Essen (KWI), das Wuppertal-Institut für Klima Umwelt und Energie (WI), dasInstitut Arbeit und Technik in Gelsenkirchen (IAT).

Das Beispiel IAT macht die sowohl systemati-sche als auch dilettantische Umsetzung der politi-

schen Vorgaben deutlich1. Im Dezember 2005eröffnete der Minister der Institutsleitung, manhabe das Ziel, die außeruniversitäre Forschungdes Landes nicht mehr zu fördern. Nun bitte manum Vorschläge, wie es mit dem IAT weitergehenkönne. IAT-Leitung und Ministerialbürokratie dis-kutierten daraufhin Stiftungslösungen, Privati-sierungsmodelle usw. Nach langen Verhand-lungen wurde entschieden: Das IAT wird zerlegt.Ein Teil geht an die Fachhochschule Gelsen-kirchen, ein anderer an die Uni Duisburg-Essen.Das kommt einer Zerschlagung gleich.

Die anstehenden Probleme sind vielfältig.Etwa die Hälfte der Beschäftigten wird ausProjektmitteln finanziert. Dieser Personenkreiswurde bisher auf Grundlage des Teilzeit-befristungsgesetzes beschäftigt, hatte aber durchdie gute Projektauftragslage langfristige Per-spektiven. Mit dem Wechsel an eine Hochschulewird diese Aussicht abgeschnitten, weil nach demHochschulrahmengesetz spätestens nach zwölfJahren Schluss ist mit befristeten Verträgen.Wesentliche Teile der IAT-Projektbearbeitungwerden somit unmöglich – und schlimmer noch:Viele langjährige Landesbeschäftigte werdenarbeitslos. Ein Vertreter des Ministeriums meintehierzu sinngemäß: Wo ist das Problem? DieVerträge sind doch befristet und enden zumvereinbarten Termin.

Das Beispiel IAT zeigt: Das Ministerium spartkein Geld und vernichtet zugleich Arbeitsplätze ineiner Stadt, die bereits die zweithöchste Arbeits-losenquote in Westdeutschland hat. Es verhindertdie Durchführung weiterer Projektaufträge undstiehlt sich aus seiner Verantwortung als Arbeit-geber. Bisherige Auftraggeber werden sich anandere wenden. Und wetten: Die CDU/FDP-Landesregierung wird das als Erfolg verkaufenunter dem Motto: Verschlankung und Förderungvon Konkurrenzstrukturen. l

1 Zum IAT: Es wurde Ende der 80er Jahre vor dem Hintergrundneuer Produktionskonzepte (Gruppenarbeit usw.) und zurBegleitung des Strukturwandels als Einrichtung des LandesNRW gegründet. Das IAT hat ca. 90 Beschäftigte, davon ca.40 aus dem Landeshaushalt finanzierte unbefristete Stamm-beschäftigte und ca. 40 aus Projektmitteln finanzierte befriste-te Beschäftigte sowie ca. 10 studentische Hilfskräfte.

Dilettantismusmit System

13

Das gu t e Be i s p i e l

Wer an der Tierärztlichen HochschuleHannover (TiHo) putzt, ist dort auch ange-stellt. Durch eine intelligent gestalteteDienstvereinbarung ist es gelungen, die 86 internen Reinigungskräfte in der Hoch-schule zu halten. Der Schlüssel zum Erfolgliegt in ausgeklügelten Arbeitszeitkonten.

VON MARION PUFAL

Im Jahr 2003 hatte die niedersächsischeLandesregierung ein so genanntes „Hochschul-optimierungskonzept“ (HOK) verordnet: Ein-sparungen allerorten. Auch die Mittel der TiHosollten 2004/2005 um 2,25 Millionen Euroschrumpfen. Vergeblich protestierten Gewerk-schaften und Personalräte, denen klar war, dassdas den Abbau von Stellen bedeuten würde. DieZeit für eine möglichst sozialverträgliche Lösungdrängte – schließlich sollte es schon im Folgejahrweniger Geld geben. Während andere Hoch-schulen die Schließung von Studiengängen er-wägen, war das für die TiHo von Anfang an aus-geschlossen: Schließlich werden hier nur die bei-den Fächer Biologie und Tiermedizin unterrichtet,und die vorhandenen Fachdisziplinen müssenaufgrund der Tierärztlichen Approbationsord-nung vorgehalten werden.

