TECHNISCHER BERICHT 12 - nagra.chdefault/Default... · fallswärmeleistung und der Geometrie des...

125
TECHNISCHER BERICHT 12 ANHYDRIT ALS WIRTGESTEIN FÜR DIE ENDLAGERUNG RADIOAKTIVER ABFÄLLE IN DER SCHWEIZ J. GASSMANN, M. GYSEL, J.F. SCHNEIDER JANUAR 1979

Transcript of TECHNISCHER BERICHT 12 - nagra.chdefault/Default... · fallswärmeleistung und der Geometrie des...

TECHNISCHER BERICHT 12

ANHYDRIT ALS WIRTGESTEIN FÜR DIE ENDLAGERUNG RADIOAKTIVER ABFÄLLE IN DER SCHWEIZ

J. GASSMANN, M. GYSEL, J.F. SCHNEIDER

JANUAR 1979

TECHNISCHER BERICHT 12

ANHYDRIT ALS WIRTGESTEIN FÜR DIE ENDLAGERUNG RADIOAKTIVER ABFÄLLE IN DER SCHWEIZ

J. GASSMANN, M. GYSEL, J.F. SCHNEIDER

JANUAR 1979

NAGRA NTB 12 - 2 -

ZUSAMMENFASSUNG UND SCHLUSSFOLGERUNGEN

Die im vorliegenden Bericht enthaltene Beschreibung und Beur­teilung der petrographischen Eigenschaften des Anhydrits als eines möglichen Wirtgesteins für die Endlagerung radioaktiver Abfälle in der Schweiz können folgendermassen zusammengefasst werden:

Mineral und Gestein Anhydrit (Kapitel 2 und 3):

Das Mineral CaS04 existiert in drei Erscheinungsformen als Anhydrit I, 11 und 111. Während Anhydrit 111 nur über 1 180 °c stabil ist und Anhydrit I eine sehr stark lösliche Form dar­stellt, ist Anhydrit 11 die in der Natur normalerweise anzu­treffende Bildung. Anhydrit kann sich durch Hydratation mit 61-%iger Volumenzunahme in Gips umwandeln. Bei Süsswasserbedingun­gen und Normaldruck stellt Gips bis 58 °c die stabile Phase dar; Anhydrit wird bei Wasserzugabe in Gips umgewandelt. Ober­halb von 58 °c ist Anhydrit stabil; es erfolgt keine Umwand­lung mehr in Gips. Erhöhter Druck und zunehmende Salinität ver­schieben die Grenze der beiden Stabilitätsgebiete.

Die Bildung des Gesteins Anhydrit kann auf zwei Arten erfolgen: Primärer Anhydrit wird entweder unter hypersalinären Bedingungen bei Normaldruck und über 25 °c am Rande von Flachmeeren ausge­schieden oder bei erhöhten Temperaturen eventuell auch direkt aus normalem Meerwasser. Die diagenetische Bildung von Anhydrit aus Gips erfolgt bei erhöhten Temperaturen und Drücken (Ueber­lagerungsdruck), wobei mit zunehmender Salinität kleinere Ueber­lagerungsdrücke notwendig sind. An der Oberfläche erfolgt in Anwesenheit von nichtsalinem Grundwasser meistens eine Rückum­wandlung des Anhydrits in Gips (20 m - 50 m dicke Gipskrusten).

Durch tektonische Beanspruchungen kann es zur Bildung von Anhydrit- oder Gipsbrekzien kommen. Wenn im Sulfatgestein auch Tonmineralien enthalten sind, können auch Gleit- und Absche­rungshorizonte, Fliessstrukturen und Verschieferungen beobachtet werden. Bei tektonischer Beanspruchung nimmt die Korngrösse des Anhydrits im allgemeinen zu; es werden Anhydritmarmore gebildet (Val Canaria).

NAGRA NTB 12 - 3 -

Die Lagerkavernen für mittelaktiven Abfall in ca. 600 m Tiefe befinden sich meistens im instabilen Gebiet des Anhydrits, so dass eine Umwandlung in Gips (Selbstheilung) möglich ist, was als Vorteil zu werten ist. Die Endlager für hochaktive Abfälle können in mittlerer Tiefe « ca. 1 000 m) im instabilen Gebiet des Anhydrits mit Selbstheilung und in grösserer Tiefe im stabilen, auch bei vorhandener Salinität nicht umwandelbaren Anhydrit liegen.

Die Dichte des Minerals Anhydrit beträgt 2,985 kg/dm3. Dank der sehr geringen Porosität von ca. 0,05 - 0,8 % weist das Anhydrit­gestein eine Rohdichte von 2,89 - 2,93 kg/dm3 auf. Sie ist höher als diejenige der meisten übrigen Gesteine. Im Hinblick auf die Strahlenabschirmung kann dies von Bedeutung sein.

Mechanische Eigenschaften (Kapitel 4):

Massiger Anhydrit

Hit einer Druckfestigkeit von 50 - 150 N/mm2, einem Winkel der inneren Reibung von 31 - 39°, einer Kohäsion von 10 - 40 N/mm2 und einem Verformungsmodul von 10 000 - 40 000 N/mm2 stellt massiger Anhydrit ein sehr gutes Stollengebirge dar (Ausbruch­klassen I bis 11). Er kann etwa mit massigem Kalk oder Sandstein verglichen werden. Er eignet sich sehr gut für Lagerkavernen für schwach- und mittelaktive Abfälle: Sowohl Sprengen wie mechani­scher Abbau (Vortriebsmaschinen) sind gut möglich. Gute Stand­festigkeit (self-supporting) kann bis auf mindestens 600 m Tiefe erwartet werden. Die sehr unbedeutende Erwärmung und Bestrahlung aus schwach- und mittelaktiven Abfällen beeinträchtigt die mechanischen Eigenschaften von massigem Anhydrit nicht.

Für die Ausführung von Schächten, Stollen oder Tiefbohrungen für hochaktive Abfälle eignet sich massiger Anhydrit besser als Steinsalz oder Ton. Ausserdem ist die Bohrbarkeit bzw. Abbaubar­keit von Anhydrit wesentlich besser als für Granit. Aus Erwär­mung und Bestrahlung sind Festigkeitseinbussen zu erwarten, die aber erst in einem Zeitpunkt eintreten, wenn die Standfestigkeit keine Rolle mehr spielt (nach Versiegelung).

Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel

Eine Druckfestigkeit von 10 - 30 N/mm2, ein Winkel der inneren Reibung von 35 - 50 0 , eine Kohäsion von 1,5 - 20 N/mm2 und ein Verformungsmodul von 3 000 - 20 000 N/mm2 weisen darauf hin, dass Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel ein mittelgutes Stollengebirge (Ausbruchklassen 11 - 111) darstellt und in vielen Fällen mit Mergeln verglichen werden kann. Ungünstig für den Kavernenbau müssen die Quellfähigkeit und verwitterungs­anfälligkeit beurteilt werden. Für schwachaktiven Abfall wird Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel daher nicht empfohlen, weiloberflächennah andere, besser geeignete Gesteine zur Ver­fügung stehen.

NAGRA NTB 12 - 4 -

Hingegen erscheinen die mechanischen Eigenschaften als tragbar für Kavernen für mittelaktive Abfälle, bei welchen der "wechsel­gelagerte Anhydrit" wegen seiner relativ guten Wasserdichtheit (siehe auch Wasserdichtheit und Quellen) in der weiteren Eva­luation belassen werden sollte. Aus ähnlichen Gründen sollte der wechselgelagerte Anhydrit auch für Endlager von hochaktiven Ab­fällen weiter untersucht werden. Seine mechanischen Eigen­schaften sind für Bohrungen eher besser geeignet als diejenigen von Steinsalz und Ton; ausserdem ist das Bohren im Anhydrit und in den ihn begleitenden Gesteinen nicht so kostspielig wie im Granit. Für den wechselgelagerten Anhydrit gelten die gleichen Bemerkungen bezüglich Erwärmung und Bestrahlung wie für den massigen Anhydrit.

Veränderungen bei Temperaturerhöhung (KapitelS):

Wärmedehnung

Die Wärmedehnung von Anhydrit ist mit ca. 20 x lO-6/oe grösser als diejenige der meisten anderen Gesteine. Temperatur­erhöhungen können deshalb im Anhydrit relativ grosse Eigenspan­nungen erzeugen. In unmittelbarer Nachbarschaft von Wärmequellen kann es dann zu Rissbildungen kommen, wodurch die Durchlässig­keit des Gesteins zunehmen kann.

Gewichtsveränderungen und thermischer Zerfall

Gewichtsverluste des Anhydritgesteins infolge Erwärmung spielen erst ab 500 bis 600 oe eine grössere Rolle. Zum thermischen Zerfall von Anhydrit kommt es bei 1 450 oe. Bei geeigneter Einlagerung der hochaktiven Abfälle bleiben die Felstemperaturen - teils dank der guten Wärmeleitfähigkeit des Anhydrits - stets erheblich unter 500 oe, so dass weder mit wesentlichen ther­mischen Gewichtsverlusten noch mit thermischer Zersetzung des Anhydrits gerechnet werden muss.

Wärmeleitfähigkeit (Kapitel 6):

Die Höhe des Temperaturanstieges im Wirtgestein infolge der Nachzerfallswärme der radioaktiven Abfälle hängt im stationären Fall hauptsächlich von der Wärmeleistung der eingelagerten Ab­fälle, von der Wärmeleitfähigkeit der Behälter- und Auskleide­materialien sowie des Wirtgesteins und von der Geometrie des Endlagers ab. Die Wärmeleitfähigkeit - speziell des Wirtgesteins - beeinflusst den Wärmestrom im stationären Fall linear. Sie ist deshalb für die Abführung der Nachzerfallswärme ausserordentlich wichtig. Die hohe und damit günstige Wärmeleitfähigkeit von An­hydrit (A = 5,4 W/m °K) wird ausser vom Salz von keinem andern Wirtgestein übertroffen. Bei der Umwandlung von Anhydrit in Gips sinkt die Wärmeleitfähigkeit auf ca. 1,3 W/m °K ab (zum Ver­gleich: A = 1,3 W/m °K für Ton, A = 2,0 W/m °K für Kristal-l in) •

NAGRA NTB 12 - 5 -

Aufgrund der bekannten Wärmeleitfähigkeit von Anhydrit, der Zer­fallswärmeleistung und der Geometrie des Endlagers können die maximalen Temperaturanstiege im Wirtgestein in Funktion der Ab­klingzeit ermittelt werden. Während für mittelaktive Abfälle eine Erwärmung von maximal einigen oe eintritt, muss bei den hochaktiven Abfällen je nach Lager- und·Abfallkonfiguration eine stärkere Erwärmung erwartet werden. Diese Erwärmung muss selbstverständlich zu jener Gesteinstemperatur hinzugezählt werden, die entsprechend dem geothermischen Tiefengradient am Ort des Abfallagers herrscht.

Quellverhalten (Kapitel 7):

Massiger Anhydrit

Massiger Anhydrit quillt dank der geringen Zutrittsmöglichkeit von Wasser nur schwach. Die Grössenordnung des Quellens von massigem Anhydrit liegt etwa im Bereich von schwach quellenden Mergeln. Für den Bau von Lagerkavernen für schwach- und mittel­aktive Abfälle und ebenso von Schächten, Stollen und Tiefbohrun­gen für hochaktiven Abfall ergeben sich daraus keine Probleme. Ein vergleich mit Tongesteinen zeigt, dass diese ganz erheblich stärker quellen (Opalinuston!). Bei Kalken und Sandsteinen - so­lange diese keinen Mergel enthalten -, Steinsalz und Granit fällt das Quellproblem hingegen weg.

Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel

Der fallweise sehr stark quellende Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel wird - wie bereits erwähnt - für die Einlagerung schwachaktiver Abfälle nicht empfohlen, da oberflächennah andere, besser geeignete, nicht quellende Gesteine zur Verfügung stehen. Hingegen muss wie bei den Tongesteinen das starke Quellen von Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel für die Endlager von mittelaktivem Abfall in Kauf genommen werden, da diese Gesteine wegen ihrer meist kleinen Wasserdurchlässigkeit als gut geeignet erscheinen. Die in felsmechanischer Hinsicht unerwünschte Quellung des Anhydrits spielt nach der Versiegelung der Kavernen oder Bohrungen keine Rolle mehr. ~ie kann mitunter sogar das Isolationsvermögen des Anhydrits durch Schliessen von Wasser­wegen verbessern sowie die Festigkeit des Gesteinsverbandes er­höhen (siehe auch Kapitel 9, Wasserdichtheit).

NAGRA NTB 12 - 6 -

Löslichkeit (Kapitel 8):

Die Gesteine können bezüglich ihrer Löslichkeit in drei Kategorien eingeteilt werden: Unlöslich sind beispielsweise Granite, Tongesteine, gewisse Sandsteine; schwachlöslich sind Kalke (ca. 1,6 g/l bei 20 °C) und Anhydrite (3,0 g/l bei 20 °C); stark löslich ist Steinsalz (360 g/l bei 20 °C). Im Gesamtrahmen aller Gesteine kann also die Löslichkeit der Anhydrite recht gut mit jener der Kalke verglichen werden. Bei Normaldruck ist Anhydrit bis zu einer Temperatur von 58 °c stärker löslich als Gips. Oberhalb 58 °c ist Gips besser lös­lich. Daraus folgt, dass sich bei Normaldruck und Süsswasserver~ hältnissen die Umwandlung von Anhydrit in Gips wie bereits er­wähnt nur bis zu einer Temperatur von 58 °c abspielt.

Bei Lagerkavernen für schwachaktive Abfälle ist die Löslichkeit des Anhydrits weitgehend irrelevant, da in diesem Falle künst­liche Barrieren für die Isolation der Abfälle sorgen sollen. Bei den Lagerkavernen für die mittelaktiven Abfälle bietet die Lös­lichkeit des Anhydrits etwas schlechtere Bedingungen, als im Kalk, Ton, Granit oder Sandstein erreicht werden. Für die End­lager von hochaktiven Abfällen nimmt Anhydrit unter allen vorge­sehenen Wirtgesteinen eine MittelsteIlung zwischen den unlös­lichen Graniten und Tongesteinen und dem viel löslicheren Stein­salz ein.

Wasserdichtheit (Kapitel 9):

Massiger Anhydrit

Anhydritformationen behalten ihre massige, rissefreie Ausbildung oft deshalb über geologische Zeiträume hinweg, weil sich der Anhydrit unter bestimmten Voraussetzungen bei Wasserzutritt in Gips umwandelt und sein Volumen dabei theoretisch um 61 % erhöht (Nachbildung im Labor möglich). Dies bewirkt, das Risse, Spal­ten, Klüfte usw. geschlossen werden, wodurch die Anhydritforma­tion auch nach der tektonischen Beanspruchung wieder wasserdicht wird. Dies konnte zum Beispiel für das Anhydritvorkommen Val Canaria im Stollen, mit Wasserabpressversuchen in Bohrungen und an Proben im Labor nachgewiesen werden. Deshalb wird die oft fast vollkommene Wasserdichtheit von massigem Anhydrit ähnlich günstig beurteilt wie jene von Steinsalz. In dieser Beziehung bietet massiger Anhydrit sehr gute Voraussetzungen für alle Lagertypen für schwach-, mittel- und hochaktive Abfälle.

Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel

Auch Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel ist - zum Beispiel verglichen mit Kalk - meist sehr undurchlässig.

NAGRA NTB 12 - 7 -

Sorptionseigenschaften (Kapitel 10):

Werden Radionuklide in wässriger Lösung durch Poren und Risse von Gesteinen transportiert, so kann die Ausbreitungsgeschwin­digkeit der Radionuklide gegenüber der Wassergeschwindigkeit durch Rückhalteeigenschaften der Gesteine wesentlich verringert werden. Die Sorptionsvorgänge in Gesteinen hängen von einer ganzen Anzahl von Einflussfaktoren ab: Korngrösse, Gehalt an Salzen und Verunreinigungen im Gestein, Aktivitätskonzentration, pR-Wert und Fremdionenkonzentration der Lösung und ferner das Verhältnis Wasservolumen zu Festkörpervolumen. Irreversible Prozesse, Temperatur und Druck spielen ebenfalls eine Rolle. Die Ausbreitungsverzögerung der Radionuklide gegenüber der Wasserge­schwindigkeit wird durch den Verteilungskoeffizienten Kd charakterisiert.

In Laborversuchen wurden für Gips und Anhydrit schweizerischer Provenienz für verschiedene Nuklide die Kd-Werte bestimmt. Sie zeigen, dass das Sorptionsverhalten von GlpS und Anhydrit etwa mit jenem von Granit, Kalk und Dolomit verglichen werden kann. Einige einzelne Untersuchungsergebnisse über das Sorptions­verhalten folgen:

- Im Gips/Anhydrit-Milieu werden saure und basische Lösungen auf den pH-Wert 7 gepuffert, wodurch zum Beispiel Cer und Ruthen ausgefällt werden.

- NaCl und niedrige pH-Werte verschlechtern das Sorptionsver­mögen der Sulfatgesteine.

- Cäsium wird in Anhydrit/Gips nur dank Mergel- und Tonverun­reinigungen zurückgehalten.

- Strontium wird scheinbar von reinem Anhydrit/Gips schlecht oder gar nicht absorbiert.

Verhalten bei Bestrahlung (Kapitel 11):

Schwach- und mittelaktive Abfälle

Ausgehend von der Nuklidzusammensetzung von verfestigten Harz­abfällen, ist in den am stärksten exponierten Gesteinszonen bis zum vo~lständigen Zerfall aller Nuklide eine maximale Dosis von 6 x 10 rad zu erwarten (y-Strahlung). Aufgrund dieser Dosis ist bei Anhydrit gemäss Laborversuchen weder mit einer gefähr­denden Gasentwicklung noch mit einer Beeinträchtigung der Gesteinsfestigkeit zu rechnen.

NAGRA NTB 12 - 8 -

Hochaktive Abfälle

Die Strahlenbelastung des Gesteins durch hochaktive Abfälle ist im Vergleich zu schwach- und mittelaktiven Abfällen um Zehner­potenzen grösser. Für die ~~liegende Gesteinszone resultiert eine Dosis von rund 2 x 10 rad. Daraus können beträchtliche Gasentwicklungen resultieren, welche die Bildung eines Knallgas­gemisches ermöglichen. Durch die Bildung chemisch aggressiver Gase kann ausserdem die Korrosion am Abfallbehälter-Material erhöht werden. Ueber Festigkeitseinbussen von Anhydritgesteinen unter Strahlenbelastungen aus hochaktivem Abfall liegen noch keine Versuche vor.

Korrosion (Kapitel 12):

Aeltere Versuche im Gipsbergwerk Felsenau bestätigen, dass ein Gips/Anhydrit-Milieu - wobei meist auch Steinsalz anwesend ist - die Korrosion an Beton und Metallen erhöht. Während Sulfate betonaggressiv wirken, verursacht NaCl eine erhöhte Eisenkorro­sion. 1977 hat die NAGRA in der Felsenau ein neues Versuchspro­gramm eingeleitet, um die korrosive Wirkung des Gips/Anhydrit­Milieus auf verschiedene Behälter- und Auskleidematerialien zu untersuchen. Die erste Rückholung von Proben nach einjähriger Versuchszeit ist bereits erfolgt, und die Auswertungen sind im Gange. Für hochaktive Abfälle müssen, wie bereits erwähnt, auch die korrosive Wirkung von radiolytisch gebildeten Gasen (Wasser­stoff, Chlor, Sauerstoff) und zudem die erhöhte Temperatur berücksichtigt werden.

NAGRA NTB 12 - 9 -

Zusammenfassende Beurteilung von massigem Anhydrit als Wirtgestein

In der Tabelle 1 sind die Ergebnisse des vorliegenden Berichtes zu einer konzentrierten Beurteilung der petrographischen Eigen­schaften des Anhydrits zusammengefasst im Hinblick auf seine Verwendung als Wirtgestein für die Endlagerung radioaktiver Ab­fälle. Beurteilt wird der massige, reine Anhydrit ohne Bezug­nahme auf geologische Verhältnisse eines spezifischen Stand­ortes:

Eigenschaft Kurzcharakterisierung Beurteilung Endl agertyp B End 1 agertyp e

1. Felsmechanische Eigen- standfest, gutes Stollenge- günstig günstig schaften birge, bei nasserzutritt nur

schwach quellend

2. t'lasserdichtheit hoch, Selbstheilung von Ris- günstig günstig sen bis in rund 1 000 m Tiefe möglich

3. Sorptionseigenschaften gut günstig günstig

4. ijärmeleitfähigkeit sehr hoch ohne Bedeutung günsti g

5. Lös 1 i chkeit schwach günstig günstig

6. Korrosionswirkung auf stark, temperaturabhängig ungünstig ungünstig Lagergut

7. ~ärmed(3hnung gross, nur bei hohen Tempe- ohne Bedeutung ungünstig raturen von Bedeutung I

8. Gewichtsverminderung erst ab 500 - 600 oe von ohne Bedeutung ohne Bedeutung bei Temperaturerhöhung Bedeut~ng

9. Thermischer Zerfall bei 1 450 oe ohne Bedeutung ohne Bedeutung

10. Verhalten bei Bestrahlung wesentliche Festigkeitsver- ohne Bedeutung günstig minderung erst bei Dosiswer-ten~3,3·108 rad möglich

Tabelle 1: Zusammenfassende Beurteilung von massigem Anhydrit als Wirtgestein

NAGRA NTB 12 - 10 -

Von den insgesamt 20 Wertungen lauten 17 Beurteilungsnoten auf "günstig" oder "ohne Bedeutung". 3 Beurteilungsnoten lauten auf "ungünstig". Es ist beizufügen, dass die "ungünstigen" Aspekte (Korrosionswirkung auf Lagergut und Wärmedehnung) die Eignung des Anhydrits nicht grundsätzlich in Frage stellen. Insgesamt ist Anhydrit aufgrund seiner petrographischen Eigenschaften als Wirtgestein für die Endlagerung von schwach-, mittel- und hoch­aktiven Abfällen durchaus geeignet. Im laufenden Untersuchungs­programm der NAGRA auf den Gebieten der Sorptionseigenschaften, des Verhaltens bei Bestrahlung, der Korrosionswirkung sowie des felsmechanischen Verhaltens wird neben den potentiellen Wirt­gesteinen Kristallin, Ton und Mergel auch der Anhydrit zur Ver­tiefung der Kenntnisse weiter untersucht. Die endgültige Eig­nungsprüfung des Anhydrits ist jedoch durch direkte Unter­suchungen an möglichen Lager-Standorten vorzunehmen.

NAGRA NTB 12 - 11 -

1 .

2 •

2.1 2.2

3.

3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.1.4 3.1.5

INHALTSVERZEICHNIS

ZUSAMMENFASSUNG' UND SCHLUSSFOLGERUNGEN

INHALTSVERZEICHNIS

VERZEICHNIS DER FIGUREN UND TABELLEN IM TEXT

VERZEICHNIS DER BEILAGEN

VERZEICHNIS DER VERWENDETEN ABKUERZUNGEN

VERZEICHNIS DER VERWENDETEN EINHEITEN

EINLEITUNG

DAS MINERAL ANHYDRIT

Allgemeines Thermodynamische Bedingungen für die Bildung und Stabilität von Anhydrit

DAS GESTEIN ANHYDRIT

Bildung und Umwandlung des Anhydritgesteins Primärer Anhydrit Die diagenetische Umwandlung Mineralbestand des Anhydritgesteins Tektonische Beanspruchung und Metamorphose Beurteilung der thermodynamischen Eigenschaften

Seite 2 - 10

11 - 16

17 - 18

- 19 -

- 20 -

- 20 -

- 21 -

- 26 -

- 26 -

- 28 -

- 29 -

- 29 -- 29 -- 30 -- 30 -- 32 -

des Anhydritgesteins - 32 -

3.2 Raumgewicht und Porosität - 32 -

NAGRA NTB 12 - 12 -

4.

4.1 4.1.1 4.1.1.1

4.1.1.2 4.1.1.3

4.1.2 4.1.2.1

4.1.2.2 4.1.2.3

4.1.3 4.1.3.1

4.1.3.2 4.1.3.3

4.1.4

4.1.4.1 4.1.4.2

5 •

5.1 5.1.1

5.1.2

5.2

5.3

INHALTSVERZEICHNIS

DIE MECHANISCHEN EIGENSCHAFTEN DES ANHYDRITS

Festigkeitsverhalten Einaxiale Druckfestigkeit Angaben aus der Fachliteratur sowie aus ver­öffentlichten und unveröffentlichten untersuchungen Dritter untersuchungen der NAGRA Diskussion

Scherfestigkeit Angaben aus der Fachliteratur sowie aus ver­öffentlichten und unveröffentlichten Unter­suchungen Dritter untersuchungen der NAGRA Diskussion

Verformungsverhalten Angaben aus der Fachliteratur sowie aus ver­öffentlichten und unveröffentlichten Unter­suchungen Dritter untersuchungen der NAGRA Diskussion

Beurteilung der mechanischen Gesteins­eigenschaften des Anhydrits bezüglich der Anforderungen an die Lagertypen Massiger Anhydrit Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel

VERAENDERUNGEN BEI TEMPERATURERHOEHUNG

Wärmedehnung Angaben aus der Fachliteratur

untersuchungen der NAGRA

Gewichtsveränderung und thermischer Zerfall

Folgerungen für die Endlagerung

Seite - 34 -

- 34 -- 34 -

- 34 -- 36 -- 36 -

- 38 -

- 38 -- 40 -- 44 -

- 45 -

- 45 -- 47 -- 48 -

- 49 -- 50 -- 51 -

- 53 -

- 53 -- 53 -

- 55 -

- 56 -

- 56 -

NAGRA NTB 12 - 13 -

6.

6.1

6.2

6.3

6.3.1 6.3.2

6.4

6.4.1 6.4.2

7.

7.1

7.2 7.2.1 7.2.2 7.2.3

7.2.4

7.3

7.3.1 7.3.2

INHALTSVERZEICHNIS

WAERMELEITFAEHIGKEIT DES ANHYDRITS

Grundlagen

Vergleich mit anderen Materialien

Eignung als Wirtgestein für die Endlagerung schwach- und mittelaktiver Abfälle Annahmen Folgerungen

Eignung als Wirtgestein für die Endlagerung von verfestigten hochaktiven Abfällen Annahmen über Abfälle und Endlagerkonzept Folgerungen

DAS QUELLVERHALTEN VON ANHYDRIT

Angaben aus der Fachliteratur sowie aus ver­öffentlichten und unveröffentlichten Unter­suchungen Dritter

Quelluntersuchungen der NAGRA Quellversuche im Wasser Quellversuche in Kalilauge und Natronlauge Quellversuche in Portlandzementbrei und in Kaliumsulfat Quellversuche in NaCI-Lösungen und in Schwefelsäure

Beurteilung des Quellverhaltens des Anhydrits bezüglich der Anforderungen an die Lagertypen Massiger Anhydrit Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel

Seite - 57 -

- 57 -

- 57 -

- 58 -- 59 -- 59 -

- 59 -- 60 -- 61 -

- 63 -

- 63 -

- 65 -- 66 -- 67 -

- 67 -

- 67 -

- 68 -- 68 -- 68 -

NAGRA NTB 12 - 14 -

8.

8.1 8.1.1 8.1.2

.8.1.3

8.2 8.2.1 8.2.2 8.2.'3

8.3

9 •

9.1

9.2 9.2.1 9.2.2 9.2.3 9.2.4

9.3

9.3.1 9.3.2

10.

10.1

INHALTSVERZEICHNIS

DIE LOESLICHKEIT DES ANHYDRITS

Angaben aus der Fachliteratur Einfluss von Temperatur und Druck Einfluss der Zusammensetzung des Wassers Einfluss von Korngr5sse bzw. Feinheit der Verteilung des Anhydrits

Untersuchungen der NAGRA Löslichkeitsversuche an der EMPA Versuche des EIR zur L5sungsgeschwindigkeit Versuche des EIR über die puffereigenschaften von Anhydrit und Gips

Beurteilung der Löslichkeit des Anhydrits be­züglich der Anforderungen an die Lagertypen

DIE WASSERDICHTHEIT DES ANHYDRITS

Angaben aus der Fachliteratur

Untersuchungen der NAGRA Erfahrungen im Stollenbau Abpressversuche in Kernbohrungen Durchlässigkeitsversuche im Labor Selbstheilungsversuche an Schlitzen in Anhydritproben

Seite - 70 -

- 70 -- 70 -- 71 -

- 72 -

- 72 -- 72 -- 73 -

- 73 -

- 74 -

- 76 -

- 76 -

- 78 -- 78 -- 78 -- 79 -

- 81 -

Beurteilung der Wasserdichtheit des Anhydrits bezüglich der Anforderungen an die Lagertypen - 81 -Massiger Anhydrit - 81 -Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel - 81 -

SORPTIONSEIGENSCHAFTEN DES ANHYDRITS - 83 -

Grundlagen - 83 -

NAGRA NTB 12 - 15 -

10.2 10.2.1 10.2.2 10.2.3 10.2.4 10.2.5

10.3

11.

11.1

11.2

11.3 11.3.1 11.3.2 11.3.3

11.4

11.4.1 11.4.2

12.

12.1 12.1.1 12.1.2

12.2 12.2.1 12.2.2

INHALTSVERZEICHNIS.

