D. Zeise-Süss Therapie des Morbus Parkinson mit ...€¦ · Neues Somatotop, Parkinson, Dopamin,...

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Innovation | Innovation Dt Ztschr f Akup. 59, 3/2016 15 15 DZA Dorothea Zeise-Süss Fachärztin für Allgemeinmedizin – Naturheilverfahren – Akupunktur Lehrpraxis für Allgemeinmedizin der Universität Heidelberg D-75196 Remchingen [email protected] D. Zeise-Süss Therapie des Morbus Parkinson mit Schädelakupunktur Praxis-Studie zur Wirksamkeit von Akupunktur über die Anregung von Dopamin und Dopaminagonisten zur Aktivitätssteigerung von ParkinsonpatientInnen im täglichen Leben (ADAPt) Therapy of Parkinson‘s disease using scalp acupuncture Practical study on the effectiveness of acupuncture via stimulation of dopamine and dopamine agonists for the enhancement of activities of Parkinson patients in daily life (ADAPt) Zusammenfassung Einleitung: Nachdem der laborchemische Nachweis erbracht wurde, dass Akupunktur im Bereich der Schädelakupunktur nach Yamamoto (hier ZS-Punkt auf der Yangseite des Schädels) er- höhtes Prolaktin genauso effizient senken kann wie die medi- kamentöse Behandlung mit Bromocriptin [3], einem Dopamin- agonisten, lag die Überlegung nahe, dass mit der gleichen Akupunktur auch bei PatientInnen mit Morbus Parkinson ein Therapieerfolg erwartet werden kann. Akupunktur am ZS-Punkt auf der Yinseite des Schädels zeigte Symptome bei Parkinson- patientInnen wie die einer Dopaminüberdosierung. Methode: Es wurde eine Studie mit 60 PatientInnen durchge- führt, die an Morbus Parkinson leiden. Die Studienteilnehmer wurden in eine Verumgruppe und eine Kontrollgruppe unterteilt. Die Akupunktur erfolgte in wöchentlichen Abständen an den ZS-Punkten auf der Yin- und der Yangseite des Schädels auf der zum Maximum der Symptome kontralateralen Seite in wö- chentlichen Abständen über drei Monate und wurde mittels standardisierter Fragebögen dokumentiert und ausgewertet. Die vorbestehende Medikation wurde beibehalten. Ergebnisse: Die Verbesserung der abgefragten Qualitäten des Be- findens bei der Verumgruppe lag in einem signifikanten Bereich. Schlussfolgerung: Wenn die Akupunktur bei diesem schweren Krankheitsbild zu einer Verbesserung der vielfältigen Symptome beitragen und das Fortschreiten der Erkrankung verzögert wer- den kann, ist dies für die PatientInnen auch im Hinblick auf die begrenzten medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten eine Perspektive für Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit. Weitere Stu- dien werden sich mit Langzeitbeobachtungen und multizentri- schen Anwendungen dieser Punkte befassen müssen. Schlüsselwörter Schädelakupunktur nach Yamamoto, ZS-Punkt Yin/Yang: Neues Somatotop, Parkinson, Dopamin, Dopaminagonist, Hypothalamus, Hypophyse Abstract Introduction: Having provided laboratory-chemical evidence of acupuncture in the field of scalp acupuncture according to Yamamoto (in this case: ZS-point on the Yang-side of the cranium) being capable of decreasing raised prolactin just as efficiently as medication with bromocriptine [3], a dopamine agonist, it stood to reason that the same acupuncture would yield a therapeutic effect when treating patients suffering from Parkinson. In Parkinson patients, acupuncture of the ZS-point on the cranial Yin-side brought forth symptoms, which equaled those of Dopamine overdose. Method: A study was carried out including 60 patients suffe- ring from Parkinson. Participants were assigned to a verum- group and a control. For three months, acupuncture was per- formed weekly to the ZS-points on the Yin-side of the cranium, while the cranial Yang-side contralateral to the maximum of symptoms was chosen for weekly acupuncture over three months. Documentation and evaluation were performed using standardized questionnaires. Pre-existing medication was maintained. Results: The verum-group showed statistically significant im- provement of required qualities of condition. Conclusion: Should acupuncture be capable to aid in the im- provement of the many symptoms of this grave condition and to delay its progress, this would give patients a prospect for quality of life and working capacity, in particular when consi- dering the limited chances of pharmaceutic treatment. Further studies will have to address long-term monitoring and multi- center application of these points. Keywords Scalp acupuncture according to Yamamoto, ZS-point Yin/Yang, new somatotope, Parkinson, dopamine, dopamine agonist, hypothalamus, hypophysis Hintergrund Akupunktur ist eine noch nicht sehr bekannte Behandlungs- möglichkeit bei Morbus Parkinson. Eine Behandlung dieser PatientInnen an dem vor zehn Jahren entdeckten ZS-Punkt [1] im Bereich der Schädelakupunktur nach Yamamoto [2] erscheint aus folgenden Gründen aussichtsreich: 2013 konnte durch die Akupunktur dieses ZS-Punktes mittels laborchemischer Messung nachgewiesen werden, dass der Blutspiegel des Hormons Prolaktin genauso effizient gesenkt werden konnte wie durch die Behandlung mit dem Medi- kament Bromocriptin (2013 Posterpreis der International Council of Medical Acupuncture and Related Techniques [ICMART]) [3] Bromocriptin wird seit 1974 als Therapie bei Morbus Parkinson eingesetzt, da es dopaminerge Wirkung hat, das heißt, es verbessert die Verstoffwechselung des Dopamins am Rezeptor.