Wie üblich stand die Idee, „nicht-identitätsstif-tende“ Bereiche wie die Reinigung outzusourcen,schnell auf der Tagesordnung. Doch bald wurdeallen Beteiligten klar: Wir können auch anders.Der Vertrag mit einer externen Putzfirma, die fürFußböden zuständig war, hatte eine Kündigungs-frist bis Ende 2003 – konnte also auch vorher auf-gelöst werden. Wie aber sollten die internenReinigungskräfte die zusätzliche Arbeit schaffen?Selbstverständlich durften keine Neueinstellun-

gen in nennenswertem Umfang erfolgen, weilder „Spareffekt“ sonst ja hinfällig gewesen wäre.Und natürlich sollte die Qualität der Reinigungerhalten bleiben und am besten sogar noch ver-bessert werden. Schließlich müssen in den Klinik-und Laborbereichen hohe Hygiene-Standardsherrschen, woran es bei den Externen gelegent-lich gemangelt habe, wie Professoren kritisierten.Erstaunlich ist das nicht: Interne Reinigungskräftekennen die Problembereiche besser, sind gründ-licher und können selbst entscheiden, wasVorrang hat!

Nach Diskussionen mit den Beschäftigten, derReinigungsleitung sowie Präsidium, Personalratund Gewerkschaft wurde eine Dienstverein-barung über ein Jahresarbeitszeitkonto ab-geschlossen. Seither variiert die Häufigkeit derReinigung zwischen Semesterbetrieb undSemesterferien. Schließlich werden die Unter-richtsräume in der vorlesungsfreien Zeit kaumschmutzig.

Jede Reinigungskraft kann nun achtmal soviele Plusstunden auf ihrem Arbeitszeitkontoansammeln wie ihre vereinbarte Monatsarbeits-zeit. In den Semesterferien darf sie dann „Schul-den machen“ und viermal so viele Minusstundenaufbauen wie ihrer individuellen Arbeitszeit proMonat entspricht. Einmal im Jahr muss dasArbeitszeitkonto ausgeglichen sein; dafür könnenauch mehrere freie Tage genommen werden.

Zugleich wurde die Häufigkeit der Reinigungan der TiHo neu festgelegt und den Leitungen der Hochschuleinrichtungen mitgeteilt. Das warwichtig, weil einige Professoren immer nochmeinen, „ihre Putzleute“ könnten Extraarbeitenfür sie verrichten. Doch auf einer Personalver-sammlung stellten die Betroffenen klar, dass ihrewissenschaftlichen KollegInnen sich fortan auf die neuen Regeln einstellen müssen: Zuerst wirdder Plan abgearbeitet. Falls irgendwo eineKollegin wegen Urlaub oder Krankheit fehlt, stehtdas als nächstes auf der Liste. Nur wenn dannnoch Zeit bleibt, kann auch mal eine Sonder-aufgabe erledigt werden.

Dieser Lernprozess der ProfessorInnen ist aller-dings noch nicht abgeschlossen. l

Foto

:Oliv

erSt

ünke

l

Aufgeräumt und gut aufgelegt

n Angebote der europäi-schen Online-Akademie

Am 15. Oktober 2006beginnt das neue akademischeJahr der Europäischen Online-Akademie (EOA). Dahinter ste-hen mehrere wissenschaftlicheInstitutionen, zu denen u.a. dasCentre International deFormation Europeénne gehört.Es hat seine Sitze in Nizza undBerlin.

Auch der Jean-Monnet-Lehrstuhl für Politikwissenschaftder Uni Köln sowie einigeweitere Partner sind beteiligt.Gelernt wird sowohl am heimi-schen Computer wie auch in Vor-Ort-Seminaren, die u.a. inBerlin stattfinden. Das Pro-gramm richtet sich an Akade-mikerInnen, Postgraduierte undAngestellte, die in öffentlichenVerwaltungen, Ministerien oder anderen öffentlichen undprivaten Institutionen arbeitenund fundiertes Wissen zur euro-päischen Integration benötigen.www.eu-online-academy.org

Wo gibt es sie – die guten Beispiele?

Der biwifo-Report will absofort in jeder Ausgabe ein mut-machendes Beispiel veröffent-lichen: Wo hat ein Personal- oder Betriebsrat etwas Gutes er-reicht? Wo hat sich das Kämpfengelohnt? Wo werden unge-wöhnliche Wege ausprobiert,von denen auch andere etwaslernen können?

Es muss ja nicht immergleich um riesige Veränderungengehen. Auch kleine, aber feineErfolge zählen. Worum es unsbei alledem geht, sind Berichteüber möglichst konkrete Erfah-rungen. Wer einen Vorschlag hat, meldet sich bitte bei Holger Menze in der ver.di-Bundesverwaltung:[email protected]

V I E L F Ä LT I G E S L E R N E N

Alle Reinigungskräftebleiben an Bord

Alle Reinigungskräfte

14

Im Frühjahr begann der Wahlmarathon: Diegewerkschaftlichen Mandatsträger an der Basis

wurden bestimmt. Betriebliche und örtliche Mit-gliederversammlungen fanden statt, wo Betriebs-gruppen- und Fachbereichsvorstände oder auchVertrauensleute gewählt wurden.