Untersuchungen an ausgewählten Proben Untersuchte Nuklide Untersuchte Gesteinsproben Versuchsmethoden Diskussion von Einflussfaktoren Messungen an verschiedenen Proben

Eignung als Wirtgestein für die Endlagerung radioaktiver Abfälle

Seite - 85 -- 85 -- 85 -- 86 -- 86 -- 89 -

- 92 -

VERHALTEN BEI BESTRAHLUNG - 94 -

Grundlagen - 94 -

Strahlungseinfluss auf verschiedene Gesteine - 95 -

Untersuchungen an ausgewählten Anhydritproben - 96 -Kondensate - 96 -Gasförmige Komponenten - 96 -Einfluss energiereicher Strahlung auf die Festigkeit von Anhydrit - 97 -

Eignung für die Endlagerung radioaktiver Abfälle Schwach- und mittelaktive Abfälle Hochaktive Abfälle

KORROSION

Allgemeine Bemerkungen zur Korrosion Korrosion von Beton /6/ Korrosion von Metallen und Legierungen

Untersuchungen Frühere Untersuchungen Neues untersuchungsprogramm

- 98 -- 98 -- 98 -

- 100 -

- 100 -- 100 -- 101 -

- 102 -- 102 -- 102 -

NAGRA NTB 12 - 16 -

12.3

INHALTSVERZEICHNIS

Einflüsse bei der Lagerung radioaktiver Abfälle

LITERATURVERZEICHNIS

Seite

- 103 -

- 105 -

NAGRA NTB 12 - 17 -

VERZEICHNIS DER FIGUREN UND TABELLEN IM TEXT

Tabelle 1:

Tabelle 2:

Tabelle 3:

Tabelle 4:

Tabelle 5:

Tabelle 6:

Tabelle 7:

Tabelle 8:

Tabelle 9:

Tabelle 10:

Tabelle 11:

Tabelle 12:

Tabelle 13:

Tabelle 14:

Zusammenfa?sende Beurteilung von massigem Anhydrit als Wirtgestein

Die CaS04-Phasen im System CaS04-H2 0 und ihre wicntigsten Eigenschaften naCh /38/

Mineralogische Zusammensetzung der für felsmecha­nische Experimente verwendeten Anhydritgesteine aus /70/

Dichte, Rohdichte und Porosität von Anhydritproben nach /18/

Druckfestigkeit (bei Raumtemperatur) von Sulfat­gesteinen aus dem Schweizer Jura und dem süd­deutschen Raum

Langzeitfestigkeit von oberflächennahem Gipskeuper­gestein nach /10/

Würfeldruckfestigkeit (bei Raumtemperatur) des massigen Anhydrits aus Schweizer Vorkommen nach untersuchungen der NAGRA

vergleich der Druckfestigkeit (bei Raumtemperatur) von Anhyd~it und anderen Wirtgesteinen

Scherfestigkeit (bei Raumtemperatur) von Sulfat­gesteinen (Gipskeuper) aus dem Schweizer Jura und dem süddeutschen Raum

Scherfestigkeit (bei Raumtemperatur) des massigen Anhydrits aus Schweizer Vorkommen nach Unter­suchungen der NAGRA

Scherfestigkeit (bei 400 °C) des massigen Anhydrits aus Schweizer Vorkommen nach Unter­suchungen der NAGRA

Vergleich der Scherfestigkeit (bei Raumtemperatur) von Anhydrit und anderen Wirtgesteinen

Verformungseigenschaften (bei Raumtemperatur) von Sulfatgesteinen aus dem Schweizer Jura und dem süd­deutschen Raum

Elastizitätsmodul (bei Raumtemperatur) des massigen Anhydrits aus Schweizer Vorkommen nach Untersuchun­gen der NAGRA

NAGRA NTB 12 - 18 -

VERZEICHNIS DER FIGUREN UND TABELLEN IM TEXT

Tabelle 15: Vergleich des Verformungsverhaltens (bei Raum­temperatur) von Anhydrit und anderen Wirtgesteinen

Tabelle 16: Richtwerte für die Wärmedehnzahlen der Gesteine nach /17/

Tabelle 17: Wärmedehnzahlen von Beton und einigen Metallen

Tabelle 18: Wärmeleitfähigkeiten verschiedener Wirtgesteine

Tabelle 19: Wärmeleistung und Temperaturdifferenz im Behälter für hochaktiven Abfall (Anteil des Abfalls ca. 20 Gew.-%, Agl as = 1,4 W/m • K)

Tabelle 20: Quellverhalten einiger Ton- und Sulfatgesteine

Tabelle 21: Anhydrit- und Gipslöslichkeit. Abhängigkeit des Gleichgewichtspunktes und der Löslichkeit vom herrschenden Druck, nach Blount und Dickson /8/

Tabelle 22: Löslichkeit von Anhydrit in Wasser und Sole bei 20 - 23 °c und Normaldruck nach /21/

Tabelle 23: Ergebnisse der Abpressversuche in der Horizontal­bohrung Val Canaria (1975) nach /46/

Tabelle 24: Prüfung auf Wasserdurchlässigkeit. Prüfkörper: Zylinder von 16,5 cm 0 und 15 cm Länge aus der Horizontalbohrung von Val Canaria: 23, 26 und 29 m nach /20/

Tabelle 25: Zusammenstellung der Kd-Werte in ml/g für Anhydrit- und Gipsproben nach /55/

Tabelle 26: Zusammenstellung der Kd-Werte für Anhydrit- und Gipsproben nach /11/

Tabelle 27: Kd-Werte für verschiedene Gesteinstypen

Tabelle 28: Bildungsrat~n von Gasen (cm3 Gas/m2 Probenober­fläche x 10 rad bei Normaltemperatur und -druck) nach /3/

Tabelle 29: Bildungsrate von Gasen im Anhydritgestein infolge Strahlung eines hochaktiven Abfallzylinders

NAGRA NTB 12 - 19 -

VERZEICHNIS DER BEILAGEN

Beilage 1

Beilage 2

Beilage 3

Beilage 4

Beilage 5

Beilage 6

Beilage 7

Beilage 8

Beilage 9

Stabilitätszonen von Gips und Anhydrit

Das System CaS04-NaCI-H 20

Raumgewicht von Anhydrit in Funktion der Porosität

Thermogravimetrische Analysen von Anhydrit (nach /21/)

Wärmeleitungseigenschaften von Gesteinen und anderen Materialien

Bestimmung der Wärmeleitfähigkeit von Anhydrit (nach /20/)

Temperaturerhöhung an der Stollenoberfläche schwach-/mittelaktive Abfälle

Temperaturerhöhung am Rand der Bohrung; hochaktive Abfallzylinder

Herkunft der Proben für Sorptionsversuche

NAGRA NTB 12 - 20 -

VERZEICHNIS DER VERWENDETEN ABKUERZUNGEN

NAGRA Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle, Baden

NOK Nordostschweizerische Kraftwerke AG, Baden

EIR Eidg. Institut für Reaktorforschung, Würenlingen

EMPA Eidg. Materialprüfungsanstalt, Dübendorf

ETHZ Eidg. Technische Hochschule Zürich

VERZEICHNIS DER VERWENDETEN EINHEITEN

Dichte (spez. Gewicht) kg/dm3

Rohdichte (Raumgewicht) kg/dm3

Druckfestigkeit N/mm2

Elastizitätsmodul N/mm2

Kohäsion N/mm2

Winkel der inneren Reibung o (Altgrad)

Quelldruck N/mm2

Druck in Gasen und Flüssigkeiten bar

WärmedehI)zahl

Wärmeleitfähigkeit W/m·K

Energie, Wärmemenge J

Zeit s (min, h, d, a)

NAGRA NTB 12 - 21 -

1. EINLEITUNG

Die bisherigen Untersuchungen der NOK und der NAGRA über den Anhydrit als möglichem Wirtgestein für die Endlagerung radioaktiver Abfälle in der Schweiz sind von H. Jäckli in der Einleitung zu /47/* beschrieben worden. Wir zitieren:

Die NOK als Vorgänger in der NAGRA entschloss sich 1970 nach einer ersten Vorevaluation verschiedener geologischer Formationen für die Untersuchung von Anhydritvorkommen im aargauischen Tafeljura.

Eine erste Sondierkampagne wurde 1971/1972 in der Wandfluh, Gemeinde Leibstadt, Kt. Aargau, durchge­führt, wobei aber wider Erwarten komplizierte tekto­nische Verhältnisse angetroffen wurden, die vorher lediglich aufgrund der Oberflächenkartierung nicht zu erkennen gewesen waren, und welche diese Lokali­tät aus tektonischen Gründen als nur zweitrangig er-scheinen liessen /43/. '

Als Resultat weiterer Studien ergab sich der Vor­schlag, im Gebiet des Wabrig eine systematische Son­dierkampagne durchzuführen /42/, wobei aber bereits 1972 die NOK auf den Widerstand der Bevölkerung und des Regierungsrates des Kantons Aargau stiess. Das diesbezügliche Gesuch um Bewilligung von Sondierboh­rungen ist noch pendent.

In der Folge wurden die Studien auf die ganze Schweiz ausgedehnt und nach Gründung der NAGRA und des Kon­sortiums Untertages-Speicher rund 22 Lokalitäten von Anhydrit- und Gipsvorkommen in der ganzen Schweiz ei­ner ersten Evaluation unterzogen /44/.

Da jedes Gips- und Anhydritvorkommen als individuel­ler geologischer Körper einmalige Eigenschaften bezüg­lich Grösse, Begrenzung und umgebendes Gestein auf­weist, wurde in Aussicht genommen, an einer grösseren Zahl von Gips/Anhydrit-Lokalitäten, verteilt auf die verschiedenen Regionen der Schweiz, vorerst Sondier­bohrungen und anschliessend Sondierstollen durchzu­führen.

* Zahlenangaben in Schrägstrichen beziehen sich auf das Literaturverzeichnis am Schluss des Berichtes.

NAGRA NTB 12 - 22 -

Eine erste Sondierkampagne 1974, ausgeführt vom Konsor­tium Untertages-Speicher, am "Montet" in Bex zeitigte ausserordentlich positive Resultate /93/, weshalb der Gemeinde Bex 1974 das Gesuch für die Erstellung eines Sondierstollens gestellt wurde, welches von der Gemeinde jedoch nicht behandelt wurde.

Eine weitere Sondierkampagne in Airolo-Süd zeigte un­günstige Verhältnisse, so dass jene Lokalität in der Evaluation schlecht beurteilt wurde /45/.

In Airolo wurde eine weitere Lokalität, nämlich im Val Canaria, unter der Bezeichnung Airolo-Ost unter­sucht, wo ein alter Sondierstollen aus dem Jahr 1931 bekannt war, der Anhydrit erschlossen hatte. Eine er­ste horizontale Bohrung 1975 von 560 m Länge war sehr erfolgreich. Das Patriziato als Besitzerin jenes Ge­ländes verweigerte aber dem Konsortium Untertages­Speicher in der Folge die Fortsetzung dieser Sondier­kampagne.

Seit der Sondierkampagne Val Canaria 1975 durften bis heute keine weiteren Bohrungen mehr durchgeführt wer­den, ebensowenig Sondierstollen. Die Felduntersuchun­gen sind dadurch seither blockiert.

Hingegen hatte die NAGRA die Möglichkeit, Laborunter­suchungen an ausgewähltem Material aus diesen ersten Sondierkampagnen, ferner aus einer Salzbohrung Ryburg, aus dem alten Anhydritstollen Val Canaria und aus dem Gipsbergwerk Felsenau durchführen zu lassen. Ferner wurden im Gipsbergwerk Felsenau der Gips-Union fels­mechanische Studien betrieben, obschon jene Lokalität in einer ersten Untersuchung aus hydrologischen Grün­den als nur bedingt geeignet betrachtet worden war und man in der Folge darauf verzichtet hatte, in der Felsenau selbst detaillierte Projektstudien durchzufüh­ren.

Die Laboruntersuchungen an Bohrkernen und Handstücken wurden seit 1974 von folgenden Instituten durchgeführt:

- Geologisches Institut der Universität Lausanne (für Material aus den Bohrungen Le Montet, Bex)

- Geologisches Institut der ETHZ, Berichte von W. Müller

- Institut für Grundbau und Bodenmechanik der ETHZ

NAGRA NTB 12 - 23 -

- Institut für Kritallographie und Petrographie der E1'HZ

- EMPA, Berichte 1 - 4

- EIR, Berichte von P. Bützer, D. Laske, O. Antonsen, P. Bärtschi

Dabei wurden Anhydrit- und Gipsmaterialien von folgen­den Lokalitäten untersucht und beschrieben:

Salzbohrung Ryburg Nr. 51 (Bohrkern freundlicherweise von den Vereinigten Schweizerischen Rheinsalinen zur Verfügung gestellt) .

Gipsbergwerk Felsenau

Sondierbohrungen Wandfluh (Leibstadt)

Sondierbohrungen Le Montet (Bex)

Sondierbohrungen Airolo-Süd

Sondierbohrungen Airolo-Ost = Val Canaria

Sondierstollen 1931 Val Canaria

Geologische, stollenbautechnische und felsmechanische Studien im Gipsbergwerk Felsenau der Gips-Union sind seit 1969 durchgeführt und beschrieben worden:

- NOK, Untersuchungen im Bergwerk Felsenau, 2 Berich­te von A. Widler

- MC ING, Baden, 5 Berichte von E. Beusch und M. Gysel (im Rahmen der "Arbeitsgruppe Anhydrit" der NAGRA

- H. Jäckli, 3 Berichte (Ende Zitat)

NAGRA NTB 12 - 24 -

Im vorliegenden Bericht werden nun in einem gegenüber dem Bericht /47/ erweiterten Rahmen die charakteristi­schen petrographischen Eigenschaften von Anhydrit ge­mäss dem heutigen Wissen zusammenfassend beschrieben und beurteilt. Jedes Kapitel des Berichtes gliedert sich dabei - soweit anwendbar - in:

1. Allgemeine Grundlagen und Kenntnisse aus der Fach­literatur und aus Untersuchungen Dritter

2. Untersuchungen der NAGRA an ausgewählten Proben aus schweizerischen Anhydritvorkommen

3. Eignung für die geologische Endlagerung und Ver­gleich mit anderen Wirtgesteinen.

Für Punkt 3 wird vom "Konzept für die nukleare Entsor­gung in der Schweiz" /90/ ausgegangen, wonach für die weiteren Untersuchungen vorläufig folgende Endlagerfor­mationen in Betracht gezogen werden:

Für den Endlagertyp A: (Kavernen für Abfallkategorie I)

sämtliche stollenbautechnisch geeigneten Formationen

Für den Endlagertyp B: (Kavernen für Abfallkategorie 11)

Anhydrit, Opalinuston, Mergel und Tonschiefer, unge­klüftetes Kristallin sowie Kalke und Sandsteine in hy­drogeologisch günstiger Lage über dem Grundwasserspie­gel oder umschlossen durch dichtes Gestein

Für den Endlagertyp C: (Tiefbohrungen oder eine Kombina­tion von Schächten, Stollen und Kurzbohrungen für Ab­fallkategorie 111)

Steinsalz, Anhydrit, ungeklüftetes Kristallin, Tone und IVT.erqel, Tftlirtgestein mit stagnierendem fossilem Wasser

Somit wird hier der Vergleich zwischen den folgenden Gesteinen vorgenommen:

- Anhydrit - Opalinuston - Mergel und Tonschiefer - Kalke - Sandsteine - ungeklüftetes Kristallin (hier ausgewählt: Granit)

NAGRA NTB 12 - 25 -

Die Ausführungen des vorliegenden Berichtes beschrän­ken sich weitgehend auf das Mineral und das Gestein Anhydrit. Die Beschreibung des Anhydrits im geologi­schen Verband und der bekannten Anhydritvorkommen in der Schweiz sowie die Beurteilung und Evaluation in Frage kommender Anhydritstandorte bleiben weiteren Be­richten vorbehalten.

Der vorliegende Bericht basiert auf den Arbeiten und Diskussionen einer Arbeitsgruppe "Anhydrit" der NAGRA, in welcher verschiedene Fachexperten vertreten sind. Dieser gehören unter anderem an: Prof. Dr. H. Jäckli, Dr. K. Stucki, Dr. D. Laske und Dr. M. Gysel. Als Ver­fasser zeichnen: Dr. J. Gassmann, Dr. J. F. Schneider und Dr. M. Gysel der Motor-Columbus Ingenieurunterneh­mung AG.

Für die Verfasser:

/l-f-. ?r-d!-Dr. M. Gysel

Baden, 12. Januar 1979

NAGRA NTB 12 - 26 -

2. DAS MINERAL ANHYDRIT

2.1 ALLGEMEINES

Anhydrit als wasserfreies Kalziumsulfat hat folgende Eigenschaften:

chemische Formel:

Molekulargewicht:

Wärmeleitfähigkeit:

Härte:

Farbe:

Ca S

°

136,146 29,44 23,552 47 , 008

% vom Gewicht % " 11

" n " 100,00 %" "

k = 5,4 W/m.K

h = 3,5

farblos, weisslich-graublau

Holland /38/ unterscheidet drei Modifikationen: Anhy­drit I, 11 und 111 (Tabelle 2).

Der natürlichen Phase - bei Temperaturen unter 1 180 °c - entspricht Anhydrit 11, der mit wasserhaltigem Kal­ziumsulfat eine reversible Reihe bildet /38/. Ueber 1 180 °c entsteht Anhydrit I, der sich bei weiterer Temperaturerhöhung (1 450 0C) unter der Bildung von S02 und 02 in Kalziurnoxyd umwandelt. Anhydrit 111 ist metastabil, kommt also in der Natur nicht vor.

Gips BassanH AnhydrH

Dihydrat Halbhydrat (Anhydrit 111)

CaSO 4 -ZHZO +--+ 1

CaS04 • 2 HzO +--+ 1 CaS04 + (2 HzO) +--+ Anhydrlt I I

3 (~ HZO)

~( Volumen ~

Bezeichnung ältere Bezeichnung Formen* Kri sta llwasser- Dichte thermo-dyn. Kri sta 11 system und Trivialnamen geha lt (%) (kg/dm3) Stabi 1 itäts- bzw. -k 1 asse

bereich

Anhydrit löslicher Anhydrit, ent- Ci 0,01 - 0,05 2,587 metastabll hexagona1-111 wässertes Halbhydrat, ß 0,6 - 0,9 2,484 trapezoedrisch

Y -Anhydrit

Anhydrit "unlöslicher" Anhydrit, - 0 2,985 40 - 1 180 °c rhombi sch-11 natürlicher Anhydrit, pyramidal

totgebrannter Gips

Ci -Anhydrit ß -Anhydri t

Anhydrit Hochtemperatur-Anhydrit - - ? 1 180 - 1 450 °c kubischflächen-1

Ci -Anhydrit zentriert -----

Tabelle 2: Oie CaS04-Phasen im System CaS04-H20 und ihre wichtigsten Eigenschaften nach /38/.

* Bei den Formen handelt es sich nicht um Phasen, sondern um verschiedene Auffassungen der gleichen Phase nach /38/

~-~~

Raumgruppe Brechungsindizes ua ßu uy

CGl 1,501 1,501 1,546

Bbmm 1,570 1,576 1,614

? ?

------ ----- ~-

z ~ GJ

~ Z 8 td

I--' N

N -.J

NAGRA NTB 12 - 28 -

2.2 THERMODYNAMISCHE BEDINGUNGEN FUER DIE BILDUNG UND DIE STABILITAET VON ANHYDRIT

Die Bildung und die Stabilität von Anhydrit und Gips werden vor allem durch die Salinität der wässrigen Lö­sung und die Temperatur, in geringem Masse durch den Druck kontrolliert.

Beilage 1 zeigt diese Abhängigkeit, berechnet von Mac­Donald /64/ und im Labor nachgeprüft von Hardie /35/ sowie Berner /5/. Es handelt sich um ein Druck/Tempe­raturdiagramm, wobei drei verschiedene Salinitätendes Porenwassers berücksichtigt werden. Zum Vergleich ist der normale geothermische Gradient eingezeichnet.

Beilage 2 zeigt die Abhängigkeit der Gleichgewichtskur­ve Gips/Anhydrit von Salinität und Temperatur bei Nor­maIdruck, von Blount und Dickson /8/ nach Untersuchun­gen von verschiedenen Autoren zusammengestellt. Neuere Untersuchungen ergeben eine höhere Umwandlungstempera­tur, als in älterer Literatur angegeben. Nach Berner /5/ reicht die Stabilität des Gipses bei Normaldruck und Süsswasser bis 58 °c, d. h. fossiler Anhydrit ist an der Erdoberfläche noch weniger stabil als früher ange­nommen. Er bleibt nur stabil, wenn er unter genügen­dem Ueberlagerungsdruck steht.

Aus diesen beiden Figuren ersieht man, dass Anhydrit unter normalen Bedingungen aus Meerwasser nicht ent­stehen kann, sondern nur bei extremen Verhältnissen /22/, /80~ wie sie etwa im Persischen Golf herrschen (Chlorinität ca. 130 0/00, Temperatur 25 - 40 °C).

Die Kurve des hydrostatisch-lithostatischen P-T-Gleich­gewichtes für Meerwasser, das auf etwa die Hälfte sei­nes ursprünglichen Volumens verdunstet, d. h. CaS04-gesättigt ist, schneidet den normalen geothermischen Gradienten in einer Tiefe von 833 m (200 bar). Bei kon­zentrierten Porenlösungen liegt diese Intersektion in einer geringeren Tiefe und reicht bei NaCl-Sättigung sogar an die Erdoberfläche. Daraus schliesst man, dass es einen Ueberlagerungsdruck von einigen hundert Metern Gestein braucht, um die Stabilität des fossilen Anhy­drits zu erhalten. An der Oberfläche wird Anhydrit, wie man anhand thermodynamischer Berechnungen leicht zeigen kann, mit Sicherheit in Gips umgewandelt. Aller­dings geht nahe der Erdoberfläche die Umwandlung von Anhydrit in Gips im allgemeinen sehr langsam vor sich. Die Wanderung der sogenannten Gipsfront dürfte durch­schnittlich kaum mehr als I ern/Jahr betragen.

NAGRA NTB 12 - 29 -

3. DAS GESTEIN ANHYDRIT

3.1 BILDUNG UND UMWANDLUNG DESANHYDRITGESTEINS

3.1.1

Gesteinsbildend kommt Anhydrit hauptsächlich sedimen­tär, im Verband mit anderen Evaporitmineralien vor. Man muss dabei primären von sekundärem, frühdiagenetisch umgebildetem Anhydrit unterscheiden.

Primärer Anhydrit

Primärer, sedimentärer Anhydrit bildet sich unter hy­persalinären Bedingungen (mindestens 7fache Meerwasser­konzentration), bei atmosphärischem Druck und leicht erhöhter Umgebungstemperatur (über etwa 25 °C) am Ran­de von Flachmeeren in Lagunen und supratidalen Ebenen (Sabkhas), seltener auch in Salzseen, an oder knapp unter der Oberfläche (z. B. Abu Dhabi, Persischer Golf) /80/ sowie eventuell bei Temperaturen über 42 °c durch direkte Ausfällung aus Meerwasser /16/. Bei tieferen Temperaturen und Salinitäten entsteht Gips. Bei Eindamp­fung von Meerwasser bilden sich zuerst die Kalziumkarbo­nate, dann Gips, dann erst Anhydrit (und eventuell meta­stabiler Gips) und zuletzt Natriumchlorid und andere Chloride. Daher kommt primärer Anhydrit meist zusammen mit metastabilem Gips oder zumindest in der Nähe von primärem Gips vor.

Fossile Primäranhydrite erkennt man an. deren Struktur. Da unter diesen unwirtlichen Bedingungen keine Organis­men die Sedimente durchwühlen, sind diese Strukturen meist erhalten. Man unterscheidet unter anderem /65/:

- "Nodular"-Anhydrite: Weisse massige Anhydrite mit Wol­kenstruktur in einer Dolomitgrundmasse, repräsentativ für supratidale Anhydrite

- Warven-Anhydrite: Wechselfolgen von etwa 1 mm dicken, hellen Anhydritlagen mit etwa gleich dicken dunkeln Tonlagen. Sie repräsentieren Flachwasser-Sedimente von fast geschlossenen Evaporationsbecken, die zyk­lisch mit Meerwasser und/oder Süsswasser gespiesen wurden.

"Pile-of-Brick"-Anhydrite: Massiger prlmarer Anhydrit mit idiomorphen rhombischen Anhydritkristallen von tafeligem Habitus /22/. Sie könnten durch direkte Aus­fällung aus Meerwasser entstanden sein.

NAGRA NTB 12 - 30 -

3.1.2

3.1.3

Die diagenetische Umwandlung

In der Spätphase der Eindampfung von marinen Evaporit­becken wurden die primären, metastabilen Gipse oft in Anhydrite umgeformt. In den Porenräumen der noch nicht verfestigten Sedimente wurden während der Frühdiagene­se meist durch hochkonzentrierte Solen bei etwas erhöh­ter Temperatur Kalzit in Protodolomit und Gips in Anhy­drit umgewandelt. Dabei fand eine Volumenabnahme auf theoretisch 62 % des ursprünglichen Gipsvolumens statt.

Fossile sekundäre Anhydrite lassen kaum mehr Primär­strukturen erkennen. Eine Ausnahme bilden die Pseudo­morphosen von Anhydrit nach Selenitkristallen, wobei die makroskopischen Selenit-Einzelkristalle durch ein Aggregat von mikroskopisch kleinen Anhydritkristallen ersetzt werden. Am häufigsten findet man die "felty oder fluidal texture", ein filziges Gefüge von mikro­skopisch kleinen Anhydritkristallen, fluidal eingere­gelt /22/.

Bei der weiteren Diagenese, d. h. bei der Einbettung und Verfestigung der Sedimente, wurde durch Ueberlage­rungsdruck und Temperaturzunahme bei normalem geother­mischem Gradienten und CaS04-gesättigtem Wasser in den Porenräumen in spätestens ca. 800 m Tiefe aller Gips in Anhydrit umgewandelt. Mit eingedampftem Meerwasser in den Porenräumen geschah die Umwandlung schon in we­nigen hundert Metern Tiefe und mit konzentrierter Salz­lösung sogar praktisch an der Oberfläche.

Kommt Anhydrit wieder an die Erdoberfläche, dann erfolgt durch nichtsalinäres Wasser am Rand des Anhydritkörpers eine Umwandlung zu Gips. Daher fin­det man in unseren Breiten normalerweise an der Oberfläche der Anhydritlagerstätten eine Gipskruste von etwa 20 bis 50 m Mächtigkeit.

Mineralbestand des Anhydritgesteins

In einern Anhydritgestein stellt das Mineral Anhydrit (CaS04) den Hauptgemengteil dar.

In sehr wechselndem Verhältnis erscheint daneben fast immer Gips (CaS04 . 2H 20). Ein vollkowmen gips freies Anhydritgestein von nennenswerter Ausdehnung ist nicht bekannt, dürfte aber, wie im Kapitel 3.1.2 erläutert, in Tiefen von mehreren hundert Metern zu erwarten sein.

NAGRA NTB 12 - 31 -

Als detritische Nebengemengteile erscheinen fast immer Quarz und daneben die Tonmineralien, nämlich bei unme­tamorphem Anhydritgestein Illit und Chlorit, in meta- -morphem Anhydritgestein Chlorit und Phlogopit,im Val Canaria und in Airolo-Süd zudem auch Talk. Ferner kom­men als Nebengemengteile häufig auch Karbonate, wie Dolomit und Magnesit,vor; Kalzit fehlt meist /22/.

Tabelle 3 gibt die mineralogische Zusammensetzung ei­niger untersuchter Anhydritgesteine der Schweiz wieder.

ort, Va 1 Canari a- Airo1o Bex Wandf1ue Ryburg roben-Nr. Stollen AA ABE AVl AR

Minera1-AS Bohrung 3 Bohrung 3 Bohrung 4 33 + 51 m 95,2 - 95,6 m 107,35 - 47,0 - 47,6 m 196,4 -

bestand 108,5 m 196,6 m

Anhydrit 69,9 % 75,6 % 75,4 % 95,0 % 90,8 %

Gips 5 % 0,5 % 2,0 % 0,5 % 2,5 %

Dolomit 5 % 2,5 % - 2,5 % 5 %

Magnes it 5 % 2,5 % 15 % - -Quarz - - 5 % - -Ph 1 ogopit 10- % 10 % - - -Ch 1 orit (Pennin) - 2,5 % - - -

Talk 10 % 5 % - - -

Tabelle 3: Mineralogische Zusammensetzung der für felsmechanische Experimente verwendeten Anhydritgesteine aus /70/

NAGRA NTB 12 - 32 -

3.1.4 Tektonische Beanspruchung und Metamorphose

3.1.5

Bei tektonischer Beanspruchung - wie in den Alpen - ent­stehen leicht Brekzien, wobei die Komponenten aus Anhy­drit (eventuell Gips) bestehen und im mm- bis cm- Bereich variieren können. Der Zement besteht meisf aus Anhydrit /93/. Da die Sulfatgesteine oft das schwächste Glied ei­ner Gesteinssäule sind, bilden sich meist Gleit- und Ab­scherungshorizonte. Häufig erkennt man auch deutlich Fliessstrukturen sowie Verschieferungen, sichtbar durch die parallele Anordnung von Tonmineralien. Mit zunehmen­der regionaler Metamorphose wird die Struktur körniger, und die Korngrösse nimmt zu. Im hochmetamorphen Anhydrit von Val Canaria reicht die Korngrösse bis 5 mm, so dass man das Gestein als sehr grobkörnigen Anhydritmarmor /47/ bezeichnen kann.