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Dt Ztschr f Akup. 59, 3 / 20 16    1515    DZA

Dorothea Zeise-SüssFachärztin für Allgemeinmedizin – Naturheilverfahren – Akupunktur

Lehrpraxis für Allgemeinmedizin der Universität HeidelbergD-75196 [email protected]

D. Zeise-Süss

Therapie des Morbus Parkinson mit SchädelakupunkturPraxis-Studie zur Wirksamkeit von Akupunktur über die Anregung von Dopamin und

Dopaminagonisten zur Aktivitätssteigerung von ParkinsonpatientInnen im täglichen Leben (ADAPt)

Therapy of Parkinson‘s disease using scalp acupuncturePractical study on the effectiveness of acupuncture via stimulation of dopamine and dopamine

agonists for the enhancement of activities of Parkinson patients in daily life (ADAPt)

ZusammenfassungEinleitung: Nachdem der laborchemische Nachweis erbracht wurde, dass Akupunktur im Bereich der Schädelakupunktur nach Yamamoto (hier ZS-Punkt auf der Yangseite des Schädels) er-höhtes Prolaktin genauso effi zient senken kann wie die medi-kamentöse Behandlung mit Bromocriptin [3], einem Dopamin-agonisten, lag die Überlegung nahe, dass mit der gleichen Akupunktur auch bei PatientInnen mit Morbus Parkinson ein Therapieerfolg erwartet werden kann. Akupunktur am ZS-Punkt auf der Yinseite des Schädels zeigte Symptome bei Parkinson-patientInnen wie die einer Dopaminüberdosierung.Methode: Es wurde eine Studie mit 60 PatientInnen durchge-führt, die an Morbus Parkinson leiden. Die Studienteilnehmer wurden in eine Verumgruppe und eine Kontrollgruppe unterteilt. Die Akupunktur erfolgte in wöchentlichen Abständen an den ZS-Punkten auf der Yin- und der Yangseite des Schädels auf der zum Maximum der Symptome kontralateralen Seite in wö-chentlichen Abständen über drei Monate und wurde mittels standardisierter Fragebögen dokumentiert und ausgewertet. Die vorbestehende Medikation wurde beibehalten.Ergebnisse: Die Verbesserung der abgefragten Qualitäten des Be-fi ndens bei der Verumgruppe lag in einem signifi kanten Bereich.Schlussfolgerung: Wenn die Akupunktur bei diesem schweren Krankheitsbild zu einer Verbesserung der vielfältigen Symptome beitragen und das Fortschreiten der Erkrankung verzögert wer-den kann, ist dies für die PatientInnen auch im Hinblick auf die begrenzten medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten eine Perspektive für Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit. Weitere Stu-dien werden sich mit Langzeitbeobachtungen und multizentri-schen Anwendungen dieser Punkte befassen müssen.

