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Heft 4 April 2007 Zeitschrift des Magischen Zirkels von Deutschland e.V. MAGIE DIE KUNST DES ZAUBERNS DIE KUNST DES ZAUBERNS D 21239 E Sos & Victoria Petrosyan

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Sos & Victoria Petrosyan, World Famous Quick Change Arists

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H e f t 4A p r i l 2 0 0 7

Z e i t s c h r i f t d e s M a g i s c h e n Z i r k e l s v o n D e u t s c h l a n d e . V.

MAGIED I E K U N S T D E S Z A U B E R N SD I E K U N S T D E S Z A U B E R N S

D 21239 E

So

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Karten-MAGIE

Harry LorrayneSwain vereinfacht – Plus ............................................................ 164

SveroniDas Zweikartenspiel ...................................................................... 166

Jochen ZmeckDie Kartenleiste ................................................................................ 168

Jochen Zmeck... und die Miniatur-Kartenleiste ............................................ 169

Johann KellnerPI - PA - PO ........................................................................................ 170

Kinder-MAGIE

Stefan OlschewskiÜberraschungsbox .......................................................................... 171

MAGIE-Theorie

Dieter Daniel (Ravelli)Der Vortrag in der „erzählenden“ Zauberkunst .......... 172

Bühnen-MAGIE

Frank FechnerRiesenmünze zu Kartenfächer ................................................ 174

MAGIE-Porträt

Dr. Oliver ErensDie Petrosyans – eine magische Familie ......................... 176

Eberhard RieseSos Petrosyan Junior ..................................................................... 178

Dr. Oliver ErensGegen die Zeit .................................................................................. 179

Rubriken

Detlev Drenker – Dr. Oliver Erens – Uwe S. MeschedeMAGIE-Report ............................... 163

Impressum ........................................ 207

Titel

Sie sorgen weltweit für Furore und wurden bereits vielfach ausgezeich-net: die Quick Change-Spezialisten Sos & Victoria Petrosyan. Unser Porträt dieser magischen Familie finden Sie in dieser MAGIE!

Beilagenhinweis

Einem Teil dieser Auflage liegen Prospekte der Firma Zauberkabi-nett-Shop bei.

MAGIE-Interview

Dr. Oliver Erens„Ich liebe diese Form der Magie!“ – MAGIE-Interview mit Sos & Victoria Petrosyan ........ 180

Dr. RoßmannMAGIE-Interview mit dem Großen Pomponi .............. 188

Aktuelles

Dr. Oliver Erens„Innovativ, unterhaltsam und hoch kreativ“ – der S&R Golden Lion Award für Florian Zimmer ... 182

Waso KoulisDas 12. Magische Wochenende in Deggendorf ............ 183

Andreas Axmann + Jochen StelterTropenzauber ..................................................................................... 184

Die ZAUdERERNeues von DIE ZAUdERER ..................................................... 186

Neue Bücher, CDs, DVDs… .................................................... 187

Zauberkünstler in Varietés ....................................................... 200

Zaubershows in Deutschland .................................................. 200

Reinhard MüllerMAGIE International .................................................................... 202

MAGIE-Geschichte

Kobert Kaldy (Karo)Sammeln – Schicksal oder Hobby? ................................... 190

Stephen MinchAlles Alte ist wieder neu ............................................................ 192

Max MavenDie FISM – von damals bis heute, Folge 12: Yokohama 1994 ............................................................................... 197

MZvD-Intern

Ortszirkel berichten ....................................................................... 205

Wolfgang SommerMZvD und mehr... ........................................................................... 206

Die Geschäftsstelle meldet ........................................................ 208

MAGIE – die Kunst des Zauberns · Zeitschrift des Magischen Zirkels von Deutschland e.V.

Erhielt den S & R Golden Lion Award: Florian Zimmer 182

Inhalt

FISM 1994 in Yokohama: Max Maven erzählt, was damals war... 197

Tropenzauber im „Tropical Island“ 184

Über das 12. Magische Wochenende in Deggendorf 183

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D I E K U N S T D E S Z A U B E R N S

Zeitschrift des Magischen Zirkels

von Deutschland e.V.