Beurteilung der thermodynamischen Eigenschaften des Anhydritgesteins

Wie man aus der Beilage 1 ersehen kann, ist der Anhydrit unter etwa 1 050 m Tiefe bei allen Varianten von Poren­wasser - vorn frischen Grundwasser bis zur hochkonzen­trierten NaCI-Sole - stabil. Bei einer allfälligen Er­wärmung durch hochaktive Abfälle verschiebt sich das G/A-Gleichgewicht zu Gunsten des Anhydrits. Daher kann aus thermodynamischer Sicht das Anhydritgestein in einer Tiefe von über 1 000 m als stabil betrachtet werden.

In geringeren Tiefen besteht für Anhydrit bei normalem geothermischem Gradienten nur Stabilität, wenn das Poren­wasser eine hochkonzentrierte Sole ist. Zirkuliert jedoch in den Porenräumen Süsswasser oder CaS04-gesättigtes Wasser, so kann in dieser Tiefenstufe Anhydrit in Gips umgewandelt werden. In der Natur führt dies dazu, dass die Anhydritlagerstätten oberflächennah von einer Gips­kappe überlagert werden.

3.2 RAUMGEWICHT UND POROSITAET

Die Dichte des Minerals Anhydrit beträgt 2,985 kg/dm3. Die Rohdichte des Anhydritgesteins jedoch variiert je nach Gehalt an Nebengemengteilen und nach dem Porenan­teil.

Die von der EMPA /18/ bestimmte Rohdichte von Anhydrit­proben schwankt zwischen 2,98 und 2,93 kg/dm3 (Tabelle 4).

NAGRA NTB 12 - 33 -

Die Anhydritproben wurden als ausserordentlich dicht und porenarm bis fast porenfrei befunden. Uebereinstimmende Resultate ergaben die Porositäts- und Raumgewichtsbestim­mungen am geologischen Institut der ETHZ /70/, wonach die Porosität von 14 untersuchten Anhydritproben nur zwischen 0,05 - 0,8 Vol. % schwankt; eine etwas gipsreichere Probe erreicht 1,32 %. Auf Beilage 3 ist für diese Proben die Rohdichte in Funktion der Porosität dargestellt /70/.

Bei so kleinem Porenanteil dürfte die Permeabilität der Anhydritgesteine vernachlässigbar klein sein. Erste Durchlässigkeits-Versuche wurden an der EMPA gemacht /20/. Vergleiche Kapitel 9.

Die relativ hohe Dichte des Minerals Anhydrit und die im Anhydritgestein festgestellte sehr geringe Porosität führen zu einer relativ hohen Rohdichte des Anhydritge­steins, die wesentlich grösser ist als diejenige von an­deren Gesteinen, die als Wirtgestein in Frage kommen. Dies kann bei der Beurteilung der Strahlenabschirmung von Bedeutung sein.

Probe Dichte Rohdichte Absolute Porosität kg/dm3 kg/dm3 Gewichts-%

Bex Bl 2,92 2,90 0,68

Bex B2 2,91 2,89 0,68

Bex B3 2,91 2,90 0,34

Airo1o-0st 2,89 2,89 0

Airolo-Süd 2,93 2,93 0 (94,5 - 95,1 m)

lIIandf1 uh 2,94 2,93 0,34 (49,0 - 49,4 m)

Ryburg 47 2,92 2,92 0

Tabelle 4: Dichte, Rohdichte und Porosität von Anhydritproben nach /18/

NAGRA NTB 12 - 34 -

4. DIE MECHANISCHEN EIGENSCHAFTEN DES ANHYDRITS

Bei den nachstehend behandelten mechanischen Eigen­schaften geht es im wesentlichen um das Festigkeits­und das Verformungsverhalten des Gesteins. Das Festig­keitsverhalten wird in der Felsmechanik üblicherweise durch die einaxiale Druckfestigkeit, durch die Scher­festigkeit (Winkel der inneren Reibung und Kohäsion) und in gewissen Fällen durch die Zugfestigkeit charak­terisiert. Das Verformungsverhalten wird durch die Spannungs-Dehnungscharakteristiken beschrieben, wobei Elastizitäts- oder Verformungsmodul und Poissonzahl (Querdehnungszahl) bestimmt werden.

Die ermittelten Zahlenwerte können nur sinnvoll verwen­det werden, wenn die angewendeten Versuchsbedingungen genau angegeben sind. Wesentlich sind zum Beispiel fol­gende Angaben:

- allgemeine Versuchsanordnung

Versuch erfolgt im Kleinbereich (Bohrkern) oder im Grossbereich (in situ)

- Versuch erfolgt statisch oder dynamisch (Belastungs­geschwindigkeit)

- Kurzzeitversuch/Langzeitversuch

- Versuchs temperatur

- Probe ist trocken oder feucht bzw. unter Wasser

4.1 FESTIGKEITSVERHALTEN

4.1.1 Einaxiale Druckfestigkeit

4.1.1.1 Angaben aus der Fachliteratur sowie aus veröffentlich­ten und unveröffentlichten Untersuchungen Dritter

Der einaxiale Druckversuch stellt wegen seiner rela­tiven Einfachheit den weitest verbreiteten Versuch zur Charakterisierung der Gesteinsfestigkeit dar. Dement­sprechend findet man in der Fachliteratur sehr viele Angaben über Gesteinsdruckfestigkeiten. Trotzdem sind die Angaben über Anhydrit eher spärlich, da er im Tun­nelbau bisher relativ selten angetroffen wurde. Ueber das Gebiet der Schweizer Alpen konnten in der Fachlite­ratur keine Angaben über Druckfestigkeiten des Anhy­drits gefunden werden. Brauchbare Angaben sind jedoch vorhanden für die Gebiete des schweizerischen Juras und des süddeutschen Raumes aus Versuchen für den Belchen­tunnel der Nationalstrasse N2 /13/, den Bözbergtunnel der N3 /41/ und den Wagenburgtunnel in Stuttgart /10/. Aus diesen Untersuchungen gehen die Druckfestigkeiten der folgenden Tabelle hervor:

NAGRA NTB 12 - 35 -

Tunnel Probenbezeichnung Druckfestigkeit N/mm2

Belchentunnel massiger, grauer 72 - 133 Anhydrit (Gipskeuper)

Belchentunnel feine Wechsellagerung 12 - 15 von Anhydrit, Gips und Mergel (Gips-keuper)

Bözbergtunnel do. 8 - 22

~agenburgtunne 1 do. 9 - 26

Tabelle 5: Druckfestigkeit (bei Raumtemperatur) von Sulfatgesteinen aus dem Schweizer Jura und dem süddeutschen Raum

Die Druckfestigkeiten der Tabelle 5 wurden an Bohrker­nen in statischen Kurzzeitversuchen bei Zimmertempera­tur ermittelt. Es ist ersichtlich, dass der massige An­hydrit recht hohe Druckfestigkeiten aufweist. Beim Gipskeuper sinkt die Druckfestigkeit mit zunehmender Feuchtigkeit. Eine weitere Reduktion ist unter Dauer­last zu verzeichnen. Die entsprechenden reduzierten Festigkeitswerte sind in Tabelle 6 als Bruchteile der Druckfestigkeit gemäss Kurzzeitversuch ausgedrückt.

I Gesteinstyp A B C D

Sulfatgesteinanteil (makroskopisch ° -20 20 - 50 50 - 80 >80 geschätzt) %

Kurzzeitdruckfestigkeit (Nmm2) 8,67 12,84 19,73 26,05

Zugehörige Verhältniszahl 1,0 1,0 1,0 1,0

Verhältniszahl der Druckfestigkeit 0,53 0,59 0,64 0,84 unter Dauerlast, luftfeucht

Verhältniszahl der Druckfestigkeit 0,51 0,56 0,55 -unter Dauerlast, bewässert

Tabelle 6: Langzeitfestigkeit von oberflächennahem Gipskeupergestein nach /10/

NAGRA NTB 12 - 36 -

4.1.1.2 Untersuchungen der NAGRA

An der EMPA /18/ wurden bei Raumtemperatur gesamthaft 63 Gesteinswürfel von 4 bis 5 cm Kantenlänge von Ry­burg, der Wandfluh, von Bex und Airolo auf ihre Druck­festigkeit untersucht mit folgenden Resultaten:

Herkunft Bohrung Mittel der Druck-festigkeit (N/mm2)

Ryburg - 196,2

Vlandfluh Bohrung 4 136,2

Bex Bohrung 1 70,9 - 73,2 m 81,4 Bohrung 2 94,8 - 96,7 m 97,0 Bohrung 3 111,8 - 113,8 m 99,9

Airolo-Süd Bohrung 3 84,6 - 94,5 m 46,5

Airolo-Ost Stollen 1931 56,0 m 61,2

Tabelle 7: Würfeldruckfestigkeit (bei Raumtemperatur) des massigen Anhydrits aus Schweizer Vorkommen nach Untersuchungen der NAGRA

Für die Versuche wurden jeweils 3 verschiedene Druck­richtungen festgelegt (Bohrlochachse und 2 Richtungen senkrecht dazu). Es wurde keine sehr ausgeprägte Aniso­tropie festgestellt, d. h., in allen Richtungen wurden Druckfestigkeiten von derselben Grössenordnung gemes­sen. Einzelne grössere Abweichungen sind mehr auf die Streuung der Resultate zurückzuführen und stellen somit keine echte Anisotropie dar.

Die unmetamorphen Anhydrite des Tafeljuras weisen dank ihres sehr feinen Kornes und der filzigen Struktur eine grössere Druckfestigkeit auf als die hochmetamorphen, grobkörnigen, marmorisierten Anhydrite von Bex und Val Canaria (das gleiche gilt auch für die Scherfestig-ke i t) •

4.1.1.3 Diskussion

1. Vergleich der Druckfestigkeit des Anhydrits mit anderen Wirtgesteinen

Der Vergleich der Eigenschaften des Anhydrits mit denjenigen von anderen ebenfalls in Betracht gezo­genen Wirtgesteinen dient folgenden Zwecken:

NAGRA NTB 12 - 37 -

Einstufung des Anhydritgesteines in das ganze Spektrum der Wirtgesteine

- Erkennen der speziellen Vor- oder Nachteile des Anhydrits im Vergleich zu den anderen Wirtge­steinen und in bezug auf den betreffenden Lagertyp

Für die zum Vergleich herangezogenen Wirtgesteine (Opalinuston, Mergel und Tonschiefer usw.) werden Gesteinsparameter oder Parameterbereiche aus der Fachliteratur herangezogen, da die NAGRA im Moment noch über keine eigenen Untersuchungen verfügt. Dieses Vorgehen erlaubt aber trotzdem eine korrekte relative Einstufung des Anhydrits.

Wirtgestein Druckfestigkeit Quellenangabe N/mm2

Anhydrit - massig 50 - 150 /13/, /18/ - in Nechse11agerung mit Mergel 10 - 30 /41/, /10/

Opa1inuston 3 - 5 /10/

Mergel und Tonschiefer 10 - 30 /30/

Kalk und Sandstein* 40 - 180 /89/

Steinsalz 28 - 36 /47/, /23/

Granit - feinkörnig 180 - 280 /89/ - mitte!- bis grobkörnig 80 - 180 /89/

* Selten erreichen gewiss8 ~andstfine auch bis 300 N/mm2

Tabelle 8: Vergleich der Druckfestigkeit (bei Raumtemperatur) von Anhydrit und anderen Wirtgesteinen

Es zeigt sich, dass der massige Anhydrit mit einer Druckfestigkeit von 50 - 150 N/mm2 ungefähr im Be­reich der Kalke und Sandsteine sowie der mittel- bis grobkörniqen Granite liegt. Opalinuston, Steinsalz, Mergel und Tonschiefer weisen tiefere Druckfestig­keiten als der massige Anhydrit auf. Wesentlich höher als der massige Anhydrit liegen die feinkör­nigen Granite sowie gewisse harte und zugleich sehr feste Sandsteine. Somit ist der massige Anhydrit be­züglich der Druckfestigkeit etwa im oberen Mittel­feId aller ,Wirtgesteine der Schweiz einzustufen.

NAGRA NTB 12 - 38 -

Der Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel und Gips weist bescheidene Druckfestigkeiten von 10 -30 N/mm2 auf. Dies entspricht etwa dem Bereich des Steinsalzes oder gewisser Mergel und Tonschiefer. Von den übrigen Wirtgesteinen weist nur der Opal­inuston noch geringere Druckfestigkeiten auf. Der Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel ist somit bezüglich der Druckfestigkeit im unteren bis unter­sten Bereich aller Wirtgesteine der Schweiz einzu­reihen.

2. Beurteilung der Druckfestigkeit des Anhydrits bezüglich der Anforderungen an die Lagertypen

Die Beurteilung der Druckfestigkeit des Anhydrits im Hinblick auf die Anforderungen, die für eine günstige Ausführung der einzelnen Lagertypen an das Wirtgestein gestellt werden müssen, erfolgt im Abschnitt 4.1.4 gemeinsam für alle mechanischen Gesteinseigenschaften.

4.1.2 Scherfestigkeit

4.1.2.1 Angaben aus der Fachliteratur sowie aus veröffent­lichten und unveröffentlichten Untersuchungen Dritter

Die Scherparameter, d. h. der Winkel der inneren Rei­bung und die Kohäsion, spielen in der Felsmechanik eine sehr wichtige Rolle: Sämtliche Stabilitätsberechnungen an Felsböschungen und Hohlräumen (Stollen, Kavernen) wie auch die Bestimmung von plastischen Zonen im Ge­birge werden von der Scherfestigkeit beherrscht, indem es üblich ist, im Mohr'schen Spannungsraum die Bruch­bedingung von Coulomb (Coulomb'sche Gerade, bestimmt durch die Scherparameter) einzuführen. Aus der Fach­literatur und aus veröffentlichten Untersuchungen für verschiedene Bauprojekte können Angaben über die Scher­festigkeit fast sämtlicher Gesteine entnommen werden. Damit die einzelnen Werte sachgemäss angewendet werden können, muss stets genau angegeben sein, in welcher Weise der Bestimmungsversuch durchgeführt wurde. Bei­spielsweise muss bekannt sein, ob es sich um einen Grossversuch in situ oder um einen Laborversuch an Proben (Bohrkernen) handelte und ob der Versuch als Scherversuch oder als Triaxialversuch angeordnet wurde usw.

Gleichermassen wie bei der Druckfestigkeit sind Angaben über die Scherfestigkeit von Anhydrit in der allge­meinen Fachliteratur relativ selten. Aus den im Ab­schnitt 4.1.1.1 bereits zitierten Tunnelbauten in der Schweiz und in Deutschland gehen die folgenden Angaben hervor:

NAGRA NTB 12 - 39 -

Tunnel Proben- innerer Kohäsion Versuchs- Que 11 enangabe bezeichnung Reibungs- N/mma anordnung

winkel ~ (0 alt)

Belchen- Anhydrit in 35 4,0 - 17,0 Triax an tunnel Wechse 11 age- Bohrkern und

rung mit Scherversuch Gips und in situ Mergel*

Bözberg- do. 43 41,0 Triax an tunnel Bohrkern

Wagenburg- do. 40 0,6 Grossvers uch tunnel Anteil an

insitu

Sulfatge-stein von: o - 20 % 40 - 50 1,5 - 3,0 Triaxversu-

che an Bohr-kernen

20 - 50 % 40 - 50 2,0 - 3,0 " 50 - 80 % 40 - 50 1,5 - 4,0 " 80 - 100 %** 40 - 50 4,0 - 5,0 "

* Scherfestigkeit anisotrop wegen Schichtung ** entspricht etwa eihem massigen Anhydrit

Tab elle 9: Sch erf esti g k eit (be i R aumtem perat ur) von Su lf atg este in en (G i pskeu per) aus dem Schweizer Jura und dem süddeutschen Raum

/13/

/41/

/10/

/10/

/10/ /10/ /10/

Die Scherfestigkeiten der Tabelle 9 wurden in sta­tischen Kurzzeitversuchen bei Zimmertemperatur er­mittelt. Es ist zu beachten, dass die Gipskeuper wegen ihrer feingekchichteten Textur eine Anisotropie bezüg­lich der Scherfestigkeit aufweisen. Die Zahlenwerte weisen insgesamt eine grosse Streuung auf. Diese wird mit der von Ort zu Ort sehr unterschiedlichen Zusammen­setzung der Gipskeuper erklärt.

NAGRA NTB 12 - 40 -

4.1.2.2 Untersuchungen der NAGRA

Am geologischen Institut der ETHZ wurde das Deforma­tions- und Festigkeitsverhalten von Anhydrit von fünf schweizerischen Lokalitäten bei Raumtemperatur (20 °C) wie auch bei 400 °c an zylindrischen Ge­steinsproben (Durchmesser 12 mm, Länge 24 mm) in einern Hochdruck-Triaxialapparat untersucht. Die mineralogi­sche Zusammensetzung der untersuchten Proben geht aus folgender Aufstellung hervor /69/, /70/, /71/:

Ryburg (Tafeljura): Proben aus der Bohrung Nr. 51 der Vereinigten Schweize­rischen Rheinsalinen. Bohrtiefe 196,4 m - 196,6 m. Im Dünnschliff zeigt dieser Anhydrit intensiv inein­ander verfilzte, stengelige Anhydritnadeln von einer durchschnittlichen Länge von 0,3 mm und einem Durch­messer von 0,05 mm. Die Struktur ist panidiomorph und die Textur massig. Neben Anhydrit (ca. 91 %) findet man feinverteilten, seltener lagig angeordneten mikriti­sehen Dolomit (ca. 5 %) und wenig Gips (ca. 2 - 3 %).

Wandfluh (Tafeljura): Proben aus der Bohrung 4 der NOK 1971. Bohrtiefe 47,0 - 47,6 m. Dieser Anhydrit zeigt im Dünnschliff faserige, ver­filzte, stengelige Anhydritnadeln von einer durch­schnittlichen Länge von 0,1 mm und einem Durchmesser von 0,05 mm. Er weist stellenweise eine gefältelte, schlierige Textur auf. Es scheint, dass dieses Gestein einer tektonischen Beanspruchung ausgesetzt war, die möglicherweise auf die Mettauer Ueberschiebung (Wildi 1975) zurückzuführen ist. Der hier ebenfalls vorkommen­de Dolomit (ca. 2 - 3 %) ist wiederum feinverteilt (Korngrösse bis 0,1 mm), und der Gipsgehalt ist äusserst gering (ca. 0,5 %).

Wandfluh (Tafeljura): Proben aus der Bohrung 4 der NOK 1971, Bohrtiefe 72,7 - 73,5 m. Dieser Anhydrit-Typus wurde nur für die Anisotropie­Experimente verwendet. Er zeigt unter dem Mikroskop isometrische, parallel zur Lamination abgeplattete Kristalle und ein äusserst dichtes Gefüge. Die Korn­grösse schwankt zwischen 0,01 und 0,05 mm, wobei das Mittel ungefähr bei 0,02mm liegt. Der Anhydritgehalt -bestimmt anhand von röntgendiffraktometrischen Unter­suchungen - beträgt fast 100 %, daneben kommt ganz wenig Gips vor.

NAGRA NTB 12 - 41 -

Bex (Ultrahelvetische Zone, Trias der Bex-Laubhorn­Decke) : Proben aus der Bohrung 3 des Konsortiums Untertages­Speicher 1974, Bohrtiefe 107,35 - 108,5 m. Das Anhydritgestein von Bex ist makroskopisch gebändert und brecciös. Der Schliff zeigt xenoblastische, isome­trische Anhydritkörner von 0,3 bis 0,7 mm Grösse, die lagig angeordnet sind. Ganz vereinzelt sieht man poly­synthetische Druck-Zwillingslamellen und Spaltflächen. Der Gips (ca. 2 %) liegt als feinkörniges Granulat vor und ist in Zwickeln verteilt. Die mikritischen Karbo­natkomponenten, bei welchen es sich nach den röntgen­diffraktometrischen Aufnahmen um Magnesit handelt, sind leicht gerundet bis kantig. Daneben findet man noch Sandstein-Intraklasten und detritische Quarzkörner.

Airolo (Piora-Mulde): Proben aus der Bohrung 3 des Konsortiums Untertages­Speicher 1974, Bohrtiefe 95,2 - 95,6 m. Der Anhydrit aus der Piora-Mulde war einer starken postmetamorphen tektonischen Beanspruchung ausgesetzt. Dies zeigen die vielen Druck-Zwillingslamellen und die vielen Spaltflächen in den einzelnen ungleichkörnigen, xenoblastischen Anhydritkristallen. Die Klüfte und Spaltflächen sind mit einem dunklen Rekristallisat aus­gefüllt, bei dem es sich um Gips handeln dürfte. Das Karbonat (Dolomit und Magnesit) ist meist in Nestern angereichert (keine Druckzwillinge), tritt aber auch­ähnlich dem Quarz - poikiloblastisch in den Anhydrit­kristallen auf. Der Glimmer (Phlogopit) schmiegt sich oft eng an die Anhydritkristalle, ist aber häufig zu­sammen mit Chlorit (Pennin), Talk und Karbonat auch in Nestern angereichert. Vereinzelt findet man noch idio­morphe Pyritkristalle «1 mm). Die Korngrösse der Anhydritkristalle aus dem Stollen in der Val Canaria ist deutlich grösser als jene der Proben von Airolo­Süd. Die Kristalle besitzen j'edoch bedeutend mehr Spaltflächen, wodurch die effektiv mechanisch wirksame Korngrösse ( 'V0,6 mm) kleiner als diejenige der Anhydrite von Airolo-Süd ( 'Vl,O mm) ist.

1. Scherfestigkeit bei Raumtemperatur

Die Aufnahme der Spannungs-Verformungs-Diagramme er­folgte in den Triaxialv5rsuchen bei einer Verfor­mungsrate von 4,5 x 10- /s. Dabei wurde für ver­schiedene Manteldrücke 03 = 02 im Bereich von 1 bis max. 400 N/mm2 der Axialdruck 01 stetig er­höht. Bei kleinen Manteldrücken stellt sich ein jäher Bruch ein. Bei höheren Manteldrücken (>150 N/mm2) kommt es nicht mehr zum Bruch, sondern es setzt ein plastisches Fliessen ein, das bei noch höheren Manteldrücken sogar von einer Verfestigung

NAGRA NTB 12 - 42 -

(Spannungszunahme) begleitet wird. Bezüglich der Resultate im einzelnen wird auf /69/, /70/ und /71/ verwiesen. Die Bruchspannungszustände wurden in der Mohr'schen Darstellungsweise aufgezeichnet, woraus die Scherfestigkeitswerte, d. h. der Winkel der inneren Reibung und die KOhäsion, wie folgt ermittel wurden:

Ort Va 1 Canari a Airolo Bex Wandfl uh Stollen Bohrung 3 Bohrung 3 Bohrung 4 33 m + 51 m 95,2 - 107,35 - 47,0 -

95,6 m 108,50 m 47,6 m

Winkel der 34° 31,2° 39 8° , 29 8° , inneren Reibung 0

Kohäsion 16,5 13,0 14,5 43,0 (N/mm2)

Tabelle 10: Scherfestigkeit (bei Raumtemperatur) des massigen Anhydrits aus Schweizer Vorkommen nach Untersuchungen der NAGRA

Ryburg Bohrung 51 196,4 -196,6 m

37,2°

42,0

Es zeigte sich, dass der Deformationsmechanismus des massigen Anhydrits bei Raumtemperatur vor allem durch interkristalline Bewegungen (kataklastisches Fliessen) gekennzeichnet wird. Die Festigkeit hängt von der mineralogischen Zusammensetzung, der Korn­grösse, dem Gefüge, der Porosität, von Kristallde­fekten wie auch von der tektonischen Vorgeschichte ab. Bei den untersuchten Proben spielte die Korn­grösse die Hauptrolle: Je feiner die Korngrösse ist, um so höher ist die SCherfestigkeit. Daraus erklärt sich die höhere Festigkeit des Anhydrits aus dem Tafeljura gegenüber jenem aus den Alpen. Es bleibt noch anzufügen, dass die Festigkeit auch der massi­gen Anhydrite gewisse Anisotropieerscheinungen auf­weist (senkrecht und parallel zur Kristall-Lamina-t ion) •

NAGRA NTB 12 - 43 -

Der vergleich der Scherfestigkeit des massigen Anhydrits (NAGRA) mit jener des Anhydrits in Wechsellagerung mit Mergel (Gipskeuper) zeigt, dass die Reibungswinkel etwa gleich gross sind. Hingegen ist die Kohäsion für den massigen Anhydrit höher als für den Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel.

2. Scherfestigkeit bei 400 oe

Versuche bei 400 oe Umgebungs temperatur zeigten bei kleinen Manteldrücken noch weitgehend das gleiche Verhalten wie bei Raumtemperatur. Hier liegt auch der Uebergangsbereich zwischen inter- (Kata­klase) und intrakristallinen (Zwillingsbildungen und Translationen) Deformationsmechanismen. Bei hohen Manteldrücken und 400 oe Umgebungstemperatur, wo in den Kristallen fast ausschliesslich nur noch intrakristalline Deformationen wie Zwillingsbil­dungen und Translationen stattfinden, weist die Festigkeit in bezug auf die Korngrösse ein inverses Verhalten auf. Die grobkörnigen Anhydrite haben in diesem Bereich die grössere Festigkeit als die fein­körnigen.

Die Kohäsion nahm - im Vergleich zu den Normaltempe­raturversuchen - bei 400 oe Umgebungstemperatur im allgemeinen ab, hingegen nahm der Winkel der inneren Reibung bei allen Versuchsreihen zu. Generell ist der Festigkeitsverlust, bei nicht allzu hohen Man­teldrücken, durch die Erhöhung der Temperatur auf 400 oe nur geringfügig.

Ort Val Canari a Airo10 Bex Wandf 1 uh Ryburg Sto 11 en Bohrung 3 Bohrung 3 Bohrung 4 Bohrung 51 33 m + 51 m 95,2 - 107,35 - 47,0 - 196,4 -

96,6 m 180,50 m 47,6 m 196,6

Winke 1 der 470 440 420 430 390

inneren Reibung 0 bei 400 °c

Kohäsion bei 8,5 7,0 15,0 32,0 35,0 400 °c (N/mm2)

Tabelle 11: Scherfestigkeit (bei 400 OC) des massigen Anhydrits aus Schweizer Vorkommen nach Untersuchungen der NAGRA

NAGRA NTB 12 - 44 -

Der Festigkeitsverlust erreicht erst im Temperatur­bereich von 400 - 800 oe wesentliche Ausmasse.

3. Scherfestigkeit nach Bestrahlung

Es wird auf Kapitel 11 verwiesen.

4.1.2.3 Diskussion

1. vergleich der Scherfestigkeit des Anhydrits mit anderen Wirtgesteinen

Der Vergleich der Scherfestigkeit des Anhydrits mit derjenigen anderer Wirtgesteine erfolgt in der nach­stehenden Tabelle:

Wirtgestein Winkel der Kohäsion Que 11 enangabe inneren Reibung N/mm2 (0 alt)

Anhydrit - massig 31 - 39 10 - 40 /69/, /70/, /71/ - in ~echsellagerung 35 - 50 1,5 - 20 (40) /13/, /41/, /10/

mit Mergel

Opalinuston 25 - 30 1 - 5 /13/, /30/

Merge 1 und T on- 40 2 - 3 /30/ schiefer

Kalk und Sandstein 30 - 50 10 - 40 /29/

Steinsalz 3 - 4* /23/

Granit 45 - 65 3 - 23 /29/

* abgeleitet aus Druck- und Zugfestigkeit

Tabelle 12: Vergleich der Scherfestigkeit (bei Raumtemperatur) von Anhydrit und anderen Wirtgesteinen

NAGRA NTB 12 - 45 -

4.1.3

Es zeigt sich, dass der Anhydrit bezüglich seiner Scherfestigkeit etwa im oberen Mittelfeld der schweizerischen Wirtgesteine einzureihen ist. Tiefer als der Anhydrit liegen Opalinuston und Steinsalz. Granite und vereinzelt Kalke und Sandsteine liegen normalerweise über dem Anhydrit. Je nach Verhält­nissen (Grad der Wechsellagerung) kann der Anhydrit mit Kalken und Sandsteinen sowie teilweise mit Mergeln und Tonschiefern verglichen werden.

2. Beurteilung der Scherfestigkeit des Anhydrits bezüg­lich der Anforderungen an die Lagertypen

Es wird auf Abschnitt 4.1.4 verwiesen, wo alle mechanischen Gesteinseigenschaften gemeinsam beurteilt werden.

Verformungsverhalten

(Elastizitätsmodul und Poissonzahl)

4.1.3.1 Angaben aus der Fachliteratur sowie aus veröffent­lichten und unveröffentlichten Untersuchungen Dritter

Das Verformungsverhalten von Feis wird üblicherweise im Belastungsbereich durch den Verformungsmodul V und im Entlastungsbereich durch den Elastizitätsmodul E beschrieben. Ergänzend dazu wird die Poissonzahl ange-geben, um das Querdehnungsverhalten zu definieren. Zur Bestimmung des Verformungsverhaltens gibt es eine ganze Reihe von Versuchsanordnungen: Statische Versuche werden gemacht im einaxialen oder triaxialen Laborver­such an Bohrkernen, mit dem Dilatometer im Bohrloch oder mit Lastplatten oder Radialpressen in Versuchs­stollen. Dynamische Versuche mittels Ultraschall können an Bohrkernen oder direkt am Fels in situ ausgeführt werden. Dynamische Versuche in situ erfolgen oft auch mit mikroseismischen Methoden.