SchlüsselwörterSchädelakupunktur nach Yamamoto, ZS-Punkt Yin/Yang: Neues Somatotop, Parkinson, Dopamin, Dopaminagonist, Hypothalamus, Hypophyse

AbstractIntroduction: Having provided laboratory-chemical evidence of acupuncture in the fi eld of scalp acupuncture according to Yamamoto (in this case: ZS-point on the Yang-side of the cranium) being capable of decreasing raised prolactin just as effi ciently as medication with bromocriptine [3], a dopamine agonist, it stood to reason that the same acupuncture would yield a therapeutic eff ect when treating patients suff ering from Parkinson. In Parkinson patients, acupuncture of the ZS-point on the cranial Yin-side brought forth symptoms, which equaled those of Dopamine overdose.Method: A study was carried out including 60 patients suff e-ring from Parkinson. Participants were assigned to a verum-group and a control. For three months, acupuncture was per-formed weekly to the ZS-points on the Yin-side of the cranium, while the cranial Yang-side contralateral to the maximum of symptoms was chosen for weekly acupuncture over three months. Documentation and evaluation were performed using standardized questionnaires. Pre-existing medication was maintained.Results: The verum-group showed statistically signifi cant im-provement of required qualities of condition.Conclusion: Should acupuncture be capable to aid in the im-provement of the many symptoms of this grave condition and to delay its progress, this would give patients a prospect for quality of life and working capacity, in particular when consi-dering the limited chances of pharmaceutic treatment. Further studies will have to address long-term monitoring and multi-center application of these points.

KeywordsScalp acupuncture according to Yamamoto, ZS-point Yin/Yang, new somatotope, Parkinson, dopamine, dopamine agonist, hypothalamus, hypophysis

HintergrundAkupunktur ist eine noch nicht sehr bekannte Behandlungs-möglichkeit bei Morbus Parkinson.Eine Behandlung dieser PatientInnen an dem vor zehn Jahren entdeckten ZS-Punkt [1] im Bereich der Schädelakupunktur nach Yamamoto [2] erscheint aus folgenden Gründen aussichtsreich:• 2013 konnte durch die Akupunktur dieses ZS-Punktes mittels

laborchemischer Messung nachgewiesen werden, dass der

Blutspiegel des Hormons Prolaktin genauso effi zient gesenkt werden konnte wie durch die Behandlung mit dem Medi-kament Bromocriptin (2013 Posterpreis der International Council of Medical Acupuncture and Related Techniques [ICMART]) [3]

• Bromocriptin wird seit 1974 als Therapie bei Morbus Parkinson eingesetzt, da es dopaminerge Wirkung hat, das heißt, es verbessert die Verstoff wechselung des Dopamins am Rezeptor.

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AkupunkturG e r m a n J o u r n a l o f A c u p u n c t u r e & R e l a t e d T e c h n i q u e s

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Arbeitshypothese der ADAPt-Studie • Wenn Akupunktur des ZS-Punktes eine ähnliche Wirkung

hat wie Bromocriptin, könnte dies auch bei Morbus Parkin-son wirksam sein.

Die Studie wurde von der Ethikkommission Heidelberg votiert.