87. Jahrgang

Heft 4, April 2007

MAGIEE D I T O R I A L

MAGIE 4/2007 163

MAGIEReport

Im letzten Heft hatten wir Ihnen für die April-Ausgabe die ausführliche Vorstellung des Zauberschlosses Schönfeld bei Dresden angekündigt. Leider müssen wir Sie enttäu-schen, denn kurzfristig haben wir diesen Schwerpunkt auf ein späteres Heft verscho-ben. Bleiben Sie also weiterhin gespannt auf imposante Einblicke in das deutsche „Magic Castle“. Und um keinen Zweifel aufkommen zu lassen: Das war kein Aprilscherz! – Gleich-wohl frönen wir in diesem Heft natürlich

wieder diesem Brauchtum und wünschen Ihnen recht viel Spaß damit.

Auf unserem Titel präsen-tieren wir Sos & Victoria Petrosyan. Das sympathische Künstlerpaar gibt mit sei-ner beeindruckenden Quickchange-Darbie-tung der Redensart „Kleider machen Leute“ eine völlig neue Bedeutung. Aber nicht nur für Sos und Victoria ist die Zauber- und Verwandlungskunst ein we-sentlicher Lebensinhalt, son-dern auch ihre beiden Söhne Sos Jr. (10) und Tigran (7) sind zauberisch sehr aktiv. Grund genug für Dr. Oliver Erens, sich mit den Petro-syans zu unterhalten. „Für mich ist es – im wahrs-ten Sinne des Wortes – eine wirklich zauberhafte Fa-milie“, gestand der MAGIE-Redakteur nach mehreren Treffen, bei denen sich nicht nur die beiden Zauberer bestens verstanden, son-dern auch deren Ehefrauen und Kinder. Und so kam es zur Coverstory dieser Ausgabe, in der auch MZvD-Juryleiter Eberhard Rie-se zu Wort kommt, der das Vergnügen hatte, Sos Jr. und Tigran in Stuttgart zu coachen. Sein Urteil und Vergleich mit einem bedeu-tenden deutschen Manipulator wird Sie ganz bestimmt beeindrucken. – Und wenn Sie die Petrosyans erleben wollen, sollten Sie die neue Staffel der SAT.1-Show „Clever – Die Show, die Wissen schafft“ nicht verpassen: In einer Folge im Mai (immer Mittwochs) kön-

nen Sie sage und schreibe zehn Kostümver-wandlungen in nur zwei Minuten erleben! (Der genaue Sendetermin stand bei Redak-tionsschluss leider noch nicht fest.)

Von sich reden macht derzeit in den USA und anderswo unser Mitglied Paul Potassy: Bei L&L Publishing hat er ein einmaliges, dreiteiliges DVD-Set in einer Aufmachung herausgebracht, wie es sie noch nie gab. Und in diesen Tagen, genauer gesagt am 7. April, wird Paul Potassy mit dem Masters Fellow-ship Award 2006 ausgezeichnet, der größten Auszeichnung, die es in den Vereinigten Staa-ten von Amerika für Magier gibt! Die Überga-be findet im exklusiven Beverly Hills Hilton statt, und Paul Potassy wird extra dafür von den Philippinen einfliegen. Außerdem gibt er dann im Magic Castle zwei Sondershows und steht Max Maven für ein Interview zur Verfü-

gung. – Wir gratulieren un-serem Paul Potassy und sind stolz auf ihn. Übrigens: Bei jedem Auftritt trägt er sein MZvD-Abzeichen, das er für seine 65-jährige Mitglied-schaft verliehen bekam!

Wir freuen uns, Ihnen in dieser Ausgabe einen bunt gemischten Trickteil prä-sentieren zu können. Beson-ders stolz sind wir auf ein Kunststück aus Harry Lo-raynes jüngstem Buch. Aber

auch die übrigen Kunststücke haben es in sich und werden Ihnen garantiert gefallen. Und für die kommenden Monate sind bereits weitere interessante Trickbeiträge von nam-haften Autoren aus dem In- und Ausland in Vorbereitung. Außerdem planen wir eine grafisch besonders anspruchsvolle MAGIE, die sich damit befasst, wie Zauberkünst-ler von einem prominenten Fotografen ins rechte Licht gerückt werden. Freuen Sie sich schon heute darauf. Wir wünschen Ihnen ei-nen zauberhaften Frühling!