Wie bei den Festigkeitseigenschaften sind auch Angaben über das Verformungsverhalten .von Sulfatgesteinen in der allgemeinen Fachliteratur nur spärlich vorhanden. Von den bereits mehrfach zitierten Tunnelbauten in der Schweiz und in Deutschland stammen die nachstehend aufgeführten Daten:

(siehe nächste Seite)

T unne 1 Probenbezeichnung Verformungsmodul V Elastizitätsmodul E Po i ssonz ah 1 Versuchsanordnung (N/mm2) (N/mm2) ( -)

Belchentunnel massiger Anhydrit 87 000 - 95 000 0,27 - 0,4 einaxial auf Bohrkern (statisch)

Belchentunnel Anhydrit in Wechsel- 18 000 - 67 000 0,27 einaxial auf lagerung mit Gips Bohrkern (statisch) und Mergel

Belchentunnel do. 22 000 stat. P1attenver-such im Stollen

Bözbergtunne1 do. '2 600 - 10 000 0,17 - 0,25 einaxial auf Bohrkern (statisch)

Wagenburgtunne 1 do. 4 100 (Mittelwert Erstbelastung) stat. Plattenver-5 100 (Mittelwert Zweitbelastung) such im Stollen 4 800 (lweitbelastung rechtwinklig zur Schichtung) 6 000 (Zweitbelastung parallel zur Schichtung)

Tabelle 13: Verformungseigenschaften (bei Raumtemperatur) von Sulfatgesteinen aus dem Schweizer Jura und dem süddeutschen Raum

Que 11 enangabe

/13/

/13/

/13/

/41/

/10/

I

z ~ Gl

~ Z 1-3 tJj

f--J N

~

m

NAGRA NTB 12 - 47 -

Tabelle 13 zeigt, dass das Verformungsverhalten von Sulfatgesteinen in weiten Grenzen variiert. Wegen der stark wechselnden Zusammensetzung ist dies ohne wei­teres verständlich. Zudem muss auch die sChichtungsbe­dingte Anisotropie der Verformungseigenschaften be­achtet werden. Für den praktischen Gebrauch kann für den Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel ein sta­tischer Verformungsmodul von ca. 3 000 N/mm2 als zu­treffend angenommen werden. Die Poissonzahl variiert zwischen ca. 0,15 und 0,30. Für massigen Anhydrit können oft Deformationsmoduli von über 20 000 N/mm2 und Poissonzahlen um 0,30 erwartet werden.

4.1.3.2 Untersuchungen der NAGRA

Aus den bereits unter 4.1.2.2 beschriebenen Triaxial­versuchen, die am geologischen Institut der ETHZ durch­geführt wurden, konnten ebenfalls die Elastizitäts­moduli der untersuchten massigen Anhydrite von Val Canaria, Airolo, Bex, Wandfluh und Ryburg bestimmt werden.

1. Elastizitätsmodul bei Raumtemperatur

Bei Raumtemperatur wurden folgende Werte für den Elastizitätsmodul ermittelt:

Ort Val Canaria Airolo Bex Wandfluh Ryburg Stollen Bohrung 3 Bohrung 3 Bohrung 4 Bohrung 51 33 + 51 m 95,2 - 107,35 - 47,0 - 196,4 -

95,6 m 108,50 m 47,6 m 196,6 m

Dichte 2,838 2,922 2,852 2,929 2,930 (kg/dm3)

E-Modul 19 000 9 000 29 000 12 000 26 000 (N/mm2)

Tabelle 14: Elastizitätsmodul (bei Raumtemperatur) des massigen Anhydrits aus Schweizer Vorkommen nach Untersuchungen der NAGRA

NAGRA NTB 12 - 48 -

2. Elastizitätsmodul bei 400 oe

Die untersuchungen am Geologischen Institut der ETHZ ergaben, dass der Elastizitätsmodul bei 400 oe für die Anhydrite von Ryburg und Wandfluh praktisch un­verändert bleibt (gleiche Werte wie bei Raumtempera­tur). Für die Anhydrite von Val eanaria, Airolo-Süd und Bex sinkt er hingegen auf ca. 400, 700 und 400 N/mm2.

3. Elastizitätsmodul nach Bestrahlung

Es wird auf Kapitel 11 verwiesen.

4.1.3.3 Diskussion

1. Vergleich des Verformungsverhaltens des Anhydrits mit anderen wirtgesteinen

Wirtgestein Verformungs- Elast i zitäts- Poissonzah1 Quellenangabe modul modul ( -)

(N/mm2) (N/mm2)

Anhydrit 10 000 - 50 000 10 000 -50 000 0,30 - 0,40 /13/, /69/, - massig /70/, /71/

- in Wechse 1- 3 000 - 20 000 5 000 - 30 000 0,15 - 0,30 /13/, /41/, 1 agerung /10/ mit Mergel

Opa1inuston 500 - 5 000 1 000 - 8 000 0,35 /13/, /30/

Mergel und 3 000 - 7 000 5 000 - 10 000 0,10 - 0,20 /30/, /28/ Tonsch i efer

Kalk und 13 000 - 20 000 20 000 - 30 000 0,10 - 0,25 /30/, /29/, Sandstei n (40 000) /28/

Steinsalz 4 000 - 6 000 6 000 - 8 000* 0,25 ..; 0,45** /23/

Granit 3 000 - 20 000 5 000 - 30 000 0,05 - 0,15 /29/ ( 0,20)

* stark von Belastungsgeschwindigkeit abhängig ** spannungsabhäng i 9

Tabelle 15: Vergleich des Verformungsverhaltens (bei Raumtemperatur) von Anhydrit und anderen Wirtgesteinen

NAGRA NTB 12 - 49 -

4.1.4

Der Vergleich des Verformungsverhaltens des Anhydrits mit demjenigen anderer Wirtgesteine erfolgt in der Tabelle 15.

Es zeigt sich, dass das Verformungsverhalten der untersuchten schweizerischen Wirtgesteine für jedes Gestein einzeln in weiten Grenzen variiert. Wenn man den Anhydrit anhand des maximalen oberen Grenzwertes für den Verformungsmodul einreiht, so erkennt man folgendes:

- Der massige Anhydrit weist den höchsten Verfor­mungsmodul aller untersuchten schweizerischen Wirtgesteine auf.

- Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel liegt be­züglich des Verformungsmoduls im oberen bis ober­sten Bereich aller schweizerischen Wirtgesteine. Opalinuston, Steinsalz und normalerweise auch Mergel und Tonschiefer weisen geringere Deforma­tionsmoduli auf. Kalke, Sandsteine und Granite weisen gleiche bis leicht höhere Deformations­moduli auf.

2. Beurteilung des Verformungsverhaltens des Anhydrits bezüglich der Anforderungen an die Lagertypen

Es wird auf Abschnitt 4.1.4 verwiesen, wo alle mechanischen Gesteinseigenschaften gemeinsam beurteilt werden.

Beurteilung der mechanischen Gesteinseigenschaften des Anhydrits bezüglich der Anforderungen an die Lagertypen

Für die Abfallkategorien I und 11 sind nach /90/ ober­flächennahe Lagerkavernen bzw. Lagerkavernen auf 100 -600 m Tiefe vorgesehen. Für die Abfallkategorie 111 werden durch Schächte erschlossene Lagerstätten oder Tiefbohrungen auf 600 - 2 500 m Tiefe ins Auge gefasst. Eine Beurteilung der mechanischen Gesteinseigenschaften des Anhydrits muss daher nachweisen, wie sich die mechanischen Eigenschaften des Anhydrits für Stollen­und Kavernenbau bzw. für das Abteufen von Schächten und Bohrlöchern eignen. Die Beurteilung wird im folgenden unterteilt in massigen Anhydrit und in Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel.

NAGRA NTB 12 - 50 -

4.1.4.1 Massiger Anhydrit

Massiger Anhydrit mit einer Druckfestigkeit von 50 -150 N/mm2, einem inneren Reibungswinkel von 31 - 39 0

,

einer Kohäsion von 10 - 40 N/mm2 und einem Verformungs­modul von 10 000 - 50 000 N/mm2 stellt ein sehr gutes Stollengebirge* dar, das insgesamt nur von sehr wenigen Gebirgsarten noch übertroffen wird.

Die mechanischen Eigenschaften sind derart, dass sich das Gestein für den Untertagebau gut eignet, und zwar sowohl für den gesprengten Ausbruch als auch für den Abbau mittels Vortriebsmaschinen (Vollschnittmaschi­nen) • Die Anwendung von Teilschnittmaschinen wird in einigen Fällen am Rand des technisch möglichen Einsatz­bereiches liegen.

Für Lagerkavernen des Lagertyps A bietet der massige Anhydrit - immer bezüglich seiner mechanischen Eigen­schaften - ideale Verhältnisse: Das Gestein lässt sich sehr gut abbauen. Die Festigkeitseigenschaften sind so gut, dass keine Standfestigkeitsprobleme entstehen und der Kavernenhohlraum auch bei grossen Abmessungen prak­tisch ohne besondere Felssicherungen stabil ist, sofern der Anhydritkörper nicht oder nur schwach geklüftet ist. Spezielle Einwirkungen (Erwärmung und Bestrahlung) auf die mechanischen Gesteinsparameter entfallen beim Lagertyp A, so dass das Gesteinsverhalten unter nor­malen Bedingungen massgebend ist.

Für Lagerkavernen des Lagertyps B sind nach /90/ vor allem Anhydrit, Tongesteine und weiter Kalke und Sand­steine in günstiger hydrogeologischer Lage vorgesehen. Es zeigt sich, dass massiger Anhydrit den Tongesteinen deutlich überlegen ist und etwa einem massigen Kalk oder Sandstein gleichzusetzen ist. Für die Ausführung von Schächten und Kavernen eignet sich Anhydrit sehr gut. Bezüglich Standfestigkeit und Kavernenstabilität sind die hohen Festigkeitseigenschaften sehr günstig. Erwärmung und Bestrahlung - als Einwirkung von Abfällen der Kategorie II - beeinträchtigen die mechanischen Eigenschaften von massigem Anhydrit nur unwesentlich. Insgesamt eignet sich daher massiger Anhydrit sehr gut für Lagerkavernen vom Typ B.

Für Lagerstätten des Typs C sind nach /90/ Steinsalz, Anhydrit, ungeklüfteter Granit und Tongesteine vorge­sehen. Für den Bau von Schächten und Kavernen wie für die Ausführung von Bohrlöchern eignet sich massiger Anhydrit sehr gut. Bezüglich der Standfestigkeit über-

* Ausbruchklasse I (bis II) nach SIA-Norm 198

NAGRA NTB 12 - 51 -

trifft der massige Anhydrit das Steinsalz und die Tongesteine; je nach Verhältnissen kann der Anhydrit sogar durchaus an einen Granit herankommen. Anderseits ist die Bohrbarkeit des Anhydrits bedeutend besser als jene eines Granites, da der Anhydrit normalerweise fast keine harten Mineralien enthält und auch nicht sehr zäh ist. Die Erwärmung - als Einwirkung von Abfällen der Kategorie 111 - beeinträchtigt das mechanische Verhal­ten von massigem Anhydrit nur unwesentlich. Einwirkun­gen aus Bestrahlung kommen erst zum Tragen, wenn die Lagerstätten versiegelt sind, und erfassen nur einen kleinen Felsbereich. Massiger Anhydrit eignet sich ins­gesamt gut für Schächte, Kavernen und Bohrungen des Lagertyps c.

4.1.4.2 Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel

Wie dargelegt, weist Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel (und auch Gips) von Fall zu Fall sehr unter­schiedliche mechanische Gesteinsparameter auf: Die Druckfestigkeit erreicht 10 - 30 N/mm2, der Winkel der inneren Reibung 35 - 50 0

, die Kohäsion 1,5 - 20, in seltenen Fällen 40 N/mm2, und der Deformationsmodul 3 000 - 20 000 N/mm2. Oft kann der Gipskeuper mit einem guten Mergel verglichen werden und stellt dann ein mittelgutes* Stollengebirge dar, soweit die mechani­schen Eigenschaften gemäss obiger Definition massgebend sind. In der Praxis wird Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel aber als schlechtes Stollengebirge einge­stuft, weil seine Verwitterungsanfälligkeit und Quell­fähigkeit (siehe Kapitel 7) normalerweise beträchtlich und sehr unerwünscht sind.

Für Lagerkavernen des Lagertyps A wird der Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel nicht empfohlen, da in der Schweiz oberflächennah viele Gesteine anstehen, die gleiche oder bessere mechanische Eigenschaften auf­weisen und die viel weniger verwitterungsanfällig sind und nicht quellen.

Für Lagerkavernen des Lagertyps B werden - wie bereits erwähnt - vor allem Anhydrit, Tongesteine, Granit sowie Kalke und Sandsteine in günstiger hydrogeologischer Lage und ungeklüftetes Kristallin in Betracht gezogen. Der Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel ist den Ton­gesteinen bezüglich der untersuchten mechanischen Eigenschaften überlegen. Sowohl die wechselgelagerten Anhydrite wie auch die Tongesteine (Opalinuston!) sind

* Ausbruchklasse 11 (bis 111) nach SIA-Norm 198 .

NAGRA NTB 12 - 52 -

jedoch bezüglich der Quellerscheinungen im allgemeinen stollenbautechnisch sehr problematisch. Aus heutiger Sicht kann man jedoch sagen, dass Quellerscheinungen an einern Endlager, das sich selbst überlassen wird und an das keine geometrischen Anforderungen - wie etwa an ein Eisenbahngeleise oder an die Fahrbahn einer Strasse - gestellt werden, eventuell gar keine negativen Folgen brächten, sondern im Gegenteil wegen der abdichtenden Wirkung positiv zu werten wären. Die mechanischen Eigenschaften genügen an sich für Untertagebau. Bezüg­lich Erwärmung und Bestrahlung liegen ähnliche Verhält­nisse vor wie für den massigen Anhydrit.

Wahrscheinlich können im wechselgelagerten Anhydrit relativ wasserdichte Verhältnisse gefunden werden, so dass weitere Untersuchungen jedenfalls empfehlenswert sind.

Für Lagerstätten des Typs C kommen, wie bereits erwähnt, Steinsalz, Anhydrit, ungeklüfteter Granit und Tonge­steine in Frage. Die Standfestigkeit von Schächten und Kavernen kann eventuell wegen der Quellerscheinungen gewisse Probleme bieten. Entscheidend wird aber die Standfestigkeit von Bohrlöchern (= Lagerstellen) im wechselgelagerten Anhydrit sein, die eher besser sein dUrfte als im Steinsalz und in Tongesteinen. Die Bohr­barkeit kann als gut bezeichnet werden, wobei die auf­zuwendende Bohr- oder Abbauenergie über jener für Steinsalz und Tongesteine, jedoch weit unter jener für Granit liegt. Bezüglich Erwärmung und Bestrahlung gelten ähnliche Ueberlegungen wie für Lagerstätten im massigen Anhydrit. Insgesamt sollten sich die mechani­schen Eigenschaften von Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel eignen für die Ausführung von Lagerstätten des Typs C.

NAGRA NTB 12 - 53 -

5.

5.1

5.1.1

VERAENDERUNGEN BEI TEMPERATURERHOEHUNG

WAERMEDEHNUNG

Angaben aus der Fachliteratur

Die Wärmedehnung der festen Körper und so auch der Ge­steine beruht zum einen auf der mit steigender Tempera­tur zunehmenden Molekularbewegung (wahre Wärmedehnung) und zum anderen bei kapillarer Struktur und Präsenz quellfähiger, gelförmiger Stoffanteile und zugleich Wasser auf Volumenänderungen infolge kapillarer Kräfte sowie auf der Wirkung adsor~tiver Vorgänge im Gebiet der quellfähigen Stoffanteile (scheinbare Wärmedeh­nung). Die als Summe dieser Vorgänge beobachtete Wärme­dehnung bei Temperaturerhöhung kann als Volumendehnung 6VT oder als lineare Wärmedehnung (Temperaturdehnzahl aT) angegeben werden /17/.

Bei den Gesteinen hängt die Wärmedehnung von der meist anisotropen Wärmedehnung der gesteinsbildenden Minera­lien ab, wobei die vorherrschenden Mineralien die Wärmedehnung des betreffenden Gesteins bestimmen. Aus dem anisotropen Verhalten der Minerale folgt, dass auch die Gesteine vielfach ein anisotropes Wärmedehnver­halten aufweisen. In diesen Fällen wird die mittlere lineare Temperaturdehnzahl aus der Volumendehnung erhalten:

Die Wärmedehnung der Gesteine hängt von folgenden Fak­toren ab:

- Textur und Struktur der Minerale (Anisotropie)

- Kristalline oder amorphe Ausbildung: amorphe Aus­bildung vermindert die Wärmedehnzahl

Grösse der Gemengteile und Porosität: sie beein­flussen die Wärmedehnung sehr gering

- Feuchtigkeit: lufttrockene Gesteine, deren Porenraum nur teilweise mit Wasser gefüllt ist, können bis zu 10 % grössere Dehnungen aufweisen als wassergesät­tigte Gesteine (aufgrund der scheinbaren Wärmedeh­nung)

- Die Temperaturdehnung ist temperaturabhängig. Sie nimmt ~it zunehmender Temperatur im allgemeinen zu.

NAGRA NTB 12 - 54 -

Richtwerte für die Wärmedehnzahlen der Gesteine folgen aus der Tabelle 16.

Mittlere lineare

Gesteinsart Temperaturbereich oe Wärmedehnzah 1 Ci, = 1 f:.. V 1O-6/ oC T -. T·

3

Quarzite, Kieselschiefer, Feuerstein, 0 ••• 60 11 ,8 Kieselgur, Kieselsinter

Sandsteine mit kiese1igem 0 ••• 60 11 ,8 Bin dem i tt el

Sonstige Sandsteine 0 ••• 60 11 ,0

Quarzsande und -kiese 0 ••• 60 11 ,0

Tonschiefer 0 ••• 60 10,1

Glimmerschiefer, Phyllite 0 ••• 60 10,7

Chlorit- und Talkschiefer 0 .... 60 7,5

Granite, Arkosen, Quarzporphyre, Li parite 0 ••• 60 7,4 Gneise, Granul ite

Syenite, Feldspatporphyre, Trachyte, Diorite, Porphyrite, Andesite, 0 ••• 60 6,5 Phonolite, Gabbros, Diabase, Basalte, Peridotite, Pikrit, Limburgit

Dichte, kristalline, poröse oder 0 .... 30 4,5 oolithische Kalksteine, Kalksinter

Marmore 0 ••• 30 4,5 30 ••• 60 6,5

Dolomite, Magnesite Ou .. 60 8,5

Vulkanische Gläser und Tuffe, Breccien, Konglomerate und Grauwacken haben Wärmedehnzahlen wie die ihnen mineralogisch entsprechenden Gesteine.

Tabelle 16: Richtwerte für die Wärmedehnzahlen der Gesteine nach /17/

NAGRA NTB 12 - 55 -

5.1.2

Zum Vergleich sind noch die linearen Wärmedehnzahlen von Beton /9/ und einigen Metallen angegeben /82/, /39/.

Stoff lineare ~ärmedehnzahl Quellenangabe a (lO-6/oC)

T

Beton 5,5 - 14,0* /9/

Eisen 12,0 /82/, /39/

Kupfer 14,0 - 16,0 /82/, /39/

Blei 29,0 /82/, /39/

Invar 1,6 - 2,0 /82/, /39/

* je nach Zuschlagstoffen, Zementgehalt und Feuchtigkeit

Tabelle 17: Wärmedehnzahlen von Beton und einigen Metallen

Untersuchungen der NAGRA

In der Fachliteratur konnten keine Angaben über das Wärmedehnverhalten von Anhydrit gefunden werden. Eigene Versuche der NAGRA an Proben aus schweizerischen Anhy­dritvorkornrnen /19/ zeigen bei einer Erhitzung bis auf 1 000 oe in der Regel eine lineare Wärrnedehnung von 2 bis 3 %. Dies entspricgt einer linearen Wärmedehnzahl von a = 20 - 30 x 10- /oe. Diese Zahl gilt als MitteIwert für den Temperaturbereich von 0 - 1 000 °ei für den Temperaturbereich von 0 - 100 oe ist eine Wärrnedehnzahl von ca. 20 x 10-6/oe zu erwarten.

Bei Proben, die vorher in Wasser gelagert wurden, ist die Wärmedehnung gelegentlich geringer als bei luft­trockenen Proben. Der Grund dafür liegt offenbar darin, dass die scheinbare Wärmedehnung der wassergelagerten Proben null ist /17/.

NAGRA NTB 12 - 56 -

5.2 GEWICHTSVERAENDERUNG UND THERMISCHER ZERFALL

Eigene Untersuchungen der NAGRA /21/ an Proben, die unbehandelt, 90 Tage in Wasser oder 90 Tage in gesät­tigter Kochsalzlösung gelagert, untersucht wurden, zei­gen im Temperaturbereich von 100 - 1 000 °c die in Beilage 4 dargestellten thermogravimetrischen Kurven. Dabei zeigt sich recht einheitlich, dass bei den Pro­ben, die in Wasser gelagert wurden, eine erste Ge­wichtsverminderung um wenige %, etwa zwischen 100 und 200°C eintritt, was wohl auf eine Abgabe von Kri-'stallwasser aus Gips zurückzuführen ist. Dann bleibt das Gewicht praktisch konstant bis auf 500 - 600 °c, wo nun einheitlich eine beträchtliche Gewichtsreduktion (5 - 20 %) eintritt, die offenbar grösstenteils auf die Dekarbonisierung von Dolomit und in geringerem Mass auf die Entwässerung von Tonmineralien zurückzuführen sein dürfte.

Das Mineral Anhydrit zerfällt bei 1 450 °c (Schmelz­punkt des Calciumsulfats) in CaO + S02 + 1/2 02 /4/.

5.3 FOLGERUNGEN FUER DIE ENDLAGERUNG

Für alle Typen von Endlagern ergeben sich die nach­stehenden Folgerungen:

Die Wärmedehnung von Anhydrit ist grösser als für die meisten anderen Gesteine. Temperaturerhöhungen können daher im Anhydrit relativ grosse Eigenspannungen er­zeugen. In unmittelbarer Nachbarschaft von Wärmequel­len kann es deshalb zu Rissbildungen kommen, wodurch lokal die Durchlässigkeit des Gesteins zunehmen kann.

- Gewichtsverluste an Anhydritgestein infolge Erwärmung spielen erst ab 500 bis 600 C eine grössere Rolle. Zum thermischen Zerfall von Anhydrit kommt es erst bei 1 450 °C. Bei geeigneter Einlagerung der Ab­fälle (hochaktiv) bleiben die Felstemperaturen, auch dank der guten Wärmeleitfähigkeit des Anhydrits, stets wesentlich unter 500 °C.

NAGRA NTB 12 - 57 -

6. WAERMELEITFAEHIGKEIT DES ANHYDRITS

6.1 GRUNDLAGEN

Die eingelagerten radioaktiven Abfälle produzieren als Folge des radioaktiven Zerfalls der Nuklide ständig Energie, welche als Nachzerfallswärme freigesetzt wird. Diese Wärmemengen müssen über das Wirtgestein sowie die umlagernden Gesteinsverbände abgeführt werden. Als Folge führt dies im Lagergut und im Gestein zu einer zusätzlich zur Erdtemperatur auftretenden Temperatur­differenz.

Die Höhe des Temperaturanstiegs hängt im stationären Fall im wesentlichen von folgenden Faktoren ab:

- Wärmeleistung der eingelagerten Abfälle

- Wärmeleitfähigkeit der Lagermaterialien und der Ge­steine (Gebirge)

- Geornetri~ der Endlagerstätte

6.2 VERGLEICH MIT ANDEREN MATERIALIEN

Die Wärmeleitfähigkeit ist eine Materialeigenschaft, welche von der Temperatur abhängt und im stationären Fall den Wärmestrom linear beeinflusst.

Einen Vergleich der Wärmeleitfähigkeiten verschiedener potentieller Wirtgesteine zeigt Tabelle 18.

Wärmeleitfähigkeit Quellenangabe A (W/rn K)

Salz 5 - 7 /12/, /14/, /75/ Anhydrit 5,4 /81/, /85/ Kristal1in 2 Ton 1,3 Merge 1 0,9 - 2,2 Gips (zum Vergleich) 1,3

Tabelle 18: Wärmeleitfähigkeiten verschiedener Wirtgesteine

NAGRA NTB 12 - 58 -

Obiger Vergleich zeigt eindeutig, dass der Anhydrit bezüglich dieser Eigenschaft zu den günstigsten Wirt­gesteinen gehört.

Eine detaillierte Uebersicht über die Wärmeleitfähig­keit anderer Gesteine und Materialien ist in Beilage 5 enthalten. Daraus geht insbesondere hervor, dass der Anhydrit nicht nur im Vergleich zu anderen Wirtgestei­nen, sondern auch verglichen mit Gips, Beton oder Bor­silikatglas wesentlich höhere und somit günstigere Werte aufweist.

Bei der Beurteilung dieser Daten ist jedoch zu berück­sichtigen, dass die Wärmeleitfähigkeit bei den meisten Materialien, vorab bei den Gesteinen, einen beträcht­lichen Streubereich aufweist, welcher unter anderem auf die Unterschiede in der Zusammensetzung (z. B. Verun­reinigungen) zurückzuführen ist.

An der EMPA /20/ sind an 3 Anhydritproben des Val Canaria Versuche zur Bestimmung der Wärmeleitfähigkeit durchgeführt worden (siehe Beilage 6). Sie ergaben im Messbereich ein nahezu lineares Verhalten in Abhängig­keit von der Temperatur, wobei die Extremwerte zwischen den Grenzen

4. 9 ~ (9.6 °C) und 3.0 W K (89. 7°C) liegen. m.K ID.

Die Wärmeleitfähigkeit des Anhydrit "Val Canaria" nimmt somit mit steigender Temperatur um ca. 20 % ab und liegt generell etwas unter dem in Tabelle 18 aufgeführ­ten Wert gemäss Literatur.

Falls eine vergipsung von Anhydrit eintritt, wird die Wärmeleitfähigkeit wesentlich verschlechtert (AGips = 1,3 W/m·K).

6.3 EIGNUNG ALS WIRTGESTEIN FUER DIE ENDLAGERUNG SCHWACH­UND MITTELAKTIVER ABFAELLE

Beim Betrieb von Kernkraftwerken fallen schwach- und mittelaktive Abfälle an, die - soweit es keine brenn­baren Materialien oder Schrotteile sind - in verfestig­ter Form in 200-Liter-Fässern der Endlagerung zugeführt werden.

NAGRA NTB 12 - 59 -

6.3.1

6.3.2

Annahmen

Die Auswertung von Messungen an verfestigten Harzab­fällen /90/ aus der Reaktorwasserreinigung ergibt zum Zeitpunkt der Verfestigung eine Wärmeleistung von ca. 60 Watt pro 1 000 Fässer. Dieser Wert ist für die Aus­legung von Endlagerstätten als obere Grenze zu betrach­ten, da die Wärmeleistung eines Gemisches von schwach­und mittelaktiven Abfällen geringer ist.

Die spezifische Wärmeleistung im Stollen beträgt dann 0,15 Watt/rn3 und klingt sukzessive ab.

Aufgrund einer stationären Berechnung der Temperatur­erhöhung im Gesteiri ist für eine Endlagerung der Ab­fallbehälter in einem zylindrischen Stollen /3/ der in Beilage 7 für verschiedene Wirtgesteine dargestellte Temperaturanstieg zu erwarten.

Folgerungen

- Der maximale Temperaturanstieg an der Aussenwand eines einzelnen zylindrischen Lagerstollens (Endlager für schwach- und mittelaktive Abfälle) ist ungefähr proportional zum Stollenquerschnitt und umgekehrt proportional zur Wärmeleitfähigkeit des umgebenden Gesteins.

Anhydrit leitet im Vergleich zu anderen Wirtgesteinen die Wärme äusserst gut ab und wird diesbezüglich nur von Salz übertroffen.

- Für Anhydrit aus dem Val Canaria als Wirtgestein ergäben sich maximale Temperaturerhöhungen von 1 bis 2 C (siehe Beilage 7).

- Unter der Annahme einer weitreichenden Gipsbildung um den Lagerstollen wäre ein Temperaturanstieg von 3 bis 6 oe zu erwarten.

- Eine Beeinträchtigung des Arthydritgesteins infolge von Temperatureinflüssen, verursacht durch die Wärmeproduktion endgelagerter, verfestigter schwach­und mittelaktiver Abfälle, ist ausgeschlossen.

6.4 EIGNUNG ALS WIRTGESTEIN FUER DIE ENDLAGERUNG VON VER­FESTIGTEN HOCHAKTIVEN ABFAELLEN

Die Wärmeleistung in folge des Nachzerfalls hochaktiver Abfälle liegt im Vergleich zu mittelaktiven Abfallstof­fen um Zehnerpotenzen höher. Aus sicherheitstechnischen Gründen ist deshalb eine Auslegung des Lagerkonzepts

NAGRA NTB 12 - 60 -

6.4.1

nach thermodynamischen Parametern unbedingt erforder­lich. Die Wärmeleiteigenschaften des Wirtgesteins haben einen massgeblichen Einfluss auf die Temperaturerhöhun­gen - die ihrerseits kurz- und langfristig die Sicher­heit des Endlagers beeinträchtigen können - und sind im vorliegenden Fall besonders wichtig.