Nun geht es weiter über die Bezirke (86) undLandesbezirke (11), bis dann am 30. Septemberbis 6. Oktober 2007 der zweite ver.di Bundes-kongress in Leipzig tagt. Der Weg der demokrati-schen Selbstbestimmung ist somit nicht nur weit,sondern soll auch dafür sorgen, dass die Anliegender Basis auf Bundesebene ankommen.

Allerdings haben die aktiven Mitglieder längstbemerkt, dass die klassischen Gewerkschafts-konferenzen nicht unbedingt immer anziehendsind. Organisationswahlen und Antragsverfahren

Se r v i c e

Wahl-Marathon bei ver.di

sind mit viel Bürokratie verbunden. Dennochmüssen sie organisiert werden, wenn am Endekonkrete Ergebnisse stehen sollen.

Es bleibt aber zu überlegen, wie demokrati-sche Prozesse in unserer Organisation attraktivergestaltet werden können, damit die Mitgliedermehr Einfluss auf konkrete Gewerkschaftspolitiknehmen können. Neue Beteiligungsverfahrenmüssen ausprobiert werden, die eine höhereTransparenz und Offenheit am gewerkschaft-lichen Meinungsbildungsprozess ermöglichen.

Wir brauchen demokratische Spielregeln,durch die das notwendige Mitmachen unsererMitglieder nicht gelähmt, sondern ihr Interessegeweckt und ihre Aktivitäten gefördert werden.

Holger Menze

Alle vier Jahre geht es ans Eingemachte.

ver.di macht nicht Politik für die Mitglieder,

sondern die Mitgliederbestimmen, wie und

wer die Politik in ver.dimacht. Das ist

innergewerkschaftlicheDemokratie.

b i w i f o - L a n d e s b e z i r k s f a c h b e r e i c h s k o n f e r e n z e n

Sa. 11.11.2006 Niedersachsen-Bremen Springe, Bildungs-und TagungszentrumSa. 18.11.2006 Hamburg Hamburg, Veranstaltungszentrum Hochbahn AG (Halle 13)Sa. 25.11.2006 Nord Lübeck, Maritim-HotelSa. 02.12.2006 Nordrhein-Westfalen DüsseldorfMi. 06.12.2006 Rheinland/Pfalz KirkelMi. 06.12.2006 Saar KirkelFr. 08.12.2006 Berlin/Brandenburg BerlinSa. 09.12.2006 MDR LeipzigDo. 18.01.2007 Baden-Württemberg StuttgartFr. 19.01.2007 Bayern MünchenSa. 27.01.2007 Hessen Frankfurt

Prekäre Beschäftigungsverhältnisse imWeiterbildungsbereichHandlungsmöglichkeiten für Betriebsräte

Studienstrukturreform an deutschen Hochschulen Stand der Einführung gestufter Studiengänge undEingruppierung von BA/MA-Abschlüssen

„Wie viel Markt verträgt die Aus- und Weiterbildung?“ Neue Anforderungen an die Beschäftigten und ihre Interessenvertretungen

Zielvereinbarungen und Hochschulverträge Neue Steuerungsinstrumente im Hochschulwesen

Aktiv in Betrieb und GesellschaftWie kann ich mich mit meinen Ideen und Vorstellungen zur Arbeitswelt in meinem Betrieb und in der Gesellschaft einbringen?

Zeit: 06.11.–08.11.2006Veranstalter: ver.di b+bOrt: Bitte über den Fachbereich erfragenZielgruppe: Betriebsräte in Einrichtungen der Aus-, Fort- und Weiterbildung

Zeit: 27.11.-29.11.2006Veranstalter: ver.di/HBSOrt: SaalfeldZielgruppe: KollegInnen, die an der Studienreform interessiert sind sowie PR und BR

in Verwaltungen, in öffentl. und priv. Unternehmen und Einrichtungen

Zeit: 22.01.-24.01.2007Veranstalter: ver.di b+bOrt: BerlinZielgruppe: Betriebsräte in Einrichtungen der Aus-, Fort- und Weiterbildung

Zeit: 21.02.-23.02.2007Veranstalter: ver.diOrt: SaalfeldZielgruppe: Personalratsmitglieder

Zeit: 05.03.–09.03.2007Veranstalter: BundesfachbereichOrt: BerlinZielgruppe: Interessierte Mitglieder

SEM INARE

15

Der „Westen“ konnte sich nicht ent-schließen, gleich mit der „richtigen“Gewerkschaft im Osten zu starten.Vielleicht war das gleich zu Beginn einSymbol dafür, dass die Angleichung Ost an West nur in Trippelschritten vonstattengeht. So gründeten wir im Frühsommer1990 relativ spontan und mit großemEnthusiasmus zunächst die ÖTV-DDR.Dahinter stand selbstverständlich die „richtige“ ÖTV – mit Know-how,Personal und Finanzen.