Ihre MAGIE-RedaktionDetlev Drenker – Dr. Oliver Erens

Uwe S. Meschede

Victroria Petrosyan und Soheila Erens

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MAGIE 4/2007176

Dr. Oliver Erens

Schon längst ist die „zauberhafte Mo-denschau“ von Sos und Victoria Petrosyan in Fachkreisen kein Ge-

heimtipp mehr– und doch war sie beim MZvD-Jahreskongress 2005 in Sindelfingen das Tagesgespräch: Temperamentvoll und zu rhythmischen Elektrobeats wechselten die beiden auf der Bühne ihre komplette Garde-robe in Sekundenschnelle und bekamen da-für stehende Ovationen.

Die Nummer ist eine perfekte Melan-ge aus Pyrotechnik, Transformation, Musik und Choreografie. Die schöne Victoria mit den grellroten Haaren wird dabei auch zur Traumfrau von so manch entnervtem Ehe-mann, weil sie sich in Nullkommanichts

umzieht, und zwar ohne stundenlange Ent-scheidungsprozesse und wachsende Kleider-berge vor dem Garderobenschrank. Dass sie dabei jederzeit attraktiv aussieht und ge-schmackvoll sexy über die Rampe kommt, muss nicht extra erwähnt werden.

Sos und Victoria sind nicht nur Partner auf der Bühne, auch privat sind sie ein Paar. Ihr größter Stolz und der eigentliche Mittel-punkt ihres Lebens sind die beiden Kinder, Sos Jr. und Tigran, zwei aufgeweckte Jungs, die das Zauberpaar überallhin auf der Welt begleiten und dabei – ganz nebenbei – wäh-rend länger dauernder Engagements die jeweilige Landessprache wie selbstverständ-lich lernen. Und: Der Nachwuchs zaubert na-türlich auch. Die sieben- und zehnjährigen Jungs finden die Magie „total cool“, und sie

sind schon jetzt beinahe genauso erfolgreich wie ihre Eltern (siehe Beitrag von Eberhard Riese auf Seite 178).

So fällt es leicht, die Petrosyans als „Zau-berfamilie“ zu bezeichnen. Sie sind noch dazu sehr liebe Menschen, überaus zuvor-kommend und völlig unkompliziert. Als meine siebenjährige Tochter Jessica ein Vi-deo ihrer Quickchange-Darbietung sah, war sie sofort hingerissen von den Kleiderwech-seln. Für sie war klar: Die zauberhafte Victo-ria musste sie unbedingt kennen lernen. Für die Petrosyans eine Selbstverständlichkeit, zumal sie gerade im Stuttgarter Friedrichs-bau Varieté gastierten. Die Herzlichkeit, die sie meiner ganzen Familie entgegenbrach-ten, darf nicht unerwähnt bleiben, sie ist ty-pisch für die „Magic Family“.

Die PetrosyansFotos: Archiv Petrosyans

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MAGIE 4/2007 177

Die PetrosyansSos (geboren 1972 in Armenien) hat die

Artistik von der Pike auf gelernt: Im Alter von sechs Jahren nahm ihn die die Bolschoi-Akademie auf, wo er Tanz und Choreografie lernte. Seinem Vater, selbst Generaldirektor des armenischen Staatszirkus, ist es wohl zu verdanken, dass Sos jonglieren lernte und mit seiner originellen Darbietung alle wich-tigen Preise abräumte, darunter den „Cirque de Demain“ 1991 in Paris.

Später inspirierte ihn der bekannte ita-lienische Verwandlungsartist Arturo Bra-chetti zu einer neuartigen Präsentation der traditionellen russischen Kostümverwand-lungskunst. Das war die Geburtsstunde der „Neuen Quick Change-Generation“, die Sos und Victoria in der ganzen Welt repräsentie-ren.