Annahmen über Abfälle und Endlagerkonzept

Die zeitlich abklingende spezifische Wärmeleistung ver­festigter hochaktiver Abfälle ist in Tabelle 19 ange­geben /36/.

Für die nachfolgenden Berechnungen wird vorausgesetzt, dass die Abfälle in Glaszylindern von 3 m Länge und 30 cm Durchmesser in tiefen Bohrlöchern gelagert werden. Die maximalen Temperaturdifferenzen werden mittels stationärer Rechnungen ermittelt.

Beim einzelnen Zylinder tritt die maximale Temperatur stets auf der Mittelachse auf. Für schlanke Zylinder kann der Temperaturverlauf in der Mitte (Z = H/2) mit genügender Genauigkeit als Funktion des Radius allein dargestellt werden.

Die Temperaturdifferenz zwischen Zylinderachse und Zylinderoberfläche (8A - 80 ) im wärmeproduzierenden Lagergut sinkt mit zunehmender Abklingzeit gemäss Darstellung in Tabelle 19.

Abklingzelt (Jahre) 10 30 60

. Watt Wärme1elstung (~) 5,3 2,7 1,3

BA - Ba (oc) 58 29 1~

Tabelle 19: Wärmeleistung und Temperaturdifferenz 1m Behälter für hochaktiven Abfall (Anteil des Abfalls ca. 20 Gew.-%, ~ 1 = 1,4 W/m.K.

9 as

100

0,5

5,4

NAGRA NTB 12 - 61 -

6.4.2

Die resultierende Temperaturerhöhung am Bohrlochrand (R = 2 m) ist in Beilage 8 dargestellt. Da die Wärme­leistung der Abfallbehälter die Ursache für die Tempe­raturerhöhungen im Gebirge bildet, können letztere durch Aenderung von Menge und Alter des Abfalls beein­flusst werden.

Die anderen Studien /74/, /75/ zugrundeliegenden Ab­fallvolumen von 40 - 45 Liter pro Behälter liegen unter den oben angenommenen amerikanischen Behältergrössen (200 1). Aufgrund von thermodynamischen Berechnungen mit diesen kleineren Behältern ergeben sich für 30 Jahre abgeklungene Abfälle Maximaltemperaturen von 70 -80 oe im kristallinen Gebirge, wobei die Temperatur im Innern des Zylinders nicht über 120 oe steigt.

Da die kristallinen Gesteine gegenüber Anhydrit eher schlechtere Wärmeleitfähigkeiten aufweisen, sind bei der Wahl von Anhydrit als Wirtgestein anstelle von Kristallin für dieses Lagerkonzept (kleine Behälter) kaum ungünstigere Temperaturverhältnisse zu erwarten.

Folgerungen

- Für die zu erwartenden teilweise hohen Gesteinstem­peraturen (siehe Beilage 8) erweisen sich die Wärme­leiteigenschaften des Anhydrits als günstig.

- Zur Ermittlung der Höchsttemperaturen im Lagergut und im Gestein sind jedoch zusätzliche Faktoren zu berücksichtigen:

1. Die Temperatur an der Erdoberfläche (ca. 6 -8°C) und der geothermische Gradient (3 °C/IOO rn) sind additiv einzurechnen. Dies ergibt in

500 m Tiefe 1 000 m Tiefe 1 500 m Tiefe

als Ausgangswert.

ca. 22°C ca. 37 oe ca. 52 oe

2. In der Beilage 8 sind die Temperaturdifferenzen zwischen Zylinderoberfläche und einern Punkt in 2 m Abstand für verschiedene Abklingzeiten des Abfalls dargestellt. Die Angabe absoluter Temperaturwerte in Gestein und Abfallzylinder ist stark abhängig vorn Lagerkonzept und damit von der Ueberlagerung vieler Wärmequellen.

NAGRA NTB 12 - 62 -

3. Isoliermaterialien und Luftspalten (Risse, Klüfte usw.) mit schlechteren Wärmeleiteigenschaften im Vergleich zu Anhydrit bewirken zusätzliche Tempe­raturerhöhungen.

- Als einschränkende Faktoren bei der Auswahl von Materialien und Wirtgesteinen sowie als Randbedingung für die Festlegung der generellen Endlagerkonzepte wirken vor allem die zulässigen Temperaturen im Ab­fallzylinder und im Wirtgestein.

Bei Borsilikatgläsern wären Oberflächentemperaturen von 300 - 400 e und Zentral temperaturen von 400 - 500 oe zulässig /74/. 10 Jahre zwischengelagerte Glaszylinder mit hochaktivem Abfall könnten also unter diesen Bedingungen durchaus im Anhydrit endge­lagert werden. Aus praktischen Gründen wird man je­doch anstreben, maximale Innentemperaturen vom 150 oe nicht zu überschreiten /74/.

In diesem Zusammenhang ist die Feststellung wichtig, dass bei Temperaturen> 58 oe keine Umwandlung von Anhydrit in Gips eintreten kann und somit eine Ver­heilung von sich bildenden Rissen im Anhydrit aus­bleibt.

Die Verminderung der Festigkeitseigenschaften von Anhydrit ist bei Temperaturen von einigen 100 oe unwesentlich.

NAGRA NTB 12 - 63 -

7. DAS QUELLVERHALTEN VON ANHYDRIT

7.1 ANGABEN AUS DER FACHLITERATUR SOWIE AUS VEROEFFENTLICH­TEN UND UNVEROEFFENTLICHTEN UNTERSUCHUNGEN DRITTER

Das Phänomen des blähenden Gebirges, handle es sich um "quellende" Tongesteine gewisser Mergelformationen der Molasse oder des Juras und Opalinuston oder um "schwel­lende" Gesteine des Gipskeupers und der Anhydritgruppe, ist im Tunnelbau schon lange bekannt /68/. Die Ursache solcher Gesteinsblähungen, im folgenden generell wieder als Quellungen bezeichnet, liegt grundsätzlich in der Wasseraufnahme gewisser Tonmineralien bei Entlastung des Bodens und in der chemischen Umwandlung von Anhydrit in Gips mit entsprechender Volumenzunahme sowie in Kombinationen dieser Vorgänge.

Daraus resultierende Sohlenhebungen - über die Jahre summiert zum Teil in der Grössenordnung von mehreren Metern - und grosse Schäden an Tunnelgewölben sind in verschiedenen schweizerischen Bahntunneln /24/ im Jura und in der Molasse, an Tunneln im süddeutschen Raum /68/ und später auch im Strassentunnel durch den Belchen /25/, 26/, /40/, /79/, in Frankreich /78/ und auch andernorts aufgetreten.

Voraussagen über Quellverformungen und Quelldrücke sind nach /68/ dadurch sehr erschwert, dass beide von einer ganzen Reihe von Faktoren abhängen, wie z. B.

- von Zusammensetzung, Klüftungsgrad und Vorgeschichte des Materials

- von der Intensität und Qualität des primären Span­nungszustandes

- von Lage und Grösse des Tunnelprofils

- von der Grösse und Qualität des aufgebrachten Gegen­druckes (welcher vorwiegend einachsig wirkt, während der Primärdruck im wesentlichen durch einen drei­achsigen Spannungszustand gekennzeichnet ist)

- vorn Zeitpunkt der Aufbringung des Gegendruckes sowie davon, ob dieser aktiv (durch Anker) oder reaktiv durch Ausdehnungsverhinderung (z. B. Gewölbe) wirkt

NAGRA NTB 12 - 64 -

- vom Nachschub des Wassers zu den Bereichen des Quel­lens, welches bei der Volumenzunahme durch Spannungs­gefälle aus benachbarten Gebieten angesaugt wird "oder an Ort und Stelle einen anderen Bindungszustand in oder mit den Festteilchen" eingehen kann (Einstein et ale 1972) oder aber auch künstlich durch den Bauvorgang zugeführt wird.

Deshalb sind Voraussagen über Quellverhalten und bau­liche Auswirkungen in situ aufgrund von Laborversuchen ausserordentlich schwierig. Trotzdem ist es üblich, quellende Gesteinsarten zum Beispiel aufgrund von Quellungs-Oedometerversuchen zu charakterisieren und -bei Wasserzugabe - einerseits die maximale Quellhebung bei unbehinderter Ausdehnung und andererseits den maxi­malen Quelldruck bei völliger Behinderung der Ausdeh­nung zu bestimmen.

Loka lltät Geotechni sche Versuchsanordnung Bezeichnung

1. Bözbergtunne1 Mergel der oberen Oedometer Süsswassermolasse

2. Bözbergtunnel Merg e 1 unt er er Oedometer Dogger

3. Bözbergtunnel Opalinuston Oedometer

4. Bözbergtunne 1 Anhydrltgruppe Oedometer

5. Belchentunnel Anhydrit in Oedometer und Wechsellagerung Druckmessdosen mit Gips und in situ Mergel (Gipskeuper)

60 - reiner Anhydrit, Laborversuch gemahlen

7. Süddeutschland massige Anhydrit- Beobachtung in einschaltungen in sltu Gipskeuper

Tabelle 20: Quellverhalten einiger Ton- und Sulfatgesteine 1 bis 5: nach Ref. /30/ 6: nach Ref. /78/ 7: nach Ref. /10/

max. Quel1mass (%) max. Que 11 druc k N/mm2

8,1 1,82

2,5 - 9,0 0,59 - 3,22

11 - 20,9 2,36 - 7,0

2,3 0,29

ca. 10,0 2,0 - 3,0 (4,0)

- 1,6

0,0 0,0

NAGRA NTB 12 - 65 -

Zur Illustration sind in der Tabelle 20 einige Angaben verschiedener Autoren zusammengestellt. Zum Vergleich sind neben anhydrithaItigen bzw. anhydrit- und tonhaI­tigen Gesteinen auch einige Gesteine herangezogen, deren Quellung nur auf Wasseraufnahme von Tonmineralien beruht.

Bei den Beispielen 1 bis 3 (Tabelle 20) handelt es sich um die Wirkung der Quellung von Tonmineralien. Bei den Beispielen 4 und 5 wird eine kombinierte Wirkung der Quellung von Tonmineralien und der Umwandlung von Anhydrit in Gips angenommen. Die Beispiele 6 und 7 zeigen die Wirkung der Umwandlung von Anhydrit in Gips.

Dabei ist zu beachten, dass die Verwandlung von Anhydrit in Gips von einer 6l%igen Volumenzunahme begleitet wird, wenn das benötigte Wasser von aussen in das betrachtete System hineingegeben wird; gehörte das Wasser hingegen schon vorher zum betrachteten System, so würde sogar eine Volumenabnahme eintreten /10/.

Das Beispiel 7 weist darauf hin, dass an massigem, relativ reinem Anhydrit oft eine nur oberflächliche Vergipsung eintritt, wobei nur sehr geringe oder gar keine Quellhebungen beobachtet werden.

7.2 QUELLUNTERSUCHUNGEN DER NAGRA

An Probenmaterial aus Bex, Airolo-Süd, Airolo-Ost (Val Canaria), Wandfluh und Ryburg wurde das Quellverhalten von massigem, relativ reinem Anhydrit an der EMPA /18/, am Geologischen Institut der ETHZ /69/, /70/ und am Institut für Grundbau und Bodenmechanik der ETHZ /1/ untersucht. Ergänzende untersuchungen über die Ver­gipsung von Anhydritoberflächen führte das EIR aus /54/. Die Quellversuche wurden in Wasser, Kalilauge und Natronlauge, Portlandzementbrei und Kaliumsulfat vor­genommen.

Wie analog auch in der Natur zu beobachten ist, bildete sich um die Anhydritproben bel all diesen Laborver­suchen relativ rasch ein Gipsmantel, welcher den Kern der Probe vor weiterer umwandiung schützte. Reine Anhydritproben können deshalb unter Laborverhältnissen nicht zu starker Quellung gebracht werden.

Einige Details zu den einzelnen Versuchen werden nach­stehend beschrieben:

NAGRA NTB 12 - 66 -

7.2.1 Quellversuche im Wasser

Im Oedometer-Quellversuch des Instituts für Grundbau und Bodenrnechanik (1GB) der ETHZ /1/ zeigten Anhydrit­proben nach einem Jahr Lagerung in destilliertem Wasser im Minimum eine Hebung von 0,06 % (Anhydritprobe Ry­burg), im Maximum 5 % (Anhydritprobe Wandfluh). Die übrigen Proben schwankten zwischen 1 und 3 %, wobei die Quellung anfänglich (primäre Quellung) deutlich schnel­ler und mit der zeit (sekundäre Quellung) langsamer und abklingend erfolgte. Die gemessenen Quelldrücke halten sich im Rahmen von 0,1 bis 0,2 N/mm2. An einer gemahle­nen Probe zeigte sich ganz deutlich der Einfluss der erhöhten, dem Wasser ausgesetzten Oberfläche: In diesem Fall beträgt die Quellhebung 11 % und der Quelldruck ca. 1,4 N/mm2.

Quellungsversuche an der EMPA /13/ ergaben in ent­salztem Wasser nach 90 Tagen eine Quellung von 0,051 - 0,216 %. Bei linearer Extrapolation auf 1 Jahr ergibt sich daraus eine Quellung von ca. 0,2 - 0,9 %. Diese Werte liegen im untersten Bereich des vom 1GB ermittel­ten Spektrums von 0,6 - 5,0 %.

Noch kleinere Werte wurden am Geologischen Institut der ETHZ /69/, /70/ bei Quellversuchen in reinem Wasser be­stimmt: Die bei diesen Versuchen ermittelte Volumenzu­nahme betrug nach 400 Tagen ca. 0,1 - 0,2 %.

Es ist anzunehmen, dass die genannten Institute teils wegen Unterschieden im Probenmaterial und teils wegen unterschiedlicher Versuchs anordnung zu unterschied­lichen Resultaten gekommen sind.

Vergleicht man die Quellparameter des massigen Anhydrits nach 1GB (0,6 - 5 % und 0,1 - 0,2 N/mm2) mit den Werten nach Tabelle 20, so erkennt man, dass das Quellverhalten des massigen Anhydrits der von der NAGRA untersuchten Lokalitäten relativ bescheiden ist und etwa mit dem Quellverhalten schwach quellender Mergel verglichen werden kann. Das Quellverhalten des Proben­materials der Wandfluh ist ähnlich jenem der Anhydrit­gruppe des Bözberggebietes (Tabelle 20), welches eben­falls vom 1GB mittels der gleichen Versuchs anordnung bestimmt wurde.

Den zeitlichen Verlauf der Vergipsung der Anhydritober­fläche bei Lagerung in Wasser untersuchte das EIR /54/ an Material von Val Canaria, Bex und Wandfluh. Die Ver­gipsung der verschiedenen Anhydritproben verläuft an­fänglich verschieden rasch; nach ca. 1 Monat decken die Gipsschichten den Anhydrit gleichmässig ab und schützen ihn gegen eine weitere Vergipsung. Da bei Zimmertem­peratur Anhydrit in reinem Wasser leichter löslich ist

NAGRA NTB 12 - 67 -

7.2.2

7.2.3

7.2.4

als Gips, wirkt eine an Anhydrit gesättigte Lösung für Gips als übersättigt, so dass sich an der Anhydritober­fläche Gipskristalle bilden. Die Gipskristalle bilden anfänglich einen dicken Nadelfilz, aus dem mit der Zeit relativ grosse Einzelkristalle von idiomorpher Form entstehen.

Quellversuche in Kalilauge und Natronlauge

Die Quellungsversuche der EMPA /18/ wurden ausser in Wasser zum Teil auch in 10%iger Kalilauge durchge­führt, wobei, verglichen mit der Lagerung im Wasser, maximal dreimal höhere Quellwerte erreicht wurden.

Analoge Versuche des Geologischen Instituts der ETHZ /69/, /70/ in S%iger Kalilauge bzw. S%iger Natron­lauge lieferten gegenüber den Verstichen im Wasser rund drei- bis fünfmal höhere Quellwerte, maximal aber nicht mehr als 1 % Hebung.

Quellversuche in Portlandzementbrei und in Kaliumsulfat

Von der EMPA wurde ein Teil der Proben auch in Port­landzementbrei (1 kg PC/S Liter Wasser) und in gesät­tigte Kaliumsulfatlösung eingelegt /18/. Dabei wurden ähnliche Quellwerte wie in 10%iger Kalilauge ermit­telt.

Quellversuche in NaCl-Lösungen und in Schwefelsäure

Versuche des Geologischen Instituts der ETHZ /69/, /70/ in NaCI-Lösungen verschiedener Konzentration zeigten, dass Lösungen mit Konzentrationen bis zu 20 % NaCl stark aggressiv gegenüber Anhydrit wirken. Es geht dabei mehr CaS04 in Lösung als bei Lagerung in nor­malem Leitungswasser, wodurch auch die Gipskristallisa­tion stark gefördert wird. Bei höher konzentrierter NaCl-Lösung wird jedoch die Gipskristallisation durch die fallende Aktivität des Wassers zunehmend verhin­dert.

Versuche in 10%iger Schwefelsäure zur Erhöhung der Löslichkeit von Anhydrit und damit Beschleunigung des Gipskristallwachstums zeigten, dass die Proben aus den verschiedenen Lokalitäten in unterschiedlicher Weise beeinflusst werden. An Proben aus Ryburg erfolgte eine minime Kristallbildung, jedoch-war eine Volumenabgabe von 3,8 % infolge Herauslösens von karbonatischen Nebengemengteilen zu verzeichnen. Aehnlich zusammen­gesetzte Proben von der Wand fluh zeigten dagegen eine intensive Gipskristallbildung.

NAGRA NTB 12 - 68 -

7.3 BEURTEILUNG DES QUELLVERHALTENS DES ANHYDRITS BEZUEG­LICH DER ANFORDERUNGEN AN DIE LAGERTYPEN

7.3.1

7.3.2

Wie im Kapitel 4 erfolgt die Beurteilung separat für die Lagerkavernen Typ A und Typ B (Abfallkategorien I und 11) sowie für Lagerstätten des Typs C (Abfallkate­gorie 111), wobei wieder zwischen massigem, relativ reinem Anhydrit und Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel unterschieden wird. In die Beurteilung wird auch ein Vergleich mit den übrigen, nichtanhydritischen Wirtgesteinen eingeschlossen.

Massiger Anhydrit

Das Quellverhalten des massigen Anhydrits der von der NAGRA untersuchten Lokalitäten ist relativ bescheiden und kann etwa mit dem Quellverhalten schwach quellender Mergel verglichen werden. In bezug auf das Quellen kön­nen daher Lagerkavernen der Typen A und B in massigem Anhydrit gut ausgeführt werden. In den ebenfalls in Frage kommenden Tongesteinen ist vergleichsweise mit wesentlich grösseren Quellproblemen zu rechnen. Dies trifft nicht zu für die auch in Betracht gezogenen Kalke und Sandsteine in günstiger hydrogeologischer Lage. Diese Gesteine quellen an sich überhaupt nicht; es sei denn, sie enthalten einen gewissen Mergelanteil, der dann ebenfalls zu Quellerscheinungen führen kann.

Für Lagerstätten des Typs C entstehen als Folge der schwachen Quellanfälligkeit des massigen Anhydrits keine Probleme. In dieser Beziehung eignet sich massi­ger Anhydrit besser als Tongesteine, die meistens viel stärkere Quellanfälligkeiten aufweisen. Die ebenfalls in Evaluation stehenden Steinsalze und ungeklüfteter Granit quellen nicht.

Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel

Wie bereits unter 4.1.4.2 ausgeführt, wird Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel für Lagerkavernen vom Typ A nicht empfohlen, weil andere, besser geeignete Wirtge­steine vorhanden sind.

Anders steht es für Lagerkavernen vom Typ B, bei welchen die Wasserdichtheit eine viel grössere Rolle spielt. Da der wechselgelagerte Anhydrit meist recht wasserdicht ist, müssen seine schlechten Quelleigen­schaften unter Umständen in Kauf genommen werden. Die zu erwartenden Schwierigkeiten (Sohlenhebungen) werden für den wechselgelagerten Anhydrit und die Tongesteine (Opalinuston) gleich schwerwiegend bewertet. Wenn die Lagerkavernen nach einer bestimmten Zeit versiegelt werden können, spielen Quellerscheinungen aber keine nachteilige Rolle. In diesem Sinne werden weitere

NAGRA NTB 12 - 69 -

Untersuchungen über Vorkommen von wechselgelagertem Anhydrit empfohlen.

Das oft starke Quellen von wechselgelagertem Anhydrit ist grundsätzlich kein Hindernis für die Ausführung von Tiefbohrungen des Lagertyps C. Solche Bohrungen müssen aber in jedem Fall verrohrt werden, um schädliche Aus­wirkungen in folge von Verwitterung, Auflösung, Aufquel­lung, mangelnder Standfestigkeit der Bohrlochwandung zu verhindern.

Aehnliche Probleme ergeben sich auch bei Bohrlöchern in Tongesteinen. In Steinsalz wiederum kann das Offen­halten von Tiefbohrungen infolge Kriechen des Gesteins über längere Zeiträume problematisch werden. Im Granit hingegen werden sich kaum Standfestigkeitsprobleme er­geben, dafür muss die hohe Gesteinshärte und Abrasivi­tät in Kauf genommen werden (Bohrkosten, Bohrzeit). So­mit zeigen sich bei der Ausführung von Tiefbohrungen sowohl bei gipskeuperartigem Anhydrit wie auch bei Ton­gesteinen und Steinsalz ganz ähnliche, technisch lös­bare Probleme. Für die Ausführung von Schächten und Kavernen für den Lagertyp C gelten bezüglich des Quellens ähnliche Ueberlegungen wie für den Lagertyp B. Es scheint deshalb angezeigt, den wechselgelagerten Anhydrit im weiteren Evaluationsverfahren für die Aus­führung von Lagerstätten des Typs C zu belassen und geeignete Vorkommen abzuklären.

Auf die Frage, ob das Quellen der Anhydrite auch positive Aspekte aufweisen kann, indern es die Wasser­dichtheit des Gebirges erhöht, wird in Kapitel 9, Wasserdichtheit des Anhydrits, eingegangen.

NAGRA NTB 12 - 70 -

8. DIE LOESLICHKEIT DES ANHYDRITS

8.1 ANGABEN AUS DER FACHLITERATUR

8.1.1

Die Löslichkeit von natürlichem Anhydrit (= Anhydrit 11) ist sehr gering, so dass er in der fachlichen Umgangs­sprache oft als unlöslicher Anhydrit bezeichnet wird /72/ oder /92/. Damit soll ausgesagt werden, dass der natürliche Anhydrit gegenüber dem löslichen Anhydrit (= Anhydrit 111) fast unlöslich erscheint. In Tat und Wahrheit zeigen sowohl Anhydrit 11 wie auch Gips eine schwache Wasserlöslichkeit, deren Grösse von verschie­denen Faktoren beeinflusst wird. Neben der Korngrösse bzw. der Feinheit der Verteilung des Gipses bzw. Anhydrits spielen die Zusammensetzung des Wassers (Salzgehalt), die Wassertemperatur und der Druck eine Rolle.

Gemäss /21/ gelten bei 20 °c und Normaldruck folgende Löslichkeitswerte:

Anhydrit in reinem Wasser

Anhydrit in gesättigter Kochsalzlösung

Anhydrit in 20%iger Kochsalzlösung

Gips in reinem Wasser

zum Vergleich:

Kochsalz in Wasser

Einfluss von Temperatur und Druck

2,98 g/l

7,09 g/l

8,23 g/l

2,036 g/l

358,6 g/l

Die Löslichkeit von Anhydrit in reinem Wasser ist stark temperaturabhängig und nimmt mit zunehmender Temperatur rasch abi im Gegensatz zu Gips, dessen Löslichkeit weniger temperaturabhängig ist. Nach den älteren Unter­suchungen von Posnjak /76/ ist unterhalb 42 oe Anhydrit, oberhalb 42°C Gips besser löslich. Gemäss neueren Arbeiten von Hardie /35/ liegt der Uebergangs­punkt bei 58 °C. Blount und Dickson /8/ geben hierfür den Bereich von 56 °c ± 3 °c und für den Gleichge­wichtspunkt eine Anhydrit- bzw. Gipslöslichkeit von 2,04 g/l H20 an.

NAGRA NTB 12 - 71 -

8.1.2

Interessant ist die Tatsache, dass Van't Hoff et ale /88/ aus thermodynamischen Ueberlegungen schon 1903 einen Gleichgewichtspunkt von 63,5 °c vorausgesagt haben. Während die Arbeit von Hardie anfänglich bei einzelnen Forschern /15/ noch auf Kritik stiess, wird der Gleichgewichtspunkt von 58 °c bereits ab 1967 in gewissen Handbüchern über gesteinsbildende Minerale /87/ aufgeführt. Heute kann es als gesichert betrachtet werden, dass der Gleichgewichtspunkt bei ca. 58 °c liegt.

Der Einfluss des Druckes wurde von Blount und Dickson /8/ untersucht. Mit zunehmendem Druck verschiebt sich der Gleichgewichtspunkt auf höhere Temperaturen, und die Löslichkeit des Anhydrits bzw. Gipses steigt. Einige Zahlenangaben folgen in Tabelle 21.

Druck Gleichgewichtspunkt* (gleiche Löslichkeit (am Gleichgewichts-Löslichkeit für Gips und Anhydrit) punkt) von Gips bzw o Anhydrit

(bar) (Oe) in reinem Wasser (g/l H20)

1 56 + 3 2,04

500 62 .:!:. 3 3,40

1 000 69 .:!:. 3 4,77

* über dieser Temperatur findet keine Vergipsung des Anhydrits mehr statt

----

Tabe11e 21: Anhydrit- und Gipslöslichkeit. AbhängigkEit des Gleichgewichtspunktes und der Löslichkeit vom herrschenden Druck, nach 810unt und Dicksor. /8/

Einfluss der Zusammensetzung des Wassers

Nach SiebeIs Handbuch der Werkstoffprüfung /83/ wird die Wasse~löslichkeit von Gips (und Anhydrit) erhöht, wenn im Wasser Kochsalz oder zum Beipiel auch Chlor­magnesium, Ammonsalz, Natriumsulfat gelöst ist. In ge­sättigter Kochsalzlösung steigt die Löslichkeit des Anhydrits gegenüber reinem Wasser auf mehr als das Doppelte an. Gleichzeitig sinkt die Gleichgewichtstem­peratur von 58 oe auf 24 oe ab /87/. Diese Angaben gelten für Normaldruck.

NAGRA NTB 12 - 72 -

8.1.3

8.2

8.2.1

Der Einfluss der Kochsalz-Lösungskonzentration auf die Löslichkeit von Anhydrit ist wiederum auch von Tempera­tur und Druck abhängig. Um eine Uebersicht zu gewinnen, müssen deshalb alle drei Parameter, nämlich Temperatur, Druck und Kochsalzkonzentration, variiert werden. Ent­sprechende Versuche haben Blount und Dickson /7/ für den Parameterbereich 100 - 450 °C, 1 - 1 000 bar und o - 6 Mol NaCl/l H20 durchgeführt.

Einfluss von Korngrösse bzw. Feinheit der Verteilung d'es Anhydr i ts

Van't Hoff et ale /88/ haben darauf hingewiesen, dass die Löslichkeit von Gips oder Anhydrit von der Korn­grösse bzw. von der Feinheit der Verteilung abhängig sei und um mehr als 20 % variieren könne. Es ist anzu­nehmen, dass die Van't Hoffsche Feststellung eigent­lich die Lösungsgeschwindigkeit und nicht die Löslich­keit betrifft. Da der Lösungsprozess von Gips und Anhydrit sehr langsam abläuft, kann nämlich die Lös­lichkeit von Anhydrit in gröberer Kornfraktion bei zu geringer Versuchsdauer unterschätzt werden.

UNTERSUCHUNGEN DER NAGRA

Löslichkeitsversuche an der EMPA

Prcbe Gipsgehalt in g/l

n2.ch L2gerung in Wasser rad: Lager'ung ir 9 ,:'sätt i ~-ter NaC l-Läsung

Ryburg 3,2 6,5 lJJandf 1 uh 3,0 6,6 Bex 1 3,1 6,9 Bex 2 3,1 5,6 Bex 3 3,1 6,5 Airo10-Süd 2,7 7,0 Airolo-Ost 2,7 6,8

-

Tabelle 22: Löslichkeit von Anhydrit in Wasser und Sole bei 20 - 23 oe und Normaldruck nach /21/

NAGRA NTB 12 - 73 -

8.2.2

8.2.3

Gemahlener Anhydrit aus Proben Ryburg, Wandfluh, Bex und Airolo wurde an der EMPA /21/ 90 Tage in reinem Wasser und in Salzlösung bei 20 - 23 °c und Normal­druck gelagert, worauf die Gehalte an gelöstem Sulfat als Gips im Wasser und in der Sole ermittelt wurden.

Aus Tabelle 22 ist ersichtlich, dass die Löslichkeit des Anhydrits in Sole mehr als' doppelt so hoch ist als in Wasser. Die Zahlenwerte stimmen ungefähr mit den Angaben aus der Fachliteratur überein. Von Lokalität zu Lokalität sind nur geringe Unterschiede der Löslich­keit zu verzeichnen.