VON KARL-HEINRICH STEINHEIMER

Ich wurde für den Bezirk Magdeburg in denÖTV-DDR-Gesamtvorstand gewählt. Wir im

Osten starteten mit Vorstellungen über eine neueGewerkschaft. Ihre Politik sollte eine konsequeteInteressenvertretung der abhängig Beschäftigtensein. Doch schnell wurde uns von „erfahrenenHasen“ klargemacht, wie der Hase läuft. Dawurde beispielsweise der ÖTV-DDR-Gesamt-vorstand bei einer Klausursitzung – die übrigensgenau am Wochenende des Fußball-WM-Endspiels von 1990 Deutschland vs. Argentinien(1:0) stattfand – mit Rechtsschutzverordnung undeiner Finanzverfassung überhäuft. Im Umbruchäußerst wichtige Dinge, zumal wir nicht einmal„eigene“ Kohle hatten. Dann kamen die deut-sche Einheit, der Vereinigungsgewerkschaftstagder ÖTV 1991 und schließlich 1993 die Liqui-dation der ÖTV-DDR. In der Rückschau frage ichmich, ob damit die „Aufbruchstimmung“ derWendezeit zu Grabe getragen wurde. Insofernkönnte die Liquidation auch ein Symbol sein fürden Entwicklungsprozess „Angleichung Ost anWest“.

An der TU Magdeburg hatten wir zum Bei-spiel mit einem Organisationsgrad von 70%begonnen. Alle Beschäftigtengruppen waren inder ÖTV, übrigens auch die Profs. Sämtliche Mit-glieder des ersten – in Personenwahl gewählten –Personalrats gehörten zur ÖTV. Solche traum-haften Berdingungen sind inzwischen vorbei:Auch in dieser Beziehung hat der Osten in-zwischen das Westniveau erreicht.

Ansonsten hatten wir anfangs wohl noch eini-ges zu lernen: Wir nahmen nämlich den Auftragdes Personalvertretungsgesetzes ernst, das eine„vertrauensvolle Zusammenarbeit von Personalratund Dienststellenleitung“ vorsieht. Gemeinsamversuchten wir solche Dinge wie Einführung des

Liquidation als Meilenstein

BAT-O bzw. MTArb-O mitArbeitsplatzbeschreibungenund auch die Besetzungvon Führungspositionenkonstruktiv zu lösen. DieUmstrukturierung der Hochschule, den verant-wortungsvollen Umgang mit dem Personal bei„Vorgaben von außen“ (mir fällt da die Aus-gliederung der Gehaltsabrechnung ein) oder denAufbau des Studentenwerks gingen wir ebenfallsgemeinsam an. Wir wollten im Interesse derbetroffenen Menschen und der Hochschule allesmöglichst gut und korrekt machen. Ein paar Jahrespäter standen dann auch im Osten viel wichtige-re inhaltliche Probleme auf der Agenda wie zumBeispiel: Wo kommt der Fahrradständer hin?

Hatten wir in der Anfangszeit noch Rosinen im Kopf? Der erste ÖTV-Landesbezirksvorstandnahm doch tatsächlich für sich in Anspruch, in derGesamtorganisation mitmischen zu wollen – unddas, obwohl keines seiner Mitglieder die üblichegewerkschaftliche Tippel-Tappel-Tour hinter sichhatte. Der gesunde Menschenverstand sollte aus-reichen?

Deutlich zu sehen: Damit die Ossis auf das„hohe“ Westniveau gehievt werden können,bedarf es vor allem der Änderung ihrer „Denke“und Verhaltensweisen. Vorher wird nichts. DiesesNiveau haben sie offenbar bis heute nicht er-reicht. Zwar beherrschen sie inzwischen Gewerk-schaftsdeutsch und rituelle Handlungen. Doch bei den Personen selbst besteht offenbar weiterNachholentwicklungsbedarf. Vielleicht schafft esja doch noch mal eine in den Bundesvorstand.Also: Es gibt noch viel zu tun – fangt schon mal an. l

B l i c k na ch i nnen und von außen

Bilder aus alten Zeiten

April 1993

Oktober 1991

1991Gewerkschaft ÖTVBezirksvorstand Sachsen-AnhaltKonstituierende Sitzungam 22. Oktober 1991

1993Liquidation ÖTV-DDR-Gesamtvorstand im April 1993(mit der stellv. ÖTV-Vorsitzenden Jutta Schmidt)

Foto

s:ve

r.diA

rchi

v

BE

ITR

ITT

SE

RK

RU

NG

Coupon bitte abtrennen und im Briefumschlag schicken an: Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft . Fachbereich 5 . Bildung, Wissenschaft und Forschung . Paula-Thiede-Ufer 10 . 10179 Berlin