Methodik30 Patienten (Verumgruppe) wurden einmal wöchentlich am ZS-Punkt akupunktiert. 30 Patienten (Kontrollgruppe) wurden nur beobachtet. Die Studiendauer betrug zwölf Wochen. Alle Patienten wurden über Selbsthilfegruppen der umliegenden Städte rekrutiert.Einschlusskriterien: Diagnose Morbus Parkinson seit mindes-tens einem Jahr, Alter 18 bis 85 Jahre, Gehfähigkeit, in der Lage, Termine einzuhalten und die Fragebögen der Studie ohne Hilfe-stellung auszufüllen.Ausschlusskriterien: Bettlägerigkeit, innerhalb vier Wochen vor Beginn der Studie mit irgendeiner Form von Akupunktur be-handelt worden, kurzfristiger Wechsel der MedikationWährend der Studiendauer wurden alle Patienten mithilfe zweier standardisierter Fragebögen „Parkinson’s Disease Questionnaire (PDQ39)“ und „Unifi ed Parkinson's disease rating scale (UPDRS [Teil 1 und 2])“ befragt, die speziell für Parkinson der wissen-schaftliche Standard sind.Während jeder Behandlung waren identisch: • Ort• Tageszeit• Raumtemperatur• Interviewer (Fragebogen) • Arzt (Akupunkteur)• Arztkontaktzeit: maximal fünf Minuten• Beibehalten der jeweiligen Medikation

Ablauf jeder Behandlung der Verumgruppe• Zehnmal Akupunktur am ZS-Somatotop, einmal

wöchentlich. • Vor Beginn und am Ende: Ausfüllen des PDQ39 durch den

Patienten.

• Ablauf bei der Akupunktur:a. Interview zum Fragebogen UPDRS (Teil 1 und 2)b. Anschließend Akupunktur des ZS-Punktes Yin und Yang

(siehe Abbildung 1) kontralateral zum Symptommaximum. Keine Stimulation.

c. Verbleib der Nadeln über 25 Minutend. Entfernung der Nadelne. Ein neuer Fragebogen UPDRS (Teil 1 und 2) wird aus-

gehändigt, welcher vom Patienten am vierten Tag nach der Akupunktur ausgefüllt und zur nächsten Behandlung wieder mitgebracht wird.

Ablauf bei der Kontrollgruppe• Bei der Kontrollgruppe wird nur zu Beginn und am Ende der

PDQ39 ausgefüllt. Diese PatientInnen werden im Anschluss an die Akupunktur der Verumgruppe ebenfalls zehnmal am ZS-Somatotop akupunktiert.

Zeitlicher AblaufDie Studie wurde von September 2015 bis Januar 2016 durch-geführt. Sie wurde vom 5. November bis 22. November 2015 unterbrochen. Der Grund war das Vorstellen der ersten Ergeb-nisse dieser Studie mit einem Poster auf dem Symposium der Society of Acupuncture Research (SAR) 2015 in Boston.

BewertungsinstrumenteUm die Wirkung der Akupunktur am ZS-Punkt bewerten zu können, wurden die für Morbus Parkinson weltweit anerkann-ten Selbstbeurteilungsfragebögen UPDRS und PDQ39 benutzt. In diesem Zusammenhang sei insbesondere erwähnt, dass durch die Vielzahl der UPDRS-Fragebögen (zwei pro Woche multipli-ziert mit zehnmal wöchentlichen Akupunkturbehandlungen) ein Lifeview in bisher nicht gekannter Genauigkeit über das Befi n-den von Parkinsonpatienten erreicht werden konnte.

Tabelle 1

UPDRS-Fragebogen PDQ39-Fragebogen

Der Unifi ed Parkinson‘s disease rating

scale ermöglicht neben der Momentauf-

nahme auch die Verlaufsbeobachtung

des Patienten.

Es wurden Teil 1+2 des UPDRS ausge-

wählt: UPDRS Teil 1 bewertet die

kognitiven Funktionen, das Verhalten

und die Stimmung des Patienten.

Beim UPDRS Teil 2 werden die Aktivitäten

des täglichen Lebens ermittelt.

Der Parkinson’s

Disease Questionnaire

dient zur Erfassung

der subjektiven Ver-

fassung und dem

Einschränkungsgrad

durch Morbus

Parkinson.

Alle Fragebögen wurden von einer unabhängigen Person aus dem nichtmedizinischen Bereich eingegeben und ausgewertet. Alle Fragebögen waren mit einer Kennziff er versehen, eine Ver-bindung zu Personen war somit nicht herstellbar. Es bestand eine Verblindung dieser Person gegenüber Verumgruppe und Kontrollgruppe.