Versuche des EIR zur Lösungsgeschwindigkeit

An blankgeschliffenen Oberflächen von Anhydritproben aus Airolo (Val Canaria), Bex, Wandfluh und zum Ver­gleich an Gips aus der Felsenau (Gips-Union) wurde am EIR /51/ die Lösungsgeschwindigkeit in Wasser bestimmt. Danach ist die Lösungsgeschwindigkeit umgekehrt propor­tional zur Korngrösse bzw. zur alpinmetamorphen Marmorisierung: Die feinkörnigen Anhydrite des Tafel­juras wandeln sich rascher in Gips um als die grob­kristallinen Anhydrite der Alpen.

Die Lösungsgeschwindigkeit der Anhydrite in Wasser ist rund 8 bis 12mal kleiner als jene von Gips. Dies stimmt mit Beobachtungen in der Natur überein, wonach bei Ver­karstungserscheinungen der Anhydrit wesentlich resi­stenter ist als Gips /77/.

Versuche des EIR über die Puffereigenschaften von Anhydrit und Gips

Im allgemeinen besteht die Forderung, dass die Löslich­keit eines Wirtgesteines möglichst gering sei. Die wenn auch schwache Löslichkeit von Anhydrit und Gips hat aber einen positiven Effekt zur Folge: Das EIR /52/ konnte nachweisen, dass sowohl saure wie alkalische Lösungen durch natürliche Anhydrit- und Gipsgesteine auf einen pH-Wert zwischen 7 und 8 gepuffert werden. Diese Eigenschaft von Anhydrit und Gips ist für die Einlagerung radioaktiver Abfälle von Bedeutung, weil im pH-Bereich zwischen 7 und 8 die meisten Spaltprodukte extrem niedrige Löslichkeiten autweisen.

NAGRA NTB 12 - 74 -

8.3 BEURTEILUNG DER LOESLICHKEIT DES ANHYDRITS BEZUEGLICH DER ANFORDERUNGEN AN DIE LAGERTYPEN

Die für die Lagertypen Bund C in Frage kommenden Wirt­gesteine lassen sich in die folgende Reihe mit zuneh­mender Löslichkeit einstufen: Granit, Tongesteine, Sandstein (± kalkhaltig), Dolomit, Kalk, Anhydrit, Steinsalz. Dabei lassen sich deutlich drei Gruppen unterscheiden:

1. unlöslich: Granit, Tongesteine, gewisse Sand­steine

2. schwach löslich: kalkhaltige Sandsteine Dolomit Kalk (ca. 1,6 g/l bei 20 °C) Anhydrit (ca. 3,0 g/l bei 20 °C)

3. stark löslich: Steinsalz (ca. 360 g/l bei 20 °C)

Anhydrit gehört somit zu den schwach löslichen Gestei­nen. Seine Löslichkeit ist etwa doppelt so gross wie jene von Kalk. Betrachtet man hingegen die ganze Spanne vom unlöslichen Granit bis zum Steinsalz - das rund 120mal löslicher ist als Anhydrit -, so kann man die Löslichkeit von Anhydrit sehr gut mit jener von Kalk vergleichen.

Im Hinblick auf die verschiedenen Lagertypen ist Anhydrit wie folgt zu beurteilen:

Für Lagerkavernen vom Typ A mit einer vorgesehenen Ab­dichtung über Jahrzehnte mittels künstlicher Barrieren spielt die Löslichkeit des Anhydrits keine Rolle und bildet daher kein Kriterium für oder gegen die Wahl von Anhydrit als Wirtgestein.

Für Lagerkavernen vom Typ B stehen Anhydrit, Tonge­steine, Granit sowie Sandsteine und Kalke in günstiger hydrologischer Lage zur Auslese. Die unlöslichen Tonge­steine weisen eine bedeutend bessere chemische Resi­stenz auf als Anhydrit, verwittern aber relativ leicht. Die Sandsteine und Kalke sind weniger löslich als Anhydrit. Anhydrit ist demnach bezüglich Löslichkeit weniger gut geeignet als die Tongesteine, Sandsteine und Kalksteine.

NAGRA NTB 12 - 75 -

Für Lagerstätten des Typs C sind Granit, Tongesteine, Anhydrit oder Steinsalz vorgesehen. Granit und Tonge­steine sind dem Anhydrit bezüglich der Löslichkeit ein­deutig überlegen; ebenso eindeutig ist Steinsalz dem Anhydrit unterlegen.

NAGRA NTB 12 - 76 -

9. DIE WASSERDICHTHEIT DES ANHYDRITS

9.1 ANGABEN AUS DER FACHLITERATUR

Anhydrit wandelt sich unter bestimmten Bedingungen beim Kontakt mit Wasser in Gips um, wobei sein Volumen um 61 % zunimmt, gemäss der chemischen Formel:

Anhydrit + Wasser > Gips

CaS04 + 2 H20

Y = 2,96 kg/dm3 y = 2,32 kg/dm3

Infolge dieser Volumenvergrösserung schliessen sich wasserführende Risse und Spalten im Anhydrit. Dieser Prozess wird als "Selbstheilung" (Self-healing) be­zeichnet und bewirkt die bekannte Wasserdichtheit des Anhydrits.

Der Prozess läuft jedoch nur unter ganz bestimmten Be­dingungen (Chemismus und Temperatur des Wassers, Ge­schwindigkeit des Wassernachschubes, Rissweiten usw.) bis in Tiefen von rund 1 000 m ab. Deshalb ist es auch möglich, Fälle zu finden, wo Anhydrit im Kontakt mit Wasser nicht vergipst. Daraus darf aber nicht ge­schlossen werden, dass der Selbstheilungsprozess über­haupt nicht existiert.

Eine gute Erläuterung dieser Zusammenhänge gibt eine Arbeit von Priesnitz /77/ über das System CaS04 -NaCl - H20 am Beispiel der salinaren Serien im süd­lichen Harzvorland. Priesnitz unterscheidet die Prozesse der Salzlösung, Anhydritlösung, Gipsbildung und Gipslösung. Welcher dieser Prozesse im konkreten Fall jeweils abläuft, lässt sich aus dem Studium des Systems CaS04 - NaCl - H20 verstehen, wobei die Druck-Temperatur-verhältnisse eine wesentliche Rolle spielen. Es zeigt sich nach /77/, dass sich in den salinaren Zechsteinserien des südlichen Harzvorlandes übereinander verschiedene Zonen ausbilden, in denen einer der erwähnten Prozesse vorherrscht.

In der Zone 1 (unterste von Wasser nicht gestörte Zone) liegen Steinsalz und Anhydrit, der sich durch Diagenese aus Gips gebildet hat, in Wechsellagerung überein­ander.

Die Zone 2 ist gekennzeichnet durch das Eindringen von Tageswässern zum Steinsalz. Es beginnt die Auslaugung des Steinsalzes. Das Wasser kommt in dieser Zone auch mit dem Anhydrit in Berührung und kann diesen entweder

NAGRA NTB 12 - 77 -

lösen oder hydratisieren. Zur Lösung des Anhydrits kommt es aber nur in geringem Mass, da seine Löslich­keit viel kleiner ist als jene von Steinsalz, d. h., eine Hydratisierung des Anhydrits wird meist durch zu hohe Salzkonzentrationen des Wassers verhindert (siehe auch 7.2.4).

In der Zone 3 ist das Steinsalz bereits abgetragen, und das eindringende Wasser weist nur noch geringe Salzkon­zentrationen auf. Hier können nun typische Bedingungen für die vergipsung, d. h. für die Selbstheilung, herr­schen. Der Anhydrit geht in Lösung und wird vor Er­reichen der Sättigungskonzentration des Anhydrits in Wasser als Gips ausgefällt. Nach Priesnitz /77/ sind aber die ökologischen Bedingungen der Gipsbildung, vor allem was die Wasserzufuhr angeht, recht eng: Einer­seits darf nicht zu viel Wasser zudringen, da dann die Sättigungskonzentration des Gipses nicht erreicht und der Anhydrit lediglich gelöst und abtransportiert wird, andererseits wird bei der Vergipsung Wasser verbraucht (1 Vol. Anhydrit und 0,8 Vol. H20 ergeben 1,6 Vol. Gips): es muss also stets ein wenig Wasser nachgelie­fert werden, damit die Vergipsung kontinuierlich fort­schreitet. Klüfte bis hinunter zur Grössenordnung von Haarrissen, die durch die vorherige Beanspruchung durch Auslaugungstektonik reichlich vorhanden sind, und Schichtfugen begünstigen diesen dosierten Wasserzu­tritt.

Die Zone 4 (oberste Zone) kennzeichnet sich dadurch, dass die Bilanz Gipsbildung - Gipslösung zugunsten der Gipslösung ausfällt. Die Gipsoberfläche wird kräftig gelöst und verkarstet. Dies führt zu den charakteri­stischen Dolinen und Karstschloten, teils auch zu Höhlenbildungen (/49/, /50/, /66/, /67/, /72/, /73/, /91/). In einzelnen Fällen kann die Verkarstung auch bis auf den Anhydrit hinunter fortschreiten und auch diesen erfassen /77/.

Der Prozess der Selbstheilung wurde auch in Laborver­suchen mit sehr gutem Erfolg durchgeführt /78/. Dabei wurde total mylonitisierter, pulverförmiger Anhydrit in einen kompakten Gips übergeführt, der wieder Druck­festigkeiten von 5 - 25 N/mm2 aufwies. Sahores /78/ beurteilt das Verfahren so positiv, dass er es sogar für die künstliche Verheilung in situ vorschlägt. Für offene Klüfte, in denen die Vergipsung von sich aus nicht abläuft, empfiehlt er folgendes Vorgehen: Zuerst wird' in die Klüfte eine Anhydritpaste und anschliessend Wasser injiziert, worauf die Klüfte zuheilen.

NAGRA NTB 12 - 78 -

Die vorstehenden Ausführungen über die Selbstheilung beziehen sich auf vorwiegend massigen Anhydrit. Die Wasserdichtheit von Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel wird weniger durch Selbstheilungseffekte, son­dern mehr durch die abdichtende Wirkung des Tongehaltes erzeugt.

9.2 UNTERSUCHUNGEN DER NAGRA

9.2.1

9.2.2

Die eigenen Untersuchungen der NAGRA zur Abklärung der Wasserdichtheit von Anhydrit erstreckten sich auf das Sammeln von Erfahrungen im Stollenbau, auf Wasserab­pressversuche in Bohrlöchern, Durchlässigkeitsversuche an Proben im Labor sowie auf Selbstheilungsversuche an Schlitzen in Anhydritproben. Die Untersuchungen be­schränkten sich auf den massigen Anhydrit.

Erfahrungen im Stollenbau

An den verschiedenen schweizerischen Vorkommen mit kom­paktem, massigem Anhydrit konnte die Wasserdichtheit im Stollen nur am Standort Val Canaria beurteilt werden, da hier ein alter Sondierstollen aus dem Jahr 1931 vorhanden ist. Dieser Stollen erschliesst nach Durch­fahren der wasserführenden, vergipsten Oberflächenzone von rund 20 m einen trockenen, wasserdichten Anhydrit. Der Stollen ist auf der ganzen Länge (67,2 m ab Portal) bis heute trocken geblieben, obwohl in jener Zone zwischen Gotthardmassiv und Tessiner Decken die tekto­nische Beanspruchung in allen übrigen Gesteinen ausser dem Anhydrit teilweise beträchtliche Auswirkungen zei­tigte, wie z. B. Clivage, Kataklase, Klüftungen usw. Wie die angesetzte Sondierbohrung zeigte, waren offen­bar auch im Anhydrit Klüfte vorhanden gewesen; diese sind aber später durch vergipsung wieder so verheilt, dass der Anhydritkörper vollkommen wasserdicht ist. In ihm herrschten also ähnliche Bedingungen wie in der Zone 2 nach Priesnitz, in welcher der Prozess der Selbstheilung voll zum Zuge kommt.

Abpressversuche in Kernbohrungen

Analoge, günstige Erfahrungen wurden mit allen Wasser­abpressversuchen in den Sondierbohrungen Bex und Airolo-Ost (Val Canaria) gemacht, soweit es sich um Anhydritstrecken handelte.

Tabelle 23 zeigt als Beispiel die Abpressversuche in der Sondierbohrung Val Canaria (1975) im Abschnitt zwischen 30,9 mund 54,59 m ab Oberfläche /46/. Aus diesen Abpressversuchen ist recht deutlich zu erkennen, wie die Durchlässigkeit mit zunehmendem Abstand von

NAGRA NTB 12 - 79 -

9.2.3

der Oberfläche abnimmt. Alle folgenden Abpressversuche nach 54,59 m bis 554 m (Bohrlochende) zeigten keinen Wasserverlust mehr; dies bedeutet, dass der Fels ab einer Tiefe von 48,5 m bergeinwärts als wasserundurch­lässig zu gelten hat.

Versuchsstrecke Dauer Druck V1asserver1uste (min) (bar) (Liter)

30,9 - 35,92 m 10 1 740 10 2 850 10 4 900

36,0 - 42,09 m 10 1 580 10 2 680 10 4 790

42,2 - 48,32 m 10 1 0 10 2 0 10 4 40 10 6 31,5 10 10 49,5

48,5 - 54,59 m 10 1 0 10 2 0 10 4 0 10 6 0 10 10 0

54,59 - 554,0 m Alle folgenden Abpressversuche zeitigten keinen Wasserverlust

Tabelle 23: Ergebnisse der Abpressversuche in der Horizontalbohrung Val Canaria (1975) nach /46/

Durchlässigkeitsversuche im Labor

An der EMPA wurden an 3 Anhydritbohrkernen mit einern Anhydritgehalt von 76 - 83 % Durchlässigkeitsversuche in Funktion des Wasserdruckes durchgeführt /20/. Die Bohrkerne stammen aus der Bohrung Val Canaria aus 23 m, 26 und 29 m Tiefe, also dem Bereich, wo die Abpressver­suche im Bohrloch noch messbare Verluste aufwiesen. Die Resultate sind in Tabelle 24 enthalten.

NAGRA NTB 12 - 80 -

Tage Stunden VJasserdruck Durchgedrungene Wassermenge (cm3) (bar) Prabe 1 Prabe 2 Prabe 3

1. 0 0,5 tracken tracken tracken 8 da. da. da.

24 da. da. da.

2. 0 1,0 - - -8

I

da. da. da. 24 nass da. nass

3 .. 0 2,0 - - -8 da. da o da ..

24 da. da. da.

4. 0 4,0 - - -8 da. da. da.

24 da. da .. da ..

5. 0 8,0 - - -8 5 da. 10

24 10 da .. 15

6. 0 12,0 - - -8 20 da. 20

24 35 da. 30

70 0 16,0 - - -8 50 nass 35

24 80 da. 55

80 0 20,0 - - -8 110 do. 75

24 160 do. 105

9. 0 25,0 - - -8 195 do. 125

24 260 da. 160

10. 0 30,0 - - -8 300 do. 185

24 370 da. 230

Total in Probe eingedrungene 630 70 280 Wassermenge in cm3:

Tabelle 24: Prüfung auf Wasserdurchlässigkeito Prüfkörper: Massiger Anhydrit, Zylinder von 16,5 cm 0 und 15 cm Länge aus der Harizontalbohrung van Val Canaria: 23, 26 und 29 m nach /20/

NAGRA NTB 12 - 81 -

9.2.4

9.3

9.3.1

9.3.2

Aus Tabelle 24 ist zu entnehmen, dass alle drei Proben bis zu Drücken von 4 bar als wasserdicht zu gelten haben, dass dann von 8 bar an zwei Proben Wasser durch­liessen, wobei die durchgedrungene Wassermenge mit zu­nehmendem Wasserdruck entsprechend zunahm.

Selbstheilungsversuche an Schlitzen in Anhydritproben

Das Ausheilen von offenen Klüften in Anhydritkörpern durch Auskristallisation von Gips wurde am Geologischen Institut der ETHZ /70/ in Laborversuchen beobachtet. In Anhydritproben von Val Canaria wurden zu diesem Zweck Schlitze gesägt und die Proben danach im Wasser gelagert. Nach 300 Tagen waren die Schlitze zum Teil schon zugeheilt. Während das Gipswachstum bei gewissen Proben über beide Schlitzflanken gleichmässig verteilt erfolgte, setzte das Zuwachsen bei anderen Proben punktuell an bestimmten Stellen des Schlitzes ein.

BEURTEILUNG DER WASSERDICHTHEIT DES ANHYDRITS BEZUEG­LIeH DER ANFORDERUNGEN AN DIE LAGERTYPEN

Massiger Anhydrit

Sowohl aus den Angaben der Fachliteratur wie auch aus den eigenen Versuchen in Kernbohrungen, dem Befund im Sondierstollen Val Canaria und den zusätzlichen Labor­untersuchungen folgt, dass der Selbstheilungsprozess im massigen Anhydrit bis zu einer Tiefe von rund 1 000 m (siehe Beilage 1) durch Umwandlung von Anhydrit in Gips vorhandene Hohlräume und Klüfte schliesst und dadurch das Gestein trocken und wasserundurchlässig macht.

Die Wasserdichtheit von massigem Anhydrit wird deshalb ähnlich günstig beurteilt wie jene von Steinsalz. Sie ist in kompakten und relativ reinen Anhydritkörpern zweifellos vollkommener als bei anderen Gesteinen und bietet in dieser Beziehung für alle Lagertypen sehr gute Voraussetzungen.

Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel

Gesteine, die aus Anhydrit und tonhaItigen Komponenten aufgebaut sind, sind an sich sehr undurchlässig. Als massgebend für die Wasserdichtheit ist vor allem die Klüftung anzusehen. Von Standort zu Standort kann der Klüftungsgrad und damit die Wasserdichtheit ganz ver­schieden sein.

NAGRA NTB 12 - 82 -

Hinsichtlich der Wasserdichtheit kann dem wechselgela­gerten Anhydrit eine Eignung für den Bau von Lager­stätten der Typen A, B oder C apriori nicht abgespro­chen werden. Entscheidend sind aber die konkreten Ver­hältnisse am Standort. Diese können nur in situ abge­klärt werden.

NAGRA NTB 12 - 83 -

10.

10.1

SORPTIONSEIGENSCHAFTEN DES ANHYDRITS

GRUNDLAGEN

Als eine der wichtigsten und bezüglich ihrer Wirkung bedeutungsvollsten Barrieren gegen eine allfällige Aus­breitung radioaktiver Stoffe aus einer Endlagerstätte ist die Verzögerung der Nuklidwanderung in der Geo­sphäre zu bezeichnen. Dabei sind es vor allem die Rück­halteeigenschaften der Gesteine, welche die durch Wassertransporte bedingte Nuklidwanderung im Untergrund massgeblich beeinflussen.

Unter den Begriff der Rückhaltung fallen hier die physikalisch/chemischen Vorgänge

- Adsorption - Ionenaustausch - Filtration - Fällung (resp. Unlöslichkeit)

Während Adsorption und Ionenaustausch als Sorption be­zeichnet werden, ist die Filtration 'mechanisch be­dingt.

Die Hydroxide vieler Nuklide sind in dem zu erwartenden pR-Bereich natürlicher Wässer extrem unlöslich. Sollten sie im Milieu der Verfestigungsmatrix trotzdem Löslich­keitseigenschaften aufweisen, so würden sie im Milieu der natürlichen Wässer (pH 6 - 8) ausgefällt werden.

Grundsätzlich muss festgehalten werden, dass die Rück­haltung eine phänomenologische Erscheinung darstellt und bei Gesteinen -eine Trennung in die erwähnten Vor­gänge experimentell und rechnerisch kaum möglich ist.

Meistens wird die Sorption durch den Verteilungskoeffi­zienten dargestellt, welcher die Aktivitätsverteilung zwischen Lösung und Festkörper beschreibt. Der Vertei­lungskoeffizient wird definiert als das Verhältnis von Aktivitätskonzentration im Festkörper zu Aktivitäts­konzentration in der flüssigen Phase im Gleichgewichts­zustand.

NAGRA NTB 12 - 84 -

In einer einfachen Gleichung lässt sich das Geschwin­digkeitsverhältnis zwischen Nuklid und Wasserstrom in Abhängigkeit des Verteilungskoeffizienten angeben, was bei quantitativen Abschätzungen sehr praktisch ist:

Geschwindigkeit des Wassers

Geschwindigkeit des einzelnen Nuklides

Verteilungskoeffizient

Dichte des Gesteins

Porosität

Obige Beziehung ist allerdings als starke Vereinfachung des Sorptionsprozesses zu verstehen.

Erschwerend bei Vergleichsrechnungen tritt nun hinzu, dass bei der experimentellen Bestiramung der Kd-Werte die Versuchsbedingungen streng berücksichtigt und ge­nau festgehalten werden müssen /11/. Dies betrifft bei Anhydrit-Proben insbesondere folgende Faktoren:

- Zusammensetzung der Festkörper (Mineralbestand)

- zeitliches Lösungsverhalten der Festkörper im Wasser

- ungefähres Verhältnis Anhydrit/Gips

- zeitliches Sorptionsverhalten

- Einfluss der Konzentration der beobachteten Radio-nuklide

- Einfluss von Fremdionen

Im weiteren muss gewährleistet sein, dass das an klei­nen Laborproben in Batch- und Kolonnenversuchen gemes­sene Sorptionsverhalten auch tatsächlich den Verhält­nissen in den ausgedehnten Gesteinsverbänden eines po­tentiellen Endlagerstandortes entspricht.

NAGRA NTB 12 - 85 -

10.2

10.2.1

10.2.2

UNTERSUCHUNGEN AN AUSGEWAEHLTEN PROBEN

Seit einigen Jahren wird am EIR ein umfangreiches Ver­suchsprogramm zur Bestimmung der Sorptionseigenschaf­ten an schweizerischen Anhydrit- und Gipsproben durch­geführt. Bisherige Ergebnisse für Anhydrit liegen be­reits in Berichten /11/,/52/,/54/,/55/ vor. Da sich An­hydrit bei Normalbedingungen unter Aufnahme von Wasser in Gips umwandelt und zudem beide Gesteine selten in reiner Form vorliegen, wurden auch Experiment~ mit Gips /52/, /54/, /58/ sowie l1ergel /63/ durchgeführt.

In der ausländischen Literatur liess sich bisher keine Beschreibung der Sorptionseigenschaften finden.

Untersuchte Nuklide

In /11/ wird erwähnt, dass mit den Nukliden Cs-137 (Halbwertszeit (Tl/2 = 30 a), Ce-144 (Tl/2 = 284 d), Ru-l06 (Tl/2 = 1 a) die wichtigsten Daten über das Verhalten von Radionukliden in Kontakt mit einem Fest­körper erhalten werden können. Man erfasst dadurch ei­nen Vertreter der Alkalimetalle (Caesium), ein Lantha­nid (Cer) und ein Ion, welches als Anion, Kation oder neutral vorliegen kann (Ruthen).

Allgemein wird jedoch bei den verschiedenen Experimen­ten das Hauptgewicht auf das Verhalten der Nuklide Cs-137 und Sr-90 gelegt, weil

- beide Isotope eine relativ lange Halbwertszeit (Tl/2 = 30 a) und eine relativ gute Löslichkeit be-" sitzen /52/

- diese Nuklide bezüglich ihrer Toxizität sowohl im mittelaktiven wie auch im hochaktiven Abfall in den ersten paar hundert Jahren dominant sind.

Untersuchte Gesteinsproben

Das in den verschiedenen Laborexperimenten verwendete Probenmaterial ist sehr umfangreich und stammt aus Lo­kalitäten, in denen die NAGRA bis zum heutigen Zeit­punkt bereits Sondierbohrungen und geologische Unter­suchungen vornehmen konnte. Dies sind die Gebiete Airo-10, Bex, Wandfluh und Felsenau.

Eine Uebersicht über die genaue Herkunft von Handstücken und BGhrkernen ist in Beilage 9 dargestellt.

NAGRA NTB 12 - 86 -

10.2.3

10.2.4

Versuchsmethoden

Die Experimente wurden nach dem Batch-Verfahren /11/, /55/,/63/ sowie mit dem in Labors sehr häufig verwen­deten Prinzip der Säulenchromatographie /58/ durchge­führt. Eine ausführliche Versuchsbeschreibung findet sich insbesondere in /55/ (Batch) sowie in /58/ (Säu­lenchromatographie) .

Im Verlaufe der ersten Versuchsreihen hat sich sehr schnell gezeigt, dass die Rückhaltung von Nukliden im Anhydrit von sehr vielen Parametern beeinflusst wird, die sich zum Teil während der Versuchsdauer ändern. Da in diesen Experimenten bei Raumtemperatur stets eine Vergipsung auftritt, war es sinnvoll, auch Versuche an verschiedenen Gipsproben vorzunehmen.

Diskussion von Einflussfaktoren

Die Resultate aus den bisherigen Arbeiten zeigen die Abhängigkeit der Sorptionsphänomene insbesondere von nachfolgenden Parametern:

Gestein

- Korngr6sse bzw. Oberfläche

- Gehalt an Salzen

- Verunreinigung (z. B. Mergelgehalt)

- Aktivitätskonzentration

- pR-Wert

- Fremdionenkonzentration

ferner:

- Verhältnis Wasservolumen zu Festkörpervolumen

- Irreversible Prozesse, die definitionsgemäss durch den Kd-Wert nicht erfasst werden

- Temperatur und Druck

NAGRA NTB 12 - 87 -

In /11/ wird als Faustregel angegeben, dass die Kd­Werte mit zunehmendem Korndurchmesser sinken. In den betreffenden Batch-Versuchen sind Korngrössen von 0,5 bis 1 nun verwendet worden.

Laske erwähnt in diesem Zusammenhang in /58/, dass die Kornfraktionen des Probenmaterials über der natürli­chen Kristallitgrösse bleiben sollten, damit die ent­standenen Oberflächen der Körner "natürliche" Spalt­oder Rissoberflächen seien. In seinen Batch-Versuchen /55/ werden die Bruchstücke zu 5 - 15 mm zerkleinert.

Eine generelle Aussage über die Variation von Kd-Wer­ten in Funktion der Korngrösse macht Radermann /31/. Da mit dem Ansteigen des Kd-Wertes für kleiner wer­dende Korngrössen gleichzeitig auch die Porosität s ansteigt, dürfte die Variation des Verhältnisses Kd/s bei der Berechnung des Rückhaltevermögens gegenüber anderen Unsicherheiten vernachlässigbar sein.

Gehalt des Materials an Salzen

Die durch den ständigen Wasserkontakt bedingte Auflö­sung des Anhydrits unter Gipsbildung führt auch zur Freisetzung von Fremdgesteinen, welche als Verunrei­nigung im Anhydrit enthalten sind. Dabei gelangen die in diesen Fremdgesteinen vorkommenden Salze ins Wasser und bewirken eine Veränderung resp. Erhöhung der Fremd­ionenkonzentration. Dies führt im allgemeinen zu eine~ Verringerung des Sorptionsvermögens /31/.

Dieser Sachverhalt wurde zwar für Anhydrit weder in /11/ noch in /55/ untersucht. Absorptionsversuche an anderen Materialien /59/ - /63/ zeigten jedoch eine star­ke Abhängigkeit vom Salzgehalt der Lösung, was gene­rell eine Verringerung des Kd-Wertes zur Folge hatte.

Gehalt an Fremdionen

In einer Studie über die Gteichgewichtsverteilungskoef­fizienten bei der Sorption /31/ wird erwähnt, dass der Kd-wert mngekehrt proportional zur Gesamtionenkonzen­tration in der flüssigen Phase ist. Im weiteren wird die Schlussfolgerung gezogen, dass die Fremdionenkon­zentration den entscheidenden Parameter für die Sorp­tion darstellt. Neben dem pR-Wert sind hauptsächlich

NAGRA NTB 12 - 88 -

+ d ++ . . + +2 Na - un Ca -Konzentratlonen SOWle K - und Mg -Ionen von Bedeutung. Die Ionenkonzentration in der flüssigen Phase ist dabei nicht nur von der Zusammensetzung des Grundwassers allein abhängig, sondern auch von der Menge der Ionen, welche aus dem Abfallbehälter sowie aus ausgelaugten Fremdgesteinen in die Lösung gelan­gen.

Bei den Sorptionsversuchen an Anhydritproben wurde die­ses Verhalten noch nicht quantitativ bestätigt. Bei der Bestin~ung von Verteilungskoeffizienten bei der Absorption von Sr und Cs an verschiedenen Abfallma­terialien /59/ nahmen die Kd-werte jedoch wie erwar­tet mit steigendem Ca-Gehalt ab.

Wiederum in /31/ wird vermerkt, dass der pR-Wert der flüssigen Phase die Sorptionswirkung entscheidend be­einflusst. Im allgemeinen ist mit abnehmendem pR-Wert ein exponentielles Absinken des Kd-Wertes zu erwarten.

Bei den Experimenten mit Anhydrit- und Gipsproben in /55/ wurden saure Trägerlösungen (pR 2 - 2,4) verwen­det, um die Nuklide sicher in Lösung zu halten. Dabei zeigte es sich, dass der pR-Wert während der Versuchs­dauer kontinuierlich gegen den neutralen Wert stieg. Die in der Folge durchgeführten zusätzlichen Versuche mit Anhydrit- und Gipsproben /52/ bestätigten diesen Effekt, denn sowohl saure wie alkalische Lösungen wur­den durch den Einfluss dieser Gesteine auf ein pR zwi­schen 7 und 8 gepuffert.