Auch Victoria (geboren 1978 in Russland) entstammt einer Zirkus-Familie: Ihr Vater ist technischer Direktor des Moskauer Jury Nikulin Zirkus, und ihre Mutter ist dort als Lichtdesignerin tätig. Die Hoffnung der El-tern, ihre Tochter würde ein Jurastudium abschließen, erfüllte sich allerdings nicht, denn seit dem Jahr 2000 hat Victoria zu ih-ren künstlerischen Wurzeln zurückgefunden und steht mit ihrem Ehemann auf den be-deutendsten Bühnen unseres Globus.

Für ihre Kostümverwandlungsnummer wurden die Petrosyans mehrfach ausge-zeichnet, aber ihr Repertoire geht weit über das hinaus, was wir allgemein von ihnen kennen: „Der kleine Zauberer“ mit blonder Victoria gehört ebenso dazu wie Animati-onen, Illusionen, Close-up Zauberei oder

eine Entfesslungsnummer mit blauhaa-riger Victoria. Und ihre gemeinsame an-mutige und einzigartige Interpretation des tanzenden Stabes ist sicherlich das Beste, was es weltweit zu diesem Effekt zu seh-en gibt. So wundert es nicht, dass die Petro-syans auf Jahre hinaus im Voraus gebucht sind; 2007 treten sie beispielsweise beim In-ternationalen Zirkusfestival in China und beim World Magic Seminar in Japan auf, und 2008 führt sie ihr Weg für mehrere Mo-nate in die USA zum Big Apple Circus nach New York. Hoffen wir, dass unsere sympa-thischen Mitglieder danach wieder den Weg in ihre derzeitige Heimat in der Nähe von Mannheim zurückfinden, denn sie sind ein echtes Aushängeschild für den Magischen Zirkel von Deutschland.

Eine magische Familie

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MAGIE 4/2007178

Eberhard Riese

Er bewegt sich auf der Bühne, als hät-te er noch nie etwas anderes gemacht. Zwischen den Fingern erscheinen

Spielkarten, Billardbälle wech-seln die Plätze, mit jugendlichem Charme und selbstverständlicher Coolness. Das klingt alles nicht sonderlich spektakulär, aber er bekam beim Prix Juventa in Ber-lin im November 2006 eine Stan-ding Ovation, und er gewann den ersten Preis in der Sparte Mani-pulation.

Das Besondere an ihm: Er ist zehn Jahre alt, 1996 wurde er in Moskau geboren. Als er ein Jahr alt war, zogen seine Eltern Vic-toria und Sos Petrosyan mit ihm nach Deutschland. Der Zauber-bazillus brach bei ihm aus, als er vier Jahre alt war – kein Wun-der, liegt er doch in der Familie. Sein Vater brachte ihm den ers-ten Griff bei, das Verschwinden einer Spielkarte. Von Anfang an war es besonders die Manipula-tion, die ihn begeisterte. Er ließ sich weitere Griffe von seinem Vater zeigen, schaute sich die Jeff-McBride-Videos an und hatte bei einem Engagement seiner Eltern im Berliner Wintergarten die Ge-legenheit, sich weitere Kniffe und Tricks von Oguz Engin zeigen zu lassen. Er zaubert wie ein Großer, wenn auch seine Karten, mit de-nen er manipuliert, „nur“ kleine Patiencekarten sind. Er übt täglich etwa eine Stunde, wenn es auf einen Auftritt zugeht, kann es durchaus noch mehr werden.

Und wie lässt sich das mit der Schule ver-einbaren? Im Dezember und Januar trat er immerhin zweimal wöchentlich in „Zau-ber & Zimt“ auf, einer Produktion des Fried-richbau-Varietés in Stuttgart. Er besucht die

fünfte Klasse des Gymnasiums, und für sei-ne Auftritte darf er höchst legal sogar die Schule schwänzen. Wenn er für längere Zeit

beurlaubt wird, bekommt er spezielle Haus-aufgaben mit, die er unterwegs erledigen muss. Sein Lieblingsfach ist übrigens Ma-thematik, auch hierbei macht sich die fana-tische Fähigkeit des Manipulators zum Üben

und die harte russische Artisten-tradition bemerkbar. Kaum zu glauben, dass er so ganz neben-bei auch noch mit dem Diabolo jongliert.