ErgebnisseFür die Studie konnten 60 PatientInnen rekrutiert werden.Abb. 1: Position des ZS-Somatotop

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D. Ze i se-Süss         Therap ie des Morbus Parkinson mit Schädelakupunktur

30 Verum-PatientInnen: • Verhältnis männlich zu weiblich: 66 % zu 34 %• Alter der PatientInnen: 49 bis 81 Jahre• Durchschnittsalter: 65,08 Jahre• Drop out: 1• Durchschnittliche Dauer der Erkrankung: drei bis 15 Jahre• Rekrutierung erfolgte über Parkinsonselbsthilfegruppen der

Umgebung

30 Kontroll-PatientInnen: • Verhältnis männlich zu weiblich: 50 % zu 50 %• Alter der PatientInnen: 47 und 84 Jahre• Durchschnittsalter: 66,81 Jahre• Drop out: 4• Durchschnittliche Dauer der Erkrankung: drei bis 16 Jahre• Rekrutierung erfolgte über Parkinsonselbsthilfegruppen der

Umgebung

Die Einteilung in Verumgruppe oder Kontrollgruppe erfolgte nicht randomisiert, sondern nach der Möglichkeit der PatientIn-nen, an der Studie teilzunehmen (Verumgruppe gleicher Ort, gleiche Tageszeit). PatientInnen, die dies aus berufl ichen, fami-liären und verkehrsbedingten Gründen nicht einhalten konnten, wurden der Kontrollgruppe zugeteilt.Der UPDRS Teil 1 zeigte im Akupunkturzeitraum eine 38%ige Verbesserung für die untersuchten Items kognitive Funktionen, Verhalten und Stimmung. (Abb. 2)Der UPDRS Teil 2 zeigte im Akupunkturzeitraum eine 28%ige Verbesserung für die untersuchten Items Aktivitäten des tägli-chen Lebens. (Abb. 3)Eine 17-tägige Unterbrechung der Akupunkturtheapie zeigte, dass die Therapie nur einen kurz anhaltenden Eff ekt hat. (Abb. 4, 5)Der PDQ39 zeigte für verschiedene Items Verbesserungen zwi-schen 19 und 44 % (P < 0,006) gegenüber der Kontrollgruppe. (Abb. 6, 7)Die vom PDQ39 untersuchten Items zeigten bei der Kontroll-gruppe teilweise gar Verschlechterungen, die jedoch statistisch nicht signifi kant waren. (Abb. 8, 9)

UPDRS (Teil 1+2) nach neun Akupunkturbehandlungen

Abb. 2: Ergebnisse der Fragebögen

UPDRS (Teil 1) der Verumgruppe. Die

Abszisse gibt den zeitlichen Ablauf

der Studie, die Ordinate den Punkte-

abfall aller ermittelten Patienten-

werte des Fragebogens UPDRS Teil 1

wieder. Erklärung: Je kleiner die Zahl,

desto geringer wird vom Patienten

eine Beeinträchtigung empfunden.

Abb. 3: Ergebnisse der Fragebögen

UPDRS (Teil 2) der Verumgruppe.

Die Abszisse gibt den zeitlichen

Ablauf der Studie, die Ordinate den

Punkteabfall aller ermittelten

Patientenwerte des Fragebogens

UPDRS Teil 2 wieder.

UPDRS Teil 1+2 mit Therapieunterbrechung

Abb. 5: Ergebnisse der Fragebögen

UPDRS (Teil 2) nach dreimaliger Thera-

piepause (17 Tage) der Verumgruppe

Abb. 4: Ergebnisse der Fragebögen

UPDRS (Teil 1) nach dreimaliger Thera-

piepause (17 Tage) der Verumgruppe

Abb. 6: Ergebnisse des PDQ39 der Verumgruppe. Der PDQ39-Fragebogen wurde

vor der ersten Akupunktur und nach der letzten Akupunktur den Patienten der

Verumgruppe zum Ausfüllen ausgehändigt. Je kleiner die Zahl, desto geringer

wird vom Patienten eine Beeinträchtigung empfunden.