Interessanterweise liess sich für Ruthen und Cer eine Ausfällung beobachten, welche durch die pH-Aenderung zu erklären ist. Der Bericht schliesst mit der Fest­stellung, hauptsächlich Cäsium und Strontium seien wegen ihrer relativ guten Löslichkeit für weitere Ab­sorptionsversuche interessant.

Aktivitätskonzentration

Da bei der Verwendung der Kd-werte als quantitative Grössender Sorptionswirkung nur reversible Vorgänge erfasst werden, muss bei allen Versuchen ein rever­sibles Absorptionsgleichgewicht vorliegen, was bei höheren Aktivitätskonzentrationen wegen der zunehmen­den Absättigung der am Absorptionsprozess beteiligten Oberflächen nicht mehr gewährleistet ist.

NAGRA NTB 12 - 89 -

10.2.5

In /11/ wird diesbezüglich erwähnt, dass eine Konzen­trationserhöhung um den Faktor 3 die Kd-Werte bis zu 2 Grössenordnungen ändern kann. Es kann allerdings praktisch ausgeschlossen werden, dass die nach einem störfallbedingten Wassereinbruch im Endlager zirkulie­renden Wassermengen beim Auslaugungsprozess der Ab­fälle jemals eine derart grosse Konzentrationserhöhung erfahren, welche zu einer Aenderung der Kd-Werte füh­ren würde.

Der Einfluss dieser beiden Parameter auf die Sorptions­eigenschaften ist bisher wenig untersucht worden. Es ist zu erwarten, dass die Kd-werte-im allgemeinen mit der Temperatur abnehmen und vom Druck weitgehend unab­hängig sind /31/.

Messungen an verschiedenen Proben

Aus den verschiedenen Versuchsreihen über das Sorptions­verhalten von Anhydrit- und Gipsproben lassen sich Kd -Werte, soweit sie quantitativ bestimmt werden konnten, wie folgt zusammenstellen (siehe Tabellen 25 und 26):

Probenmaterial Herkunft Ce Ru Cs Sr

Anhydrit Val Canaria 330 330 150 112*

Anhydrit Sex 30 30 100 215*

Anhydrit Wandfl uh 640 1 190 240 362*

Gips Airolo 55 77

Gi ps Felsenau 330 98

* sehr grosse Streuung

Tabelle 25: Zusammenstellung der Kd-Werte in ml/g für Anhydrit- und Gipsproben nach /55/

Anmerkungen z'u Tabelle 25:

Der Kd-Wert ist hier nicht bezogen auf die eingewogene Menge Material, sondern auf die in der entsprechenden Versuchszei t umgewandel te Gipsmenge •

NAGRA NTB 12 - 90 -

Herkunft Probenmateri al Ce (m1/g) Ru (ml/g) Cs (m1/g)

~andf1 uh 43,05 m Anhydrit 1,83 g 102 0,74 • 102 -2 lIIandf1 uh 47,6 m Anhydrit 8r65 g 102 0,95 • 102 5 Wandf1 uh 73,5 m Anhydrit 8 95 • 102 , 1 07 • 102 , 5

6,47 • 102

9,2 g 101 3

8ex 81 78,6 - 78,8 m Anhydrit 9,75 • 102 1 49 • 102 -2 , 8ex B2 102,5 - 102,6 m Anhydrit 8 72 0 102 1,59 • 102 4 3 • 101 , , 8ex B

3 104,3 m Anhydrit-Oo 1 omit 8,52 • 1 O~ 1 51 g 102 2 9 0 101 , ,

8ex 83 109,5 - 109,7 m Anhydrit 9,91 0 10 1,38 • 102 3,4 • 101

Bex 83 249,3 - 249,4 m Anhydrit 8 99 • 102 1,51 • 102 4 1 • 101 , , !

9 18 0 102 1 49 • 102 2,9 • 101 , ,

Airolo B1

152,3 m Anhydrit/Gips 1,02 • 103

7,3 • 101 5 Airolo 82 79,6 m Anhydrit/Gi ps 9 93 0 102 1 25 • 102

1 ° . 101

<42 • 102

, , Airo1o 8

3 82,4 m Gi ps 6,6 • 101 3

Airo1o 83

82,9 m Gips 1,00 • 103 9,3 • 101 0 Airo1o 8

395,4 - 95,6 m Anhydrit/Gips 9 33 • 102 9,3 • 101 -3 ,

8,98 • 102 9,0 g 101 3

Airolo (Canaria) 45 m Anhydrit 1,21 • 102 5,0 o 101 -3 Airo1o (Canaria) 56 m Anhydrit 1,17 • 102 4,8 • 101

1 ° · 101 ,

1,19 • 102 4,9 o 101 3,5

Mitte hert 7 50 • 102 , 1,0 • 102 1,2 • 101

Tabe 11 e 26: Zusammenstellung der Kd-Werte für Anhydrit- und Gi psproben nach /11/

Anmerkungen zu Tabelle 26:

Die Resultate in den mit 3 Spaltproduktlösungen durchgeführ­ten Versuchen gemäss Tabelle 26 wurden durch Messungen mit reinen Radionukliden kleiner Konzentration bezüglich der Grössenordnung bestätigt.

NAGRA NTB 12 - 91 -

In /11/ wird deutlich darauf hingewiesen, dass die absoluten Werte dieser experimentell bestimmten Ver­teilungskoeffizienten nur gültig sind für die ent­sprechende Korngrösse (hier 0,5 - 1 mm) des Testma­terials. Im weiteren ist bei den Experimenten auch das Verhältnis von Wasservolumen zu Festkörpervolu­men von grossem Einfluss. Bützer folgert in /11/ zwangsläufig, dass seine Messungen nur vergleichs­weise verwendet werden sollten.

'1:J

~

c: 105 r-------r----.,.....-------,------. ., ... ; 104 ~~01...-_"'" t-+-------+----~.~------I N

:: 103 _.;.,....--__.."1_..01_ I-.......,~ ..... l-vÄ--..... loI>a---..... 1--+-------1 ., ~ 102 1__--t--jH-..1-~...,..t___c::I__--+J.I'~~_v..I_I ,......------f ." ca ; 1 0 1 ...-~I__ .......... -_+____t:::t_--___P"L.-c:::H'" ;t-----t------f.' . ..,+--4

~ 100~--------~-------~-------~~~~~~ ~ > 10-1~ _____ ~ __________ ~ ____________ ~ _______ ~

Caesium Gern ischte Strontium Iod Spaltprodukte

~ Tuff/271

Granit 1271

",:'.'j"'" Kalkstein und Dolom it 1271

QUa Basalt 127/

t·:f;-;4';] Sand 1271

I\\'\~ Ton 160,631

Anhydrit 1551

~ Anhydrit 111 1

Gips /551

Tabelle 27: Kd-werte für verschiedene Gesteinstypen

NAGRA NTB 12 - 92 -

10.3

Die hier aufgeführten Zahlenwerte sind also mit gröss­ter Vorsicht zu interpretieren und geben lediglich die Grössenordnung an.

Im Vergleich mit den in der Literatur oft zitierten Kd­Werten nach /27/ wäre das Sorptionsverhalten von Anhy­drit und Gips ähnlich demjenigen von Granit und Dolo­mit (Tabelle 27) .

Obwohl die gemessenen Kd-Werte allgemein einen grossen Streubereich aufweisen und mit vielen Unsicherheiten behaftet sind, lassen sich doch zusaw~enfassend eini­ge wesentliche qualitative Folgerungen ziehen:

- Sowohl saure wie alkalische Lösungen werden durch Reaktion mit Anhydrit- und Gips-Gesteinen auf ei­nen pH-Wert zwischen 7 und 8 gepuffert. Bei sauren Lösungen ist dies durch den Karbonatgehalt der Ge­steine begründet.

- Im Bereich des neutralen pH-Wertes haben Ce und Ru fast keine Löslichkeit. Sie werden als Hydroxide ausgefällt.

Im Gegensatz dazu bleiben die Nuklide Cs und Sr löslich und müssen deshalb besonders verfolgt werden.

- NaCl, andere Salze sowie niedrige pH-Werte der Lö­sung setzen das Sorptionsvermögen des Gesteins her­ab.

- Cäsium wird weder an Gips noch an Anhydrit zurückge­halten, sondern nur an den Verunreinigungen wie Mer­gel und Ton. Bei Cs liegen die Kd-Werte für Mergel und Tone im Bereich von einigen Zehntausend ml/g; für Sr in den gleichen Gesteinen um 2 Zehnerpoten­zen tiefer /63/.

Strontium wird scheinbar von reinem Gips oder Anhy­drit schlecht oder gar nicht absorbiert.

EIGNUNG ALS WIRTGESTEIN FUER DIE ENDLAGERUNG RADIO­AKTIVER ABFAELLE

Indem das Schwergewicht der Sorptionsexperimente auf das Verhalten der Nuklide Cs und Sr gelegt wurde, sind die bezüglich Toxizität dominanten Nuklide beim mittel­aktiven Abfall sowie bei den Spaltprodukten des hoch­aktiven Abfalls (in den ersten paar hundert Jahren) er­fasst.

NAGRA NTB 12 - 93 -

Geht man beim Störfall - Wassereinbruch in ein End­lager mit nachfolgender Auslaugung des Abfalls - davon aus, dass die Wasserzirkulation im Anhydrit stets mit einer Gipsbildung verbunden ist und eine Sorption durch die Gipsschicht erfolgt, so kann nach /58/ für es mit einer merklichen Rückhaltung gerechnet werden, jedenfalls wenn das Gestein Verunreinigungen enthält. Aufgrund der Erfahrung kommen Anhydrit und Gips in der Natur selten in chemisch reiner Form vor, sondern man trifft bei natürlichem Gestein fast immer Verunreini­gungen (Dolomit, Magnesit oder Tonmineralien) an, wel­che Nuklide besser zurückhalten. Dies gilt besonders für den Anhydrit in Wechsellagerung mit Mergel.

Die Sorptionswirkung gegenüber Strontium ist 'generell schlechter. Zur Erhärtung der bisher vorliegenden Re­sultate sind jedoch zusätzliche Experimente erforder­lich.

Ueber das Sorptionsverhalten gegenübe~ Aktiniden, die im hochaktiven Abfall für die Aktivität über sehr lan­ge Zeiträume verantwortlich sind, liegen für Anhydrit­und Gispgesteine die Ergebnisse noch nicht vor.

NAGRA NTB 12 - 94 -

11.

11.1

VERHALTENBET BESTRAHLUNG

GRUNDLAGEN

Da das Wirtgestein einer Strahlenbelastung durch die Abfälle im Endlager ausgesetzt ist, muss das Verhal~ ten des Gesteins unter dem Einfluss radioaktiver Strahlung geprüft werden. Von den verschiedenen Strah­lungen, die vom radioaktiven Abfall ausgesandt werden, sind nur y-Emissionen und Neutronen von Wichtigkeit, da die Wirkung von a- und ß-Strahlung auf Gesteine wegen der sehr geringen Reichweite in fester Materie vernachlässigbar ist.

Infolge der starken Abschwächung der Strahlung könnte eine Beeinträchtigung des Gesteins nur in der unmit­telbar an die Abfallkörper angrenzenden Randzone er­folgen.

Während die y-Strahlung hauptsächlich aus den im Ab­fall enthaltenen Spaltprodukten stammt, entstehen die Neutronen durch Spontanspaltung, namentlich vom Zer­fall der Nuklide Cm 242 und Cm 244 sowie durch (a, n)­Reaktionen.

Von Bedeutung ist vor allem der Effekt der Energiespei­cherung im Gestein. Eine spätere Energiefreisetzung könnte zu .grossen Temperaturerhöhungen führen, verbun­den mit einer Umwandlung in mechanische Energie und nachfolgender Bruchbildung des Gesteins. Ferner können durch die Bestrahlung Probleme der physikalischen und chemischen Stabilität entstehen.

Sehr häufig wird die durch Strahlung abgegebene Ener­gie durch Gitterzerstörungen gespeichert und als Wärme wieder freigesetzt, wenn die unzerstörte Struktur wie­der hergestellt ist. Energetisch geladene Teilchen und y-Strahlung bewirken Verschiebungen von Atomen aus ihren Gitterplätzen sowie Anregung und Ionisation gebundener Elektronen.

Die zur Verschiebung von Atomen infolge elastischer Streuung notwendige Energie liegt im Bereich von 25 bis 75 eV /48/.

NAGRA NTB 12 - 95 -

11.2

Wird ein Hineral mit der Atomnurnmer zwischen 8 und 30 durch y-Strahlung einer Dosis von 2 . 1010 rad ausge­setzt - was als obere Grenze gilt für Gesteine, die den hochaktiven Abfall unmittelbar umgeben -, dann treten weniger als 10 17 elastische Streuungen pro Gramm auf. Bei einer Speicherung von 5 eV pro Ver­schiebung führt dies zu einer gesamten Energiespei­cherung von 0,08 J/g /48/.

Bei der Lagerung schwach-/mittelaktiver Abfälle wer­den die am stärksten exponierten Gesteinszonen bis zum vollständigen Zerfall aller Nuklide mit einer Dosis von 6 . 10 5 rad bestrahlt. Dies ergibt eine vernachlässig­bare Energiespeicherung von 25.10-7 J/g.

STRAHLUNGSEINFLUSS AUF VERSCHIEDENE GESTEINE

Im allgemeinen existiert bis anhin wenig Literatur über Energiespeicherung und chemische Stabilität von Gestei­nen unter dem Einfluss radioaktiver Strahlung.

Aus /48/ lassen sich die heutigen Kenntnisse wie folgt zusammenfassen:

Silikat-Mineralien

Die maximal denkbare Energiespeicherung infolge Bestrah­lung durch hochaktive Abfälle in einem Endlager beträgt 120 - 200 J/g. Diese Dosis kann nicht zu einer ernst­haften Gefährdung führen, da nur relativ geringe Ge­steinsvolumen diesem Strahlungseinfluss ausgesetzt sind und für eine Freisetzung der gespeicherten Energie sehr hohe Temperaturen (900 - 1 000 oe) erforderlich wären.

Ueber den Einfluss ionisierender Strahlung mit Energie­speicherung liegen noch keine direkten experimentellen Resultate vor.

Tonmineralien

Vorderhand sind keine Informationen über die Veränderun­gen der Struktur und Zusammensetzung unter y-Strahlung bekannt.

Da die Tohe einen hohen Wassergehalt aufweisen können, ist der Bildung von Wasserdampf durch Erwärmung speziel­le Beachtung zu schenken.

NAGRA NTB 12 - 96 -

11.3

11.3.1

11.3.2

Kalkstein

Eine nennenswerte Beeinträchtigung durch radioaktive Strahlung ist nicht zu erwarten. An stark exponierten Oberflächen ist eine teilweise Zersetzung des Gesteins in CaO, CO und 02 möglich.

UNTERSUCHUNGEN AN AUSGEWAEHLTENANHYDRITPROBEN

Um das Verhalten von Anhydrit unter dem Einfluss ener­giereicher Strahlung zu untersuchen, wurden am EIR 30 Bohrkerne von 12 mm 0 und 25 mm Länge einer nichtakti­vierenden y-Bestrahlung ausgesetzt /2/. Die eine Hälfte der Proben enthielt Anhydrit und Gips ("helle Proben"), während die andere Hä.lfte als Anhydri t (" dunkle Proben 11 )

charakterisiert war. Ferner wurden 20 Proben lufttrok­ken und 10 Proben im nassen Zustand geprüft.

Die mittlere Dosisleistung betrug 1,8 . 10 5 rad/he Ue­ber eine Bestrahlungsdauer von 1 835 Stunden ergibt dies eine Dosis von 3,3 . 10 8 rad.

Im Anschluss an die Bestrahlung wurden die Gesteinspro­ben bezüglich Bildung von Kondensaten und Gasen unter­sucht.

Kondensate

Die Mengen der aufgefangenen Kondensate waren zum Teil so gering, dass eine Untersuchung nicht mehr möglich war.

Gasförmige Komponenten

Durch massenspektrometrische Analysen konnte neben den Luftbestandteilen N2 , 02 und Ar in allen Gasproben H2 und C02 nachgewiesen werden, die eindeutig als Radio­lysenprodukte entstanden sind.

Die Gase aus den dunklen sowie hellen Proben enthielten prozentual etwa gleiche Anteile an C02. Bei den dunklen Proben liessen sich grössere Mengen an Gasen und damit auch an C02 feststellen.

NAGRA NTB 12 - 97 -

11.3.3

Die aus den lufttrockenen pulverförmigen Gipsproben stammenden hohen H2-Anteile könnten auch durch Zer­setzung des Kristallwassers entstanden sein.

In Tabelle 28 findet sich eine Zusammenstellung der Bildungsraten von H2 und C02 bei der Probenbestrah-lung in Luft.

Proben HZ

he 11 0,00 trocken dunkel O,OZ

he 11 0,008 nass dunkel 0,06

Tabelle Z8: Bildungsraten von Gasen (cm3 Gas/mZ Probenoberfläche x 106 rad bei Normaltemperatur und -druck) nach /3/

COZ

0,9 1 , 1

0,6 0,5

Einfluss energiereicher Strahlung auf die Festigkeit von Anhydrit

Zwecks Abklärung festigkeitsvermindernder Einflüsse auf die Anhydritproben infolge energiereicher Strahlung wur­den die am EIR bestrahlten sowie auch die unbestrahlten Anhydritproben aus Bex und Airolo am geologischen Insti­tut der ETHZ auf ihre felsmechanischen Eigenschaften hin untersucht /69/.

Beim bestrahlten Anhydrit von Bex war an den trockenen Proben eine äusserst minime Festigkeitsverminderung zu erkennen, während die Proben mit Porenwasserspannung eine Festigkeitsabnahme von 5 - 18 % zeigten.

Einen deutlichen Festigkeitsverlust wiesen jedoch die Proben von Airolo auf.

NAGRA NTB 12 - 98 -

11.4

11.4.1

11.4.2

Die Vermutung liegt nahe, dass durch die Wirkung der y-Strahlung Mikrorisse im Gestein entstehen können, wodurch die PorositMt des Anhydrits erhöht wird. Wenn vlasser zutritt und durch Umwandlung Gips entsteht, hat dies eine Festigkeitsverrninderung zur Folge, was sich an den feuchten Proben von Bex bestMtigte.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die in den Bestrahlungsexperimenten erreichte Dosisbelastung von 3,3 . 10 8 rad die Festigkeitseigenschaften von An­hydrit relativ geringfügig beeintrMchtigt /69/.

EIGNUNG FUER DIE ENDLAGERUNG RADIOAKTIVER ABFAELLE

Schwach- und mittelaktive Abfälle

Für die Endlagerung verfestigter schwach- und mittel­aktiver AbfMlle ist im Entsorgungskonzept die Kaver­nen- und Stollenbauweise vorgesehen. Für die Dosis­berechnungen im umliegenden Anhydrit ist lediglich der Einfluss der y-Strahlung zu berücksichtigen.

Ausgehend von der Nuklidzusammensetzung für verfestig­te HarzabfMlle, Tabelle A6 - 4 in /90/,lMsst sich in den am stMrksten exponierten Anhydritzonen bis zum vollstMndigen Zerfall aller Nuklide eine maximale Dosis von 6 . 10 5 rad errechnen. Dieser Wert ist als konser­vativ zu betrachten, da die abschirmende Wirkung von Zwischenfüllmaterial, BehMlter und Kavernenauskleidung vernachlMssigt wurde und die angenommene AktivitMtskon­zentration über dem Mittel liegen dürfte.

Aufgrund der geringen Dosis ist weder mit einer gefMhr­denden Gasentwicklung noch mit einer BeeintrMchtigung der Gesteinsfestigkeit zu rechnen.

Hochaktive AbfMlle

Die Strahlenbelastung des Gesteins durch hochaktive Ab­fMlle als Strahlenquelle ist im Vergleich zu schwach­und mittelaktiven AbfMllen um Zehnerpotenzen grösser.

NAGRA NTB 12 - 99 -

Geht man für die den Abfallzylinder umgebende Gesteins­zone von einer Dosis von 2 . 10 10 rad aus /48/, dann ist pro endgelagerternZylinder (Oberfläche 3 m2) mit folgenden Gasentwicklungen aus dem Gestein zu rechnen (Umrechnung aus Tabelle 28 unter der Annahme einer mit der Dosis linear zunehmenden Gasentwicklung und der Vor­aussetzung, dass bei der Bestrahlung genügend Material für die Gasbildung zur Verfügung steht).

Proben Llter (bel NTP) H2 CO2

hell 0,00 54 trocken dunkel 1,2 66

hell 0,5 36 nass dunkel 3,6 30

Tabelle 29: 8l1dungsrate von Gasen im Anhydrltgestein lnfolge Strahlung eines hochaktlven Abfallzylinders

Da neben den oben genannten Gasen auch Sauerstoff radio­lytisch erzeugt wird /2/, ist die Bildung eines Gemi­sches aus H2 und 02 theoretisch möglich. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Gasmengen in Tabelle 29, falls eine lineare Extrapolation der Messwerte aus /2/ zulässig ist, im Laufe von tausenden von Jahren gebildet werden.

Ausserdem ist eine erhöhte Korrosionsgefahr für das Be­hältermaterial wegen der Bildung chemisch aggressiver Gase zu berücksichtigen.

Die Beeinträchtigung der Festigkeitseigenschaften durch die Strahlung aus hochaktiven Abfallbehältern kann nicht ohne weiteres aus den bisherigen Experimenten abgeleitet werden. Hierzu wären Bestrahlungsversuche mit wesentlich höheren y- und Neutronendosen (>10 10 rad) erforderlich.

NAGRA NTB 12 - 100 -

12.

12.1

12.1.1

KORROSION

ALLGEMEINE BEMERKUNGEN ZUR 'KORROSION

Bei der Endlagerung radioaktiver Abfälle können Ein­binde- und Behältermaterialien durch Korrosionswir­kung umgebender Medien in ihrer Schutzfunktion (Iso­lation von Nukliden) beeinträchtigt werden.

Für Gips- und Anhydritgesteine ist bekannt, dass haupt­sachlich in feuchter Umgebung mit Korrosion von Beton und Metallen zu rechnen ist.

Korrosion von Beton /6/

Die Korrosion ist vor allem dort unerwünscht, wo der Beton bei Endlagerstätten eine abdichtende oder tra­gende Funktion ausübt.

Die Korrosionsvorgänge sind kompliziert und hängen im wesentlichen ab von den Eigenschaften des angreifenden Mediums (Säuren, Basen, Salzkonzentrationen) sowie von der Betonzusammensetzung. Betonschädlich wirken haupt­sächlich weiche Wässer, Säuren, Laugen und Salze. Die zerstörende Substanz muss als nasses Gas, in Flüssig­keit, in aufgelöstem Zustand, vor allem aber als Ion an den Beton gelangen. Stoffe in festem Zustand sind wirkungslos.

Zu den bedeutendsten Agenzien und Verbindungen zählen die Ionen Mg+2, NH4+' H+, S04-2, Cl-, HC03~' OH-.

Zu den grundlegenden Korrosionsvorgängen zählen Aus­laugung, Austauschreaktion mit Austritt leicht lösli­cher Verbindungen aus dem Zement sowie das Treiben des Betons.

Die auslaugende Korrosion entsteht im Beton unter ande­rem durch Einwirkung von Säuren, die mit dem Ca(OH)2 des Betons wasserlösliche Salze bilden, welche ausge­spült werden können. Bei der Austauschreaktion wirken vor allem sämtliche Salze des Magnesiums, dessen Ion namentlich zusammen mit Sulfationen besonders gefähr­lich ist~ sowie das CaS04.

NAGRA NTB 12 - 101 -

12.1.2

Bei den Treibvorgängen bildet der Sulfat-Angriff den am häufigsten vorkommenden und schädlichsten Angriff, ungeachtet, ob das Sulfat als CaS04-, Na2S04- oder MgS04-Salz vorliegt. Alle drei Salze können in wässri­gen Lösungen einer Anhydrit-/Gipsumgebung auftreten und sind deshalb in diesem Zusammenhang von besonderer Wichtigkeit.

Normaler Portlandzement wird zerstört durch Ettringit­bildung sowie der Reaktion zwischen CaS04 und Kalzium­aluminathydraten, wodurch grosse innere Spannungen er­zeugt werden. Es existieren jedoch sulfatbeständige Portlandzemente. Die Puzzolan- und Hüttenzemente sind weitgehend beständig in CaSü4- und MgS04-L6sung. Chlo­ride wiederum wirken sich auf die Sulfatbeständigkeit des Portlandzementes günstig aus. Ferner ist bei Ton­erdezementen keine Korrosion durch CaS04 zu erwarten.

Dichter Portlandzement ist genügend beständig, falls der Sulfatgehalt in Wässern 300 mg/l S04 nicht über­steigt.

Korrosion von Metallen und Legierungen

Metalle und Legierungen erfüllen bei Endlagerstätten als Behältermaterialien, Bohrloch-Verrohrungen usw. entscheidende Isolationsfunktionen gegen die Freiset­zung von Nukliden. Die Lebensdauer wird, abgesehen von St6rfällen mit mechanischer Einwirkung, im wesent­lichen durch die Korrosion bestimmt.

Prinzipiell muss zwischen rein chemischer, elektroche­mischer und physikalisch-chemischer Korrosion unter­schieden werden.

Die rein chemische Korrosion tritt vorwiegend an Metal­len in Gasen bei hohen Temperaturen auf. Kennzeichnend ist die Bildung einer Schicht aus Korrosionsprodukten (besonders Oxiden) durch Ionen, die aus dem Metallgit­ter heraustreten und mit der gasförmigen Umgebung rea­gieren.

Die elektrochemische Korrosion verläuft in wasserhalti­gen Medien, wobei die Zersetzung als Folge elektrischer Erscheinungen infolge von Potentialunterschieden statt­findet.

NAGRA NTB 12 - 102 -

12.2

12.2.1

12.2.2

Gefährlich ist vor allem die aggressive Umgebung, also saure (pH <5) oder alkalische (pH >10) Lösungen. Bei örtlicher Beschädigung der schützenden Oxidschicht, z. B. bei Cr- und CrNi-Stählen, entsteht Lochfrass. Von Interesse sind neben dem pH"""Wert von Wässern auch Angaben über die Leitfähigkeit und den Chlorgehalt. Unter dem Einfluss von Wasserstoff kann Rissbildung auftreten.

~n wässriger Salzlösung nimmt z. B. die Korrosion von unlegiertem C-Stahl mit steigender Temperatur zu, je­doch ab 70 °c wegen des sinkenden Sauerstoffgehalts wieder ab /94/.

Bei der Korrosion physikalisch-chemischer Natur drin­gen Bestandteile aus der Umgebung durch Absorption oder Diffusion in den Werkstoff ein (speziell bei Kunststoffen) .

UNTERSUCHUNGEN

Frühere Untersuchungen

Die im Jahre 1965 begonnenen Korrosionsuntersuchungen mit verschiedenen Materialien im Gipsbergwerk Felsenau haben bis jetzt ein grobes Bild über die Korrosions­verhältnisse in einer Anhydrit-/Gipsatmosphäre erge­ben /53/. Bei den aufgefundenen Stücken handelt es sich um 10 Aluminiumproben.

Interessant sind ferner die vom EIR durchgeführten Tropf­wasseranalysen an 2 Proben aus dem neuen Stollen im Gipsbergwerk Felsenau /57/. Die quantitative Bestimmung erfolgte an 6 Ionen: Na+, K+, Mg+2, Ca+ 2 , Cl-, S04-2. Beide Wässer waren übersättigt an Gips, aber noch nicht gesättigt an Anhydrit. Die eine Probe war zudem zur Hälf­te gesättigt an NaCl (10 °C).

Neues Untersuchungsprogramm

Inzwischen wurde durch die NAGRA ein umfangreiches Kor­rosions-Versuchsprogramm eingeleitet mit dem Zweck, ver­schiedene Materialien, die sich als Bindemittel für ra­dioaktive Abfälle und als Behälter- sowie Auskleidema­terialien eignen, der korrosiven Wirkung in einem Anhy­dritstollen des Bergwerkes Felsenau auszusetzen /56/.

NAGRA NTB 12 - 103 -

12.3

31 verschiedene Proben wurden am 9. September 1977 eingelagert, während entsprechende Vergleichsmuster im EIR unter möglichst nicht korrosiven Bedingungen aufbewahrt werden. Nach 5 verschiedenen Expositions­zeiten erfolgt jeweils eine Rückholung von Mustern und eine Auswertung der Ergebnisse im Vergleich mit den im EIR gelagerten Proben. Eine erste Rückholung erfolgte im September 1978 nach einjähriger Lagerzeit.

Das Sortiment der Proben umfasst folgende Materialien: Eisenbleche ohne und mit verschiedener Beschichtungs­art, feuerverzinkt, verzinnt und verbleit. Peraluman 25 R, Antikorrodal, Aluminium eloxiert, rostfreier Stahl, AISI 304.316, Polyäthylen, Polypropylen, Poly­styrol, ABS, PVC, Araldit, Polyester, Portlandzement ohne und mit Kalk, Sulfacem mit und ohne Kalk, hy­draulischer Kalk mit Trass, 4 Bitumenarten.

Bereits kurze Zeit nach der Einlagerung konnte bei den Eisenblechen ein starker Rostbefall festgestellt wer­den, der, wie sich zeigte, auf den Einfluss der Umwälz­luft zurückzuführen war. Durch Abschirmen des Versuchs­raumes mit einem Vorhang liess sich die Rostbildung weitgehend abstoppen.