Sein jüngerer Bruder Tigran (was für ein Künstlername – aber er heißt wirklich so!) ist sieben Jahre alt und steht Sos in nichts nach. Auch er übt genauso fana-tisch die Kartengriffe, und beide zusammen treten mit einer Ent-fesselungsnummer auf. Und sie verstehen sich beide sehr gut, was ja bei Brüdern nicht der Normal-fall sein soll. Ob er auch mal ei-nen Quick-Change-Act wie seine Eltern machen möchte? – Nein, das interessiere ihn nicht so.

Ich muss lange zurückden-ken, um jemand Vergleichbares zu finden, der in so jungen Jahren bereits so gut war: Er saß seit sei-nem sechsten Lebensjahr regel-mäßig als Stammkunde bei den „the magic hands“-Kongressen vor dem Stand mit den Videos, damals zehn Jahre alt, und be-herrschte die gesamte Kartenma-nipulation, bis auf die Drehkarte. Er hört auf den schwäbischen Na-men Thomas Fröschle…

Lieber Sos, lieber Tigran: Möge euch der Spaß an der Zau-

berkunst ein Leben lang begleiten! Wir wün-schen euch auch weiterhin den ganz großen Erfolg!

Sos Petrosyan JuniorDer jüngste Manipulator der Welt

Sos Jr. mit Eberhard „Ebs“ Riese Sos Jr. manipuliert Geschwisterliebe

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MAGIE 4/2007 179

Gegen die ZeitSekundengenaue Analyse der Petrosyan-Quickchanges

Dr. Oliver Erens

Kostümverwandler arbeiten immer gegen das Ticken der Uhr. Denn die Zeit ist der natürliche Feind aller Quickchange-Artisten. Dieser Beitrag beschreibt, wie Sos und Victoria Petrosyan ihren Erzrivalen – den Se-kundenzeiger – während sechseinhalb Minuten mehrfach besiegen. Die Analyse kann natürlich nur mithil-fe der Stoppuhr gelingen und ist rein deskriptiv. Um die Darbietung wirklich zu erfassen, muss der Leser sie mit eigenen Augen gesehen haben.

0:00 Auftritt Sos – er ist mit schwarzer Hose, braunem Hemd, schwarzem Mantel, schwarzem Kopftuch und weißen Handschuhen gekleidet. In der Hand hält er einen Spazierstock. Nach kurzer Geste ins Publikum und einigen Tanzschritten lenkt er die Auf-merksamkeit auf die rechte Bühnen-seite.

0:10 Auftritt Victoria – sie trägt ein schwarz-lila gestreiftes Kostüm mit Kopftuch. Beide tanzen über die Bühne, wech-seln tänzerisch die Seiten.

0:30 Sos steckt sich eine Zigarette in den Mund, wirft ihr den Spazierstock zu und will seine Zigarette an ihrem Feu-erzeug entzünden.

0:39 Statt der Zigarette entzünden sich Sos’ Handschuhe! Er ist offenbar über-rascht und gestikuliert wild mit den lodernden Flammen.

0:56 Applaus, sobald Sos das Feuer gebän-digt hat und den Zuschauern die un-versehrten Handschuhe präsentiert. Victoria wirft den Spazierstock zu-rück zu Sos, und wieder erfolgt ein Platzwechsel.

1:03 Victoria stellt sich in einen am Boden drapierten ringförmigen Vorhang und zieht ihn langsam nach oben.

1:08 Der Vorhang ist oben.

1:09 Victoria senkt den Vorhang und trägt nun eine sexy schwarz-rote Leder-corsage und lange schwarze Hand-schuhe.

1:16 Eine Tanzeinlage von Victoria.

1:32 Sos entzündet ein schwarzes Tuch, das sofort lichterloh brennt.