Abb. 7: Ergebnisse des PDQ39 der Verumgruppe als Prozentangabe.

Der PDQ39-Fragebogen wurde vor der ersten Akupunktur und nach der letzten

Akupunktur den Patienten der Verumgruppe zum Ausfüllen ausgehändigt.

Abb. 8: Ergebnisse des PDQ39 der Kontrollgruppe. Der PDQ39-Fragebogen wurde

vor der ersten Akupunktur und nach der letzten Akupunktur den Patienten der

Kontrollgruppe zum Ausfüllen ausgehändigt.

Abb. 9: Ergebnisse des PDQ39 der Kontrollgruppe als Prozentangabe

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DiskussionMit der zehnmaligen Akupunktur des ZS-Punktes bei Patient-Innen mit M. Parkinson unter Beibehaltung der zuvor ein-genommenen Medikation konnte eine signifi kante Verbesserung (38 %) in den Bereichen kognitive Funktionen, Verhalten und Stimmung erreicht werden.Die Verbesserung im Bereich Aktivität des täglichen Lebens fi el nicht so deutlich aus (28 %). Die statistische Auswertung konnte beim UPDRS noch nicht erstellt werden, da die Fragebögen der Kontrollgruppe noch nicht vollständig ausgewertet werden konnten.Die PatientInnen der Kontrollgruppe unter Beibehaltung der zuvor eingenommenen Medikation zeigten keine statistisch signifi kanten Veränderungen.Durch die dicht geführten Selbstbeurteilungen der PatientInnen mittels UPDRS-Fragebogen (20 pro Patient in zehn Wochen) konnte ein intensiver Lifeview erstellt werden. Einzelfallbetrach-tungen zeigten, dass die Patienten sich nach der Akupunktur deutlich wohler fühlen, motivierter sind und sich im Alltag mehr zumuten. In vielen Fällen ist der Schlaf tiefer, Albträume ver-schwinden, das Gleichgewicht wird besser, die Sturzgefahr ist vermindert und dadurch Arbeitsfähigkeit gegeben.Die Wirkung der Akupunktur hielt ca. eine Woche an, wobei bei Patienten, die medikamentös am Limit der Dosis waren, die Wirkungsdauer zwischen drei und sieben Tagen betrug. Bei Patienten, die keine oder wenig Medikamente nahmen, konnte die Dauer der Akupunkturwirkung bis zu zwei Wochen betra-gen. Dies zeigte die Einzelbeobachtung bei neun PatientInnen in der Therapiepause.Das nur kurzfristige Anhalten der Akupunkturwirkung wurde ebenfalls eindrucksvoll durch die Therapiepause demonstriert. Weitere Studien müssen zeigen, ob durch eine längere Akupunktur therapie länger anhaltende Therapiewirkungen erreicht werden können.

Akupunktiert wurde ausschließlich an den Punkten ZS-Yin und ZS-Yang, jeweils auf der dem Symptommaximum kontralate-ralen Seite. Wenn bei den PatientInnen durch transkranielle Hirnsonografi e oder durch DAT-Scan die befallene Seite klar defi niert war, wurde hier ipsilateral akupunktiert (kontralateral zum Symptommaximum).

Die Wirkung des ZS-Punktes Yang auf den Prolaktinspiegel und damit die Bromocriptin-ähnliche Wirkung konnte bereits in der 2014 von mir vorgelegten Studie gezeigt werden [3]. Da Bromo-criptin ein Dopaminagonist ist, lag die Vermutung nahe, dass der ZS-Punkt Yang einen positiven Einfl uss auf Morbus Parkin-son haben könnte. Dies wurde mit der hier vorliegenden Studie erstmals gezeigt. Da bei frühzeitiger Therapie mit L-Dopa mit Spätfolgen wie Bewegungsstörungen gerechnet werden muss, wird häufi g gerade bei jüngeren Patienten die Therapie mit Dopaminagonisten begonnen. Diese Wirkung kann durch die Akupunktur des ZS-Punktes Yang unterstützt werden.In dieser Studie wurden bei allen PatientInnen der Verumgruppe die ZS-Punkte Yin und Yang eingesetzt, sodass noch keine Aus-sage über möglicherweise unterschiedliche Wirkungen des Yang-