EINFLUESSE BEI DER LAGERUNG RADIOAKTIVER ABFAELLE

Grundsätzlich muss das Korrosionsverhalten der für End­lagerstätten und Lagergut verwendeten Materialien durch Langzeitversuche unter den entsprechenden Bedingungen ermittelt werden.

Trotzdem lassen sich aus den gegenwärtigen Kenntnissen bereits gewisse Schlüsse ziehen:

Bei Endlagerstätten für schwach-/mittelaktive Abfälle fällt der Einfluss der Temperaturerhöhung nicht ins Ge­wicht, d. h., es ist keine Beschleunigung der chemischen Reaktionen zu erwarten.

Im Falle eines Wassereinbruches muss unter Umständen mit einem starken Sulfatangriff auf verwendete Beton­materialien gerechnet werden. Bei beiden Tropfwasser­proben betrug der Gehalt an S04-2-Ionen weit über 1 000 mg/l /57/. Ferner kann, je nach Salzgehalt (NaCl) des Wasse~s, eine rasche Korrosion der Stahlfässer in­folge hohem CI--Gehalt des Wassers eintreten /57/.

NAGRA NTB 12 - 104 -

Hingegen erwe~sen sich die Puffereigenschaften von natürlichen Anhydrit- und Gipsgesteinen als günstig, indem der pH-Wert neutralisiert wird /52/.

Ueber die Korrosionseffekte bei der Lagerung hochak­tiver Abfälle sind nähere Angaben schwierig zu geben, da Versuchsergebnisse fehlen. Als ungünstig dürfte sich generell die hohe Temperatur erweisen, welche die Korrosion durch aggressive oder oxidierende Gase (Wasserstoff, Chlor, Sauerstoff) fördert, die z. B. radiolytisch erzeugt werden können.

NAGRA NTB 12 - 105 -

LITERATURVERZEICHNIS

/1/ Amberg, G. (14.12.1977): Quelluntersuchungen an Anhydritgestein. Bericht des Instituts für Grundbau und Boden­mechanik der ETH, Nr. 3622

/2/ Antonsen, 0., Bärtschi, P. (27.01.1976): y-Bestrah-1ung von Anhydritbohrkerneu, Untersuchung frei­gesetzter Gase. Technische Mitteilung. EIR, TM-CH-146

/3/ ASK-AN-461 (13.07.1977): Betrachtungen zu einem End-lager für schwach- und mittelaktive Abfälle

/4/ Bensted, J. (1975): Hochtemperatur-Anhydrit (a-CaS04 ). Zement - Kalk - Gips, 28, H. 9, S. 401- 402

/5/ Berner, R. A. (1971): Principa1s of Chemica1 Sedimen-tology. McGraw-Hill

/6/ Biczok, I. (1968): Betonkorrosion, Betonschutz. Bauverlag GmbH, Wiesbaden-Berlin

/7/ Blount, Ch. W., Dickson, F. w. (1969): The Solubility

/8/

/9/

/10/

of Anhydrite (CaS04) in NaCl - H20 from 100 to 450 oc and 1 to 1 000 bars. Geochimica et Cosmochimica Acta, Vo1. 33

Blount, Ch. W., Dickson, F. w. (1973): Gypsum-Anhy­drite Egui1ibria in Systems CaS0 4 - H20 and CaS04 - NaCl - H20. American Mineralogist, Vol. 58

Bonze1, J. (1976): Beton. Betonkalender, Teil 1

Bundesministerium für Verkehr, Abt. Strassenbau, Bonn (1975): Forschungsprogranw. des Bundesverkehrs­ministeriums und der Forschungsgesellschaft für das Strassenwesen e. V. (BRD). Durchführung eines felsmechanischen Grossversuches in der Nordröhre des Wagenburgtunnels in Stuttgart. Schriftenhefte Strassenbau und Strassenverkehrs­technik, Heft 184

NAGRA NTB 12 - 106 -

/11/

/12/

/13/

/14/

/15/

/16/

/17/

/18/

/19/

/20/

/21/

Bützer, P. (28.10.1975): Untersuchungen der Sorptions­eigenschaften von Anhydrit. Technische Mitteilung. EIR, TM-HL-269

Cailleux, A. (1962): Les Roches. Ed. "Que Sais-je? No. 519, Paris

Centre Experimental de Recherches et d'Etudes du Bätiment et des Travaux Publics (02.09.1964): Tunnel de Belchen, Etudes de roches. Dossier SF 64/222.6.547, Reference Shi/My

Creutzburg, H. (1965): Bestimmung thermischer Stoff­werte von Salzgesteinen und Nebengesteinen. Kali und Steinsalz 5, 170 - 172

D'Ans, J. (1968): Der Uebergangspunkt Gips H Anhydrit. Kali und Steinsalz, Bd. 5, Heft 3

Deer, W. A., Howie, R. A., Zussmann, J. (1962): Rock-Forming Minerals. Non-Silicates, Longmans, Vol. 5, London

Dettling, H. (1962): Die Wärmedehnung des Zementsteins, der Gesteine und der Betone. Schriftenreihe des Otto-Graf-Instituts der T. H. Stuttgart, Nr. 3

(22.10.1975): Physikalische und chemische Untersuchung an Anhydrit-Proben von Bex, Airolo, Wandfluh und Ryburg. EMPA-Bericht Nr. 34068/1

(23.12.1975): Physikalische und chemische Untersuchung, Dilatationsverhalten beim Erhitzen bis 1 000 oe und chemische Analyse. EMPA-Bericht Nr. 34068/2

(31.03.1976): Prüfung auf Wasserdurchlässigkeit und Wärmeleitfähigkeit an 3 Anhydrit-Bohrkernen. EMPA-Bericht Nr. 34068/3

(22.07.1976): Anhydritproben von Bex, Airolo, Wandfluh und Ryburg, Thermogravimetrische Untersuchung und Prüfung der Quellbarkeit in gesättigter Kochsalz­lösung. EMPA-Bericht Nr. 34068/4

/22/

/23/

/24/

/25/

/26/

/27/

/28/

/29/

/30/

/31/

/32/

- 107 -

Füchtbauer, H., Müller, G. (1970): Sedimente und Sedi­mentgesteine. E. Schweizerbartische Buchhandlung, Stuttgart, Sediment-Petrologie, Teil 11

Gimm, W. (1968): Kali- und Steinsalzbergbau. VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig

Golta, A. (Oktober 1967): Sohlenhebungen in Tunneln und Stollen. Bericht Wehrli, Weimer, Golta, Ingenieure für Hoch- und Tiefbau, Zürich

Golta, A. (20.03.1968): Belchentunnel, Sohlenhebungen und Einbau von Sohlgewölben. Expertenbericht Wehrli, Weimer, Golta, Ingenieure für Hoch- und Tiefbau, Zürich

Grob, H. (11. - 14.09.1972): Schwelldruck im Belchen­tunnel. in: H. Grob und K. Kovari Berichte, Internationales Symposium für Untertag­bau, p. 98 - 119, Luzern

Grove, D. B. (1968): A Method to Describe the Flow of Radioactive Ions in Ground Water. Final Report, Sandia Laboratories, SC-CR-70-6l39

Gysel, M. (1974): Zur Anwendunq geomechanischer Unter­suchungsmethoden beim ~unnelbau. Dissertation, Techn. Universität Berlin

GyseI, M. (10.12.1975): Felskennwerte; Zusammenstellung von Messergebnissen aus Labor- und Feldversuchen für die Gründung von Staumauern. Bericht MC ING

GyseI, M. (1977): A Contribution to the Design of a Tunnel Lining in Swelling Rock. Rock Mechanics 10, 55 - 71

Hadermann, J. (23.05.1978): Die Gleichgewichtsvertei­lungskoeffizienten von Sr und Cs bei der Sorption. Technische Mitteilung. EIR, TM-PH-724

(1964): Handbook of Chemistry and Physics, CRC-Press, Cle"veland, Ohio

NAGRA NTB 12 - 108 -

/33/

/34/

/35/

/36/

/37/

/38/

/39/

/40/

/41/

/42/

(1973): Handbook of Tables for Applied Engineering Science, CRC-Press

(1978): Handling of Spent Nuclear Fuel and Final Storage of Vitrified High Level Reprocessing Waste, KSB-Studie, Stockholm

Hardie, L. A. (Jan. - Feb. 1967): The Gypsum-Anhy­drite Equilibrium at One Atmosphere Pressure. The American Mineralogist, Vol 52

Haug, H. o. (1974): Calculations and Compilations of Composition, Radioactivity, Thermal Power, Gamma and Neutron Release Rates of Fission Products and Actinides of Spent Power Reactor Fuels and their Reprocessing Wastes. Kernforschungszentrum Karlsruhe, KFK-1945

Hiss, B. M. (1975): Metamorpher Anhydrit im Leventina­Gneis. Schweiz. mineral. petrogr. Mitteilung, 55, S. 217 - 225

Holland, H. (1965): Die Umwandlungsvorgänge beim Er­hitzen von Calciumsulfat und seinen Entwässe­rungsprodukten. Diss. Clausthal

Höfling, o. (1954): Lehrbuch der Physik. Ferd. Dümmlers-Verlag, Bonn

Huder, J., Amberg, G. (22.10.1970): Quellung in Mer­gel, Opalinuston und Anhydrit. Schweiz. Bauzeitung, 88. Jahrgang, Heft 43, p. 975 - 980

(April 1972, Juli 1973): N3, Bözbergtunnel, Einachsige und triaxiale Druckversuche im Labor. Institut für Strassen- und Untertagbau (ISETH) der ETH, Berichte Nr. 1 und 2

Jäckli, H. (04.07.1972): Die geologischen Verhältnisse im aargauer Tafeljura im Hinblick auf eine Kaver­nenanlage in der Anhydritgruppe. Bericht an die NOK, Baden

NAGRA NTB 12 - 109 -

/43/

/44/

/45/

/46/

/47/

/48/

/49/

/50/

/51/

/52/

Jäckli, H. (30.01.1973): Die geologischen Verhält­nisse in der Wandfluh, Gemeinde Leibstadt. Bericht an die NOK, Baden

Jäckli, H. (21.08.1973): Die Eignung der wichtigsten Anhydrit- und Gipsvorkomrnen der Schweiz für dichte Kavernen. Bericht an das Konsortium ~ntertagesspeicher

Jäckli, H. (17.01.1975): Die Eignung der Lokalität Airolo-Süd für dichte Kavernen, Resultate der Sondierkampagne 1974. Bericht an das Konsortium Untertagesspeicher

Jäckli, H. (30.01.1976): Die Eignung der Lokalität Val Canaria, Gemeinde Airolo, für dichte Kaver­nen, Resultate der Sondierkampagne 1975 mit 5 Beilagen. Konsortium Untertagesspeicher

Jäckli, H. (25.04.1978): Anhydrit als Wirtgestein für Endlager radioaktiver Abfälle in der Schweiz (NAGRA)

Jenks, G. H. (1975): Gamma-Radiation Effects in Geo­logie Formations of Interest in Waste Disposal: A Review and Analysis of Available Information and Suggestions for Additional Experimentation. ORNL-TM-4827

Kempe, St. et ale (1972): Die Jettenhöhle bei Düna und ihre Umgebung. Verband der Deutschen Höhlen- und Karstforscher e. V., München

Kempe, st. (1976): Die Gipshöhle Karagiorgaki auf Kreta. Die Höhle, Zeitschrift für Karst- und Höhlenkunde, Heft 3

Laske, D. (23.07.1976): Vergleich der Lösungsgeschwin­digkeiten einiger natürlicher Anhydrite in Wasser. EIR-Bericht, Nr. TM-CH-152

Laske, D. (22.11.1976): Die Puffereigenschaften von natürlichen Anhydrit- und Gips-Gesteinen und deren Bedeutung für die Löslichkeit verschiede­ner Spaltprodukte. EIR-Bericht, Nr. TM-CH-160

NAGRA NTB 12 - 110 -

/53/

/54/

/55/

/56/

/57/

/58/

/59/

/60/

/61/

/62/

Laske, D. (15.12.1976): Alte Korrosionsversuche im Gipsbergwerk Felsenau. Technische Mitteilung. EIR, TH-CH-162

Laske, D. (05.01.1977): Die Umwandlung von natürli­chen Anhydritgesteinen zu Gips bei der Lagerung in reinem Wasser. Technische Mitteilung. EIR, TM-CH-163

Laske, D. (22.06.1977): Bestimmung von Kd-Werten nach der Batch-Methode bei der Absorption verschie­dener Nuklide an Anhydrit- und Gips-Gesteinen. Technische Mitteilung. EIR, TM-CH-168

Laske, D. (07.10.1977): Korrosionsuntersuchungen im Anhydrit- und Gips-Bergwerk Felsenau. Technische Mitteilung. EIR, TM-CH-175

Laske, D. (13.10.1977): Analyse von 2 verschiedenen Tropfwasserprobenaus dem Anhydrit-Stollen Fel­senau Technische Mitteilung. EIR, TM-CH-176

Laske, D. (15.11.1977): Säulenchromatographie-Ver­suche an möglichen Wirtgesteinen für die Lagerung von schwach- und mittelaktiven Abfällen. Technische Mitteilung. EIR, TM-CH-180

Laske, D. (28.11.1977): Kd-Werte von Cs und Sr an zwei Ionenaustauscherharzen, die als schwach- bis mittelaktive Abfälle in den KKW Mühleberg und Beznau bereits anfallen und die auch für Gösgen und Leibstadt vorgesehen sind, (1. Teil). Technische Mitteilung. EIR, TM-CH-18l

Laske, D. (10.01.1978): Kd-Werte von Cs und Sr an zwei verschiedenen Schweizer Tonarten, (2. Teil). Technische Mitteilung. EIR, TM-CH-183

Laske, D. (13.03.1978): Kd-Werte von Trass, Hydrolent und hydraulischem Kalk, (4. Teil). Technische Mitteilung. EIR, TM-CH-189

Laske, D. (15.03.1978): Kd-Werte von Cs und Sr an drei verschiedenen Bentonite~ (3. Teil). Technische Mitteilung. EIR, TM-CH-188

NAGRA NTB 12 - 111 -

/63/

/64/

/65/

/66/

/67/

/68/

/69/

/7u/

/71/

/72/

/73/

Laske, D. (23.05.1978): Die Kd-Werte von Cs und Sr an: Mergel, Felsenau, Celite 545 und an 6 ver­schiedenen Mustertonen, geliefert von der Petratech, (5. Teil). Technische Mitteilung& EIR, TM-CH-191

MacDonald, G. (1953): Anhydrite-Gypsum Equilibrium Relations. American Journal of Science, 251, S. 884 - 898

Maiklem, W. R. et ale (1969): Classification of An­hydrite. Bull. of Canadian Petro-Geology, 17, S. 194 - 233

Matthess, G. (1970): Beziehungen zwischen geologischem Bau und Grundwasserbewegung in Festgesteinen. Abhandlungen des hessischen Landesamtes für Boden­forschung, Wiesbaden

Miotke, F. D. (1969): Gipskarst östlich Shamrock, Nordtexas. Abhandlungen des 5. internationalen Kongresses für Speläologie, Stuttgart

Müller, L., Götz, H. P.: Literaturauswertung zum Sohlenhebungsproblem und tunnelbauliche Kon­sequenzen in /10/

Müller, W. H. (31.03.1976): Experimentelle Untersuchun­gen an Anhydrit, Bericht Nr. 1 Geolog. Institut der ETH Zürich, Arbeitsgruppe Anhydrit der NAGRA

Müller, W. H, Briegel, U. (22.03.1977): Experimentelle Untersuchungen an Anhydrit, Bericht Nr. 2. Geolog. Institut der ETH Zürich, Arbeitsgruppe Anhydrit der NAGRA

Müller, W. H., Briegel, U. (1977): Experimentelle Un­tersuchungen an Anhydrit aus der Schweiz. Eclogae Geologicae Helvetiae, Vol. 70, Nr. 3

Neumann, R. (1964): Geologie für Bauingenieure. Verlag Wilhelm Ernst & Sohn

Nicod, J. (Sept., Okt. 1976): Karsts des gypses et des eva~orites aSSOClees. Annales de Geographie, Nr. 471

NAGRA NTB 12 - 112 -

/74/

/75/

/76/

/77/

/78/

/79/

/80/

/81/

/82/

/83/

/84/

Oszuszky J. P. (1978): Allgemeine Deberlegungen zur Entsorgung radioaktiver Restmaterialien in geo­logischen Formationen. Atom + Strom, 3 (24)

Ploumen, P. (Januar 1978): Temperaturverteilung bei der Endlagerung hochaktiver Abfälle. Atomwirtschaft

Posnjak, E. (1938): The System caS04 - H20. Arner. Journ. Sei., Sera 5, Vol. 35 A

Priesnitz, K. (1969): Das Karstrelief des südlichen Harzvorlandes im Lichte neuerer Arbeiten zum System CaS04 - NaCl - H20. Abhandlung des 5. internat. Kongresses Eür Speläologie, Stuttgart

Sahores, H. (1962): Contribution a l'etude des pheno­menes mecaniques accompagnant 1 'anhydrite. Ciments et Betons, Nr. 558 - 567

Schillinger, G. (28.09.1970): Die Felsdrücke im Gips­keuper beim Bau des Belchentunnels. Strasse, Verkehr, Nr. 10, p. 579 - 584

Schneider, J. F. (1975): Recent Tridal Deposits, Abu Dhabi, VAE, Arabian Gulf. Tridal Deposits, ed. by. R. N. Ginsburg, Springer Verlag, Berlin

Schneider K., Platt A. (1974): High-level Radioactive Waste Management Alternatives. BNWL-1900, Vol. 2

Seiler, D., Hardmeier, W. (1957): Physik, 2. Teil, Optik und Wärmelehre. Polygraphischer Verlag AG, Zürich

SiebeI, E. (1941): Handbuch der Werkstoffprüfung. Springer-Verlag, Berlin

Smailos, E. (1978): Berechnungen zur Radiolysegasbil­dung und Wärmeentwicklung bei der Einlagerung von radioaktiven Bitumen- und Zementprodukten in unterirdischen Lagerräumen. Kernforschungszentrum Karlsruhe, KFK-2076

NAGRA NTB 12 - 113 -

/85/

/86/

/87/

/88/

/89/

/90/

/91/

/92/

/93/

/94/

Stelzer, F. (1971): Wärmeübertragung und Strömung. Verlag Karl Thiemig, München

Talobre, J. (1957): La mecanigue des roches. Dunod, Paris

Tröger, W. E. (1967): Optische Bestimmung der ge­steinsbildenden Minerale, Teil 2, Textband. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart

Van1t Hoff et ale (1900, 1901, 1903): Gips und An­hydrit. Sitzungsberichte der Königl. Preussischen Aka­demie der Wissenschaften

Von Moos, A., de Quervain, F. (1948): Technische Gesteinskunde. Verlag Birkhäuser, Basel

(09.02.1978): Die nukleare Entsorgung in der Schweiz. VSE/GKBP/VeW/NAGRA

Wenzens, G. (1969): Gipskarstformen im Sontraer Zechsteing-ebiet. Abhandlungen des 5. internationalen Kongresses für Speläologie, Stuttgart

Winnacker, K., Weingaertner, E. (1950): Chemische Technologie. Carl Hanser Verlag, München

Zahner, P. (06.11.1975): Etude petrographigue des echantillons des forages no. 1, 2 et 3, Bex­Le Montet. Institut geologigue de l'universite de Lausanne an die NAGRA

Zelders, H. G. (1969): Korrosion, Korrosionsschutz~ Verlag Hallwag, Bern

o

100

200

.. ..lI: U'"­::Je ~.c

Cl

300

400

10

Tempere tur. oe 20 30 40

\ \ \ \ \ \ \ \ \

G \ A

\ \

®' \

50

.. .. ..

60

500

1000

E .. ~

.. Cl,) '.. ~

................ ;.. .... 1500

2000 500~ __ ~ __ ~ ______ ~ ______ ~~ ______ ~ ________ ~ ______ ~

Stabilitätszonen von Gips (G) und Anhydrit (A) in Abh~ngigkeit von Temperatur und

Druck. Auf der linken Seite wird der hydrostatisch~ auf der re~hten Seite der li­

thostati~che Druck (Plith

= 2.4 Pd' hier in Metern Gesteinsm~chtigkeit) angege-I hy r

ben. Derigeothermische Gradient wurde über dem "Grand Saline Dome" in Texas gemes-01

sen (1 [pro 37 m Tiefe). !

1) Ges~ttigte NaCI-Lösung, Plith

= 2.4 Phydr

2) Ges~ttigte NaCl-Lösung, Pli t.h- auf feste und flüssige Phase

3) Meerwasser, bis zur CaS04-S~ttigung eingedampft, Plith = 2.4 P

hydr 4) Süsswasser, P

1ith = 2.4 P hydr

Bei den Gleichgewichtskurven I, 3 und 4 wirkt der lithostatische Druck auf die

festen Phasen und der hydrostatische Druck auf das Porenwasser (nach 5).

NAGRA TECHNISCHER BERICHT NTB 12

.. STABILITATSZONEN VON GIPS UND ANHYDRIT

IDAr_: 14.9.1978 I BEILAGE 1 I

u o

Z

6

50

40

0: 30 :J t-<{ 0: W 0.. 20 ~ W t-

10

SYSTEM CoS04 -NoCI-H 2 0

(I BAR)

..s:J- Hordie (1967) --0-- Blount u. Dickson (1969)

75~a H2 0 OL-____ -L ____ L-~ ______ U-______ +L------~----~~----------

o 1 2 3 4 5 6 Mole NoClod.CI/Kg H2 0

o 34 64 91 115 137 157 0/00 No CI

Der Effekt der Konzentration von NaCl oder Cl sowie der Aktivität des Wassers

(a H2

0) auf die Gleichgewichtstemperatur der Phasen Gips, Anhydrit, CaS04-gesät­

tigte Lösung und H2

0-Dampf bei I bar totalem Druck im System CaS04 - NaCl - H20.

Der Wassenrlampfdruck reicht von. 124 torr bei 56 oe und NaCl-freiem Wasser bis

zu 13.6 torr bei 20 °c und 6 mol NaCl-haltigem Wasser. Unterhalb der Kurven bil­

det sich Gips (nach 8).

NAGRA TECHNISCHER BERICHT NTB 12

IDAT.: 14.9.19781 BEILAGE 2 1

-. .c:. u

• cu 01 E :l a a::

2.95

2.90

l' (,ll°'J 2.85· )

(3) ·1 [9~ 3

Raumgewicht von Anhydrit jn Funktion der Porosität (Rohdichte)

Raumgewicht in Funktion der

Porosität von 15 Proben aus

( 2)

1(88) 2

9

, flB21 [!15I! (~l

(1 )

Q5

(~)

IC74'J ~

7 [8~ (~5) (1~

CB4J [nl 12 (13)

6 1 esO]

10

['~21 (10)

C70J 13

10

Porosität 1.0

r J Anhydritoehait der Probe in 0/0

( ) Theoretischer Wert ohne Klammer: Gemessener We rt

1.5

der Horizontalbohrung von

Val Canaria, in Abständen von

58'm entnommen.

Die Differenz zwischen gemes-

senem unq theoretischem Wert

der Proben für das Raumgewicht

wurde durch einen senkrechten

Strich angegeben (nach 70).

NAGRA TECHNISCHER BERICHT NTB 12

RAUMGEWICHT VON ANHYDRIT IN FUNKTION DER POROSITÄT

/DAT.: 14.9.1978 I BEILAGE :3 I I

'Stoff

Anhydrit

Gips

Sandboden

Sandboden

Sandboden

Sandstein

Tonboden

'Marmor

Kristallin

Kristallin

Granit USA

Gneis USA

Granit Schweden

'Granit

Salz

Salz

Mergel

Dolomit

, Schiefer

Kalkstein

Kalkstein

Steinkohle

Kies

'Erde. kiesig

·8eton

Beton

Rostfreier Stahl (304)

Stahlguss

Glas

Glas

Borsilikatglas

Borsilikatglas

Wasser

Wasser

Ruhende Luft

NAGRA

Wärmeleitfähigkeit A [w/m DKJ Referenz

5.4 14

1.3 86

1.67 85

1.2 - 2.3 32

1.7 33

1.6 - 2.1 85

1.28 85

2.8 85

1.7 81

2.0 75

2.6 - 3.8 81

1.9 - 4.8 81

3.0 - 3.6 34

1.9 - 4.0 32

5.5 - 7.1 81

5.0 84

0.9 - 2.2 12

4.0 12

1.2 - 2.9 31

1.9 33

2.0 - 3.4 72

0.26 85

0.37 85

0.59 85

0.9 - 1.3 32

0.8 - 1.4 85

17.3 33

46.5 75

0.7 - 0.85 32

0.16 85

1.1 (20 oe) 75

1.37 (200 oe) 75

0.6 (NTP) 33

0.7 [100 oe) 33

2.6 . 10-2 (20 oe) 85

TECHNISCHER BERICHT NTB 12

WÄRMELEITUNGSEIGENSCHAFTEN

VON GESTEINEN UND ANDERN MATERIALIEN

'OAT.: 14.9.1978 r BEILAGE 5 I

------- Probe Nr. 1 Probe Nr. 2 Probe Nr.3

Wärmeleitfähigkeit

in cal -1 -1 0 -1

0.0095 0.0117 0.0102 cm s C

in W -1 -1

0.0399 0.0428 cm K 0.0488

gemessen bei einer Temperatur in oe 10.0 9.6 9.8

Wärmeleitfähigkeit

in cal -1 -1 o -1

0.0083 0.0105 0.00905 cm s C

in W -1 -1

0.0348 0.0437 0.0378 cm K

gemessen bei einer Temperatur in oe 49.8 49.4 49.5

Wärmeleitfähigkeit

cal -1 -1 ° -1 0.0072 0.0088 0.0082 in cm s C

-1 -1 0.0302 0.0367 0.0345 in W cm K

gemessen bei einer Temperatur in oe 89.7 89.3 89.5

NAGRA TECHNISCHER BERICHT NTB 12

BESTIMMUNG DER WÄRMELEITFÄHIGKEIT VON ANHYDRIT (nach 20)

IDAT.: 14.9.1978 I BEILAGE 6 J

-&.-~-(Oe) Temperaturerhöhung (~I - -(100) on der Stollenober­

fläche bedingt durch die Wärmeleistung schwach-I

Sto 1I e nquersc h n itt

mittelaktiver Abfä lIe zum Zeitpunkt der Verfestigung

(stationärer Fall)

Gi ps Ton

Beton

Schi efer

Anhydrit ~ Val e. (100e)~

Kristallin

Kalk

Merge I

Sand

60 m2

30 m2

H20 (20 0 e , , bo r )

Erde

Wärmeleitfähigkeit ~ <:OK) 10-1,,_ r,~~-.--r-~---'-----'---------'iT-r-r-.-.---r---.--

10 5 1,0 0,5

NAGRA TECHNISCHER BERICHT NTB 12

TEMPERATURERHÖHUNG AN DER STOLLENOBERFLÄCHE SCHWACH-/ MITTELAKTIVE ABFÄLLE

;'J,: I DAT.: 14.9.1978 l BEILAGE 7 J

1000

100

10

10

TemperoturerhÖhUng(fo-r8'R om Rand der Bofirung infolge Endlagerung hochaktiver Abfallzylinder (stationärer 100 Fa 11) R· 2 m

Parameter: Abklingzeit der Abfälle (Jahre)

30a

600

1000

Bo r s i I i kot 9 I os 90 oe

Merge I

Schiefer

t Dolomit I Ko I k Beton

Anhydrit ~ Sand

e. (90 Oe)

I So Iz 11 '-__ Kr_i_st_o_ll_i_n_~ Wörmeleitföhig keit

0,5

1 ba r )

NAGRA TECHNISCHER BERICHT NTB 12

TEMPERATURERHÖHUNG AM RAND DER BOHRUNG HOCHAKTIVE ABFALLZYLINDER

1 DAT.: 14.9.19781 BEILAGE 8 I

Loka:li tät Material Bohrung Tiefe verwendet in Bericht

Airoilo Süd Anhydrit 1 152.3 m ( 11 )

Anhydrit 2 97.6 m ( 11 )

Anhydrit 3 82.4 m (11)

Anhydrit 3 82.9 m [ 11 )

Anhydrit 3 95.4 - 95.6 m ( 11 )

Gips 3 82.5 m (52, 55)

Airo,lo-Ost Anhydrit 45 m, 56 m ( 11 ) (Val Canari q )

Anhydrit BI *445 m (52. 54. 55)

Bex Anhydrit 1 78.6 - 78.8 m ( 11 )

Anhydrit 2 102.5 - 102.6 m ( 11 J

Anhydrit 3 104.3 m ( 11 J

Anhydrit 3 109.5 - 109.7 m ( 11 J

Anhydrit 3 249.3 - 249.4 m ( 11 J

Anhydrit 3 244 m (52, 54, 55)

Wandfluh Anhydrit 4 43.05 m (11 J

Leibstadt Anhydrit 4 47.6 m ( 11)

Anhydrit 4 73.5 m (11 )

Anhydrit 4 47 m (52, 54, 55)

Fe1$enau Gips (11, 58)

Gips 0-21/4-

[52_ 55) F Nord (Bruch-stein)

* Hdrizonta1bohrung

NAC:RA TECHNISCHER BERICHT NTB 12

HERKUNFT DER PROBEN FÜR SORPTIONSVERSUCHE

IDAT.: 14.9.1978 I BEILAGE 9 I