1:58 Das Feuer erlischt schlagartig, und das Tuch ist – natürlich – unversehrt!

2:02 Eine weitere Tanzeinlage von Victoria mit zwei großen Metallringen; derweil rollt Sos im Hintergrund die Reifenkä-fig-Illusion in die Mitte. Anschließend tanzen und gestikulieren die beiden gemeinsam mit den Ringen.

2:41 Sos montiert die beiden Ringe an die Reifenkäfig-Illusion, während Victoria im Vordergrund weiter tanzt.

3:11 Victoria stellt sich neben die Reifenkä-fig-Illusion.

3:12 Vorhang hoch und …

3:16 … Vorhang runter – Victoria steht jetzt in der Reifenkäfig-Illusion.

3:33 Vorhang hoch und …

3:37 … Vorhang wieder runter – sie steht wieder außerhalb der Ringe.

3:55 Ein letztes Mal Vorhang hoch.

3:59 Victoria trägt ein blaues Glitzerkleid-chen und wirbelt wieder über die Büh-ne.

4:38 Sie nimmt eine feste Pose in der Büh-nenmitte ein, und Sos wirft ein Tuch über sie.

4:41 Sos zieht das Tuch weg – Victoria steht unbeweglich wie zuvor, aber jetzt trägt sie ein rotes Kleidchen.

5:11 Nach einer weiteren tänzerischen Ein-lage der beiden setzt Victoria einen großen Hut auf.

5:20 Sie lässt einen Vorhang von der Hut-krempe nach unten gleiten, der sie rundum verdeckt.

5:24 Der Vorhang fällt – sie trägt nun ein schwarzes Bustier mit knielan-gem Rock. Die beiden nehmen ih-ren Applaus entgegen, die Darbietung scheint vorüber. Doch da gestikuliert Sos, er wolle es Victoria nachtun…

5:56 Sos stellt sich in einen am Boden dra-pierten Vorhang, und Victoria hebt den Vorhang hoch.

5:59 Der Vorhang fällt – Sos trägt wei-ße Hose, weißes T-Shirt und weißen Mantel.

6:23 Sos legt Victoria ein Tuch über die Schultern.

6:31 Victoria steht mit ausgestreckten Ar-men unter dem Tuch.

6:33 Sos reißt das Tuch weg – Victoria trägt ein langes weißes Abendkleid. Die beiden nehmen nicht enden wol-lenden Applaus entgegen, der in eine Standing Ovation übergeht.

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MAGIE-INTERVIEW

MAGIE 4/2007180

MAGIE: Seit wann gibt es euren Quickchange?

Sos: Es begann im Jahr 1991 und zwar in Casablanca in Marokko. Die Kostüme hatte ich aber schon früher. Mein Vater war in Ar-menien ein sehr bekannter und beliebter Jong-leur und Pantomime gewesen. Die Kostüme hatten wir von einem alten armenischen Zau-berkünstler bekommen, der in der früheren Sowjetunion sehr populär gewesen war. Die-ser hatte all seine Zauberrequisiten meinem Vater gegeben. Wir haben diese Kostüme im-mer noch, und man muss sich die Tricktech-nik genau ansehen – es ist unglaublich! Es dauert Stunden, um so ein Kostüm zu prä-parieren! Ich war damals ein kleiner Junge, meine Schwester zwei Jahre jünger. Mit ihr probierten wir diese Kostüme aus, just for fun. Wir hatten gar nicht vor, damit aufzutreten. Während des politischen Umbruchs in der früheren Sowjetunion wusste niemand, was geschehen würde. Als wir danach mit der Quickchange-Nummer herauskamen, wurden wir schnell sehr populär, weil wir die Ersten in der Nach-Sowjet-Zeit waren.Etwa 1996 war ich meiner Jongliernummer überdrüssig geworden und beschloss, nach Moskau zu gehen, um eine neue Darbietung aufzuziehen. Es war aber in Russland eine schwierige Zeit, und niemand hatte Geld. Wir gingen also zum Moskauer Staatszirkus, zu dessen Direktor Leonid Kostjuk. Die hat-ten zwar schon einen Quickchange im Pro-gramm, aber er gab uns dennoch Geld, was

„Ich liebe diese Form der Magie!“wirklich außergewöhnlich war. Der Grund dafür war, dass wir die Idee für eine völlig neuartige Interpretation des klassischen rus-sischen Quickchange hatten, die so noch nicht da war. – Und wir gaben das ganze Geld in nur einem Monat für Requisiten aus!