und Yin-Punktes gemacht werden können. Allerdings konnte ich in einer kleinen, von mir noch nicht veröff entlichten Praxis-studie beobachten, dass mit der Akupunktur des ZS-Punktes Yin bei gut eingestellten Patienten Symptome wie bei einer Dopamin-überdosierung auftraten (Unruhe, Aggressivität, suchtähnliches Verhalten), was sich innerhalb einer Woche wieder normalisierte. So ist anzunehmen, dass durch die Punktion des ZS-Punktes Yin der körpereigene Dopaminspiegel ebenfalls verändert (erhöht) wird. Auf jeden Fall legt diese Studie den Grundstein für weitere, diff erenzierte Studien zum Morbus Parkinson.

Limitationen der StudieEine einschränkende Bedingung der Studie muss darin gesehen werden, dass die PatientInnen der Kontrollgruppe deutlich we-niger Arztkontakte und somit Zuwendung erhielten. Inwieweit sich die Ergebnisse zwischen beiden Gruppen etwas relativieren, wenn Plazeboeff ekte durch identischen Arztkontakt identisch sind, müssen weitere Studien zeigen. Weiterhin handelte es sich bei dieser Studie um eine Mono-Centerstudie. Weitere Studien müssen aufzeigen, inwieweit die Ergebnisse auf andere Ärzte bzw. andere Therapie-Situationen übertragbar sind.Eine Berechnung der Signifi kanz für die UPDRS-1+2-Befragung folgt. Sie lag zum momentanen Zeitpunkt noch nicht vor.

Financial disclosure

Die Studie wurde teilweise durch die Hilde Ulrichs Stiftung für Parkinsonforschung gefördert. Es besteht kein Interessenkonfl ikt.

Literatur 1. Zeise-Süss D. Der ZS-Punkt – Behandlung weiblicher Hormonstörungen mit

einem neu entdeckten Punkt im Bereich des YNSA Y-Somatotops. Dt Ztschr f Akup. 2006;49,4:6–9

2. Yamamoto T, Yamamoto H, Yamamoto MM. Yamamoto Neue Schädelakupunk-tur. Kötzting: VGM Verlag Dr. Wühr, 2005

3. Zeise-Süss D. Kinderwunsch – Hyperprolaktinämie. Dt Ztschr f Akup. 2014;57,1:11–3

Autorinneninformation (STRICTA recommendations)

Dr. Dorothea Zeise-Süss ist Ärztin für Allgemeinmedizin, Naturheil-

verfahren und Akupunktur.

Promotion 1978 in Mannheim über Dickdarmkrebs. Seit 1983 ist sie

als Landärztin niedergelassen, wo sie zusätzlich als Lehrbeauftragte

der Universität Heidelberg arbeitete und derzeit noch im Rahmen

ihrer akademischen Lehrpraxis Studenten im Fach Allgemeinmedizin

unterrichtet.

Neben der Weiterbildung für Naturheilverfahren hatte sie eine Aus-

bildung für TCM in verschiedenen Gesellschaften: 1997 A-Diplom,

2003 B-Diplom bei der Forschungsgruppe Akupunktur. Ausbildung

in Schädelakupunktur nach Yamamoto in Europa und in Japan, wo

sie einige Zeit bei T. Yamamoto hospitierte.

Dr. Zeise-Süss forscht seit 2005 über die Wirkung und Wirkungs-

weise der Schädelakupunktur nach Yamamoto. 2006 entdeckte sie

einen neuen Akupunkturpunkt (ZS-Punkt), der zunächst im

Zusammenhang mit Hormonstörungen bei Frauen veröff entlicht

wurde. Die Autorin erhielt 2013 für ihre Arbeit den Posterpreis des

ICMART.