MAGIE: Ab da wart ihr also im Ge-schäft, ja? Und ein eingespieltes Team...

Victoria: ... und verheiratet!

MAGIE: Warst du, Victoria, vorher schon im Showgeschäft? Immerhin kannst du dich auf der Bühne sehr gut bewegen.

Victoria: Nein, meine Eltern haben zwar im Zirkus gearbeitet, aber ich war nie zuvor auf der Bühne gestanden. Meine Bewegungen auf der Bühne hat mir Sos beigebracht; er ist aus-gebildeter Tänzer.

Sos: Meine Mutter hat großen Wert darauf gelegt, dass ich tanzen lerne. Tatsächlich habe ich die Bolschoi-Ballettschule erfolgreich ab-geschlossen. Selbst wenn ich kein großer Tänzer werden würde, meinte meine Mutter, dass es mir im Leben helfen würde. Und ich denke, sie hat Recht behalten.

MAGIE: Zurück zum Quickchange, wie ging es damit weiter?

Sos: Bis 2000 haben wir zu dritt gearbeitet. Also Victoria, meine Schwester und ich, dann hat uns meine Schwester verlassen. Sie ist ein hübsches orientalisches Mädchen mit schwar-zen Haaren, Victoria hingegen ist blond – das war eine sehr schöne Mischung auf der Büh-ne. Wir hatten viel in Paris gearbeitet. Zur glei-chen Zeit arbeitete im Casino de Paris auch Arturo Brachetti, und zum ersten Mal sah ich, dass Quickchange etwas anderes sein kann, als das, was wir typischerweise aus Russland kannten. Durch Brachetti erkannten wir, dass wir nicht allein mit dem Quickchange auftre-ten wollten, und er war Ansporn für uns, neue Effekte zu erarbeiten und nach neuen Mög-lichkeiten zu suchen.

MAGIE: Ist Quickchange in deinen Augen eigentlich Zauberkunst oder etwas völlig anderes?

Sos: Ich verstehe nicht, warum man dieses Genre „Quickchange“ nennt. Der Begriff Quickchange hat eher etwas mit Computer-technologie als mit Zauberkunst zu tun. Das russische Wort für Quickchange entspricht dem Begriff Transformation, Umwandlung. Wenn man aber mit Amerikanern über Trans-formation spricht, verstehen sie nicht, was ge-meint ist. Mir persönlich gefällt am besten die Bezeichnung „Kostüm-Verwandlungs-Ma-gie“. Das versteht beispielsweise auch mein Nachbar. – Übrigens, wir fühlen uns in der Gemeinschaft der Zauberkünstler des Ma-gischen Zirkels von Deutschland sehr wohl,

In der Künstlerwohnung

des Stuttgarter Friedrichsbau-Varietés

unterhielt sich MAGIE-Redakteur Dr. Oliver Erens

mit den Petrosyans über deren Quickchange,

Nähmaschine und Kinder.

MAGIE-Interview mit Sos und Victoria Petrosyan

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MAGIE-INTERVIEW

MAGIE 4/2007 181

„Ich liebe diese Form der Magie!“zu finden. Man kann dafür nicht einfach ins Kaufhaus um die Ecke gehen...

MAGIE: Man merkt, dass die Kinder für euch das Wichtigste sind. Bevor ihr ein Engagement annehmt, sorgt ihr dafür, dass sie vor Ort zur Schule können und dergleichen. Und in der Freizeit bildet ihr sie auch als Büh-nenkünstler aus. Ist das nur Hobby oder verbindet ihr damit berufliche Ziele für eure Kinder?

Sos: Zuerst kommen die Schule und die Hausaufgaben. Ich bringe ihnen Armenisch, meine Frau Russisch bei. Auch Englisch und Deutsch lernen die beiden; sie gehen zurzeit in Stuttgart zur Schule. In der Zauberkunst unterrichten wir sie aber gar nicht wirklich. Sie sehen uns den ganzen Tag bei unserer Be-schäftigung mit dieser Kunst und wollen uns dabei helfen und es uns gleich tun. Ich war stolz, als mein Sohn Sos Jr. mit vier Jahren mit dem Zaubern begann. Heute führt er Tricks vor, die ich selbst gar nicht kann. Ich ermuntere ihn zwar dazu, aber er macht es freiwillig. Schließlich ist er erst zehn Jahre alt. Es ist für uns eine Beruhigung, von deutschen Zauberkollegen zu hören, dass man ihm die Freude an der Zauberkunst anmerkt. Er übt stundenlang und hat beim jüngsten Prix Ju-venta Magica in Berlin den ersten Preis in Manipulation gewonnen. Aber wenn er später einmal etwas anderes machen und kein Ar-tist werden möchte, bin ich nicht enttäuscht.

Ich bin stolz auf das, was er schon geleistet hat. Und Tigran manipuliert mit seinen sie-ben Jahren schon mit Karten. Für mich erfüllt sich damit ein Traum. Ich verbinde mit Zau-berei nämlich vor allem auch Dinge wie Kar-tenmanipulation, und Fertigkeiten mit Karten sind eine gute Grundlage für alle Arten von Zauberkunst.

MAGIE: Schauen wir in die Zukunft. Welche Pläne habt ihr?

Sos: Ich habe mit dem Quickchange angefan-gen, weil ich diese Form der Magie wirklich liebe. Als ich vom Jonglieren genug hatte, war es genau das, was ich brauchte. Wenn ich des Quickchanges aber irgendwann einmal über-drüssig sein sollte, höre ich einfach damit auf, genau wie damals mit dem Jonglieren. Für Victoria und mich ist nicht wichtig, das bis zu unserem Lebensende zu machen. – Aber im Moment leben wir mit und für den Quick-change, und wir sind ständig dabei, für diese Kunstform neue Möglichkeiten zu entdecken.

Das Gespräch führte Dr. Oliver Erens; die deutsche

Übersetzung erledigte dankenswerter Weise

und wie immer äußerst zuverlässig E. Michael Schön.

und wir sind dankbar, dass man uns im MZvD so herzlich und freundschaftlich auf-genommen hat.

MAGIE: Ich weiß, dass ihr immer eine Nähmaschine dabei habt...

Sos: Ja, Victoria braucht sie wirklich jeden Tag. Sie sitzt ständig an der Maschine und richtet die Kostüme, von denen wir für alle Fälle immer zwei Sets haben. Das ist auch hier, im Friedrichsbau-Varieté, nicht anders. Allerdings ist es sehr zeitraubend, die Kostü-me ständig in Ordnung zu halten. Wir ma-chen alle Kostüme selbst; Victoria ist sehr gut darin, so sind wir unabhängig von anderen.

MAGIE: Design und Ausführung stammen also komplett von euch?

Sos: Ja, aber das Hauptproblem ist, geeignete Stoffe zu finden. Zauberkollegen fragen uns immer wieder, wo wir unsere Stoffe her be-kommen. Als wir zum Beispiel hier in Stutt-gart ankamen, haben wir zunächst einmal die Stoffgeschäfte gesucht. Wir kennen sie nun alle (dabei schmunzelt er). Und so machen wir das in allen Städten. Wenn wir dann einen schö-nen Stoff finden, kaufen wir ihn meterweise, auch wenn wir ihn gar nicht gleich brauchen. So tragen wir oft jahrelang Stoffe mit uns her-um. Mein Steuerberater hat sich einmal über unsere hohen Materialkosten gewundert, und da habe ich ihm unsere drei Kisten mit Stoff gezeigt. Es ist nicht einfach, geeignete Stoffe

MAGIE-Interview mit Sos und Victoria Petrosyan